Dennoch stellen sich meine Fraktionskollegen, wie ich meine zu Recht, die Frage, ob diese Klagerechte wirklich miteinander vergleichbar sind. Ein Naturschutzverband ist regelmäßig Kläger unter vielen Klägern. Im Tierschutzrecht soll mit der Interessenklage gerade eine Kontrolllücke geschlossen werden. Mit dem Verbandsklagerecht können Prozesse geführt werden, die bisher noch nicht geführt werden konnten.
Es ist deshalb bedauerlich, lieber Kollege Matthiessen, dass auch Sie diese Befürchtung in den Ausschussberatungen nicht haben entkräften können, sodass die überwiegende Mehrheit meiner Fraktion bedauerlicherweise meiner Argumentation nicht folgen konnte. Auch wenn ich Ihren Gesetzentwurf in der jetzt vorliegenden Fassung nicht für den optimalen Weg halte, ich werde diesem Gesetzentwurf zustimmen, weil ich der Auffassung bin, dass es für mich jedenfalls mehr zählt, dass es eine Möglich
keit ist, den Tieren tatsächlich - anders als bei ihrer Eselsaufführung vor dem Landeshaus - eine Stimme, eine Möglichkeit zu geben, sich zu wehren. Das können die Tiere selber nicht.
Liebe Kollegin Redmann, ich sage Ihnen ganz deutlich: Wir beide haben - dazu brauchten wir die Grünen nicht - gerade in der letzten Legislaturperiode relativ viel im Bereich der Tierschutzpolitik erreicht und auch gemeinsam hinbekommen. Vor diesem Hintergrund sage ich Ihnen: Träumen Sie nicht von Wahlergebnissen des nächsten Jahres.
Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. - Nutzen Sie die zahlenmäßige Möglichkeit: Sie hätten eine Mehrheit für diese Verbandsklage hier in diesem Landtag. Nutzen Sie sie.
Ich kann Sie nur auffordern, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, stimmen Sie zu. Dann haben wir das Verbandsklagerecht.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Dr. Heiner Garg. - Das Wort für den SSW im Landtag hat der Herr Abgeordnete Lars Harms.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass der Gesetzentwurf zum TierschutzVerbandsklagerecht gut zwei Jahre verschleppt wurde, ist einzig und allein das Verschulden der Großen Koalition. Sie hat nicht den Mut gehabt, hier ein Gesetz auf den Weg zu bringen, um den Tieren den Schutz zukommen zu lassen, der ihnen als Mitgeschöpfen zusteht. Gefangen im Koalitionsvertrag musste die SPD klein beigeben und sich den Blockierern der CDU fügen. Dies ist mehr als
bedauerlich; denn der Wissenschaftliche Dienst hat in seinem Gutachten ganz klar deutlich gemacht, dass das Land Schleswig-Holstein eine Regelung zur Einführung einer Verbandklage erlassen kann. Diese Chance nimmt die Große Koalition aber nicht wahr.
Der SSW hat sich ganz deutlich in dieser Frage positioniert und unterstützt die Forderung nach einem solchen Gesetz; denn die bestehenden Regelungen für den Umgang mit und die Haltung von Tieren reichen nicht aus, um ihnen den notwendigen Schutz zukommen zu lassen. Dies hat ja auch der Kollege Ehlers in seiner Pressemitteilung deutlich gemacht, der auf den Tierschutz im Grundgesetz hinweist und zum Ausdruck bringt, dass diese Grundgesetzänderung nicht zum Erfolg im Sinne des Tierschutzes beigetragen hat. Denn der Tierschutz im Grundgesetz hat einen appellierenden Charakter, der von der Politik bei der Gesetzgebung und von den Verwaltungsbehörden und Gerichten bei der Anwendung und Auslegung des geltenden Rechtes zu beachten ist. Dies ist ein erreichter Fortschritt. Es reicht aber nicht aus.
Ebenso werden Tiere durch das Tierschutzgesetz um ihrer selbst Willen geschützt, doch werden ihnen keine rechtlichen Vertreter zugestanden. Genau dies wird mit dem Verbandsklagerecht verfolgt. Tierschutzverbänden soll das Klagerecht zugesprochen werden, damit sie die Interessen von Tieren vertreten können analog zum Klagerecht für Naturschutzverbände bei Umweltangelegenheiten.
Durch das Verbandsklagerecht wird sichergestellt, dass Entscheidungen auch dann durch unabhängige Gerichte überprüft werden können, wenn tierschutzrechtliche Bestimmungen verletzt wurden. Mit dem Verbandsklagerecht werden somit nicht nur die Sichtweisen von Tierhaltern und -nutzern gewahrt, sondern auch die der Tierschutzverbände und der Tiere selbst.
