Das Problem ist: Wegen des zusammenbrechenden Welthandels stehen schon seit Monaten keine neuen Bauaufträge mehr in den Büchern. Doch nicht nur das: Bis Ende 2008 sind ganze 29 Aufträge bislang bei deutschen Werften wieder storniert worden. Weitere Stornierungen dürften folgen, fürchtet der Verband für Schiffbau und Meerestechnik.
Allein im Bereich der Containerschiffe sind heute schon etwa 450 Schiffe gänzlich ohne Beschäftigung und liegen auf Reede. Die Auswirkungen für den Werftenstandort Deutschland und damit insbesondere auch für Schleswig-Holstein sind gravierend. An der deutschen Küste arbeiten nach Angaben des statistischen Bundesamtes rund 23.600 Menschen im Schiffbau. Ein Teil dieser Arbeitsplätze ist in Gefahr. Das müssen wir derzeit in Kiel schmerzlich feststellen. So halten sich hartnäckig Gerüchte, dass die russischen und kasachischen Oligarchen bereits vier von ihren sechs bei
Das ist wohl nur die Spitze des Eisbergs. Denn am 11. März 2009 meldete ThyssenKrupp, dass der Bau von zwei Containerschiffen bei der HDW Gaarden GmbH in Kiel mit sofortiger Wirkung gestoppt wurde, weil die Auftraggeber keine Finanzierungszusagen der Banken mehr haben. Für 480 Mitarbeiter und 280 Leiharbeitskräfte bedeutet das seitdem Abbau von Überstunden und seit dem 21. März 2009 für 78 Mitarbeiter Kurzarbeit. Entlassungen - zunächst bei Leiharbeitern - können ab 2010 nicht ausgeschlossen werden.
Sehr geehrter Herr Minister, an dieser Stelle stellt sich trotz Ihres Vortrages hier natürlich schon die Frage: Was macht eigentlich die Landesregierung? Gibt es irgendwelche konkreten Hilfen, oder gibt es zumindest konkrete Gespräche? Ich höre, dass das Bundeswirtschaftsministerium mit dem ThyssenKrupp-Konzern und der KfW-Bank in Verhandlungen getreten ist. Ich frage Sie: Sind Sie an diesen Verhandlungen beteiligt? Wenn Sie nicht daran beteiligt sind, warum sind Sie daran nicht beteiligt? Wenn Sie daran beteiligt sind, warum lassen Sie das Parlament das auf unsere konkrete Frage hin nicht wissen? Warum gibt es keine Initiativen aus dem schleswig-holsteinischen Wirtschaftsministerium, zum Beispiel um die Umfinanzierung laufender Kredite über die KfW zu erreichen
oder Festzinskredite nach den OECD-Exportkreditvereinbarungen auszuhandeln oder gegebenenfalls die Konditionen für Landes- und Bundesbürgschaften auszuloten? Wenn es solche Überlegungen gibt, Herr Minister, dann wäre ich ganz dankbar darüber gewesen, wenn Sie heute die Gelegenheit genutzt hätten, uns dies mitzuteilen.
- Kollege Arp, das hat er gerade nicht. Er hat zwar erzählt, welche Möglichkeiten es gibt, er hat aber mit keinem einzigen Satz erwähnt, was das Wirtschaftsministerium eigentlich tut.
Gab es, Herr Minister, Gespräche mit dem Ziel, Mittel aus dem Finanzierungsschutzschirm im Rahmen des Konjunkturpakets nach Schleswig-Holstein zu holen?
Ich sage Ihnen deutlich, und das sage ich auch Ihnen, lieber Kollege Arp: Ich hatte mir erhofft, dass die Landesregierung heute die Chance nutzt, hier konkrete Ausführungen dazu zu machen, was die Landesregierung in dieser Situation tun kann, tun will und bereit ist zu tun.
Herr Kollege Garg, ist Ihnen bekannt, dass die Landesregierung als Vermittler aufgetreten ist bei der Insolvenz von Lindenau? Sonst wäre das Schiff gar nicht zu Ende gebaut worden.
Der Minister hat deutlich gesagt, dass er die Werften zusammenbekommen hat, und er hat für Insider gesagt, dass man dabei ist, in einem Verbund miteinander zu arbeiten. Das sind Initiativen, die aus dem Wirtschaftsministerium kommen. Ist Ihnen das bekannt? Haben Sie eben nicht zugehört, oder haben Sie das nicht verstanden?
- Herr Kollege Arp, erstens, ich habe Ihnen zugehört, zweitens, ich habe es auch verstanden, und drittens, ich sehe nach wie vor ein gravierendes Defizit, dass der Berichtsantrag, der von uns gestellt wurde, nicht ordentlich ausgeführt wurde.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Werftindustrie ist für den Standort Schleswig-Holstein immer noch eine der Schlüsselindustrien. Sie sichert eine Reihe von Arbeitsplätzen und leistet mit den zugehörigen Zulieferbetrieben einen erheblichen Beitrag zur Wertschöpfung in Schleswig-Holstein.
