Protocol of the Session on March 25, 2009

Staat und Kirche gehören zwar verschiedenen Sphären an, aber sie beziehen sich aufeinander.

„Wir sind den Kirchen also schuldig, dieses Verhältnis so zu gestalten, dass es keinen Widerspruch dazwischen gibt, guter Staatsbürger und guter Christ zu sein.“

Das ist übrigens ein Zitat von Matthias Platzeck, wenn ich das hinzufügen darf.

Im Übrigen verweise ich darauf, dass es auch in Finanzfragen ein klares Angebot und die Bereitschaft zum Gespräch seitens der katholischen Kirche gibt. Herr Kayenburg hat darauf hingewiesen. Wir haben auch - und ich muss das aus zeitlichen Gründen sehr kurz machen - auf die Problematik Reichskonkordat von 1933 hingewiesen und haben das in den Gesprächen mit der katholischen Kirche thematisiert. Wir haben unsere klare Ablehnung dieser Entscheidung von 1933 geäußert.

Ich komme zum Schluss. Es existieren heute bereits Vereinbarungen mit den beiden jüdischen Gemeinden und mit der evangelischen Kirche in Schleswig-Holstein. Der vorliegende Vertrag schließt also eine Lücke. Der Kirchenstaatsvertrag basiert auf diesen Verträgen. Er fixiert die bestehenden Regelungen - also nichts Neues -, die seit Jahren so Praxis sind, und schafft damit die Basis für die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Kirche und Staat, zwischen Politik und Gesellschaft.

Deshalb werbe ich für diesen Vertrag, für dieses Gesetz und bitte Sie, diesem Gesetz zuzustimmen.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke Herrn Abgeordneten Rolf Fischer. - Das Wort für die FDP hat nun Herr Abgeordneter Dr. Ekkehard Klug.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Um es gleich zu Beginn zu sagen: Die FDP-Fraktion kann dem Vertrag mit dem Heiligen Stuhl wegen der Ewigkeitsgarantie, die der Vertragstext enthält, nicht zustimmen.

(Beifall bei der FDP und des Abgeordneten Wolfgang Baasch [SPD])

Verträge, die das Land und damit alle künftigen Generationen von Steuerzahlern ewig binden, sind aus unserer Sicht grundsätzlich nicht akzeptabel, selbst wenn der Wissenschaftliche Dienst des Landtags in seiner Stellungnahme zu dem Ergebnis gelangt ist, dass solche Vertragsvereinbarungen prinzipiell rechtlich zulässig wären.

Ein zweiter Kritikpunkt ist aus unserer Sicht auch die Dynamisierungsklausel, die im Vertragsentwurf in Bezug auf die Staatsleistungen enthalten ist. Der Präsident des Landesrechnungshofs hat hierzu in der Sitzung des Finanzausschusses vom 5. März als Vergleichsbeispiel den Vertrag genannt, den das Land Berlin 2006 mit der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg geschlossen hat. Dort wird auf eine Dynamisierung der Staatsleistungen verzichtet. Stattdessen werden die Zahlungen aus dem Landeshaushalt jeweils für einen Fünfjahreszeitraum festgeschrieben. Danach ist eine Überprüfung vorgesehen. Kommt es dabei zu keiner Einigung, werden die bisherigen Zahlungen fortgeschrieben. Damit erhält der Vertragspartner einerseits eine mittelfristige Planungssicherheit, andererseits wird auch der Staat nicht zu ständigen Steigerungen seiner Leistungen unabhängig von der Entwicklung der öffentlichen Finanzen verpflichtet.

Falls der Vertrag mit dem Heiligen Stuhl in den beiden genannten Punkten - hinsichtlich der Ewigkeitsgarantie und der Dynamisierungsklausel - andere Regelungen enthielte, könnten auch wir einem solchen Vertrag vorbehaltlos zustimmen. Ich möchte ausdrücklich feststellen, dass dies auch für solche Punkte gilt, die in den Ausschüssen zum Teil von einzelnen Kollegen der SPD-Fraktion kritisiert worden sind. Als Beispiel sind hier die Vertragsbestimmungen zum Religionsunterricht und zum Bereich des Rundfunks zu nennen.

