Protocol of the Session on February 25, 2009

Wir bedauern aber, dass beim Finanzmarktstabilisierungsgesetz nicht so verhandelt wurde, dass der SoFFin schon jetzt eine mitfinanzierende Rolle übernehmen kann.

Wir wollen zugleich insbesondere die Tragfähigkeit und die Zukunftsfähigkeit der Neuaufstellung noch eingehender prüfen, weshalb sich beide Regierungsfraktionen durch einen externen und eigenständigen Gutachter beraten lassen. Ich habe dieser Tage lesen müssen, das sei egozentrisch. Ich kann nur sagen: Jemandem, der das so beurteilt, wünsche ich eine ruhige Hand, wenn er jemals über so viel Geld anderer Leute entscheiden muss. Ich finde es sehr eigenartig, dass Kritik ausgerechnet von denjenigen kommt, die, wenn es um Mittel für Bildung oder Kinderbetreuung geht, über mangelnden Sparwillen klagen. Wir reden hier über sehr ernsthafte Verantwortung und sehr ernsthafte Dinge. Da verbietet sich übrigens Polemik und zu glauben, man sei aus der Verantwortung raus.

Wir haben große Zweifel, das werde ich auch noch deutlich machen. Wir haben auch eine große Verantwortung für ganz viele Menschen, für Steuergelder und für dieses Land. Diese Verantwortung muss man wahrnehmen. Da muss man sich vielleicht auch ab und zu den einen oder anderen kurzfristigen Propagandaerfolg versagen.

(Beifall bei der SPD)

Wir vertrauen unserer Regierung für diesen ersten Schritt; vor einer endgültigen Zustimmung im Parlament nehmen wir aber alle zusätzlichen Informationen zu Hilfe, die wir bekommen können. Ich sage Ihnen: Das ist nicht nur unser Recht, nein, bei diesen existenziellen Dimensionen ist das unsere Pflicht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In der gemeinsamen Resolution der beiden Koalitionsfraktionen - ich bin froh, dass der Kollege Wa

dephul meinem Vorschlag gefolgt ist, dass wir so etwas machen - finden sich konkrete Erwartungen und Forderungen:

Erstens. Wir erwarten, dass die potenziellen mittelbaren und unmittelbaren Belastungen und Risiken für den Landeshaushalt kurz-, mittel- und langfristig minimiert werden.

Zweitens. Wir erwarten, dass möglichst viele der Arbeitsplätze der Bank insbesondere in Kiel gesichert werden und dass es bei diesem Prozess zu keinen betriebsbedingten Kündigungen kommt. Das passt auch nicht zu Milliardenhilfen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD - Wolfgang Kubicki [FDP]: Sie kennen doch die Vor- schläge!)

Drittens. Die Vorgänge der letzten Wochen insbesondere im Kontext mit der via Zeitung angekündigten Sonderausschüttung der HSH Nordbank von 200 Millionen € an einzelne Anleger der Bank sind skandalös. Sie haben das Vertrauensverhältnis zum Vorstand und dessen Vorsitzendem grundlegend erschüttert.

(Beifall bei der SPD)

Wir erwarten Konsequenzen, die über den erhobenen Zeigefinger hinausgehen.

Viertens. Wir erwarten eine tragfähige, verantwortbare und zukunftstaugliche Neuausrichtung der Bank, die ein für die Bedürfnisse des Landes und der Region taugliches Geschäftsmodell einschließt, die den Sparkassen keine Konkurrenz macht und die auch gegebenenfalls zukünftig eine strukturelle Neuaufstellung der Bank mithilfe des Bundes beziehungsweise anderer Länder ermöglicht.

Jetzt geht es darum, die Bank wieder handlungsfähig zu machen. Das verlangt auch eine gewisse Zuversicht.

Ich sage aber auch: Die schleswig-holsteinische Landtagsfraktion der SPD blickt angesichts des unklaren Verlaufs der beispiellosen Wirtschafts- und Finanzmarktkrise und des unkalkulierbaren Verhaltens der anderen Anteilseigner der HSH Nordbank mit großer Sorge auf die weitere Entwicklung dieser Bank. Alle Annahmen zum weiteren Geschäftserfolg der HSH Nordbank unterliegen erheblichen Unsicherheiten. Wir erleben doch geradezu dauernd, dass die Halbwertszeit von wirtschaftlichen Prognosen im Wochentakt verfällt. Mag im Moment auch kaum eine andere Alternative offenstehen, wie das behauptet wird, so brauchen wir langfristig ein Geschäftsmodell, das, bei allem Respekt

(Dr. Ralf Stegner)

vor einer Konzentration auf die Kernkompetenzen, auch eine breitere Risikoverteilung beinhaltet, weil inzwischen auch der letzte Marktgläubige erkannt haben müsste, dass der Traum immerwährender Prosperität eben ein Traum ist und auch die Schiffsund Flugzeugbaumärkte in fünf- bis siebenjährigen Zyklen nach oben und unten verlaufen.

