Protocol of the Session on September 29, 2005

(Dr. Heiner Garg)

ßen Koalition, der Kollegen Dr. Wadephul und Rother, zur Heilfürsorge notiert hatten.

Aussage des Kollegen Rother: Heilfürsorge wird nicht angetastet. Selbstbehalt in der Beihilfe wird nicht erhöht.

Aussage Herr Dr. Wadephul: Status quo für die Heilfürsorge. Selbstbehalt in der Beihilfe wird nicht erhöht.

Sie machen genau das Gegenteil von dem, was Sie beide vor der Wahl versprochen haben. Da muss man sich über die Reaktionen der Kolleginnen und Kollegen bei Polizei und Feuerwehr nicht wundern und darf sich das hinterher hier auch nicht schönreden, Herr Innenminister.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Seitdem ist noch nicht einmal ein Jahr vergangen und heute liegt uns ein Entwurf der Landesregierung zur Änderung des Landesbeamtengesetzes vor, der eine 1,4-prozentige Eigenbeteiligung vom Bruttolohn an den Kosten der Heilfürsorge einführen wird.

Meine Damen und Herren von der großen Koalition, natürlich ist der Vorwurf der Lüge, der Ihnen von den Vertretern der Deutschen Polizeigewerkschaft gemacht wird, hart. Aber wie anders sollen sie denn reagieren, wo doch die CDU den Zustand des Landeshaushaltes 2004 schon bestens kannte und immer wieder angeprangert hat und die SPD für diesen Haushalt maßgeblich verantwortlich war? Herr ehemaliger Finanzminister, wie anders sollen Sie denn von den Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten tituliert werden? Da nutzen Ihnen auch die Ausflüchte irgendeines halb verwirrten Redakteurs, der über einen Landesparteitag der FDP berichtete, die in der Opposition dieses Landtags sitzt, relativ wenig, um sich Ihren Griff in die Tasche der Polizeibeamtinnen und -beamten schönzureden.

(Beifall bei der FDP)

Aber, meine Damen und Herren, es kommt noch besser: Das Geld, das den Beamtinnen und Beamten für die Eigenbeteiligung an der Heilfürsorge einbehalten wird, soll auf einer ganz anderen Seite wieder ausgegeben werden.

Wir haben gerade das rührselige Märchen gehört, in den anderen Ländern werde das gar nicht so gemacht und es sei ein besondere sozialer Tatbestand in Schleswig-Holstein, dass den Beamtinnen und Beamten ans Geld gegangen wird.

In den nächsten fünf Jahren stehen Beförderungen bei der Polizei an. Die Kosten dieser Beförderung liegen

bei insgesamt circa 10 Millionen €. Das weiß der ehemalige Finanzminister. Die Einnahmen, die das Land durch die Selbstbeteiligung der Polizisten zu verzeichnen hat, liegen in den nächsten fünf Jahren ebenfalls bei circa 10 Millionen €. Die Beamtinnen und Beamten bezahlen also quasi die Beförderung der Kolleginnen und Kollegen im Umlageverfahren aus ihrer Beteiligung an der Heilfürsorge. Herr Innenminister, ich bleibe dabei: Das ist nichts anderes als ein schäbiger Taschenspielertrick.

Es liegt wohl im Interesse der Landesregierung, einen Keil in die Mitarbeiterschaft der Landespolizei zu treiben, frei nach der Devise „Teile und regiere“ spielt man die beförderungsreifen Beamten gegen die restliche Mitarbeiterschaft aus, weil die Finanzierung der Beförderung ansonsten nicht gesichert werden kann.

Angesichts der dramatisch hohen Zahlen von 3.544 beförderungsreifen Beamten zum 1. Oktober 2005 und 4.022 beförderungsreifen Beamten zum 1. Oktober 2006 steht die Landesregierung unter einem immensen Handlungsdruck. Die Zeche aber zahlen die Kolleginnen und Kollegen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden im Ausschuss darauf drängen, dass zu diesem Gesetz ein Anhörungsverfahren durchgeführt wird, bei dem insbesondere die Vertreter der Gewerkschaft der Polizei und die Vertreter der Feuerwehr auch mündlich ihre Auffassungen zum Gesetzentwurf vortragen können.

Lieber Kollege Dr. Garg - -

Mein letzter Satz, Frau Präsidentin! - Ich sage jetzt schon: Ich freue mich insbesondere auf die Ausführungen des Innenministers.

(Beifall bei der FDP)

Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erhält die Fraktionsvorsitzende Anne Lütkes das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist schon fast Tradition und schon fast ein Ritual, dass von den Oppositionsführern dieses Hauses die Forderung nach Personalverbesserungen im Bereich der Polizei gestellt wird. Auflösung des Beförderungsstaus, Einführung der zweigeteilten Laufbahn, verbindliche Aufstiegsmöglichkeiten - diese For

(Anne Lütkes)

derungen sind richtig, sie sind notwendig, aber sie werden hier rituell wiederholt, in der Vergangenheit von der CDU und jetzt - was uns nicht erstaunt - von der FDP.

