Protocol of the Session on March 27, 2009

(Günter Neugebauer [SPD]: Leider wahr!)

Seit damals mussten kleinere und mittlere Betriebe schließen, dann kamen die großen dran. Andere Unternehmen fusionierten oder bauten Kapazitäten ab. Ein Produktionswechsel in dieser Branche ist tatsächlich letzten Endes nur in Husum bei der Husumer Schiffswerft gelungen.

Auch florierende Hafenstandorte waren keine Garantie für einen Schiffbaustandort - als Lübecker kann ich da eine bittere Geschichte erzählen. Die oft zitierten regionalen Wechselwirkungen in der maritimen Wirtschaft sind angesichts internationaler Märkte tatsächlich immer weniger wert. Da darf man sich nichts vormachen. Aber daher, lieber Heiner Garg, ist der Ansatzpunkt des Wirtschaftsministeriums, gerade in diesem Bereich in Sachen

(Thomas Stritzl)

Technologie etwas auf den Weg zu bringen - und das kennen wir alle schon, seitdem das Projekt Zukunft Meer läuft -, genau der richtige Weg.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Vor Kurzem hieß es tatsächlich noch, die Auftragsbücher hiesiger Werften seien prall gefüllt, und Schiffsbeteiligungen - nach Finanzierung ist ja auch gefragt worden - waren ein lohnendes Anlageobjekt, gerade im langfristigen Anlagebereich. Seit Ende des vergangenen Jahres hat sich im Zuge der allgemeinen Wirtschaftskrise auch die Situation der Werften dramatisch verschlechtert. Es ist angeführt worden: Finanzierungen platzten, Aufträge werden storniert, im Bau befindliche Schiffe werden nicht fertig gebaut oder abgenommen und der Markt für Mega-Luxus-Jachten scheint mehr als gesättigt zu sein. Lediglich im Bereich der Rüstungsproduktion herrscht - gerade auch durch das Vorziehen von Ersatzinvestitionen bei der Bundesmarine - Stabilität. Das ist auch ein Punkt des Konjunkturprogramms des Bundes, das darf man auch nicht unterschlagen.

Wenn wir die maritime Wirtschaft, zu der eben auch die Werftindustrie gehört, als strategisch wichtigen Wirtschaftszweig für unser Land definieren, dann gehört dazu auch, dass wir wie in der Vergangenheit in Notlagen staatliche Hilfen für diese Branche gewähren. Wenn der Exportweltmeister Deutschland die viertgrößte Schiffbaunation der Welt bleiben soll, dann brauchen wir auch für die Werften einen Rettungsschirm oder - besser gesagt - einen Rettungsring.

Da bin ich dem Herrn Wirtschaftsminister auch für seinen Bericht sehr dankbar, weil er nämlich in einer nüchternen Analyse die möglichen Förderinstrumente beschreibt und auch Unzulänglichkeiten deutlich gemacht hat. Aber die Bundesregierung hat gerade auf die Finanzierungsprobleme - und das ist auch eine der Fragen der FDP gewesen - schon reagiert und vor wenigen Tagen die Bedingungen des mittelstandsorientierten KfW-Sonderprogramms 2009 flexibilisiert und somit noch passgenauer für den deutschen Schiffbau ausgestaltet. Der Minister hat es angesprochen. Dabei geht es um die Erweiterung der Haftungsfreistellung bei Betriebsmittelfinanzierungen und um Verbesserungen bei der Kreditgewährung.

Die Möglichkeiten der Gewährung von Zinsbeihilfen im Rahmen des CIRR-Programms zur Schiffbaufinanzierung wurden bereits Anfang März erweitert. Damit erleichtern sich die Finanzierungsbedingungen für Werften gegenüber ihren Geschäfts

banken ganz erheblich, sofern sie noch eine Geschäftsbank finden, muss man zurzeit bittererweise auch sagen.

Die Verwaltungsvereinbarung zur Förderung des innovativen Schiffbaus wurde erst im vergangenen Jahr unterzeichnet, und ebenso stehen natürlich auch Möglichkeiten wie für andere Unternehmen im Rahmen der Kurzarbeit zur Verfügung, die hier bei HDW - es ist angesprochen worden genutzt werden. Das ist auch allemal besser als ein Arbeitsplatzabbau, und ich bin auch hier dem Minister dankbar für die klaren Worte zu HDW. Heiner Garg hat es hinter vorgehaltener Hand und auch ganz offen beschrieben, dass dann auch einmal eine eindeutige Aussage dazu getroffen worden ist.

