Protocol of the Session on September 29, 2005

(Zuruf des Abgeordneten Lothar Hay [SPD])

- Genau. Es hilft aber - ich denke, das muss bei solchen Eingriffen immer als Erstes gemacht werden -, dass bei solchen Einschnitten der Dialog in den Mittelpunkt gestellt wird und zusammen mit den Betroffenen auch das Bestreben, zu partnerschaftlichen Lösungen zu gelangen, das Erste sein muss. Ich denke, nur so wird man weiterkommen und nur so wird man auch um Verständnis werben können.

Das werden wir alles noch im Ausschuss zur Genüge miteinander diskutieren können.

(Beifall beim SSW)

Ich danke Ihnen. - Herr Innenminister Stegner hat sich noch einmal zu Wort gemeldet. - Herr Innenminister!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, gerade in Zeiten von großen Parlamentsmehrheiten ist es für die Debattenkultur gut, wenn man sich auch sehr ernsthaft kurz mit den Ausführungen der größten Oppositionsfraktion hier im Haus beschäftigt.

(Klaus Müller [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Stimmt nicht! - Anne Lütkes [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist nicht die größte! - Weitere Zurufe - Heiter- keit und Beifall)

- Ja, das ist klar. Es ist trotzdem die größte und es gibt noch eine zweite größte. Gut, okay. Sagen wir es einmal so, es ist die sich selbst für die größte haltende Fraktion. Das ist in jedem Fall präziser.

Wer hier den Duktus der Reden des Kollegen Kubicki zur Haushaltssituation des Landes beim letzten Mal gehört hat - das war ja so gewaltig - und dann eben den Auftritt des Kollegen Dr. Garg erlebt hat - das muss ich schon sagen -, stellt fest: Das ist ein bemerkenswerter Unterschied.

(Vereinzelter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Kosten, über die wir hier reden, bezahlen die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes mit ihren Steuergeldern. Und darüber müssen wir reden. Wir muten in dieser Zeit bei der Haushaltslage des Landes ganz vielen Vieles zu und vor diesem Hintergrund finde ich diese allzu populistischen Ausführungen hier im Haus doch sehr merkwürdig.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Ein Zweites: Der Kollege Dr. Garg hat gesagt, er freue sich auf die Diskussion, die er mit dem Innenminister dazu führen will. Dazu kann ich nur sagen, der Innenminister hat es auch deshalb leicht, weil er als Finanzminister die Polizei auch schon gut behandelt hat. Insofern können wir diese Diskussion sehr gern führen.

Lassen Sie mich ein Drittes sagen - lieber Herr Dr. Garg, ich freue mich, dass Sie wieder da sind -: Zum Thema Meinungswechsel empfehle ich Ihnen nun wirklich einen Blick in den Spiegel. Ich fand es faszinierend, am Abend der Bundestagswahl zu erleben, wie sich Herr Kubicki und Herr Koppelin zu Frau Künast und Herrn Trittin geäußert haben, und beim FDP-Parteitag wurden dann Jamaika-Fähnchen verteilt. Diese Form von Salto mortale in dieser Geschwindigkeit schaffen wahrscheinlich nur solche Fraktionen und Parteien wie die Ihre. Zum Thema

Glaubwürdigkeit muss ich wirklich sagen: Schauen Sie in den Spiegel!

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nach § 56 Abs. 6 der Geschäftsordnung erhalten alle Fraktionen eine Minute zusätzliche Redezeit. Ich sehe nicht, dass dies ausgeschöpft werden soll.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit schließe ich die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf Drucksache 16/255 federführend dem Innen- und Rechtsausschuss, mitberatend dem Finanzausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich frage die SPD-Fraktion, ob sie einer Ausschussüberweisung zustimmen kann. - Wunderbar. Ich danke für diese Übung. Damit ist die Überweisung federführend in den Innen- und Rechtsausschuss und mitberatend an den Finanzausschuss beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 11 auf:

Erste Lesung des Entwurfs eines Waldgesetzes für das Land Schleswig-Holstein (Landeswaldgesetz - LWaldG)