Im Hinblick auf den Religionsunterricht - dies möchte ich feststellen - orientiert sich der Vertragstext an den Vorgaben des Grundgesetzes. Danach wird konfessionell gebundener Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Falls Eltern oder religionsmündige Schüler sich gegen einen solchen

(Rolf Fischer)

Unterricht entscheiden, wird in Schleswig-Holstein stattdessen Unterricht im Fach Philosophie erteilt. Im Übrigen können Lehrkräfte - wie Art. 7 Abs. 3 GG festlegt - nicht gegen ihren Willen zur Erteilung von Religionsunterricht verpflichtet werden. Die logische Konsequenz aus diesen Vorgaben besteht andererseits darin, dass staatliche Lehrkräfte, die konfessionell gebundenen Religionsunterricht erteilen, hierfür die in Artikel 5 des vorliegenden Vertrags mit dem Heiligen Stuhl genannte Zustimmung der Kirche benötigen. Wie gesagt, darin sehen wir kein Problem und auch keinen Anlass zur Kritik.

Eine letzte Anmerkung: Es dient meines Erachtens auch nicht einem fairen und partnerschaftlichen Umgang zwischen Staat und Kirche, wenn manche Kollegen - wie dies zum Beispiel im Finanzausschuss der Fall gewesen ist - den vorliegenden Gesetzentwurf unter Hinweis auf das Reichskonkordat von 1933 in ein gewisses Zwielicht rücken. Hierzu hat zum einen Staatssekretär Maurus am 12. Februar im Finanzausschuss zutreffend festgestellt, ich zitiere aus dem Ausschussprotokoll:

„…dass aus politischen Gründen bewusst davon abgesehen worden sei, im Vertrag die Fortgeltung des Reichskonkordats festzuschreiben.“

Zum anderen kann ich mich nicht daran erinnern, dass jemals - und zwar insbesondere auch nicht von Sozialdemokraten - daran Anstoß genommen worden ist, dass bestimmte sozialpolitische Regelungen, die aus guten Gründen bis heute bestehen, erstmals in der Zeit zwischen 1933 und 1945 eingeführt worden sind. Als Beispiel ist hier die Einbeziehung der Rentner in die gesetzliche Krankenversicherung genannt. Kurz gesagt: Es ist ganz einfach unangemessen, unsere aktuelle Kirchenstaatsvertragsdebatte durch Verweise auf 1933 zu belasten. Dies möge bitte auch der Kollege Günther Neugebauer bedenken.

(Beifall bei FDP, CDU und vereinzelt bei der SPD)

Wenn die FDP-Abgeordneten - wie auch Mitglieder anderer Fraktionen - nachher in der Abstimmung den vorliegenden Gesetzentwurf ablehnen, so geschieht dies ausschließlich aus den eingangs von mir genannten Gründen.

(Beifall bei der FDP und der Abgeordneten Anette Langner [SPD])

Ich danke Herrn Angeordneten Dr. Klug. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Abgeordnete Monika Heinold das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Position der Fraktion der Grünen hat sich durch die Beratung in den Fachausschüssen nicht verändert; im Gegenteil, unsere Meinung hat sich verfestigt. Schon in der ersten Lesung über den Vertrag des Landes mit dem Heiligen Stuhl habe ich deutlich gemacht, dass sich die traditionellen Kirchenverträge überholt haben, leben wir doch in einem modernen demokratischen Rechtsstaat mit einer bekenntnispluralen Gesellschaft. Deshalb benötigen wir keine einzelnen und mit den verschiedenen Bekenntnisgemeinschaften ausgehandelten Abreden, sondern allgemeine Rechtstellungsgesetze für alle Bekenntnisse und alle Bekenntnisgemeinschaften. Das heißt, wir benötigen Gesetze, die eine einheitliche Materie ausdrücklich, umfassend und möglichst eindeutig im Rahmen des Grundgesetzes und der Landesverfassung ordnen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten Konrad Nabel [SPD] und Lars Harms [SSW])

Der Staat muss für alle Religionen der Bürgerinnen und Bürger offen sein. Das gilt auch für alle Weltanschauungsgemeinschaften. Gerade dadurch ist er Heimstatt aller Bürgerinnen und Bürger. Außer dieser grundsätzlichen Kritik an dem vorliegenden Staatsvertrag muss ich aber auch als Finanzpolitikerin dafür plädieren, diesem Vertrag nicht zuzustimmen. Es kann doch nicht sein, dass wir heute praktisch zeitgleich mit der Verabredung einer Schuldenbremse einem Vertrag zustimmen sollen, der mit seiner Ewigkeitsklausel und der festgeschriebenen Dynamisierung die Staatsleistungen an die katholische Kirche unrückholbar festschreibt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und vereinzelt bei der SPD)