Nicht-EU-Staaten haben es bei den Hilfen für ihre Werften ja leider etwas leichter als EU-Staaten und sie nutzen sie schon. Südkorea, China und Norwegen haben schon oder wollen noch staatliche Finanzhilfen zur Verfügung stellen. Daher sind auch Vereinbarungen - da stimme ich der FDP zu - über weitere Maßnahmen im europäischen Rahmen dringend erforderlich. Auch das Land MecklenburgVorpommern hat seinen Werften schon mit einem 60-Millionen-€-Kreditpaket unter die Arme gegriffen.

Es ist allerdings die gesamte maritime Branche betroffen. Damit hat Thomas Stritzl sehr recht. Die Hafenumschlagszahlen sind überall rückläufig, die Schiffe der Reedereien sind zum Teil ohne Beschäftigung, und Emissionshäuser müssen ihre Renditeversprechung herunterschrauben. Finanzierungszusagen werden daher verschoben oder storniert. Am Ende dieser Wirkungskette steht allerdings immer die Werft, welcher der Auftrag verloren geht. Ein wirkungsvoller Rettungsring müsste also mehr umfassen als nur den Schiffbau, sondern hätte für die gesamte maritime Wirtschaft Wirkung zu zeigen.

Ich hoffe, dass von der Sechsten Nationalen Maritimen Konferenz im kommenden Monat in Rostock konkrete Impulse für die gesamte Branche ausgehen werden. Das ist in der Regel mit einer Botschaft verbunden, wenn so etwas stattfindet und man die Leute zusammenholt. Das soll nicht nur ein nettes Treffen sein, sondern es müssen auch konkrete Maßnahmen folgen.

(Beifall bei SPD und CDU)

Auch in der nächsten Wirtschaftsausschussitzung wird mit dem Hauptgeschäftsführer des Verbandes für Schiffbau und Meerestechnik über Maßnahmen zu reden sein. Herr Wirtschaftsausschussvorsitzen

(Thomas Rother)

der, vielleicht kann auch ein Vertreter der IG Metall noch dazu eingeladen werden. Ich glaube, das wäre sinnvoll. Das Ministerium wird sicherlich auch vertreten sein. Dann kann man über weitere konkrete Maßnahmen ins Gespräch kommen.

Wenn diese Maßnahmen nicht kommen oder wirken, müssen wir uns in diesem Bereich auf noch schwerere Zeiten einstellen, dass heißt auf eine Marktbereinigung mit immer weniger Betrieben, mit Arbeitsplatzverlusten, aber auch mit Geldvernichtung für die Anleger. Das darf aber nicht die Lösung sein.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich erteile dem Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Über die Zukunft der maritimen Verbundwirtschaft und über die Zukunft der Schiffbauindustrie in Schleswig-Holstein haben wir im Landtag schon oft diskutiert. Es gibt eine besondere industriepolitische Bedeutung des Schiffbaus und der maritimen Wirtschaft in unserem Land.

Die aktuelle Situation ist wieder einmal - leider bedrohlich, und der Wechsel vom Schiffbauboom zur aktuellen Krise ist dieses Mal so schnell abgelaufen wie noch niemals zuvor.

Im Rahmen der Ergebnisse ihrer Schiffbau-Umfrage 2008 fordert die IG Metall Küste von den deutschen Werften und Schiffbauzulieferern weitere personalpolitische Anstrengungen und Investitionen in die Zukunft. Dies beinhaltet insbesondere eine Verjüngung der Belegschaften und verstärkte Anstrengungen in Forschung und Entwicklung. Außerdem forderte die Gewerkschaft verlässliche und stabile Zusagen der Banken zur Schiffsfinanzierung.

Der deutsche Schiffbau kann seine Position als Europas Schiffbauer Nummer eins behalten und im Wettbewerb mit Asien bestehen, dafür müssen aber die richtigen Weichen gestellt werden. Die Finanzkrise darf keine lang andauernde Schiffbaukrise auslösen.

Ich habe verschiedene Fragen zu Ihrem Bericht, Herr Minister. Daher freue ich mich insbesondere auf die Vertiefung dieser Beratungen im Wirtschaftsausschuss.