Gesetzentwurf der Fraktion der FDP Drucksache 16/270

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Ich eröffne die Grundsatzberatung. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Günther Hildebrand.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als die FDP vor knapp einem Jahr das rot-grüne Waldgesetz für Schleswig-Holstein an dieser Stelle abgelehnt hat, geschah das vor allem aus einem wesentlichen Grund: Wir wollten eine nachhaltige und naturnahe Forstwirtschaft in Schleswig-Holstein sicherstellen. Wir wollen das immer noch. Genau aus diesem Grund bringen wir heute ein neues Waldgesetz für das Land Schleswig-Holstein ein - lassen Sie sich überraschen -: ein Gesetz, das sich wie der Vorgänger zum rot-grünen Modell an dem wirtschaftlichen Nutzen des Waldes orientiert, an seiner Bedeutung für die Umwelt und seiner Bedeutung für die Erholung der Bevölkerung, ein Gesetz, das von den Ideen moderner Forstwirtschaft getragen ist, das aber frei von überflüssiger einseitiger ökologischer Bevormundung ist, ein Gesetz, das nicht mehr nur am

(Günther Hildebrand)

rot-grünen und vor allen Dingen am grünen Wählerpotenzial ausgerichtet ist, sondern dass das Zusammenwirken von allen Betroffenen - von Waldbesitzern, Behörden und Bürgern - sucht und das seine Vorgaben auf die wesentlichen Richtlinien zugunsten der Zukunftsfähigkeit unserer Wälder im Land beschränkt.

Meine Damen und Herren, sicherlich sind wir uns in diesem Hause alle einig, dass sich die gesellschaftlichen Anforderungen an den Schutz und die Nutzung des Waldes in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt haben. Es ist heute gesellschaftlicher Konsens, die Wälder als wichtige natürliche Ressource zu schützen und zu pflegen.

(Beifall bei der FDP)

Diesem Ziel dient eine nachhaltige und ordnungsgemäße Waldbewirtschaftung.

Diesem Ziel will die FDP mit ihrem heutigen Gesetzentwurf wieder ein Stück näher kommen. Denn nachdem Rot-Grün nunmehr sowohl auf Landes- wie auch auf Bundesebene abgewählt worden ist, wird es höchste Zeit, dass auch das rot-grüne Waldgesetz in Schleswig-Holstein wieder verschwindet. Das Waldgesetz der FDP bietet Gelegenheit und Möglichkeit dazu, wenngleich ich schon zugeben muss, dass ich unseren Gesetzentwurf lieber von einer anderen Position aus eingebracht hätte.

(Klaus Müller [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Schade!)

- Wir erkennen ja Realitäten an, Herr Müller. - Gleichwohl ändert das am Inhalt unserer Vorstellungen für ein modernes Waldgesetz für SchleswigHolstein nichts.

(Beifall bei der FDP)

Lassen Sie mich deshalb einige Punkte hervorheben. Da ist zunächst die Bewirtschaftung unserer Wälder, § 8 des Gesetzentwurfs. Wir haben an dieser Stelle komplett mit den Bevormundungen des rot-grünen Waldgesetzes aufgeräumt.

(Klaus Müller [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Kahlschlag!)

Uns ist es stattdessen wichtig, dass wir uns gemeinsam mit allen, die vom und im Wald leben, an Grundsätze halten, die die Erhaltung und Gestaltung der Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktion des Waldes sichern. Dafür reicht es nach unserer Überzeugung aus, als Gesetzgeber Empfehlungen zu geben und Kennzeichen für eine nachhaltige und ordnungsgemäße Forstwirtschaft aufzuzeigen. Wir vertrauen den Menschen, die vom und im Wald leben, dass sie or

dentlich mit ihrem Wald umgehen können und wollen und ihn als wichtiges Naturgut auch schützen und pflegen, schon im eigenen Interesse.

