Protocol of the Session on February 26, 2009

Wir wollen den Tierschutz weiter voranbringen, und wir setzen auf die Mitwirkung der Verbände. Wir wollen jedoch nicht unseren Forschungsstandort gefährden. Wir wollen auch nicht unserer Landwirtschaft die Existenzgrundlage entziehen. Wer das bisher Erreichte ausblendet und zu dem Ergebnis kommt, derjenige, der die Verbandsklage nicht wolle, der sei gegen den Tierschutz, dem sagen wir: Das lehnen wir ab.

Die Zeit!

Ich komme zum Schluss. Deshalb beantragen wir heute im Parlament, den Antrag der Grünen abzulehnen.

(Beifall bei der CDU)

Ich danke Herrn Abgeordneten Claus Ehlers. - Bevor wir in der Worterteilung fortfahren, darf ich auf unserer Tribüne sehr herzlich Auszubildende der Polizei Eutin des Fachbereichs Allgemeinbildung sowie Schülerinnen und Schüler mit den begleitenden Lehrkräften der Gemeinschaftsschule Bredstedt begrüßen. - Seien Sie uns sehr herzlich willkommen!

(Beifall)

Für die SPD-Fraktion hat nun Frau Abgeordnete Sandra Redmann das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich werde erst einmal ein bisschen zur Versachlichung der Debatte beitragen.

(Beifall bei der SPD und des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Wir haben hier im Plenum und in den Ausschüssen lange Zeit über die Einführung eines TierschutzVerbandsklagerechts diskutiert. Im Mittelpunkt der Diskussion stand dabei die Frage, wie ein Gleichgewicht zwischen Tierschützern und Tiernutzern zu erreichen ist. Für meine Fraktion und mich war dabei unstrittig, dass das bisherige Ungleichgewicht

(Claus Ehlers)

zwischen der Lobby der Tiernutzer und dem Tierschutz verbessert werden muss, denn Tiere können ihre Interessen nicht selbst artikulieren. Sie brauchen eine rechtliche Vertretung.

Seit der Sitzung vom November 2007, in der wir im Plenum das letzte Mal zu diesem Thema die Debatte geführt haben, gibt es neue Erkenntnisse zu den juristischen Möglichkeiten. Uns allen liegt ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Landtags aus dem Juni 2007 vor, das klar zu dem Ergebnis kommt:

„Nach alledem kann das Land SchleswigHolstein eine Regelung zur Einführung einer Tierschutz-Verbandsklage erlassen.“

Diese Kompetenz sollten wir nutzen, um aus Schleswig-Holstein heraus ein deutliches Signal für den Tierschutz zu setzen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lange Zeit haben wir versucht, unseren Koalitionspartner mit auf diesen Weg zu nehmen. Dabei mussten wir im Januar erkennen, dass dies mit der CDU leider nicht zu realisieren ist. Es ist aus meiner Sicht schade und zu bedauern, dass bei der CDU der Mut gefehlt hat, dem staatlichen Tierschutz im Grundgesetz auf Landesebene das richtige Instrument zur Verfügung zu stellen.

(Beifall bei SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich bin mir sicher, dass es bei den Kolleginnen und Kollegen der CDU nicht am Willen zum Tierschutz fehlt. Zumindest war ich mir sicher. Nach Deiner Rede, Claus Ehlers, bin ich mir da nicht mehr so sicher.

(Beifall bei SPD, FDP und SSW)

Ich hätte mir aber gewünscht, dass juristische Klimmzüge nicht als Vorwand dienen, um das Verbandsklagerecht auf die lange Bank zu schieben.

Kurz noch einige Worte zum Engagement der Grünen. Die populistischen und unhaltbaren Angriffe gegen die SPD helfen dem Tierschutz - darum sollte es eigentlich gehen - überhaupt nicht weiter.

(Beifall bei SPD, CDU und FDP)

Wir erwarten vielmehr eine konstruktive Zusammenarbeit in der Sache. Kontraproduktiv sind Veranstaltungen wie die Demonstration im November vor dem Landeshaus, die eher einer Vollversammlung der grünen Landtagsfraktion und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter glich.

(Heiterkeit und Beifall bei SPD, FDP und SSW - Zuruf des Abgeordneten Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Lieber Karl-Martin Hentschel, ich finde das nicht peinlich, ich fand die Presseerklärung peinlich und das, was eben Detlef Matthiessen gesagt hat.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die immer wieder vorgetragenen Argumente der Pharmaindustrie und der Landwirtschaft greifen aus unserer Sicht nicht. Ein Verbandsklagerecht im Tierschutz - das zeigen die Erfahrungen im Naturschutz mit nur wenigen, aber zumeist erfolgreichen Klagen der Naturschutzverbände - mit seinen hohen Anforderungen an die klageberechtigten Verbände blockiert weder den Forschungsstandort noch die Zukunftsfähigkeit der Landwirtschaft in Schleswig-Holstein.

Da ein weiteres ergebnisloses Schieben des Gesetzesantrages im Ausschuss diesem wichtigen Thema nicht gerecht wird, haben wir uns im Januar entschieden, den vorliegenden Gesetzentwurf schweren Herzens zunächst abzulehnen. Dabei haben wir erklärt, dass wir uns aber weiterhin für das Tierschutz-Verbandsklagerecht einsetzen und dafür kämpfen werden, dass der im nächsten Jahr zu wählende Landtag mit einer SPD-geführten Regierung dieses in das Gesetz einführen wird. Dabei bleiben wir.

