Mit dem Antrag ist ein Bericht in dieser Tagung beantragt. Wer dem Antrag 16/2714 zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! Enthaltungen? - Dieser Antrag ist offensichtlich angenommen. Ich erteile zur Berichterstattung für die Landesregierung Herrn Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zurzeit finden auf Bundesebene Gespräche zur weiteren Stabilisierung des Finanzmarktes statt. Insbesondere auf Drängen der Länder wird an dem Finanzmarktstabilisierungsfortentwicklungsgesetz gearbeitet. Dies geschieht auch im Sinne unseres Bundeslandes; dafür sorgen schon Minister Rainer Wiegard und Staatssekretär Dr. Wulff, die ich beauftragt habe, in den Gesprächen mit der Bundesregierung und dem Parlament unsere Interessen wahrzunehmen. Da man sich noch in der parlamentarischen Beratung befindet, kann ich Ihnen allerdings noch keine abschließenden Ergebnisse darlegen.
Was ist der Grund für dieses weitere Gesetz? Sie alle wissen, dass die strukturierten Wertpapiere den Banken wie ein Mühlstein am Hals hängen. Diese wirken sich negativ auf das Eigenkapital der Banken aus, belasten so die Eigenkapitalquote und beeinträchtigen damit die Möglichkeiten zur Refinanzierung. Diese sind aber für die Kreditinstitute der Schlüssel zum Erfolg. Wir wollen und wir müssen den Banken diesen Schlüssel wieder in die Hand geben.
Als Miteigentümer der HSH Nordbank ist das für uns von großer Wichtigkeit. Es geht um die Werthaltigkeit unseres Engagements, und es geht um das
Vermögen der Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner. Allerdings: Die anfängliche Fokussierung auf die Einrichtung einer „Bad Bank“, in die nur toxische Assets ausgelagert werden dürfen, mag zwar für die Geschäftsbanken hilfreich sein; für die Landesbanken ist sie aber nicht hilfreich und nicht ausreichend. Deshalb haben Bund und Länder nun Maßnahmen getroffen, um die Konsolidierung der Landesbanken voranzutreiben. Drei Punkte dieses erweiterten Gesetzentwurfs, des sogenannten Konsolidierungsmodells, will ich Ihnen nennen.
Erstens. Künftig können die Landesbanken nicht nur ihre strukturierten Wertpapiere, sondern auch ihre nicht strategischen Geschäftsbereiche in dezentrale „Bad Banks“ ausgliedern. Unter dem Dach der Finanzmarktstabilisierungsanstalt können dazu Abwicklungsanstalten gegründet werden, ursprünglich Anstalt in der Anstalt, AidA, genannt. Das wird die Bilanzen entlasten, weil die strukturierten Wertpapiere und die nicht strategischen Geschäftsbereiche dann von den Regeln des Kreditwesengesetzes befreit sind und nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuchs bilanziert werden dürfen. Marktschwankungen übertragener Aktiva müssen also nicht fortlaufend ausgewiesen werden.
Es gehört zur Ehrlichkeit dazu und folgt dem Prinzip der Verantwortlichkeit, wenn gesagt wird: Diese Leistungen werden für die Banken nicht zum Nulltarif zu haben sein.
Meine Damen und Herren, dieses Modell folgt im Wesentlichen unseren Vorstellungen; denn die HSH Nordbank ist bereits weiter als andere Landesbanken. Kernbank und Abbaubank werden bereits definiert und sind mit diesem Modell kompatibel.
Zweitens. Die Landesbanken brauchen wieder ein tragfähiges Geschäftsmodell. Sie müssen sich neu aufstellen und effizienter arbeiten. Bis zum 31. Dezember 2010 müssen die Konsolidierungsschritte erfolgt sein.
Wir wollen eine Landesbank, die ihren Aufgaben vor allem in der Region nachkommt, die Kreditversorgung der heimischen Wirtschaft sichert und sich auf das Kerngeschäft, vor allem auf die Finanzierung von Schiffbau und Flugzeugbau, konzentriert. Zugleich sind wir offen für Kooperationen und für Fusionen. Wir werden gemeinsam mit den Sparkassenverbänden eine Lösung finden müssen. Die Sparkassen sind Anteilseigner und sollten sich auch im eigenen Interesse einbringen.
Meine Damen und Herren, die drastische Reduzierung der Bilanzsumme ist bereits beschlossene Sache. Die Bank wird sich etwa von den internationalen Immobiliengeschäften und von Projekten für erneuerbare Energien in den USA trennen. Dies wird zu einem erheblichen Personalabbau führen, zu dem es aber keine Alternative gibt. Dies zeigt: Wir haben ein klares Konzept und sind auch weiter als andere Institute.