Die SPD-Fraktion ist dezidiert der Auffassung, dass die Haftungsrisiken für das Land Schleswig-Holstein zu gravierend sind, um dieses Risiko auf Dauer fast allein zu tragen. Vor diesem Hintergrund erscheint jedenfalls uns als Sozialdemokraten eine zukunftsgerichtete Beteiligung des Bundes zwingend notwendig.

(Beifall bei der SPD)

Im Übrigen müssen wir von erheblichen Veränderungen bei der Struktur der Landesbanken in Deutschland ausgehen.

Die SPD-Landtagsfraktion erwartet daher, dass seitens der Landesregierung frühestmöglich Verhandlungen mit dem Bund aufgenommen werden, deren Ziel es sein soll, dass sich der SoFFin an der Abschirmung solcher zukünftiger Risiken beteiligt, die nicht im unmittelbaren Kontext mit der Haftung für Altlasten und darauf gegründeter Stützungsmaßnahmen für das Eigenkapital der HSH Nordbank stehen. Dies wird nicht einfach sein. Aber was ist in einer weltweiten Wirtschaftsund Finanzkrise schon einfach? Wir müssen es auch schaffen, das komplizierte separate Notifizierungsverfahren in Brüssel zu bewältigen, das zu einer Einzelfalllösung für den Norden gehört. Davon unberührt bleiben Bemühungen, das bestehende restriktive Regelwerk aus dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz zu modifizieren.

Tragfähige Lösungen und Geschäftsmodelle erfordern verbindliche Vereinbarungen mit allen Anteilseignern der HSH Nordbank. Hier fehlen noch Antworten, die wir bis zur März-Tagung erwarten.

Wenn man eine stärkere Ausrichtung auf die Bedürfnisse der Sparkassen will - was ich auch richtig fände -, dann müssen das auch die Sparkassen wollen. Sonst geht das nicht. Lassen Sie mich in aller Vorsicht sagen: Der SGV hatte in den letzten Wochen nicht gerade eine Glückssträhne.

(Beifall der Abgeordneten Detlef Buder [SPD] und Günter Neugebauer [SPD])

Das gilt allerdings auch für manch andere flotte PR-Aktion der letzten Woche.

Ich freue mich sehr darüber, dass der Herr Ministerpräsident - ich sage das einmal sehr freundlich - die Forderungen der SPD aufgegriffen hat und jetzt auch eine Begrenzung der Vorstandsgehälter fordert. Unabhängig davon könnten die deutschen Manager ein Beispiel für Verantwortung geben und in einer solchen Situation freiwillig auf Boni verzichten. Wir erwarten, dass mindestens die restriktiven Regelungen des SoFFin zur Begrenzung von Gehältern und Boni für das Topmanagement der HSH Nordbank elementarer Bestandteil jedweder Sicherungsmaßnahme des Landes ist.

(Beifall bei der SPD)

Es kann nicht sein, dass die Mitarbeiter, die das alles nicht angerichtet haben, alles ausbaden müssen, aber die, die es angerichtet haben, nicht.

Ein deutscher Bankier hat einmal formuliert, als Erstes im Bankgeschäft lerne man den Respekt vor Nullen. Wir haben es in diesen Tagen mit verdammt vielen Nullen zu tun, und der Respekt kommt mir allmählich abhanden, muss ich Ihnen ehrlich sagen. Ich will den früheren Chef der Deutschen Bank, Rolf Breuer, zitieren, der gesagt hat, der Markt sei das demokratischere Gremium als gewählte Parlamente und Regierungen, denn dort werde tagesaktuell nach Meinungen gefragt. Wer heute, in einer Krise dieses Ausmaßes, wo sich gezeigt hat, was dieser Finanzmarkt alles anrichtet, der eben nicht funktioniert, sondern Katastrophen auslöst, die wir nun als demokratische Politik bewältigen sollen, so etwas denkt, der kann nicht ganz bei Trost sein.