(Beifall bei der SPD)

Ich danke der Frau Abgeordneten Sandra Redmann. - Das Wort für die FDP-Fraktion hat nun der Herr Abgeordnete Dr. Heiner Garg.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich will nur daran erinnern: politischer Aschermittwoch war gestern. Insbesondere Kollege Ehlers, Ihr Beitrag zu den Essgewohnheiten von Kollegen und Kolleginnen möglicherweise war sehr humoresk, aber nicht zielführend.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer sich darauf beruft, das Land hätte keine Regelungskompetenz, der möge das bereits viel zitierte Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes lesen. Das Land hat Regelungsmöglichkeiten.

(Beifall bei FDP, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wer davon Gebrauch machen will, den rufe ich heute auf, davon Gebrauch zu machen.

(Sandra Redmann)

Auch zum Unterschied zwischen Feststellungsklage und Verbandsklagerecht brauche ich nichts zu sagen. Das ist auch hinreichend erklärt worden. Ich will deshalb die Kritik meiner Kollegen der FDPFraktion kurz zusammenfassen.

Erstens. Mit dem Gesetzentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wird unterschwellig unterstellt, dass Verstöße gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen durch die zuständigen Behörden noch zu nachlässig geprüft würden. Bereits jetzt sind Amtstierärzte und Behörden gefordert, entsprechenden Hinweisen aus der Bevölkerung über Missstände nachzugehen und bei einem festgestellten Verstoß abzustellen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Anstatt sich ausschließlich auf das Engagement von Tierschutzvereinen zu verlassen, seien alle gefordert.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wird Sie nicht sonderlich wundern: Ich teile dieses Argument nur bedingt. Für mich sind anerkannte Tierschutzvereine institutionelle Fürsprecher der Tiere.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ein Verbandsklagerecht kann dazu führen, dass Rechtsgüterabwägungen künftig noch intensiver erfolgen als bisher. Damit würden Behördenmitarbeiter und Veterinäre in ihrer Entscheidungsfindung eher gestärkt als ihre Kompetenzen untergraben.

Zweitens. Zentraler Punkt, warum die FDP-Fraktion die Einführung eines Verbandsklagerechtes ablehnen wird, ist, dass das Rechtsinstitut einer Interessenklage unser Verwaltungsrecht überhaupt nicht kennt. Der Kläger muss nicht mehr in seinen eigenen Rechten verletzt sein, um Klage erheben zu können. Welche grundsätzlichen Auswirkungen hätte ein solches Verbandsklagerecht auf unser Rechtssystem, und vor allem, wie weit dürfen Interessenklagen gehen?

(Zuruf des Abgeordneten Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Kollege Matthiessen, wenn Sie weiter zuhören, dann werden Sie feststellen, dass Sie das Verbandsklagerecht im Tierschutzbereich mit dem Verbandsklagerecht im Naturschutzbereich nicht unmittelbar vergleichen können.

Ein für diese Fragestellung nicht von der Hand zu weisendes Beispiel - das will ich ganz deutlich sagen - ist die tierexperimentelle Forschung. Im Gegensatz zur früheren Bundesratsinitiative Schles

wig-Holsteins nehmen Tierschutzverbände bei dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf nicht nur Einsicht in einschlägige Sachverständigengutachten, sondern uneingeschränkt in das gesamte Genehmigungsverfahren. Im Gegensatz zu den beratenden Ethikkommissionen, in denen auch Tierschutzverbände Sitz und Stimme haben, unterliegen Tierschutzverbände, die eine Interessenklage erheben, gerade nicht dieser Geheimhaltungspflicht. Da muss man die Frage stellen dürfen: Welche Auswirkungen hat es auf den Forschungsstandort, wenn über einen solchen Umweg frühzeitig Informationen über Forschungsvorhaben durch Einsicht in interne Unterlagen an die Öffentlichkeit gelangen?

(Beifall bei der FDP)

Eine konkrete Antwort hierzu haben die Beratungen zu dem Gesetzentwurf nicht gegeben.

Drittens gibt es die Befürchtung, dass eine Verbandsklage für anerkannte Tierschutzvereine zu einer Prozessflut führen könnte. Dieses generelle Misstrauen, klageberechtigte Tierschutzvereine würden dieses neue Instrument der Interessenklage überstrapazieren, wird der verantwortungsvollen Arbeit von Tierschutzverbänden nicht gerecht. Die Vereine haben sich in den letzten Jahrzehnten auch vertrauensvoll gezeigt. Eine Verbandsklage ist aus meiner Sicht keine Klage gegen irgendjemanden, sondern eine Verbandsklage wäre eine Klage für die Belange des Mitgeschöpfes Tier. Aus meiner Sicht kann in diesem Zusammenhang zu Recht auf die Erfahrungen aus dem Verbandsklagerecht anerkannter Naturschutzverbände verwiesen werden, um dieses Argument zu entkräften.

Dennoch stellen sich meine Fraktionskollegen, wie ich meine zu Recht, die Frage, ob diese Klagerechte wirklich miteinander vergleichbar sind. Ein Naturschutzverband ist regelmäßig Kläger unter vielen Klägern. Im Tierschutzrecht soll mit der Interessenklage gerade eine Kontrolllücke geschlossen werden. Mit dem Verbandsklagerecht können Prozesse geführt werden, die bisher noch nicht geführt werden konnten.