Aber Herr Stegner, ich kann Ihnen sicher sagen das kann man durch einfaches Nachrechnen feststellen -, dass sozialdemokratische Finanzminister mehr Schulden aufgebaut haben als andere, und zwar in der Zeit von 1969 bis 1980 und in der Zeit von 1998 bis heute. Es kann sein, dass Ihnen das Jahr 2009 mit der wunderbaren Verschuldung durch das Konjunkturprogramm völlig durchging. Aber ich kann Ihnen sicher sagen: Das können Sie nachrechnen.
Sie sollten vielleicht auch zu Kenntnis nehmen, dass wir auf Bundesebene seit 1998 auch nicht mehr in der Regierungsverantwortung sind. Aber wenn Sie so etwas fragen, können wir es gern darstellen.
(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die einzige, die keine Schulden hat, ist die Linkspartei!)
- Aber sie hat uns mit der DDR richtig viele Schulden hinterlassen, Herr Kollege Hentschel. Das scheint Ihnen abhanden gekommen zu sein.
Ich finde es faszinierend. Wer hat denn den Polizeibeamten das Weihnachtsgeld gestrichen, das Urlaubsgeld und die Freie Heilfürsorge weggenommen? Das waren doch Sie. Oder nicht? Jetzt stellen Sie sich hin und sagen, wir müssten dafür Sorge tragen, dass Polizeibeamte ordentlich bezahlt werden.
waltung durch kw-Vermerke wegfallen zu lassen, nachdem diese nach Einführung des elektronischen Katasters nicht mehr gebraucht werden? Das waren doch Sie. Herr Minister, Sie erklären doch, wann immer die Frage im Raum steht, ob eine Aufgabe abgebaut und damit Personal - nicht im Sinn von betriebsbedingten Kündigungen - eingespart werden soll, das sei für Sozialdemokraten nicht machbar. Und dann stellen Sie sich hin und sagen, wir müssten alle Anstrengungen unternehmen, damit wir künftig aus eigener Kraft Politik gestalten könnten. Das ist wenig glaubwürdig, sage ich Ihnen.
Noch einmal: Wenn wir keine Anstrengungen unternehmen, wenn wir sozusagen das Ziel aufgeben, uns bis zum Jahr 2020 in die Lage zu versetzen, ohne Neuverschuldung auszukommen, können wir alle nach Hause gehen.
Das wäre ein Ausweis von Kapitulation, den ich zu akzeptieren nicht bereit bin. Ich habe früher schon gesagt und wiederhole es: Wir werden die Haushaltssanierung nicht - jedenfalls nicht ausschließlich - über die Ausgabeseite schaffen. Wir brauchen dazu auch die Einnahmeseite. Herr Stegner, Sie können gern die Börsenumsatzsteuer für Bordesholm fordern. Ich kenne keine schleswig-holsteinische Börse. Wir sind dafür gar nicht zuständig. Aber wir sind dafür zuständig, dass in SchleswigHolstein Wachstumsraten generiert werden können, dass Baumaßnahmen durchgeführt werden können, dass Unternehmen hier investieren.
Ein letzter Satz, Frau Präsidentin: - Eines kann ich Ihnen sagen: Löhne können nur in Unternehmen bezahlt werden, die es gibt. Damit es sie gibt, brauchen sie Investitionen. Dafür müssen wir eintreten.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eine Bemerkung vorweg. Die Klärung der Frage, an welcher Stelle eine Schuldenbremse verfassungsrechtlich verankert wird, ist Angelegenheit des Parlaments. Sie können sicher sein, dass sich die Regierung selbstverständlich dem anschließt, was das Parlament in dieser Frage entscheidet.
Nun möchte ich noch zu einigen Punkten Stellung nehmen, von denen ich meine, dass sie, möglicherweise auch bewusst, fehlinterpretiert werden, oder die die Situation auf den Kopf stellen.
Nach meiner Einschätzung ist es ein Trugschluss zu sagen: Die Schuldengrenze definiert das Ziel, einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen. Die Erkenntnis muss lauten, dass uns die Folgelasten aus den aufgelaufenen Altschulden der vergangenen 40 Jahre dazu veranlassen, zu ausgeglichenen Haushalten zu kommen, nicht aber eine verfassungsrechtlich festgestellte Grenze. Diese ist die Folge, aber die eigentliche Ursache ist die Erfahrung aus den letzten 40 Jahren. Insoweit müssen wir, denke ich, hin und wieder die Gedanken neu ordnen.
Auch ist es falsch zu fragen: Warum sollen wir eigentlich dem Staat verbieten, Schulden zu machen, wo dieses Instrument doch jeder Familie oder jedem Unternehmen zur Verfügung steht, sodass mit einem Kredit ein Auto gekauft oder ein Haus finanziert werden kann? Der Unterschied besteht darin, dass jemand, der sich ein Auto kauft, einen verbindlichen Tilgungsplan vereinbart und ihn auch einhalten muss. Hält er diesen Tilgungsplan nicht ein, so erhält er keinen Kredit mehr. Im Unterschied dazu hat der Staat - ich spreche jetzt von Schleswig-Holstein - seit der letzten großen Finanzverfassungsreform Ende der 60er-Jahre in keinem einzigen Jahr netto Kredite zurückgezahlt. Daher ist dieser Vergleich schlicht und ergreifend nicht zulässig.
