Unsere Aufgabe wird es sein, diese gute Arbeit der Verbraucherschutzzentren zu unterstützen durch eine gute personelle und sachliche Ausstattung der Zentren selbst, aber auch durch ausreichende Kontrollmöglichkeiten in den vielen Bereichen, in denen die Fragen der Verbraucher überhaupt erst entstehen. Ich denke an die Frage, ob ein Lebensmittel unbedenklich ist, oder an die Frage, ob das Spielzeug, das Elektrogerät und das Kosmetikprodukt sicher ist. Verbraucherschutz fängt mit Information an. Transparenz und Kontrolle gehören dazu. Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Günther Hildebrand. - Das Wort für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat nun der Herr Abgeordnete Detlef Matthiessen.
Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank erst einmal, Frau Ministerin, an Sie und Ihre Mitarbeiterinnen für den Bericht.
Verbraucherschutz liegt uns Grünen von jeher am Herzen. Immerhin haben wir Grünen die Verbraucherschutzpolitik ganz vorn auf die bundesdeutsche Tagesordnung gehoben und in der Bundesrepublik vor noch nicht langer Zeit erstmals ein wirkliches Verbraucherministerium geschaffen. Mit dem Lebensmittelrecht vom Acker bis zum Tisch und dem staatlichen Biosiegel wurde nach der BSE-Krise das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher zurückgewonnen. Allerdings ist, seit die Große Koalition regiert, nicht mehr viel passiert. Das gilt auch für dieses Gebiet.
Insofern teile ich nicht ganz die Einschätzung, dass Deutschland Verbraucherschutz auf sehr hohem Niveau betreibe. Wir könnten sehr viel weiter sein.
Der Kollege Hans Müller führte aus - ich fand, dass dort eine inhaltlich starke Schwäche war -: Nur derjenige, der sagt und in Koalitionsvereinbarungen festlegt, wir wollen europäisches Recht eins zu eins umsetzen, kann befürchten, dass europäisches Recht, das Mindeststandards formuliert, in Deutschland zu einer Absenkung führen muss. Das hat der Kollege Günther Hildebrand eben - vielleicht ist das Ihrer Aufmerksamkeit entgangen, Herr Stegner - deutlich gesagt.
Meine Damen und Herren, ein wirksames Verbraucherinformationsgesetz hat die Große Koalition ebenso wenig erreicht wie Schutzrechte bei Kundendaten und einen effektiven Schutz gegen Gammelfleisch und Gengut, wie man am widersprüchlichen Handeln der Landwirtschaftsministerin Aigner aktuell auch erkennen kann. Dieser Stillstand ist nicht nur schlecht für den Menschen, er ist auch kein Anreiz für nachhaltige Wirtschaftsprozesse.
Wir wollen eine aktive und wirksame Politik der Verbraucheraufklärung mit einem erweiterten und verbesserten Bildungs- und Beratungsangebot der
Verbraucherverbände. Bund und Länder müssen hier ein gemeinsames Finanzkonzept für die Verbraucherarbeit entwickeln, denn natürlich ist so etwas nicht umsonst zu haben. Möglich wäre dies zum Beispiel in Form einer gemeinsamen Stiftung.
Meine Damen und Herren, ein umfassendes Informationsrecht für Verbraucherinnen und Verbraucher ist nötig. Das Verbraucherinformationsgesetz der Großen Koalition ist reiner Etikettenschwindel. Verbraucherrelevante Informationen auf den Produkten, mit denen Menschen tatsächlich etwas anfangen können, müssen verpflichtend werden. Wir Grünen fordern ein Nachhaltigkeitssiegel, das die ökologischen und sozialen Auswirkungen, wie zum Beispiel auch Klimaschäden einer Ware, deutlich erkennbar macht. Das unter Renate Künast eingeführte staatliche Biosiegel ist ein Erfolg. Ein solches Siegel ist auch auf europäischer Ebene jedem Verbraucher und jeder Verbraucherin verständlich.
Wir Grünen fordern ein verpflichtendes Verbraucherlabel für alle Finanzprodukte, das Sicherheit, Rendite, Laufzeiten sowie ethische und ökologische Kriterien auf einen Blick erkennbar macht. Nur so kann man Vergleichbarkeit und Verlässlichkeit schaffen. Dies kann selbstverständlich auch auf dem europäischen Markt weiterhelfen.
Meine Damen und Herren, die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung spielt eine immer größere Rolle. Schleswig-Holstein profitiert davon in besonderem Maße. Dem Wandel auf dem Gesundheitsmarkt, der Patientinnen und Patienten durch frei verkäufliche Gesundheitsleistungen immer mehr zu Kunden und Ärztinnen und Ärzte immer häufiger zu Verkäuferinnen und Verkäufern macht, muss mit einem Patientenrechtegesetz begegnet werden, und zwar auf europäischer Ebene.