Herr Kollege Ehlers sagt abschließend in seiner Pressemitteilung, dass Prozesshansel keinen Schritt weiterhelfen. Damit hat er recht. Aber Blockierer helfen uns in der Sache auch nicht weiter; denn die Befürchtung, dass auf unsere Gerichte eine Prozessflut hereinbricht, ist nach unserer Auffassung unbegründet. Der Gesetzentwurf beschreibt in aller Deutlichkeit, in welchen Verfahren es zu einer Mitwirkung von Vereinen kommen soll. Damit wird Missverständnissen zu Klagemöglichkeiten bereits im Vorfeld vorgebeugt. Die Erfahrungen mit dem Klagerecht für Naturschutzverbände belegen bereits heute, dass mit einem solchen Instrument verantwortungsvoll umgegangen wird.
Mit der Ablehnung des Gesetzentwurfs werden wir leider keine Gelegenheit bekommen, diese Befürchtung auszuräumen. Damit vergibt die Große Koalition eine weitere Chance. Auch in diesem Fall glänzt die Große Koalition durch Nichtstun und Stillstand.
Meine Damen und Herren, Herr Kollege Garg hat recht. In diesem Fall sollte man wirklich seinem Gewissen folgen und so abstimmen, wie man es meint. Ich habe die Hoffnung, dass wir heute die Mehrheit haben, wenn die Sozialdemokraten das wirklich tun.
Dann können wir das Verbandsklagerecht durchsetzen. Ich sehe das nicht als eine politische Entscheidung. Das ist vielmehr eine Entscheidung, die wir eigentlich alle gemeinsam treffen sollten. Wenn einige nicht mitmachen, dann ist das auch in Ordnung. Wir hätten aber die Mehrheit, um zu beschließen, den Tieren einen Rechtsbeistand zu gewähren und ihnen wirklich weiterzuhelfen. Das sollten wir tun. Deshalb fordere ich die SPD-Kollegen auf, doch vernünftig abzustimmen und den Gesetzentwurf nicht aus Koalitionsräson abzulehnen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal ist es eine positive Tatsache, dass sich die gesellschaftliche Einstellung gegenüber den Tieren fortschrittlich entwickelt hat. Die Öffentlichkeit ist heute für eine Verbesserung des Tierschutzes sensibilisiert, sehr geehrter Herr Matthiesen. Insofern habe ich durchaus Respekt vor Ihrem Vorschlag, und ich teile Ihre Intention, den Tierschutz voranzubringen.
Allerdings - und das habe ich schon mehrfach deutlich gemacht - teile ich nicht Ihren konkreten Vorschlag. Ich will das verdeutlichen. Uns geht es vor allen Dingen um den praktischen Tierschutz, der im Mittelpunkt stehen soll. Wir haben das Ganze schon einmal erörtert. Bereits im Februar 2007 habe ich deutlich gemacht, weshalb ich gegen das
Die Einführung des Verbandsklagerechts ist nicht grundlos in den vergangenen Jahren auch in den anderen Bundesländern gescheitert, im Übrigen auch dort, wo rot-grüne Koalitionen herrschten. Dies gilt sowohl für den Bund als auch für die Bundesländer. Letztlich ist die Einführung des Verbandsklagerechts auch in Bremen gescheitert.
Wenn man sich die Mühe macht, sich die Debatten anzuschauen, dann wird man sehen, dass in allen Bundesländern ein Rechtsargument vorgeherrscht hat. Das war nicht die Debatte hier, sondern das war die Debatte, die man auch woanders verfolgt hat. Bremen ist das beste Beispiel dafür. Bremen hat zur Feststellungsklage gegriffen, weil man der Meinung war, dass sich ein Verbandsklagerecht nicht auf Landesebene einführen lasse.
Das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Landtags kommt zu einer anderen Meinung. Der Jurist kennt das. Das ist im Gesamtkontext eine Mindermeinung. Ich sage es ganz deutlich. Ich will mich überhaupt nicht hinter Rechtsargumenten verschanzen. Ich habe immer deutlich gemacht, dass es nicht darum geht, dass wir nicht den Mut hatten, dieses Gesetz auf den Weg zu bringen. Sondern wir wollten das Verbandsklagerecht nicht einführen, und das hat gute Gründe.
Zunächst einmal ist der gute Grund beziehungsweise das gute Argument zu nennen, dass der Tierschutz in Deutschland eine Stimme hat. Er hat sogar viele Stimmen in Deutschland. Im Übrigen haben wir alle gemeinsam dafür gesorgt, dass der Tierschutz sogar im Grundgesetz eine Stimme hat. Dies ist mit guten und vernünftigen Argumenten begründet worden. Das ist eine Entwicklung der vergangenen Jahre. Das heißt, Tierschutz ist ein verfassungsrechtliches Abwägungskriterium, das zu prüfen ist. Diese Entwicklung hat dem Tierschutz meines Erachtens gut getan.
Wir haben seit einigen Jahren in der Nutztierhaltung Cross Compliance. Das heißt, Landwirte müssen sich an Tierschutzauflagen halten, ansonsten werden ihnen Prämien abgezogen. Es gibt also ganz konkrete Auflagen des Staates, sodass der Tierschutz in der Nutztierhaltung einen hohen Stellenwert hat. Außerdem gelten verschiedenste europäische Haltungsanforderungen und Richtlinien der Nutztierhaltung, die an dieser Stelle auch überprüft werden.