Drittens. Der Schirm des SoFFin wird für Stabilisierungsmaßnahmen bis zum 31. Dezember 2010 aufgespannt, also um ein Jahr verlängert. - Ursprünglich sollte damit zum 31. Dezember 2009 Schluss sein. - Damit wird die Möglichkeit des SoFFin verlängert, sich an der Rekapitalisierung einer Bank zu beteiligen.
Auch Sie, meine Damen und Herren, hatten Bedenken; denn ursprünglich lief die Frist Ende dieses Jahres aus. Ich habe mich persönlich bei unserer Bundeskanzlerin, Angela Merkel, für die Verlängerung starkgemacht und bin auf Zustimmung gestoßen. Sie wissen, dass wir dies auch schon als Antrag im Bundesrat formuliert hatten. Jetzt gewinnen wir Zeit, um gefasste Beschlüsse sorgfältig umzusetzen, und wir gewinnen auch neue Sicherheit, weil in turbulenten Zeiten der Schirm des SoFFin länger geöffnet ist. Das ist notwendig, das wird so gemacht, und ich habe auch darauf bestanden.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Abschluss noch etwas zu den Perspektiven unserer Landesbank sagen. Viele Varianten sind im Moment im Gespräch: Landesbanken, die sich spezialisieren, Fusionen zwischen einzelnen Landesbanken oder eine einzige Bank deutscher Länder. Ich meine, für eine Festlegung ist es noch zu früh. Jetzt hat das Vorrang, was stabilisiert.
Fest steht aber auch: Wenn die Entscheidung auf dem Plan steht, entscheiden wir nicht allein. Dabei sitzen immer mehrere in einem Boot. Allerdings ist unsere Rolle eindeutig definiert: Wir vertreten die Interessen der Bürgerinnen und Bürger in Schleswig-Holstein. Es geht um den Bankenplatz Kiel, vor allem aber geht es um sehr viel schleswig-holsteinisches Geld. Das werden wir nicht verschleudern. Wir erkennen unsere große Verantwortung, und wir übernehmen sie ernst und entschlossen und im Vertrauen auf neue Möglichkeiten, auch in neuen Strukturen.
Ich danke dem Herrn Ministerpräsidenten. - Es ist eine halbe Minute zusätzliche Redezeit für alle Fraktionen entstanden.
- Wir danken Ihnen ja, Herr Ministerpräsident. Es geht nur um die Parität. Wir passen hier oben gut auf. Ich habe zwei gute Beisitzer, die mich unterstützen.
Ich eröffne die Aussprache und erteile für den Antragsteller, die FDP-Fraktion, dem Oppositionsführer und Fraktionsvorsitzenden, Herrn Wolfgang Kubicki, das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich auf den eigentlichen Tagesordnungspunkt zu sprechen komme, möchte ich aus dem Protokoll der 112. Sitzung des Finanzausschusses vom 15. Januar 2009 zitieren. - Herr Kollege Neugebauer, Sie hatten ja keine Erinnerung mehr daran. - Auf Seite 14 ist festgehalten:
„Auf Fragen der Abg. Koch und Hentschel antwortet Prof. Dr. Nonnenmacher, Offshore-Gesellschaften der international agierenden Bank seien seit mindestens zehn Jahren gegründet worden. Die Niederlassung auf den Cayman Islands sei 2003 gegründet worden und unterliege dem amerikanischen Steuerrecht.“
„Wenn die Bank keine Offshore-Gesellschaften mehr unterhalten dürfte, könnte sie ihr Geschäftsmodell nicht mehr aufrechterhalten; denn Investoren erwarteten aus Gründen der Rechtssicherheit die Gründung von Objektgesellschaften außerhalb der Bundesrepublik Deutschland, weil sich das deutsche Steuerrecht permanent ändere. Nicht umsonst habe sich auf Bermuda der größte Versicherungsmarkt der Welt entwickelt, weil das dort geltende englische Recht stabil sei und sich Investoren sicher fühlten.“
„In diesem Zusammenhang bejaht er eine Frage von Abg. Herdejürgen, dass deutsche Unternehmen ‚Steueroasen’ vor allem wegen einer stabilen Rechtslage und eines großen Dienstleistungsangebots dem Standort
Herr Kollege Neugebauer, entscheidend ist der Satz: Wenn es keine Objektgesellschaften in Offshore-Gegenden mehr geben kann, ist das Geschäftsmodell der HSH Nordbank erledigt.