Es liegt mir besonders am Herzen, auch den Verbraucherschutz von Jugendlichen in den Mittelpunkt zu stellen. Als noch wenig erfahrene Verbraucher haben Jugendliche eine besondere Schutzbedürftigkeit. Sie meinen zum Beispiel, an einer Verlosung teilzunehmen. Sie glauben, es gebe zum Beispiel 80 SMS umsonst in der bunten Welt des Internets. Sie klicken einen Bonus an und akzeptieren durch einen Klick die allgemeinen Geschäftsbedingungen, und schon haben sie einen Kaufvertrag abgeschlossen, während sie meinen, an einem Preisausschreiben teilzunehmen. Hier muss der Verbraucherschutz deutlich anziehen. Auch darüber hinaus muss ins Strafrecht geschaut werden, denn in den Fällen, die mir von Eltern vorgestellt worden sind, ist die betrügerische Absicht klar erkennbar.
- Herr Hentschel hat völlig recht. In einem gleichen Maße sind auch alte Leute betroffen. Im Bereich der Telefonwerbung ist hier allerdings etwas passiert.
Das Europäische Verbraucherzentrum in Kiel kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Verbraucherzentralen landauf und landab in den letzten zehn Jahren geschliffen worden sind. Das Gros der ehemaligen Beratungsstellen ist heute reinen Energieberatungen gewichen; diese finden zweimal im Monat für je vier Stunden in Kreisverwaltungen, Rathäusern oder in den Räumlichkeiten von Naturschutzverbänden statt. Das ist etwas ganz anderes als seinerzeit die Verbraucherzentralen, die eigene Festangestellte hatten und mehrmals in der Woche bis hin zu täglich geöffnet hatten. Ich sage das nicht mit Blick auf die Landesregierung oder die Koalition. Ich sage, dass wir alle aufpassen müssen, -
Es waren hier definitiv fünf Minuten. - Ich komme zu meinem letzten Satz. Richtlinien und Gesetze sind der erste Schritt. Verlässliche, kontrollierte Siegel sind ein weiteres Standbein. Eine individuelle Verbraucherberatung ist die dritte Säule, die uns nicht gänzlich wegbröckeln darf.
Ich danke Herrn Abgeordneten Matthiessen. - Für den SSW im Landtag hat Herr Abgeordneter Lars Harms das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die steigende Mobilität in der Gesellschaft,
der grenzüberschreitende Handel und das Zusammenwachsen des europäischen Marktes machen, dass der europäische Verbraucherschutz vor neuen Herausforderungen steht. Das von der EU-Kommission vorgelegte Verbraucherschutzprogramm mit seinen strategischen Schwerpunkten ist daher nur eine logische Reaktion auf die gestiegenen Ansprüche. Die Frage nach der künftigen Umsetzung ist hierbei jedoch der spannende Aspekt, denn der Bericht macht deutlich, dass die EU-Verbraucherschutzvorschriften auf dem Grundsatz der Mindestharmonisierung beruhen.
Aus diesem Grund hat die EU auch jedem Mitgliedstaat das Recht eingeräumt, strengere Vorschriften als die grundlegenden EU-Vorschriften zu erlassen. Die neuen Strategien der EU laufen aber eindeutig auf eine vollständige Harmonisierung hinaus. Welche der drei Optionen, die im Grünbuch der Kommission vorgeschlagen werden, das Rennen macht, ist noch dahingestellt. Wir werden also sehr darauf achten müssen, dass wir nicht unsere Standards senken, sondern dass die Standards der anderen Staaten nach und nach auf unser Niveau gehoben werden.
Daher begrüßen wir ausdrücklich, dass die Landesregierung das Ziel der vollständigen Harmonisierung ablehnt. Deutschland beziehungsweise Schleswig-Holstein hat einen hohen Standard beim Schutz der Verbraucher. Hieran sollte nicht gerüttelt werden. Daher muss sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass dies auch nicht geschieht.
Der Bericht macht deutlich, dass Verbraucherschutz ein umfangreiches Feld ist. So umfangreich gestaltet sich auch der Standard des Verbraucherschutzes. In vielen der im Bericht genannten Bereiche ist der Verbraucherschutz durchaus auf einem akzeptablen Niveau. Der Bericht macht aber auch deutlich, dass es Bereiche gibt, in denen unsere Maßstäbe über die der EU weit hinausgehen. Gerade dort ist es wichtig, dass wir mit unseren Forderungen nicht lockerlassen. Bei der europäischen Verbraucherpolitik darf es nicht darum gehen, Handelshemmnisse und Wettbewerbsungleichheiten abzubauen, wenn dadurch der Schutz der Verbraucher verringert wird. So weit darf es nicht kommen. Der Schutz der Verbraucher muss Vorrang haben.