Die Wirtschaftskrise hat unmittelbar zu einem rapiden Rückgang bei den Schiffstransporten geführt, und zwar weltweit. Es wird von über 400 Schiffen gesprochen, die aus dem Verkehr gezogen worden sind, weil es keine Ladung für sie gibt oder die Charterraten die Kosten nicht decken.

In den Boomzeiten - das darf man auch nicht verschweigen - haben die Reeder klotzig verdient. Selbst noch nicht im Bau befindliche Schiffe wurden mit Aufpreis weiter veräußert. Diese Gelddruckmaschine stockt jetzt, Aufträge werden storniert. Das hören wir aktuell bei HDW und Lindenau, offenbar weniger bei der Flensburger Werft. Die deutschen Schiffswerften hatten noch bis zum September 2008 ihr Personal leicht aufgestockt. Die deutschen Werften sind heute sogenannte atmende Unternehmen, die sich durch einen hohen Grad interner und externer Flexibilität auszeichnen. Instrumente wie Arbeitszeitkonten, flexible Schichtgestaltung sind ebenso alltäglich wie der Einsatz von Leiharbeit und Werkverträgen.

Nur 67 %, also rund zwei Drittel, sind direkt Beschäftigte. Der andere Teil besteht zu 13 % aus Leiharbeitern und zu 20 % aus Werksvertragsarbeitnehmern. Die Ausbildungsquote im deutschen Schiffbau hat sich erfreulich von 6,8 % auf 7,7 % im Jahre 2008 erhöht. Es darf - diese Meinung teilen wir auch, Herr Minister - bei HDW keinen Ausstieg aus dem zivilen Schiffbau geben. Ein einseitiges Setzen auf den Militärschiffbau engt die Flexibilität ein und kann auf Dauer die Arbeitsplätze nicht sichern.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Warum kann HDW nicht in das Geschäft mit der Offshore-Windenergie einsteigen, beispielsweise als Systemanbieter, was HDW schon einmal gemacht hat, oder wenigstens beim Turmbau, wo große Lücken bestehen, oder bei der Montage großer Strukturen im Offshorebereich? Ich denke, eine solche Großwerft ist dafür prädestiniert. Sie kann alle Aspekte abarbeiten, vom Transport über die Verankerung im Meeresboden bis zur Aufstellung von Windenergiegiganten.

Die maritime Verbundwirtschaft an der Küste hat Zukunft, und das Verkehrsmittel Schiff ist ein umweltverträgliches System mit großen Chancen für weitere Verbesserungen. Ich denke dabei an die Doppelhüllentanker, an Katalysatorentechnik für Abgasminderung, an Windantriebe wie das Skysail, an den Flettner-Rotor, der erstmals in Kiel beim Schiffneubau Anwendung fand, und an die Nutzung von Brennstoffzellentechnik. Es muss Fortschritte

(Thomas Rother)

beim Energieverbrauch und bei Emissionen geben, auch wenn der Schiffsverkehr aus seiner Natur heraus Vorteile im Vergleich mit anderen Transportmitteln bietet. Nicht umsonst werden über 90 % des weltweiten Transportes über Schiffe abgewickelt.

Trotzdem sind wir der Auffassung, dass Innovationen in dem Bereich der Antriebstechnik und des Leichtbaus der einzige Weg sind, um im internationalen Wettbewerb mithalten zu können. Beim Massenschiffbau, wie er in Korea betrieben wird, ist die Entwicklung an uns vorbeigegangen. Da ist kein Anschluss möglich.

Da wir solche Anforderungen technisch erzwingen wollen, setzten wir uns für emissionsabhängige Hafengebühren in den Nord- und Ostseehäfen ein, möglichst EU-weit. Schweden und Norwegen haben uns vorgemacht, dass auch nationale Alleingänge Sinn machen. Noch besser wäre es natürlich, man würde zu einem europaweiten System kommen.