(Beifall bei der SPD)

Lassen Sie mich auch noch einmal sagen: Bei allen Fehlern, die hier gemacht worden sind - die HSH Nordbank ist nicht durch schlechte Arbeit Weltmarktführer in Schiffsfinanzierung geworden. Man wird das auch nicht, wenn man sein Geschäft zwischen Kiel und Neumünster abwickelt. Und die Weltfinanzkrise ist weder in Kiel verursacht noch in Strande vorhergesagt worden.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Ich will trotzdem sagen: Selbstkritik ist ausdrücklich angebracht. Lassen Sie mich auch das sagen. Ich finde, es gehört zu so einer Rede dazu, dass man in der Lage ist, Selbstkritik zu üben. Im Rückblick ist das immer einfacher. Allerdings müssen wir, also auch ich, uns fragen, ob wir im Aufsichtsrat nicht an einzelnen Stellen zu wenig nachgefragt

(Dr. Ralf Stegner)

haben, ob wir immer alle Finanzinstrumente genügend hinterfragt haben.

Das müssen sich alle Politiker, Unternehmer- und Arbeitnehmervertreter und Finanzexperten im Aufsichtsrat und - verehrter Herr Oppositionsführer auch im Beirat fragen. Ich finde, Selbstgerechtigkeit und Anklägerpose sind völlig unangebracht. Ich weise einmal darauf hin, dass es der Vorsitzende Ihrer Partei war, der im Deutschen Bundestag im letzten Jahr gesagt hat, Kontrolle von Finanzmärkten sei wie DDR ohne Zäune. Wenn man solche Aussagen trifft, sollte man jetzt nicht sagen, man sollte mehr kontrollieren.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Die Erfahrungen bei der HSH Nordbank zeigen, dass wir bessere Kontrollmöglichkeiten der Finanzwelt brauchen. Das schließt den Aufsichtsrat ein. Es schließt allerdings noch viel mehr die gut bestallten Wirtschaftsprüfer ein, die im Auftrag des Aufsichtsrats über Monate Bilanzen im Detail prüfen und dann zur Genehmigung vorlegen. Man muss sich als Aufsichtsrat und Politik auch auf das Expertenwissen solcher Menschen, die man teuer bezahlt, verlassen können. Hier im Haus sitzt kein Bankier, soweit ich das weiß. Es ist billig zu polemisieren, wenn man solche Dinge nicht zu vertreten hat. Das sage ich übrigens über alle Parteigrenzen hinweg, für alle Kollegen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Viel zu sehr habe ich das Gefühl, dass allzu viele allzu schnell wieder zurück wollen zu einem business as usual. Ich glaube, dass dies falsch ist. Ich glaube, wir brauchen mehr Regulierung. Ich glaube übrigens auch, wir müssen uns von Möglichkeiten und Anreizstrukturen kurzfristiger Spekulationen verabschieden. Wir müssen darüber nachdenken, ob wir nicht ein Vetorecht für den Betriebsrat bei unterkapitalisierten Firmenübernahmen haben wollen, ob wir nicht langfristiges Firmeninteresse als Betriebszweck definieren müssen, das auch die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einschließt und in die Wirtschaftsweise einspeist, um die Dominanz der Finanzmärkte dauerhaft zu unterbinden. Die bringen uns nämlich in eine Krise, die die Politik - ich sage es noch einmal - nicht verursacht hat, sondern jetzt auszulöffeln hat. Politik hat das auszulöffeln, was andere angerichtet haben.

Werte kann man nur durch Veränderung bewahren. Das gilt erst recht für die soziale Marktwirtschaft. Ich rate uns dringend, dass wir uns den Themen mit Seriosität widmen, dass wir den Menschen erklären, was wir tun, dass wir auf billige Polemik ver

zichten und dass wir unsere Arbeit machen. Dafür werden wir nämlich bezahlt.

(Beifall bei der SPD)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Dr. Stegner. Das Wort für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat nun die Frau Abgeordnete Monika Heinold.

Bei der HSH Nordbank ist der Worst Case eingetreten. Die Bank braucht kurzfristig mindestens 13 Milliarden € an staatlicher Unterstützung, und wir müssen davon ausgehen, dass diese Summe nicht ausreicht, um durch das Tal der Tränen zu kommen. Es ist zu befürchten, dass die notwendige staatliche Hilfe schon in wenigen Monaten auf 14 Milliarden, 15 Milliarden oder auch 16 Milliarden € klettern wird. Der Bankenexperte Hans-Peter Burghof von der Universität Hohenheim warnte bereits gestern davor, dass sich der genaue Kapitalbedarf der Bank ähnlich wie bei der Hypo Real Estate im Lauf der Monate immer mehr ausweiten könnte.

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört, hört!)

Wohl deshalb hat die Landesregierung - so heute in der „Financial Times“ zu lesen; ich weiß nicht, ob es stimmt - innerhalb Ihres Mini-SoFFins schon einmal eine Kreditermächtigung aufgenommen.

(Zuruf von Finanzminister Rainer Wiegard)

- Dann ist das falsch. Gut, dass Sie das korrigieren. Nicht zur Ausweitung der Schulden, na!