- Es kann ja sein, dass ich die Zeitung wieder falsch verstanden habe, Herr Ministerpräsident. - So nicht, Herr Biel! Wir erwarten, dass der Wirtschaftsminister Folgendes vorlegt: Stellungnahmen erstens über die Auswirkungen des Geschäftsmodells auf die regionale Wirtschaft und zweitens über die Plausibilität der Prognosen zu den kritischen Geschäftsfeldern Schiffsfinanzierungen, Immobilien und Transport.
Wenn das geschehen ist, dann treffen wir uns hier am 24. April wieder und verabschieden ein Gesetz, das den Ansprüchen, die wir haben, genügt. Das sind wir den Bürgern von Schleswig-Holstein schuldig.
Ich komme jetzt zu meiner vierten und letzten Frage: Trauen wir den handelnden Personen zu, den nötigen Reformprozess der Bank im Interesse des Landes zu steuern? - Dazu eine kleine Geschichte. Letzte Woche war Ex-Wirtschaftsminister Marnette auf meine Einladung hin bei uns in der Fraktion. Auf die Frage von Frau Heinold, was er denn dazu sagen würde - es war gerade bekannt geworden -, dass die EU die Dividendenzahlungen in Höhe von über 200 Millionen € untersagt hatte, stellte sich heraus, dass er davon nichts wusste. Fünf Tage nachdem der Finanzminister die Mitteilung von der EU bekommen hatte, hatte er nicht mal seinen Kabinettskollegen aus der eigenen Partei informiert. Wie muss sich ein Wirtschaftsminister der CDU gefühlt haben, dass er eine solche Hiobsbotschaft auf der Fraktionssitzung der Grünen erfährt?
Dass ein Minister dann die Schnauze voll hat und in den Dutt haut, das braucht wirklich niemanden zu wundern.
Herr Biel, ich finde, wenn Sie für eine solche Partei in einem solchen Zustand keinen Wahlkampf machen wollen, dann hat das Stil und spricht für Sie.
In den letzten Monaten ist gegenüber dem Parlament immer wieder getrickst und mit Falschaussagen gearbeitet worden. Falsche Gewinnerwartungen wurden verbreitet, die sich im Nachhinein als Milliardenverluste herausstellten. Falsche Aussagen
wurden verbreitet, dass die Dividendenausschüttungen EU-konform seien. Es wurden rückwirkend Verträge geändert, um Geschäftspartnern 64 Millionen € Sonderdividenden zukommen zu lassen, obwohl Sie wussten, dass das in Bayern bereits untersagt war. Es wurden Sonderprüfungen versprochen, die nach Aktenlage zwar geplant, aber explizit nicht durchgeführt worden sind. Und es wurde monatelang vorgemacht, es hätte nie eine Alternative zur Bereitstellung einer Landesbürgschaft bestanden. Nach all dem ist mein Vertrauen in die handelnden Personen erschöpft.
Ich kann nur konstatieren: Am letzten Sonntag ist leider der falsche Minister zurückgetreten. Das ist nicht nur meine Meinung, das wird Ihnen auf der Straße jeder sagen.
Wir werden deshalb gemeinsam mit FDP und SSW einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss beantragen, weil wir wissen wollen, wer wann was gewusst hat, weil wir wissen wollen, wie die Entscheidungen im Aufsichtsrat und im Kabinett zustande gekommen sind. Wenn Sie, Herr Ministerpräsident, keine Konsequenzen ziehen, dann muss die Opposition das Ihrige tun, damit das alles aufgeklärt wird.
Nun zu Ihnen, Herr Carstensen! Gestatten Sie mir an dieser Stelle noch ein Zitat eines Ihrer Ex-Wirtschaftsminister - nein, ich meine nicht Marnette, ich meine Austermann. Er sagte vor drei Tagen: Wenn Entscheidungen immer direkt von einem Einzelnen getroffen werden und die anderen keine Rolle spielen, fragt sich doch mancher Minister: Was soll ich hier überhaupt? - Da kann ich nur sagen, Herr Austermann hat ausnahmsweise recht.
Einsame Entscheidungen im Staatskanzleibunker ohne jede Rückkopplung und das Ignorieren von Staatssachverstand sind keine Grundlagen für verantwortungsvolle Entscheidungen.
Ich beobachte mit einigem Entsetzen die Debatte, die sich die CDU zurzeit leistet. Eigentlich könnte ich mich ja freuen. Wenn sich aber in der größten Krise der Geschichte des Landes, wo wir im Landtag über Milliardenhilfe für unsere marode Bank entscheiden müssen, die größere Regierungspartei, die Partei des Ministerpräsidenten, in einem öffentlichen Personalkrieg zerfleischt, dann ist das nicht beruhigend. Ich kann den Kollegen von der Union
nur den Tipp geben: Lassen Sie sich auch im Interesse des Landes dieses Trauerspiel nicht länger bieten!
Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen. Erstens: Es gab Alternativen zur Bereitstellung der 13 Milliarden.