Herr Kollege Neugebauer, wollen Sie mir vielleicht einmal erklären - so weit reicht wahrscheinlich Ihre Kompetenz noch -, wie eine Bank ohne Geschäftsmodell überlebensfähig sein soll?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben beantragt, dieses Thema heute auf die Tagesordnung zu setzen, weil wir glauben, dass das Parlament an einer Entwicklung beteiligt werden muss, die über uns hinwegzurollen droht. Herr Ministerpräsident, ich hätte mir inhaltsreichere Aussagen zu dem gewünscht, was die Landesregierung in den Prozess der Entwicklung auf Bundesebene gegenwärtig einbringt. Denn ich mache keinen Hehl daraus, dass wir Anlass zur Sorge sehen. Schließlich war der bisherige Umgang mit dem Thema nicht sehr zielführend, und auch Ihre bisherigen Ausführungen lassen meine Sorgen nicht kleiner werden.
Ich hätte gern aus erster Hand von Ihnen erfahren, was genau am 9. Juni in Luxemburg mit der EUKommission diskutiert wurde. Leider waren als Gesprächspartner nur die Ministerpräsidenten Bayerns und Nordrhein-Westfalens beteiligt. Aber die HSH Nordbank hat ja im Landesbankensektor eine besondere Stellung, weil sie als Aktiengesellschaft organisiert ist und sich nicht allein in öffentlich-rechtlicher Hand befindet.
Zugegebenermaßen ist die Antwort des Staatsrats der Hamburger Finanzbehörde, Robert Heller, am 10. Juni in NDR-Info besorgniserregend. Er erklärte:
„Im Moment, muss man sagen, hat die HSH Nordbank ein eigenes Modell, und dieses Modell wird bei uns vorrangig gefahren.“
Ist das die Position der Landesregierung von Schleswig-Holstein? Ist das etwas, was wir gegenüber der EU-Kommission vertreten? Ist das etwas, was wir auf Bundesebene in die Diskussion über eine Neustrukturierung der Landesbanken, des Landesbankensektors einbringen können?
Was bedeutet das „Bad Bank“-Modell des Bundes? Wir können Risikopositionen auslagern, zahlen dafür eine Gebühr, haften dafür aber weiter in vollem Umfang. Zugleich, so heißt es in dem Entwurf, müssen bis zum 31. Dezember 2010 wesentliche Konsolidierungsschritte im Landesbankensektor vollzogen sein. Das beinhaltet einen Kapazitätsabbau in einer beachtlichen Größenordnung und eine Schwerpunktsetzung. Aber was bedeutet das genau für Schleswig-Holstein und für die HSH Nordbank? Auch dazu waren Ihre bisherigen Ausführungen dürftig.
Ich bitte darum - weil ich meine, dass das Plenum dafür der falsche Ort ist -, dass die Regierung Gelegenheit nimmt, in dieser Frage den Beteiligungsausschuss - dafür ist er extra gegründet worden stärker einzubeziehen, als es bisher geschehen ist.
Ich will das insbesondere vor dem Hintergrund einer mich sehr besorgt stimmenden Meldung der „Financial Times Deutschland“ erklären, in der die sozialdemokratische Bundestagsfraktion, vertreten durch ihren finanzpolitischen Sprecher Schultz, erklärt, auf Bundesebene dürften maximal noch zwei Institute agieren. Wörtliches Zitat:
„Wenn die Ministerpräsidenten das nicht verbindlich zusagen, kommt das Gesetz nicht so wie geplant.“
Die SPD-Bundestagsfraktion droht mit der Streichung des entscheidenden Teils in dem „BadBank“-Gesetzentwurf der Bundesregierung.
Ein Teil der Mitteilung ist besonders für uns besorgniserregend: Sonderfinanzierungen wie durch die HSH Nordbank, die vor allem in der Schiffsfinanzierung aktiv ist, darf es nach Auffassung des Sozialdemokraten Schultz, eines immerhin nicht ganz unbedeutenden Mannes der SPD-Bundestagsfraktion, in Zukunft nicht mehr geben.
Wir haben bis zur Sommerpause nur noch wenig Zeit; wir reden nur über wenige Wochen. Bis dahin entscheidet sich die Frage, wie es mit der Fortentwicklung der HSH Nordbank und unserer Beteiligung weitergehen kann. Wir erwarten eine klare Positionierung des Landes Schleswig-Holstein hierzu, und zwar getragen durch die Fraktionen dieses