Es genügt aber nicht, den Verbraucherschutz auf rechtliche Füße zu stellen. Er muss zum Bürger transportiert werden. Das soll heißen, dass der Ver
braucher Anlaufstellen braucht, bei denen er sich entsprechend informieren kann. Hierbei spielen natürlich die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein sowie im europäischen Zusammenhang das Europäische Verbraucherzentrum in Kiel eine maßgebliche Rolle. Gerade vor dem Hintergrund, dass das EVZ bundesweit mit nur zwei Zentren für Beratungen zur Verfügung steht, möchte ich an dieser Stelle die Arbeit des EVZ in Kiel lobend hervorheben.
Das Beratungsangebot des EVZ ist umfangreich gefasst. Die Nachfragen via Internetzugriffe, Telefonkontakte oder Broschürenbestellungen machen deutlich, wie groß das Interesse ist. Die Kollegin Sassen hat eben mit Zahlen darauf hingewiesen. Das Interesse der Bürgerinnen und Bürger wird in Zukunft deutlich größer werden, wenn es um konkrete europäische Themen geht, die das tägliche Leben betreffen. Das betrifft zum Beispiel grenzüberschreitenden Handel oder Gesundheitsdienstleistungen, Rechtsfragen oder Produktsicherheit sowie Produktkennzeichnungen. Auch Verbraucher aus anderen EU-Mitgliedstaaten nehmen das Angebot des EVZ an, um sich vor Ort zu informieren. Damit leistet das EVZ einen großen Beitrag, damit Bürgerinnen und Bürger sich auf europäischer Ebene besser zurechtfinden können.
Angesichts der Tatsache, dass es bundesweit nur zwei Europäische Verbraucherzentren gibt, ist es gut, dass Schleswig-Holstein die Einrichtung in Kiel von Anfang an unterstützt hat. Es ist gut, dass auch die jetzige Regierung dies tut. Die Entwicklung auf dem europäischen Markt, die damit einhergehenden rechtlichen Grundlagen und die verstärkte Mobilität der Bürgerinnen und Bürger werden die Arbeit der Europäischen Verbraucherzentralen weiter erforderlich machen. Daher sollten wir, wenn wir das Thema im Ausschuss weiter erörtern, durchaus einmal das Europäische Verbraucherzentrum Kiel einladen, um einen Einblick in die dort zu leistende Arbeit zu gewinnen und um vielleicht auch Inspirationen für eigene verbraucherschutzpolitische Diskussionen zu bekommen, die sich nicht nur auf die Landespolitik, sondern durchaus auch auf die Europapolitik ausweiten könnten. Ich will nicht sagen, wir sollten das an den Europaausschuss überweisen, vielleicht lässt sich aber die europäische Dimension auch aus dem Land SchleswigHolstein heraus entsprechend beeinflussen. Ich glaube, das wäre das, was wir mit diesem Bericht leisten können. Ich möchte mich noch einmal ausdrücklich für den Bericht bedanken.
Ich danke Herrn Abgeordneten Lars Harms. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.
Es ist beantragt worden, den Bericht der Landesregierung, Drucksache 16/2613, federführend an den Sozialausschuss und mitberatend an den Europaausschuss zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Das ist so beschlossen.
Ich erteile dafür der Ministerin für Soziales, Gesundheit, Familie, Jugend und Senioren, Frau Dr. Gitta Trauernicht, das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Zusammenschluss von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten - sei es als Gemeinschaftspraxen oder in Form von Ärztenetzwerken - ist eine sinnvolle Entwicklung, die sowohl von Patientinnen und Patienten als auch von Ärztinnen und Ärzten gleichermaßen positiv beurteilt wird.
Vor diesem Hintergrund war es naheliegend, mit der Gesundheitsreform 2004 auch rechtliche Perspektiven zu eröffnen, die mit der Bezeichnung Medizinische Versorgungszentren heute Gegenstand der Landtagsberichterstattung sind. Der Gesetzgeber hat damit eine Möglichkeit engerer Kooperationen unterschiedlicher ärztlicher Fachgebiete sowie mit nicht ärztlichen Leistungserbringern geschaffen. Es gilt, eine optimierte Abstimmung diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen mit dem Ziel des einheitlichen Behandlungskonzepts zu erreichen.
Daneben liegen mit Blick auf diese Medizinischen Versorgungszentren auch betriebswirtschaftliche Effekte auf der Hand, zum Beispiel durch die gemeinsame Nutzung von Räumen, medizinischen Geräten und medizinischem Personal. Hinzu kommen Vorteile für insbesondere junge Ärztinnen und
Ärzte, die zum Beispiel in der Arbeitszeitgestaltung oder in einem begrenzteren wirtschaftlichen Risiko sowie im Sinne eines zusätzlichen Interesses nachfolgender Ärztegenerationen liegen, nicht den Weg der klassischen Einzelarztpraxis gehen zu wollen.