Dies steht allem entgegen, was wir uns finanzpolitisch vorgenommen haben und was finanzpolitisch zu verantworten ist. Wir schaffen neue, jährlich steigende Verpflichtungen, an die sich nicht nur unsere Kinder und Enkel, sondern auch unsere Urenkel und alle danach folgenden Generation halten müssen. Diese Verpflichtungen binden sie. Das ist aus unserer Sicht unverantwortbar und vor allem nicht zeitgemäß.

(Dr. Ekkehard Klug)

Wenn sich der Staat verpflichtet, wobei es gute Gründe gibt, sich gegenüber Religionsgemeinschaften zu Zahlungen zu verpflichten, Organisationen Zuschüsse zu gewähren, dann muss eine solche Entscheidung auch jederzeit wieder rückholbar sein. Der Staatsvertrag, den Sie heute beschließen wollen, ist nicht rückholbar. Er verpflichtet das Land einseitig und auf Ewigkeit zu jährlich steigenden Zahlungen und Unterstützungsleistungen. Deshalb wird meine Fraktion dem Vertrag nicht zustimmen. Die staatsferne Kirche ist eine der wichtigsten Errungenschaften der Neuzeit für Staat und Kirche. Der vorliegende Staatsvertrag passt nicht zu dieser Errungenschaft. Schränken wir uns nicht ohne Not in unserer Handlungsfähigkeit als Parlament ein!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP sowie der Abgeordneten Günter Neuge- bauer [SPD] und Lars Harms [SSW])

Ich danke der Frau Abgeordneten Monika Heinold. - Für den SSW im Landtag hat die Vorsitzende, Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk, das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schon bei der ersten Lesung dieses Vertrags sagte ich für den SSW, dass auch ein Kirchenvertrag ein Vertrag ist, der allen rechtlichen und demokratischen Gepflogenheiten genügen muss. Dazu gehört auch der Landtagsbeschluss, dass die vertraglichen Verpflichtungen des Landes gegenüber den Kirchen dringend zu modernisieren sind. Dies gilt vor allem bezüglich der Geltungsdauer der Verträge, die als sogenannte Ewigkeitsklauseln keine Revidierung zulassen.

Der Finanzausschuss hat in seiner Debatte zu dem vorliegenden Vertrag leidenschaftlich über die Ewigkeitsklausel diskutiert. Das gilt übrigens ebenfalls für den Bildungsausschuss. Die Landesregierung hat dabei an keiner Stelle signalisiert, dass sie von der Ewigkeitsdauer des Vertrags abweichen wird, schließlich ist der Vertrag seit fast einem Vierteljahr unterzeichnet. Die Landesregierung will den Vertrag genau so verabschiedet sehen, wie er unterzeichnet wurde. Der Hinweis der Chefs der Staatskanzlei, dass dies - kirchenrechtlich betrachtet - auch gar nicht anders sein könnte, hat uns aber immer noch nicht überzeugt. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal betonen: Es geht dem SSW weder um die Diskriminierung der Katholiken in unse

rem Land, noch geht es darum, den Beziehungen zwischen Schleswig-Holstein und dem Heiligen Stuhl eine vertragliche Grundlage zu versagen. Beide Argumente sind gefallen, aber beide sind falsch. Es geht auch nicht darum, dass das soziale und kulturelle Engagement unserer Kirchen nicht zu würdigen ist. Wer das behauptet, vergleicht Äpfel mit Birnen.

(Beifall beim SSW und der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Die Ablehnung der Ewigkeitsklausel ist somit keine Kritik an der katholischen Kirche. Sie entspricht lediglich der Beschlusslage des Landtags. Ich möchte davor warnen, dass wir unsere eigenen Voten nicht ernst nehmen, nur weil der entsprechende Vertragspartner unsere Bedingungen nicht akzeptieren möchte. Das sage ich ganz deutlich.

