Ich frage mich, warum die Landesregierung auf die gestellten Fragen keine Antworten weiß. Herr Kollege Sauter, ich gehe auf einige Ihrer Fragen nachher noch ein. Führt die Landesregierung wirklich
keine Gespräche über eine mögliche Beteiligung des SoFFin an weiteren Kapitalmaßnahmen? Ich komme auf eine Entschließung des Landtags vom 24. März - auf Antrag von CDU und SPD - zurück und zitiere aus der Drucksache 16/2586 wörtlich:
„Der Landtag begrüßt die vom SoFFin gemachte Aussage, im Falle eines weiteren Kapitalbedarfs der HSH Nordbank zur Verfügung zu stehen. Die Landesregierung wird aufgefordert, den diesbezüglich bereits begonnen Dialog mit dem Sonderfonds aktiv fortzusetzen und zeitnah Lösungen zu suchen, die zukünftige Risiken für den Landeshaushalt weiter reduzieren. Der Landtag legt Wert darauf, dass mögliche weitere Hilfen für die Bank vom Bund gegeben werden und diese gegebenenfalls nachdrücklich eingefordert werden.“
Herr Kollege Weber, glaubt man der Antwort in Frage 1 des heutigen Berichts, dann gibt es offenbar selbst den bereits begonnenen Dialog nicht mehr.
Herr Kollege Sauter, auch dann, wenn man Reden halten muss, empfehle ich aktuelle Blicke in die Tagespresse. Vielleicht ist es für den Finanzminister auch wichtig zu erfahren, was um ihn herum und außerhalb Schleswig-Holsteins oder Stormarns geschieht. Der „Financial Times Deutschland“ von heute war Folgendes zu entnehmen:
„Bund stellt Landesbanken Ultimatum. - Es wird eng für Deutschlands sieben Landesbanken: Einigen sie sich nicht bis Juli auf Zusammenschlüsse, werden sie nach FT-Informationen vom Rettungsplan der Regierung ausgeschlossen. Denkbar sind sowohl drei als auch nur noch eine gemeinsame Holding.“
Jedenfalls erwartet der Bund nach Mitteilung von Regierungsvertretern bis Juli eine Neuordnung der Landesbankenstruktur, oder aber die Beteiligung des Bundes auch an der Altlastenabschirmung der Zweckgesellschaften, die gegründet werden sollen, findet nicht statt, Herr Finanzminister. Die Frage ist, warum das schleswig-holsteinische Parlament darüber nicht unterrichtet wird.
Lieber Herr Kollege Sauter, daran schließe ich eine Bemerkung zu dem an, was auch im Oktober letzten Jahres möglich gewesen wäre. Selbstverständlich gilt das Finanzmarktstabilierungsgesetz. Das ist mit der EU-Kommission auch abgestimmt. Es
erlaubt die erwarteten Maßnahmen nicht. Niemand hätte im Oktober letzten Jahres die Länder - auch nicht Schleswig-Holstein - daran gehindert, parallel dazu mit dem Bund darüber Verhandlungen zu führen, wie das Altlastenrisiko abgesichert werden kann. Es gibt Bestätigungen aus Ihren Reihen, aus den Reihen der SPD, dass dies - wie ich höre - damals mit der Bemerkung von den Ländern abgelehnt worden ist: Das stemmen wir allein. Vor dem Scherbenhaufen dieser Erklärung stehen wir heute.
Herr Kollege Sauter, unabhängig von dem, was diese Regierung will oder nicht will, kann etwas passieren, was Sie auch der heutigen „Financial Times Deutschland“ entnehmen können. Ich zitiere diese Zeitung besonders gern, weil sie besonders gut informiert ist. Dort werden Stimmen aus Brüssel genannt, die erklären, dass beispielsweise auch die Regelung für die HSH Nordbank angewandt werden kann, die für die WestLB angewandt worden ist. Das ist die Erklärung, dass die Beihilferegelung greift, was zur Folge hat, dass auch die HSH Nordbank im Versteigerungsverfahren zu veräußern ist. Das wäre für unser Land ein Super-GAU.