Kollege Arp, da wir den Bericht in den Wirtschaftsausschuss überweisen, kann der Minister dann das, was Sie gerade freundlicherweise für ihn übernom
men haben, uns dort ja noch einmal erläutern. Ich glaube nämlich, eines liegt uns allen am Herzen, die Schiffbauindustrie durch diese schweren Zeiten sicher zu manövrieren, damit wir aus der Krise zumindest nicht geschwächter herauskommen, als wir in die Krise hineingegangen sind.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werften sind ein Teil und ein industrieller Kern Schleswig-Holsteins. Mit 25 % Anteil am Gesamtumsatz des deutschen Schiffbaus ist unser Land mit seinen Werften die Nummer eins in Deutschland. Auch die in Schleswig-Holstein ansässige Schiffbauzulieferindustrie verfügt über einen starken Marktanteil, ist hoch innovativ und sichert so mit rund 150 Unternehmungen mehr als 12.000 Arbeitsplätze. Addiert man hierzu noch die etwa 40.000 Arbeitsplätze in den Häfen und hafenabhängigen Betrieben, wird der Stellenwert der Seeschifffahrt für unser Land und die hier lebenden Menschen deutlich. Die arbeitsmarktpolitischen Effekte werden noch bedeutsamer, wenn man die direkt im Zusammenhang stehenden gewerblichen Aktivitäten hinzurechnet.
Bedenkt man aber auch noch die Wertschöpfungsketten in ihrer bundesweiten Verflechtung, erreicht man schnell Dimensionen, zu deren Sicherung aktuell in einer anderen Branche Ministerpräsidenten und der Bundeswirtschaftsminister über den großen Teich reisen und sogar unsere Kanzlerin zurzeit Gespräche mit dem US-Präsidenten führt.
Aufgrund der hohen Exportquote ist die Seeschifffahrt als größter Sektor der maritimen Wirtschaft Schleswig-Holsteins von der aktuellen weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise besonders betroffen. Schon die Krise auf dem Weltschiffbaumarkt in den 80er-Jahren hat gezeigt, wie direkt dieser Wirtschaftsbereich von einer prosperierenden Wirtschaft und intakten Finanzwelt abhängig ist.
Die aktuelle Krise übersteigt das damals Erlebte. Wenn die Welthandelsorganisation WTO einen Rückgang im Transportsektor von 7 bis 8 % voraussagt und die Bankenwelt mit ihrer enormen Bedeutung für Schiffsfinanzierungen so aus dem Gleichgewicht ist, dann spüren wir in Schleswig
Holstein diese Auswirkungen ganz direkt. So wurden am Standort Kiel bei HDW - wir haben es gehört - zwei Containerschiffe in Baustopp gelegt und Kurzarbeit beantragt. Herr Minister, Sie haben es erwähnt, die Sorge greift Platz, dass eine Konzernentscheidung zur Verlagerung des zivilen Überwasserschiffbaus weg aus Kiel drohen könnte.
In Kiel-Friedrichsort kämpfen die Lindenauer um eine betriebswirtschaftlich vertretbare Finanzierung für einen notwendigen Anschluss-Neubauauftrag und in anderen Regionen des Landes - ob Wewelsfleth, Rendsburg oder anderswo - führen die Werften einen ähnlichen Kampf. Aber nicht nur die Werften, sondern auch unsere Reeder erleben, dass hergebrachte Finanzierungen für Betrieb und Neubau von Schiffen außer Kraft gesetzt werden mit der Konsequenz, dass sie betriebswirtschaftlich zunehmend in die Enge getrieben sind.
Aus der Krise kann uns letztlich nur ein Wiederanspringen der Weltkonjunktur und eine verlässliche Finanzierungswelt führen, ebenso wie eine verstärkte Spezialisierung auf den Werften selbst.
In der aktuellen Diskussion und Situation ist aber auch besonders eine entschlossene und aktive Unterstützung der Politik notwendig. Hier möchte ich gern der Landesregierung, unserem Ministerpräsidenten und dem Wirtschaftsminister Dr. Werner Marnette, danken.
Herr Kollege Dr. Garg, ich glaube, Sie verkennen die Situation, wenn Sie meinen, dass diese Landesregierung nicht das ihr wirklich Mögliche tut.
Ich sage auch in diese aktuelle Diskussion hinein: Einer Landesregierung, die sich als Anteilseigner einer Bank versteht - die Diskussion hatten wir und auch über diesen Weg ihren Teil dazu beiträgt, dass überhaupt Konsortialführungen möglich werden und damit überhaupt Arbeitsplätze, Beschäftigung und Zukunft auf den Werften im Rahmen des Möglichen gesichert werden kann - und Dr. Marnette ist nun wirklich derjenige, der hier in erster Reihe steht - gebührt Dank und nicht Kritik.
Die größte Krise - Weltwirtschaftskrise und Finanzkrise - zu überwinden, dazu gehört natürlich neben aller Aktivität, die Ministerpräsident Carstensen,
Dr. Werner Marnette und das Kabinett entfalten, auch etwas Glück. Oder besser noch, wie man an der Küste sagt: Eine Handbreit Wasser unter dem Kiel, das wünsche ich unseren Reedern, Werften und somit uns in Schleswig-Holstein.
Bevor ich ein weiteres Mal das Wort erteile, bitte ich Sie, mit mir gemeinsam auf der Tribüne Schülerinnen und Schüler der Timm-Kröger-Realschule aus Kiel mit ihren begleitenden Lehrkräften sowie Schülerinnen und Schüler des Bismarck-Gymnasiums Elmshorn mit den begleitenden Lehrkräften herzlich zu begrüßen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man mag es tatsächlich kaum glauben: Schon wieder werden beschäftigungslose Schiffe in der Geltinger Bucht liegen. Das erinnert in fataler Weise an die 70er-Jahre, in denen Tankschiffe auf Vorrat und Verdacht gebaut wurden und dort dann erst einmal eine Zeit lang lagen. Es erinnert auch an Zeiten - schräg gegenüber bei der HDW geschehen -: Es wurde einmal ein Schwimmdock gebaut für 200 Millionen DM, das kurz nach der Fertigstellung wieder verschrottet wurde. Darauf wurde nie ein Schiff gebaut.