Wir haben im Land - das ist eine Sache, auf die wir alle stolz sein können - den organisierten Tierschutz nicht nur in Tierschutzbeiräten eingebunden, sondern wir haben in diesem Land eine Tierschutzkommission, die jeden Antrag auf Tierversuche äußerst kritisch prüft und das Ministerium berät. Natürlich sind die Verbände an dieser Stelle mit dabei und beraten an vorderster Front.
Am Ende - und das ist an vielen vorbeigegangen will ich sagen: Durch die Einführung der strategischen Umweltprüfung besteht seit ungefähr anderthalb Jahren die Notwendigkeit, bei allen öffentlichen Plänen und Projekten nicht nur die Auswirkungen auf die Umwelt zu untersuchen, sondern auch auf den Tierschutz und auf die Tiere in der Umgebung. Das heißt, in den vergangenen Jahren ist eine ganz erhebliche Verbesserung des Tierschutzes eingetreten, und zwar auf allen Ebenen, bei Projekten, bei Plänen und bei einzelnen Vorhaben. Deshalb bin ich durchaus für diese Entwicklung. Wir haben uns auch im Koalitionsvertrag dazu bekannt. Ich glaube, es ist einiges geschehen.
Es gibt aber einen Unterschied zu dem, was Sie fordern. Sie fordern, dass eine Gruppe beziehungsweise ein Verband quasi in fast allen Genehmigungsverfahren Möglichkeiten hat, diese am Ende durch die Ausübung eines Klagerechts zu verlängern. Ich glaube, dass wir damit einer Forderung einer Gruppe von Menschen nachkommen würden. Das ist aber nicht objektiv. Das ist nicht das, was gemacht wird, wenn Pläne überprüft werden oder wenn in einer Kommission alle Seiten an einer Debatte um den Tierschutz beteiligt sind. Sondern wir stärken hiermit die Beteiligungsrechte einer bestimmten Gruppe von Menschen. Ob das den Tieren am Ende nutzt, finde ich zumindest fraglich, wenn ich einige bisher gelaufenen Verfahren in anderen Bereichen sehe.
Deshalb gilt eine ganz bewusste Entscheidung: Tierschutzrechte ausbauen Ja, aber dort, wo sie dem Tier individuell nutzen und zugutekommen. Verbandsrechte, die am Ende zu mehr Tierschutzbürokratie führen, lehnen wir hingegen ab.
Mir liegt eine Wortmeldung zu einem Dreiminutenbeitrag vor. Ich erteile das Wort dem Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen.
Meine verehrten Damen und Herren! Die Debatte hat gezeigt, dass die CDU offensichtlich noch Nachholbedarf hat. Herr Ehlers, es ist nicht Aufgabe des Parlaments, im Vollzug des Tierschutzes irgendwelche Aufgaben wahrzunehmen. Wir sind eine gesetzgebende Körperschaft. Ich halte das deshalb für einen mehr als merkwürdigen Beitrag.
Wenn Sie sich beschweren, dass Verbänden Rechte zugesprochen werden sollen, die sich für Tiere engagieren, dann wundert es mich zumindest, dass die CDU die Chuzpe hat, einen langjährigen Vertreter des Bauernverbandes, nämlich einen Tiernutzer, ins Rennen zu schicken, um die Wahrnehmung von Verbandsinteressen in andere Richtung zu beklagen.
Zur FDP: Herr Dr. Garg, ich finde es honorig, wie Sie Ihr Abweichen vom Gesamtstimmverhalten der Fraktion begründen. Das finde ich in Ordnung.
Die SPD fordere ich noch einmal auf, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen. Ihr Engagement für den Tierschutz und für die Verbandsklage hätte natürlich etwas mehr Substanz erfahren, wenn Sie darüber im Ausschuss eine Diskussion geführt hätten. Ich habe nur gehört, dass noch geschoben werden müsse, weil Sie noch nicht entscheidungsfähig seien. Das hätte auch mehr Substanz erfahren, wenn Sie zum Beispiel Änderungsanträge gestellt hätten, genauso wie die FDP.
Ich hätte mich natürlich gefreut, wenn Sie eine Feststellungsklage als das Wahlinstrument vorgeschlagen hätten statt einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage, wie wir es ins Auge gefasst haben. Sie hätten einen Änderungsantrag zu unserem Gesetzentwurf einbringen können.
Im Wesentlichen kann ich feststellen: Es sind keine Änderungsanträge gestellt worden. Es ist auch niemand, der zum Beispiel als Forscher berührt wäre, zu einem Gespräch eingeladen worden. Dieses Gesetz ist sozusagen durch Schieben über zwei Jahre missachtet worden. Es gab keine Auseinandersetzung darüber. Insofern hat die CDU mit dieser Politik ihre Unglaubwürdigkeit noch einmal unterstrichen. Sie schicken hier einen Bauernverbandsfunktionär, der auch gleichzeitig Abgeordneter ist, ins Rennen. Die CDU, die immer von der Bewahrung der Schöpfung redet, übt Verrat am Tierschutz.