Allerdings erstaunt uns, mit welcher Geschwindigkeit von der ehemaligen Opposition das Fähnchen in den neuen Wind gehängt wird.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Wir haben das schon in einigen Reden gehört. Der Innenminister hat das, bezogen auf die FDP, gesagt.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Aber, Herr Stegner, dass etwas versprochen und nicht gehalten wird, können wir bei Ihrem jetzigen Koalitionspartner leider sehr deutlich beobachten. Unehrliche Wahlkämpfe holen Sie sehr schnell ein.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP - Peter Eichstädt [SPD]: Herr Wa- dephul lacht!)

Erfreulich ist, dass der jetzige Innenminister, der alte Finanzminister unter Rot-Grün, die Politik zugunsten der Polizei, die wir in der Vergangenheit mitgetragen haben, unter schwierigsten Bedingungen in der großen Koalition fortführt. - Er versucht es, aber es gelingt auch. - Das Anliegen, Polizeibeamte hinsichtlich ihrer Beförderungsansprüche fürsorglich zu begleiten, ist ein ehrliches und wird von uns mitgetragen. Insofern ist die Öffnung für Beförderungen in der Kontinuität der Politik richtig.

Es kann allerdings nicht die Rede davon sein, dass damit - parallel zur Einführung der Beteiligung an der Heilfürsorge - das im Koalitionsvertrag, auf den Sie sich hier immer beziehen,

(Zuruf der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW] und von Ihnen beiden versprochene zukunftsfähige Personalkonzept vorliegt, so, wie das hier behauptet wird. Richtig ist - da kann ich mich gern dem Kollegen Rother anschließen -, dass es Aufgabe einer inneren Sicherheitspolitik ist, gerade die schwierigen Arbeits- bedingungen der Polizei nicht nur zu beschreiben oder gar zu beklagen, sondern stetig an der besseren Sachausstattung und der Beförderung zu arbeiten. Darin sind wir uns einig. (Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Klaus Müller [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich sage das hier jenseits der Oppositionsrolle, denn ich denke, das ist eine Gemeinsamkeit in diesem hohen Haus.

Aber zukunftsfähige Personalpolitik sieht anders aus. Der Beförderungsstau wird hier mit der vorliegenden Kürzung der Heilfürsorge finanziert. Darum wollen wir nicht herumreden. Das ist so. Ob man sagt linke oder rechte Tasche, da kommt es nicht auf die Formulierung an, denn sie wird dadurch gekürzt. Der Abbau des Beförderungsstaus wird dadurch finanziert. Das lenkt den Blick auf eine zukunftsfähige Personalpolitik. Denn es kann nicht sein, dass ein Staatsbediensteter befördert werden muss, damit er nach 20 Jahren endlich eine seiner Tätigkeit angemessene Bezahlung bekommt. Es ist auch nicht einzusehen, warum das Einkommen bei gleicher Tätigkeit bei zunehmendem Dienstalter ständig steigt. Denn wenn das Alter entscheidend sein sollte, müsste man eher die jüngeren Beamtinnen und Beamten, die sich in der Familiengründungsphase befinden, mit einem höheren Einkommen ausstatten. Das wäre dann sozial gerecht und familienpolitisch sinnvoll. Aber weder die Familienfinanzierung noch die Honorierung des Älterwerdens ist Aufgabe des Staates in seiner Arbeitgeberfunktion. Es ist nicht einzusehen, warum Kinder von öffentlich Beschäftigten via Ortszuschlag mehr staatliche Förderung erfahren als Kinder von privatwirtschaftlich Beschäftigten.

Meine Damen und Herren, die Antwort auf die Probleme des öffentlichen Dienstes ist letztlich nicht die Einführung der Beteilung der Beamtinnen und Beamten an der privatärztlichen Versorgung, um damit ihre eigene Beförderung zu finanzieren. Die Antwort ist auch nicht der Umstieg von der dreigeteilten in die zweigeteilte Laufbahn, sondern es ist die Aufgabe des Laufbahnprinzips. Wir müssen den öffentlichen Dienst endlich zu einem Vergütungssystem führen, das sich ausschließlich an der konkret ausgeübten Tätigkeit und den persönlichen Leistungen bemisst.

Es bedarf den Mut, den Artikel 33 Abs. 5 Grundgesetz - das möchte ich hier nur der Ordnung halber noch einmal ganz deutlich sagen - endlich zu ändern. Ich erwarte von der großen Koalition dazu einen Schritt nach vorn.

