Protocol of the Session on February 25, 2009

Für die HSH Nordbank fällt der Befund weitaus kritischer aus. Zwar sind im Jahr 2008 die Erträge aus Zinsüberschüssen und Provisionen um 5 % auf rund 2 Milliarden € angewachsen. Gleichwohl ist auch unsere Landesbank von den Verwerfungen auf den globalen Finanzmärkten bei Weitem nicht verschont geblieben. Die Zahlen kennen Sie mittlerweile alle. Deshalb will ich das gar nicht alles im Einzelnen aufzählen. Diese Zahlen sprechen eine mehr als deutliche Sprache.

Wir haben in den vergangenen Wochen erfahren müssen, und das charakterisierte auch die politische Debatte, die wir geführt haben, und auch die Debatte der vergangenen zweieinhalb bis drei Wochen: Der Nötigungscharakter dieser Krise schränkt die politischen Handlungsspielräume ein. Nach den Gesprächen mit dem SoFFin ist eines deutlich: So

lange die rechtliche Aufteilung der HSH Nordbank in Kernbank und Abbaubank juristisch nicht vollzogen ist, darf und wird der Sonderfonds sich nicht mit eigenen Mitteln an einer Kapitalaufstockung beteiligen.

Die Frage blieb - und der Minister ist auch darauf eingegangen -, welche Handlungsmöglichkeiten in beiden Parlamenten denn nun trotz aller berechtigten Zweifel, die aufkommen, konkret bleiben, wenn man die wirtschaftlichen Kerndaten sieht, die uns immer wieder von Neuem präsentiert werden. Negativ abgegrenzt kann man nur eines sagen: Nichts tun geht nicht und gibt es nicht. Dann handeln andere für uns, mit Sicherheit aber nicht in unserem Sinn. Den Schlüssel wegwerfen und davonlaufen geht auch nicht. Angesichts einer weltweiten Krise stellt sich dabei die Frage, wohin man auch laufen wollte. Die Liquidation der Bank wäre mit gewaltigen negativen Folgen in gar nicht absehbaren Ausmaßen verbunden, sodass es keinen Sinn macht, aus der derzeitigen Situation heraus irgendwelche Abwicklungsszenarien als ultimative Lösung ins Auge zu fassen.

Auch die zurzeit theoretische Möglichkeit einer Fusion mit anderen Banken würde weder die Frage nach einem Geschäftsmodell beantworten noch die Frage nach dem Eigenkapital und auch nicht die Frage nach den Abdeckungen alter Risiken. Somit sind die Bundesländer Schleswig-Holstein und Hamburg als wesentliche Alteigentümer selbst gehalten, die Altlasten abzuschirmen und eine marktgerechte Aufstockung des Kernkapitals herbeizuführen. Meine Damen und Herren, ich habe das in verschiedenen Reden zu diesem Thema schon zum Ausdruck gebracht; denn wir sprechen heute nicht zum ersten Mal über die HSH Nordbank: So ist das nun einmal als Eigentümer eines Unternehmens.

Dies ist übrigens eine Erfahrung, die schon viele private Unternehmer machen mussten, deren Geschäftsrisiken sich als zu groß und deren Eigenkapital sich als zu klein erwies. Dabei beziehe ich mich ausdrücklich auf Herrn Dr. Wadephul, der in seiner Rede zur Schuldenbremse einen ganz wichtigen Satz gesagt hat, den ich noch gar nicht kannte. Deshalb wiederhole ich ihn an dieser Stelle, um diesen Satz dem einen oder anderen von Ihnen näher zu bringen, der ihn noch nicht kannte: Wir müssen in einer Krise, wenn wir Lösungsansätze präsentieren, deutlich machen, dass wir es uns auch zutrauen, eine Lösung zu finden, dass wir es uns und auch denjenigen, die für uns handeln und die auch in den Banken für uns handeln, zutrauen, dass wir eine große Chance haben, diese Krise zu bewältigen.