Die Frage, die ich im Finanzausschuss gestellt habe, stelle ich heute wieder hier: Wie weit sind eigentlich die Verhandlungen des Landes SchleswigHolstein, Anteilseigner der Bank, mit der Brüsseler Kommission über die Frage der Abschirmung der Gewährleistung, die Schleswig-Holstein und Hamburg aufgewandt haben? - Auch dies muss dieses Parlament erfahren. Darauf haben wir ein Anrecht.
Herr Kollege Sauter, wir fragen uns wirklich, ob diese Regierung noch weiß, was sie tut. Wir haben daran große Zweifel.
Auch an dieser Stelle möchte ich mich wieder mit dem Herrn Finanzminister auseinandersetzen, denn wer die Vergangenheit nicht kennt, der kann auch keine Zukunftsperspektive entwickeln. Ich habe mit großer Freude ein Interview des Herrn Finanzministers gelesen, das er seinem Heimatblatt, dem „Hamburger Abendblatt“, in dessen Stormarner Ausgabe vom 2. Mai 2009 gegeben hat. Dort erklärt er:
„Bisher hat noch kein Steuerzahler in Schleswig-Holstein auch nur einen Euro für die Bank aufgewendet.“
Herr Finanzminister, haben Sie die 1 Milliarde € an Kapitalzuführungen im Jahr 2008 aus eigener Tasche bezahlt, oder hat das Land Schleswig-Holstein dies bezahlt? Waren es nicht die Steuerzahler des Landes Schleswig-Holstein? Wie kommen Sie dazu, der Öffentlichkeit eine solche falsche Erklärung abzugeben? Wie kommen Sie dazu?
- Sie arbeiten bewusst mit Unwahrheiten. Ich habe nicht von Lügen gesprochen. Das ist ein parlamentarisch durchaus üblicher Ausdruck, Herr Kollege Wadephul.
Ich stelle die Fragen noch einmal: Wer hat die 1 Milliarde € aufgebracht? - Das war doch nicht Herr Wiegard privat, das waren die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler des Landes Schleswig-Holstein. Diese 1 Milliarde € an Kapitalzuführung ist weg, und zwar aufgrund der Verluste, die die HSH Nordbank nicht durch Aktionen der Opposition, sondern durch Versagen des Vorstands und des Aufsichtsrats eingefangen hat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch das ist nicht besonders erfreulich - ich möchte den Finanzminister weiter mit einer Aussage aus seinem Heimatblatt zitieren -:
„Es ist schon bemerkenswert: Die sechs größten Investmentbanken der Welt verschwinden von der Bildfläche, die Autoindustrie in der ganzen Welt kriegt Staatshilfen, das gesamte Finanzsystem wird von den Staaten gestützt, weil es sonst zusammenbrechen würde, und dann stellen sich im Landtag Oppositionelle hin und sagen: ‚Wiegard hat Schuld’.“
Ich habe bei uns keinen gehört, der gesagt hätte, dass Sie schuld an der weltweiten Finanzkrise seien. Überschätzen Sie Ihre Möglichkeiten nicht!
„Vielen Dank der Ehre, aber ich finde das doch ziemlich blöd. Die Opposition im Landtag hat, was die HSH Nordbank betrifft, schon alle Vorschläge gemacht, die man
überhaupt machen kann - auch wenn sie sich total widersprechen. Am Ende musste sie von den Fachleuten hören, dass es zum Konzept von Senator Freytag und mir keine Alternative gibt.“
Herr Finanzminister, selbstverständlich. Wenn Sie den Patienten bis kurz vor dem Tod pflegen, dann gibt es zur Rettung des Patienten keine Alternative. Unsere Aufgabe wäre es aber gewesen, vorher einzugreifen, sodass der Patient gar nicht erst auf die Intensivstation hätte kommen müssen, auf die Sie ihn gebracht haben. Das wäre auch Ihre Aufgabe gewesen.