Wir Grüne unterstützen mit Nachdruck eine Verkehrsverlagerung „from Road to Sea“. Dieser Slogan, der von der EU-Kommission, von der Bundesregierung und auch von der Landesregierung als verkehrspolitisches Ziel anvisiert wird, muss sich aber auch in der politischen Praxis niederschlagen. Die Stärkung der Häfen, ihre Hinterlandanbindungen mit der Schiene, der Ausbau des Elbe-LübeckKanals und die Entwicklung des Nord-Ostsee-Kanals gehören dazu. Hier hapert es an der Konsequenz, dieses voranzutreiben, vor allen Dingen auch dann, wenn man sich die „Hurra-Debatte“ von CDU, SPD und FDP zur Fehmarnbelt-Querung anschaut. Es ist unsere Aufgabe, die maritime Verbundwirtschaft zu stärken und ihr nicht im Gegenteil die manchmal schwachen Beine wegzuschlagen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Eine feste Querung des Fehmarnbelts schadet objektiv gesehen der Schifffahrt und den Häfen in Schleswig-Holstein. Hier könnte die Landesregierung Flagge zeigen für die maritime Verbundwirtschaft und für eine Ertüchtigung des Fährverkehrs zwischen Dänemark und Puttgarden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Sie macht aber genau das Gegenteil und setzt auf eine absurde Verkehrsverlagerung, nämlich „from Sea to Road“. Man fasst sich an den Kopf.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Für den SSW hat nun der Herr Abgeordnete Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein sichtbarer Indikator für die wirtschaftliche Situation eines Landes ist immer das Transportgewerbe; denn die wirtschaftliche Entwicklung wirkt sich als erstes auf jede Art von Frachtund Güterverkehr aus. Wer sich heute die großen Logistikzentren anschaut, der stellt fest, dass viele Lkw stillstehen. Das gleiche Bild zeigt sich in den Häfen, wo die Schiffe frachtlos vor sich hindümpeln. Da die Liegeplätze in den Häfen nicht mehr ausreichen werden, wird bereits jetzt nach Ausweichplätzen gesucht.

Die Schifffahrt gerät in wirtschaftlich schwere See, in die sie sich nicht unbedingt selbst hineinmanövriert hat. Sie hat in den vergangenen Jahren durchaus gut verdient, als die globale Wirtschaft boomte. Entsprechend gut sahen die Auftragsbücher unserer Werften aus. Nun muss die Schifffahrtsbranche selbstkritisch erkennen, dass in dieser Zeit zu viele Schiffe gebaut wurden. Doch wer stellt sich in Zeiten einer boomenden Wirtschaft schon hin und spricht von Überkapazitäten? Mal ehrlich, alle haben bei dieser Blase mitgemacht. Solange es gut lief, war dies natürlich auch kein Problem.

Doch die Blase ist geplatzt, und diese Situation hat natürlich auch Auswirkungen auf die Werften. So hat der Verband für Schiffbau und Meerestechnik e. V. Anfang Februar dieses Jahres deutlich gemacht, dass die deutschen Seeschiffswerften bereits im Jahr 2008 massive Auftragseinbußen hinnehmen mussten. Was die Zukunft bringen wird, kann heute noch niemand vorhersagen. Eines ist aber sicher: Rosig wird sie nicht. Aber nicht nur die Werften, sondern auch die gesamte Zuliefererindustrie wird die Wucht dieser Krise zu spüren bekommen.

Wie die Situation der Werften hier im Land aussieht, ist nicht klar. Wie fit sind unsere Werften, und was können sie noch zusetzen? In einem Artikel des „sh:z“ war nachzulesen, dass kaum ein Unternehmen Auskünfte über seine aktuelle Auftraglage gibt oder geben kann. Weder HDW noch die Lürssen-Werft oder die Peterswerft sahen sich laut diesem Artikel in der Lage, eine Prognose abzuge

(Detlef Matthiessen)

ben. Derartige Auskünfte können uns nicht zufriedenstellen. Eine klare Einschätzung der Situation vonseiten der Werften wäre für die Politik durchaus wünschenswert, damit wir wissen, womit wir es noch zu tun bekommen und vor allen Dingen, wie wir handeln können. Einzig und allein die Flensburger Schiffbaugesellschaft hat in dem Artikel mitgeteilt, dass die Bestellungen noch bis Anfang 2013 reichen werden. Zumindest scheint es noch einen zu geben, der den Überblick über seine Bücher nicht verloren hat.

Welchen Wert diese Bestellliste letztendlich aber haben wird, sei dahingestellt. Denn die Werften leisten eine Vorfinanzierung des weitaus größten Teils des Kaufpreises. Angesichts der Übervorsichtigkeit der Banken bei der Kreditvergabe wird es aber immer schwieriger, die Vorfinanzierung auf die Beine zu stellen; auch diesbezüglich lässt das Problem mit der HSH Nordbank grüßen.