(Beifall bei SSW, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Jürgen Weber [SPD])

Genau das wurde dem Finanzausschuss aber berichtet, nämlich dass der Heilige Stuhl über alle Fragen reden wolle, aber weder über eine Kündigung noch über eine Laufzeitbegrenzung des Vertrags. Damit wird die Verhandlungsposition des Landes dauerhaft geschwächt. Dass das kein hohles Argument ist, belegt bereits die Tatsache, dass die Verhandlungen mit der evangelischen Kirche unmittelbar bevorstehen. Staatssekretär Maurus hat sie für dieses Jahr in Aussicht gestellt. Ihr kann das Land Schleswig-Holstein nicht das versagen, was sie der katholischen Kirche gewährt hat. Daher lehnt der SSW den Vertrag des Landes mit dem Heiligen Stuhl in der vorliegenden Form ab.

(Beifall bei SSW, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Ich danke der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk. - Für die Landesregierung hat nun Ministerpräsident Peter Harry Carstensen das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst darf ich mich insbesondere bei Herrn Kayenburg und bei Herrn Fischer für die außerordentlich seriösen und auch guten Einlassungen in dieser Debatte über den Kirchenstaatsvertrag bedanken, der am 12. Januar diesen Jahres vom Apostolischen Nuntius und dem Land Schleswig-Hol

(Monika Heinold)

stein unterzeichnet wurde. Ich hatte die Ehre, diesen Vertrag mit dem Heiligen Stuhl für das Land Schleswig-Holstein zu unterzeichnen.

Diesem Hohen Haus lag der Vertrag am 28. Januar zur ersten Beratung vor. Danach haben sich der Bildungsausschuss, der Innen- und Rechtsausschuss und der Finanzausschuss mit dem Vertrag befasst. Ich danke den Kolleginnen und Kollegen Abgeordneten sehr herzlich, dass sie sich sehr intensiv mit dem Vertragswerk auseinandergesetzt haben. Ich freue mich, dass der Vertrag dem Parlament zur zweiten Lesung unverändert vorliegt, und begrüße es sehr, dass wir die Beziehungen zwischen der römisch-katholischen Kirche und dem Land Schleswig-Holstein mit dem vorliegenden Vertrag auf ein solides rechtliches Fundament stellen. Mit diesem Vertrag schaffen wir ein klares und umfassendes Regelwerk zu allen Punkten, die es in unserem Land zwischen Staat und katholischer Kirche zu regeln gilt.

In den Ausschussberatungen haben einige Kolleginnen und Kollegen ihre Vorbehalte gegen die unbefristete Gültigkeitsdauer des Vertrags geäußert. Das haben sie auch heute wieder getan. In der Tat enthält der Vertrag mit der katholischen Kirche keine Kündigungsklausel. Wir haben bewusst darauf verzichtet, eine Laufzeit festzulegen; denn alle Beteiligten waren sich von Anbeginn an darin einig, dass der Vertrag in seiner inhaltlichen Substanz grundsätzlich unbefristet gelten solle.

Was die fiskalischen Beziehungen zwischen Staat und Kirche betrifft, so nehmen wir die geäußerten Bedenken, ob sich das Land angesichts der schwierigen Finanzlage unbefristet binden sollte, selbstverständlich ernst. Doch wir haben - das bitte ich auch zu bedenken und zu beachten - in Artikel 22 des Vertrags vorgesehen, dass einzelne Regelungen aufgrund geänderter Umstände angepasst werden können. Ich meine, damit stehen wir auch insoweit auf der sicheren Seite. Rein fiskalisch geht das Land durch den Vertrag keinerlei zusätzliche Verpflichtungen ein. Für den Haushalt entstehen hierdurch keine Mehrbelastungen. Artikel 19 des Vertrages enthält zwar eine Dynamisierungsklausel, aber damit gestehen wir der katholischen Kirche nur das zu, was auch mit der evangelischen Kirche vereinbart und bisher schon geleistet wurde.

(Dr. Heiner Garg [FDP] und Konrad Nabel [SPD]: Das macht es ja nicht besser! - Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Das war schließlich der Grundsatz unserer Vertragsverhandlungen: Katholische und Evangelische

Kirche sollen in Schleswig-Holstein gleichwertig und gleichberechtigt nebeneinander bestehen und damit auch gleichbehandelt werden.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)