Die Kennzeichen beschreiben daher vielfach schon den Ist-Zustand, im Übrigen zielen sie auf die von uns gewünschten Verbesserungen beziehungsweise Veränderungen. Dabei wird dem einen oder der anderen geneigten Leserin und Leser dieser Liste vielleicht schon aufgefallen sein, dass es bisweilen Übereinstimmungen mit dem zurzeit gültigen Gesetz gibt. Das ist richtig und das ist auch beabsichtigt. Denn Kennzeichen nachhaltiger Forstwirtschaft sind parteipolitisch nicht gebunden und orientieren sich schlicht an der Fachlichkeit. Sie gehören deshalb auch in einen liberalen Gesetzentwurf. Gleichwohl bleibt zum rot-grünen Gesetz ein wesentlicher Unterschied: Wir sind davon überzeugt, dass sich die Eigenverantwortung der Waldbesitzenden für ihren Wald weit positiver auf die Zukunftsfähigkeit unserer Wälder auswirkt als der rot-grüne Kommandoton, der in den „Umweltauflagen“ des derzeitigen Waldgesetzes angeschlagen worden ist.

(Beifall bei der FDP)

Denn was da bislang an Grundsätzen für eine nachhaltige und naturnahe Bewirtschaftung des Waldes zusammengetragen worden ist, hat mit „Bewirtschaftung“ nicht mehr viel zu tun, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass sich Rot-Grün über den Verordnungsweg auch noch jedes Türchen aufgelassen hat, um seine ökologischen Bevormundungen zulasten der ökonomischen Notwendigkeiten in der Forstwirtschaft ausleben zu können. Deshalb: Weg damit!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Schleswig-Holstein ist nach wie vor das waldärmste Flächenland in Deutschland. Die Waldfläche im Land beschränkt sich auf lediglich 155.000 ha, das sind 9,9 % der Landesfläche.

(Klaus Müller [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: 10,3!)

- Hätten Sie gern - wir allerdings auch -, aber Sie haben es auch in Ihrer Amtszeit nicht erreicht, Herr Müller.

Allen bisherigen Ankündigungen und auch den verteilten Fördermitteln zum Trotz hat sich daran in den letzten Jahren nicht besonders viel ändern lassen. Der Anteil steigt leicht, aber größere Sprünge sind nicht zu erwarten. Nichtsdestotrotz hat die FDP zuletzt in ihrem Wahlprogramm damit geworben, einen Waldanteil von 12 % der Landesfläche erreichen zu wollen. Dazu stehen wir auch. Nur heißt das, dass wir nicht länger nur die alten bekannten Wege gehen, sondern auch neue Möglichkeiten nutzen müssen.

(Günther Hildebrand)

„Wald auf Zeit“ lautet deshalb unser Vorschlag in § 14 Abs. 6 des Gesetzentwurfs.

Hintergrund und Ziel dieser Initiative sind schnell erklärt. Es gibt in Schleswig-Holstein eine Vielzahl von Flächen, für die bereits rechtsverbindlich eine Verwendung in der Bauleitplanung, sei es als Baugebiet oder als Fläche für die Landwirtschaft, festgeschrieben ist, deren entsprechende Nutzung sich aber verzögert oder zurzeit nicht mehr erfolgt. Im Laufe der Zeit könnte sich jetzt auf diesen Flächen in Form der Sukzession Wald ansäen oder ein Naturliebhaber könnte sogar Wald aufforsten. Ich sage bewusst „könnte“, denn bislang erwächst aus diesem Umstand unmittelbar das Problem, dass man den so entstandenen Wald praktisch nicht wieder los wird. Logische Folge: Die Flächen werden lieber regelmäßig umgebrochen, also schwarz gehalten, als das irgendetwas entsteht, was später vielleicht unumkehrbar ist. Das kann auch nicht im Sinne von Umwelt und Naturschutz sein. Dafür, Herr Hentschel, gibt es ausreichend Beispiele.

Mit unserem Gesetzentwurf wollen wir diese Situation ändern. Künftig soll es auch möglich sein, das Wald auch auf anderweitig verplanten Flächen entstehen darf, ohne zum bürokratischen Bumerang zu werden. Ich bin fest davon überzeugt, dass eine so entstandene Waldfläche zum ganz überwiegenden Teil letztlich stehen bleiben wird und als Waldfläche dauerhaft Bestand hat. In Nordrhein-Westfalen hat diese Idee bereits unter dem Stichwort „Natur auf Zeit“ im Landschaftsgesetz mit Verweis auf das Forstgesetz Fuß gefasst. Umso mehr hoffe ich auf konstruktive Diskussionen dazu im Ausschuss.

(Beifall bei der FDP)