Zweitens: Der Staatsvertrag und das Geschäftsmodell sind nicht im Hinblick auf die Interessen des Landes optimiert.
Kolleginnen und Kollegen von der SPD und der CDU, nach dem, was ich von vielen von Ihnen in den letzten Tagen gehört habe, geht es den meisten von Ihnen genauso wie uns.
Sie können und dürfen diesem Gesetz nicht zustimmen. Die drei Oppositionsparteien werden deshalb bei der Abstimmung über das Gesetz namentliche Abstimmung beantragen, und das tue ich hiermit, Frau Präsidentin. Es geht um 13 Milliarden € 13 Milliarden €!
„Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch“, sagte Hölderlin. Deshalb: Wachsen Sie über sich hinaus, und stimmen Sie unserem Antrag zu!
Ich danke Herrn Abgeordneten Karl-Martin Hentschel. - Das Wort für den SSW im Landtag hat nun Herr Abgeordneter Lars Harms.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie können wir die HSH Nordbank retten, und wie können wir Schleswig-Holstein vor der HSH Nordbank retten? Das sind die zwei Fragen, mit denen wir uns heute auseinandersetzen.
Um die Antwort gleich vorwegzunehmen: Die HSH sollten wir retten, das Land aber müssen wir retten. Mein primäres Interesse als Abgeordneter des SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag ist das Wohl des Landes Schleswig-Holstein.
Dies sehen allerdings nicht alle so, schon gar nicht die Landesregierung. Die Landesregierung hat in den letzten Wochen eindrucksvoll bewiesen, dass sie ihre Politik lieber von den Interessen einer Bank bestimmen lässt, als bedingungslos das Wohl der Bürgerinnen und Bürger des Landes im Auge zu haben. Was die davon halten, konnten wir am Mittwoch in einer Umfrage des Instituts für Marktforschung, Leipzig, erfahren: 42 % der befragten Schleswig-Holsteiner finden das Krisenmanagement der Landesregierung in Sachen HSH Nordbank „dilettantisch“. Sogar der eigene ehemalige Wirtschaftsminister bescheinigt der Landesregierung „Unprofessionalität“.
Wie wir alle wissen, ist die HSH Nordbank nicht die einzige Landesbank, der es nach der Finanzkrise schlecht geht. Aber keine andere Bank hat es geschafft, ihre Landesregierung so zu instrumentalisieren und gleichzeitig Parlament und Bevölkerung so gegen sich aufzubringen. Was ist eigentlich schiefgelaufen, dass beim Thema HSH Nordbank so viele das Weite suchen, übrigens auch unser Ministerpräsident?
Nicht nur, dass wir es mit einem völlig überforderten Aufsichtsrat zu tun haben, besonders das dubiose Verhandlungsgeschick und die nebulöse Informationspolitik der Regierung und der Bank haben dazu geführt, dass dieses Parlament heute nicht gemeinsam für den vorgeschlagenen Weg zur Rettung der HSH stimmen wird.
Aus Sicht des SSW ist es untragbar, dass wir seit November letzten Jahres einerseits keine Zahlen, Gutachten oder Stellungnahmen zur Situation und Zukunft der HSH Nordbank vorgelegt bekommen haben und andererseits weder Handlungsspielräume noch Alternativlösungen zur Rettung der Bank bekannt gegeben wurden, die wir hätten diskutieren können. Stattdessen mussten wir erst jede Information einfordern, wurden mit Spekulationen abgespeist und wissen so bis zur heutigen Entscheidung nicht, welche Konsequenzen die HSH-Entscheidung für das Land haben wird.
Unser am Sonntag zurückgetretener Wirtschaftsminister Marnette hat verstanden, dass auch er mit dem Kabinettsbeschluss die Verantwortung für die HSH-Entscheidung tragen muss. Er hat seine Bedenken nicht nur in der Öffentlichkeit geäußert, sondern auch rechtzeitig die Reißleine für sich selbst gezogen. Bereits vor seinem Amtsantritt sagte Herr Marnette, dass er vor dem Job als Wirtschaftsminister Ehrfurcht, aber keine Angst habe. Es ging dem Wirtschaftsminister also nicht darum, gefolgstreu alle Dummheiten mitzumachen, son
dern mit konsequentem Handeln und Denken der Verantwortung nicht aus dem Weg zu gehen. Trotz manchmal unterschiedlicher Auffassungen setzte sich Herr Marnette immer sachorientiert mit Themen auseinander. Dies wird auch am Beispiel der HSH Nordbank deutlich. Dass die HSH-Politik der Landesregierung daraufhin Auslöser für den Rücktritt des Wirtschaftsministers war, spricht für sich und insbesondere für ihn.