„Da bleibt der Opposition eigentlich nur noch, entweder die Klappe zu halten oder in den persönlich diffamierenden Bereich abzuweichen. Und genau das tut sie. Das finde ich billig und niveaulos.“
Herr Finanzminister, nicht ich habe gesagt, dass Sie ein fieser Charakter seien. Das haben Sie zu mir gesagt. Ich habe das nicht als Beleidigung empfunden, weil Sie wissen, dass der Kollege Dr. Pfeiffer aus der Feuerzangenbowle in dem Film der Gute und nicht der Böse war. Das meinten Sie auch. Sie meinten, ich sei der Gute. Das habe ich auch so verstanden. Deshalb war ich aufgrund dieses Vergleichs auch ganz begeistert.
- Das weiß ich. - Das, was Ihr Kabinettskollege Dr. Marnette öffentlich erklärt hat, das können Oppositionelle nicht toppen.
Er hat Ihnen komplette Unfähigkeit und das, was der Kollege Stegner immer als Attribut für den Herrn Ministerpräsidenten bereithält, nämlich Dilettantismus, wie er schlimmer nicht sein kann, und keine Perspektive für die Bank, vorgeworfen. Das hat in dieser scharfen Form von uns keiner gesagt. Das war ein Kabinettskollege. Herr Finanzminister, persönliche Diffamierungen liegen uns fern. Wir erwarten von Ihnen aber die Erfüllung Ihrer Aufgabe. Heute haben wir festgestellt, dass Sie die Aufgabe wieder nicht erfüllt haben. Sie haben den Berichtsantrag nicht ordentlich beantwortet. Wir werden dem im Finanzausschuss nachgehen.
Ich sage noch einmal: Wir warten in Ruhe die Entwicklung des nächsten halben Jahres ab. In irgendeinem Gremium des Parlaments werden wir von Ihnen erfahren wollen, wie es mit der Weiterentwicklung des Aufsichtsrats aussieht, wie es mit der weiteren Entwicklung des Vorstands der HSH Nordbank aussieht und wie es mit den Geschäftsmodellen außerhalb des Landes Schleswig-Holstein - beispielsweise in New York - aussieht. Ich sage nur: VW ist überall. Auch das sind Dinge, über die man nachdenken und diskutieren muss. Das werden wir von Ihnen erfragen.
Herr Finanzminister, das Schlimmste, was Ihnen, der Regierung Schleswig-Holsteins und unserem Land passieren kann, ist, dass die Entwicklung ohne die Einflussnahme der Landesregierung über uns hinweggeht, weil andere über uns entscheiden und wir keine Freiheitsgrade mehr haben. Wir erwarten ein aktives Eingreifen. Hier unterstützen wir den Kollegen Stegner ausdrücklich. Dieses aktive Eingreifen in die künftige Strukturentwicklung der Landesbanken vermissen wir bei Ihnen. Das bedauern wir sehr.
Ich wäre dankbar, wenn wir in unserer Debatte auf unterstellende Hinweise mit Begriffen wie „partielle Amnesie“ verzichten würden. - Für die Abgeordneten des SSW im Landtag hat nunmehr Herr Abgeordneter Lars Harms das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Hamburgische Bürgerschaft und der Schleswig-Holsteinische Landtag haben Anfang April einer Eigenkapitalzufuhr bei der HSH Nordbank und einer Garantiegewährung von insgesamt 13 Milliarden € zugestimmt. Damit - so sollte man meinen - kehrt erst einmal Ruhe in die Diskussion um den laufenden Betrieb unserer Landesbank ein. Das ist aber weit gefehlt. Statt Arbeitsruhe gibt es tagtäglich ein neues Scheibchen HSH-Krise zum Frühstück. Aktuell streiten sich die Anteilseigner über eine mögliche Verwässerung der Anteile durch den beschlossenen Mini-SoFFin und den neu zu bewertenden Aktienkurs. Dieser muss bis Mitte Mai stehen, damit die Hauptversammlung der Kapitalerhöhung zustimmen kann. Deutlich wird an
diesem Beispiel, dass es den einzelnen Beteiligten immer noch um Vermögensoptimierung geht, statt endlich zu verstehen, dass das einzige Ziel nur noch Schadensbegrenzung für das Land Schleswig-Holstein heißen kann.