(Beifall der Abgeordneten Anke Spooren- donk [SSW])

Die Beteiligung der Polizei an der Heilfürsorge ist eine Erste-Hilfe-Maßnahme. Am Dienstag haben Sie, Herr Minister, vom Bundesverfassungsgericht in dieser Richtung Rückendeckung bekommen. Die Kürzung der Leistungen von Beamten steht nicht per se im Widerspruch zum althergebrachten Grundsatz des Beamtentums. Erste-Hilfe-Maßnahmen können

(Anne Lütkes)

und wollen wir in diesem Fall nicht verhindern, allerdings wollen wir das Beamtenwesen langfristig verändern, wenn nicht gar grundsätzlich abschaffen - wenn auch nicht in allen Bereichen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke Frau Abgeordneter Lütkes. - Das Wort für den SSW erhält Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf einer Pressekonferenz hat der Innenminister der Öffentlichkeit mitgeteilt, dass mit der geplanten Gesetzesänderung jährlich rund 2 Millionen € Einnahmen für den Landeshaushalt zu erwarten sind. Ich hätte mir daher gewünscht, dass der zu erwartende Beitrag zur Haushaltskonsolidierung auch der Vorlage zu entnehmen gewesen wäre. Es mag sein, dass man diesen Kritikpunkt als formal abtun kann, aber die Senkung der Kosten ist bei dem vorliegenden Gesetzentwurf genau der springende Punkt. Deshalb legt die Landesregierung die Novelle vor.

Inhaltlich hätte ich mir von der schwarz-roten Regierung etwas mehr Entschlossenheit gewünscht. Inwieweit es sich hier um eine Maßnahme zur Kostendämpfung handelt - wie es lapidar im Entwurf heißt -, muss sich erst noch zeigen. Es ist zunächst nur eine Kostenüberwälzung vom Land auf die Polizistinnen und Polizisten beziehungsweise von den Kommunen auf die Kolleginnen und Kollegen von Berufsfeuerwehren.

Andererseits werden die einzelnen Beamten nur moderat belastet. Dass sie sich wie andere Beamte schon länger an den Gesundheitskosten beteiligen, bedeutet keine einseitige Benachteiligung. Künftig sollen sie sich - wir haben es schon gehört - mit 1,4 % ihres Grundgehalts an den Kosten der Heilfürsorge beteiligen, das sind zwischen 11,50 € und 85 € im Monat.

Angesichts der grundlegenden gesellschaftspolitischen Debatten über die Zukunft eines solidarischen Gesundheitssystems wirkt der Entwurf aber dennoch kleinmütig. Es geht um eine kleine Stellschraube in einem großen System. Das bedeutet, dass die im Bundestagswahlkampf geführte Diskussion um die Reform unserer sozialen Sicherungssysteme jetzt endlich zielgerichtet weitergeführt und zu einem Ergebnis geführt werden muss. Für uns heißt das wiederum: keine Umverteilung von unten nach oben und keine einseitigen Lösungen zulasten der Arbeitsnehmerinnen und Arbeitnehmer. Der SSW bevorzugt in

der Debatte um die Gesundheitsreform das Modell der Bürgerversicherung, weil dieses Modell unseren Vorstellungen am nächsten kommt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen wir die Kirche im Dorf: Wir wissen alle, dass dem Gestaltungsspielraum der Länder enge Grenzen gesetzt sind. Der vorliegende Entwurf ist ein Versuch, unter den gegebenen rechtlichen und haushaltspolitischen Rahmenbedingungen kurzfristig wieder Spielräume für Beförderungen in der Landespolizei zu schaffen. Der Beförderungsstau ist enorm, vor allem im mittleren Dienst. Auf die vorgeschlagene Art und Weise bekommen wir für kurze Zeit mehr Luft. Wie aber sehen die Perspektiven aus? - Hier muss unbedingt weiter diskutiert werden.

Daher haben wir Verständnis für die kritischen Stimmen, die bei dem vorliegenden Gesetzentwurf von einer Mogelpackung sprechen. Da hilft es auch nichts zu sagen, dass die Situation in anderen Bundesländern noch gravierender aussieht. Die Frustration bei den Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten ist groß. Sie fühlen sich verschaukelt und sie fühlen sich nicht ernst genommen - zum einen wegen der geltenden Beurteilungsrichtlinien, zum anderen wegen der geforderten Eigenbeteiligung, die in Wirklichkeit nur dazu führt, dass sie ihre eigene Beförderung finanzieren.

Ich will jetzt keine Grundsatzdiskussion zum Berufsbeamtentum führen. Polizeibeamtinnen und -beamte müssen weiterhin Berufsbeamte bleiben. Daran gibt es nichts zu rütteln. Aber wir müssen uns dennoch über eine Reform des Beamtensystems unterhalten. Es wird keine einfachen Lösungen dafür geben.