Der SSW hat schon vor Monaten gemahnt, dass das HSH-Rettungspaket vielleicht aus Sicht von Bankern verständlich ist, der Öffentlichkeit kann man diese Entscheidung aber nicht mehr erklären. Ebenso wenig konnte Herr Marnette der Wirtschaft klarmachen, dass das Land die HSH Nordbank mit 1,5 Milliarden € Kapital ausstattet und die neuen Risiken mit 5 Milliarden € Garantien abschirmen will. Deswegen war sein Rücktritt konsequent, aber es hat eigentlich den Falschen getroffen.
Für den SSW ist spätestens mit dem Schreiben von Bundesfinanzminister Steinbrück deutlich geworden, dass die Landesregierung bei den ersten Verhandlungen mit dem SoFFin im November 2008 noch mehrere Handlungsoptionen hatte. Die Landesregierung hat zu diesem zentralen Zeitpunkt nicht nur die Verhandlungen mit dem SoFFin der HSH Nordbank überlassen, sondern darüber hinaus die Gespräche mit dem SoFFin-Lenkungsausschuss unter Begleitung eines Vertreters der Stadt Hamburg stattfinden lassen. Es ist schon schlimm genug, dass unser Finanzminister alle Einflussmöglichkeiten aus der Hand gibt. Mich wundert daher auch nicht mehr, dass wir heute die Pistole auf die Brust gesetzt bekommen und einer Entscheidung zustimmen sollen, die zulasten des Landes geht.
Heute gibt es formal keine empfehlenswerten Alternativen zur Rettung der HSH mehr. Dies haben auch Vertreter der SoFFin und der BaFin deutlich gemacht. Dies ändert aber nichts daran, dass der Landesregierung im November erstens mehrere Handlungsalternativen offenstanden und sie zweitens die Entscheidung gefällt hat, dass das Land Schleswig-Holstein der HSH Nordbank mit insgesamt 6,5 Milliarden € unter die Arme greift, ohne dies vorher vom Parlament absegnen zu lassen. Herr Wiegard verpackt diese Entscheidung geschickt in seinen nebulösen Darstellungen und verweigert jede eindeutige Begründung für diese Vorgehensweise. Dass diese Entscheidung vor allem gefällt wurde, weil weder der HSH Nordbank noch der Landesregierung die Bedingungen des SoFFin schmeckten, ist aber längst kein Geheimnis mehr. Man wollte den Bund raushalten.
Warten, bis der Rettungswagen kommt - dies ist das Motto der Landesregierung in den letzten Wochen gewesen. Und der kommt. Was dieser Einsatz allerdings kostet, wissen wir immer noch nicht. Wir entscheiden heute nicht nur über ein insgesamt 13 Milliarden € schweres Rettungspaket, wir entscheiden auch über die strategische Neuausrichtung der HSH Nordbank. Diese Neuausrichtung erscheint mit dem angestrebten Geschäftsmodell vor dem Hintergrund der letzten Wochen wie eine Farce.
Die HSH möchte zurück zu ihrem regionalen Kerngeschäft, von dem zumindest in SchleswigHolstein bisher nicht viel zu merken war und von dem auch umstritten ist, ob wir es überhaupt brauchen. Der Bericht des Wirtschaftsministeriums an das Kabinett hat es bereits belegt:
„Für ein Geschäftsmodell ohne öffentlichen Auftrag, das heißt Fortsetzung des dividenden-orientierten Geschäftsmodells, ist eine öffentliche Trägerschaft unter dem Gesichtspunkt der Kreditversorgung der schleswigholsteinischen Wirtschaft entbehrlich, weil die entsprechenden Kreditengagements auch von den anderen Privatbanken übernommen werden können.“
Es gibt also in Schleswig-Holstein ausreichend andere Banken, die das Kreditgeschäft der HSH Nordbank übernehmen können.
In seiner Rücktrittserklärung hat Herr Marnette noch einmal betont, dass das neue Geschäftsmodell unkonkret, die Kapitalisierung der Abbaubank und die Bewertung der Kernbank unklar und so die Entscheidungsgrundlage nicht nur für ihn, sondern auch für uns für die Sanierung der HSH Nordbank quasi imaginär seien. Die Große Koalition versucht zumindest, diese Kritik aufzunehmen, und erwartet in ihrer Resolution, dass im Garantievertrag konkretere Entscheidungsgrundlagen genannt werden. Für den SSW gilt allerdings, dass Erwarten und Hoffen in dieser Angelegenheit nicht ausreichen. Die Landesregierung muss konkret verpflichtet werden, und nötigenfalls müssen auch rechtliche Grundlagen geändert werden. Hierzu steht in der schwarz-roten Resolution allerdings nichts, sie bringt uns insofern überhaupt nicht weiter.
Selbst der Sparkassen- und Giroverband als einer der Anteilseigner der HSH Nordbank hat zwar im Aufsichtsrat für das Geschäftsmodell gestimmt, versucht aber jetzt krampfhaft, seine Anteile an der Bank loszuwerden. Das würde der Verband nicht tun, wenn er vom Geschäftsmodell zutiefst über
zeugt wäre und einen zukünftigen Gewinn oder zumindest eine schwarze Null durch die HSH erwarten würde.