Schleswig-Holstein macht seit 2006 neue Schulden nur noch, um damit die Zinsen für alte Schulden zu bezahlen. Ich denke, es ist notwendig, genau über diesen Sachverhalt nachzudenken. Das hat nämlich nichts mit Zukunft zu tun, sondern bewältigt lediglich Vergangenheit und verhindert möglicherweise Zukunft. Deshalb müssen wir darüber nachdenken.
Es ist eine völlige Fehlinterpretation zu sagen, wir dürften durch heutige Verfassungsentscheidungen
zukünftigen Generationen nicht vorschreiben, ob sie aus eigener Erkenntnis Schulden machten. Künftige Generationen werden allein entscheiden, möglicherweise auch allein die Verfassung ändern und so darüber entscheiden können, ob sie ihre Aufgaben durch Schulden finanzieren oder nicht. Aber eines können wir künftigen Generationen nicht abnehmen: Sie müssen die Zinsen für Schulden bezahlen, die wir heute machen. Dem können sie sich nicht entziehen. Deshalb ist es notwendig, dass wir dies beenden, sodass diese Vorlasten nicht eintreten.
Ich denke, dass die Diskussion über die Schuldengrenze und der Weg, der jetzt gefunden worden ist, sehr deutlich aufzeigen, was Schleswig-Holstein aus der Erkenntnis der letzten 40 Jahre auch anstreben müsste, ohne dass uns andere dazu zwingen und veranlassen. Dafür bekommen wir - lassen Sie es mich einmal in Gänsefüßchen sagen - auch noch „Hilfen“. Dass es überhaupt diese Diskussion gibt, dass überhaupt die Frage nach Hilfen gestellt wird, dass die Altschuldentilgung jedenfalls in die Diskussion gekommen ist, dass wir ein begleitendes Controlling über den neuen Stabilitätspakt vorsehen, ist alles von Schleswig-Holstein ausgegangen und in die Diskussion hineingetragen worden. In den ersten Vorschlägen des BMF zu dieser Frage gab es in der Tat nur einen einzigen Satz hierzu, und dieser beinhaltete eine neue Schuldengrenze und nichts weiter. Deshalb denke ich, dass wir insgesamt auf einem guten Weg sind.
In den unterschiedlichen Szenarien, in den unterschiedlichen Situationen, die eintreten können, ist durchaus ein Spielraum enthalten. Die Schuldengrenze bezieht sich nämlich nur auf die strukturelle Neuverschuldung in Zeiten einer sogenannten konjunkturelle Normallage. Das, was wir in den letzten beiden Jahren praktiziert haben, ist: in besseren konjunkturellen Situationen das, was das durchschnittliche Wachstum übersteigt, in eine Rücklage zu überführen, um diese verfügbar zu machen, wenn sich die Situation ändert.
Alle geschilderten guten Wege sind übrigens aus Schleswig-Holstein gekommen. Dass wir bei Naturkatastrophen oder anderen außergewöhnlichen Notlagen - zurzeit haben wir außergewöhnliche, gesamtwirtschaftliche Notlagen - auch zu anderen Lösungen kommen müssen, die dann aber im Unterschied zu den letzten 40 Jahren mit einem sehr eindeutigen, zeitlich begrenzten Tilgungsplan ver
sehen werden müssen, ist die neue Erkenntnis. Ich denke, es ist gut, dass wir diesen Weg gegangen sind.
(Beifall bei der CDU sowie der Abgeordne- ten Holger Astrup [SPD] und Monika Hei- nold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Ich rufe zunächst den Antrag des SSW, Drucksache 16/2531, auf. Wer ihm zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! Stimmenthaltungen? - Der Antrag in der Drucksache 16/2531 ist mit den Stimmen der Fraktionen der CDU und der SPD gegen die Stimmen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW bei Enthaltung der Fraktion der FDP abgelehnt.
Nun rufe ich den interfraktionellen Antrag, Drucksache 16/2585, auf. Wer ihm zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Die Gegenprobe! Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist einstimmig angenommen.
Erste Lesung des Entwurfs eines Hochschulzulassungsgesetzes und eines Gesetzes zur Änderung des Zustimmungs- und Ausführungsgesetzes zu dem Staatsvertrag über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung
Die Fraktionen haben sich darauf verständigt, diesen Antrag ohne Aussprache in den Ausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.
Auch hierzu haben sich die Fraktionen darauf verständigt, die Vorlage ohne Aussprache an den Finanzausschuss sowie an den Innen- und Rechtsausschuss zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer dem so zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so geschehen.