(Wolfgang Kubicki)

Das muss neben den vielen Zahlen, die es gibt, die politische Botschaft sein. Diese politische Botschaft müssen wir aber auch nach außen vermitteln.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Die Entscheidung über die Neuausrichtung der HSH Nordbank treffen wir nicht im luftleeren Raum. Es ist nicht so, dass sich nur der Herr Oppositionsführer mit den Zahlen auseinandergesetzt hat. Es gibt Prognosen und Markteinschätzungen. Es liegen übereinstimmende Bewertungen von namhaften Gutachtern sowohl der Banken als auch der Länder als Eigentümer vor.

Es ist nicht so, dass nur ein Betroffener sozusagen für sich selber die Zukunft prognostiziert hat. Wenn die Koalitionsfraktionen nun ihrerseits externen Rat einholen, ist dieses auch Ausdruck einer besonderen Verantwortung in einer besonderen Situation, nicht Ausdruck eines besonderen Misstrauens gegenüber anderen Gutachtern oder gegenüber anderen Entscheidungsträgern, die sich öffentlich festgelegt haben.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie brauchen sich nicht zu ent- schuldigen!)

Die Menschen erwarten mit Recht, dass die Verantwortlichen in der Politik ihre Entscheidung mit der gebotenen Sorgfalt und Weitsicht treffen. Dieses werden die Regierungsfraktionen auch mit Nachdruck tun, und vielleicht auch andere über die Regierungsfraktionen hinaus, das will ich gar nicht ausschließen. Dieses kommt auch in der heute vorliegenden gemeinsamen Resolution von SPD und CDU zum Ausdruck.

Natürlich ist in diesen Tagen viel die Rede von sinkender Wirtschaftsleistung, existenzbedrohenden Zuspitzungen in Krisenbranchen, Zunahme von Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit, sowie von Hilferufen an den Staat durch bedrohte Wirtschaftsbranchen.

Auch um die Diskussion ein bisschen aus den Lagern Regierung und Nichtregierung herauszuholen, sage ich, dass es kein Wunder ist, wenn Blicke in die Zukunft heute eher von Pessimismus als von Optimismus geprägt sind. Dieser Stimmungslage kann sich niemand entziehen, auch nicht die Politik. Aber ich sage auch, dass diese Stimmungslage nicht Maßstab für politische Entscheidung sein darf. Vielmehr müssen wir von Prognosen und Einschätzungen ausgehen, die einerseits mit gebotener Vorsicht und Zurückhaltung den Krisenverlauf und seine Auswirkungen auf die Geschäftsfelder der

Kernbank betrachten - ganz klar, da bin ich voll auf der Seite von Herrn Kubicki -, andererseits aber auch die Chancen künftiger Entwicklungen und die Stärken des Instituts hinreichend berücksichtigen. Diese Prognosen und Einschätzungen liegen vor. Im Übrigen wurden die nicht von der Bank selbst aufgestellt, sondern werden von den verschiedensten unabhängigen Beratungsinstituten und von verschiedensten Auftraggebern im Ergebnis geteilt.

Trotzdem sage ich, dass Zweifel natürlich angebracht sind. Das sind Prognosen. Wir reden über eine Einschätzung der Zukunft. Wenn einer von uns die Zukunft genau vorhersehen könnte, wäre er möglicherweise Minister, vielleicht sogar vielleicht noch mehr.

(Zurufe von der SPD: Er könnte Hellseher werden! - Weitere Zurufe)

- Mehr geht nicht! Es spricht einiges dafür, dass wirklich mehr nicht geht, aber das wäre ja auch eine verantwortungsvolle Aufgabe.

Ich kann wirklich verstehen, wenn Zweifel dort sind; und ich respektiere auch Zweifel. Nur diejenigen, die Zweifel an den Zukunftsprojektionen äußern, sollte nicht zugleich den Eindruck erwecken, als gebe es irgendeine denkbare Handlungsalternative, die Schleswig-Holstein aus seiner Verantwortung und aus dem Risiko entlässt. Das wäre nicht redlich. Das wäre eine Botschaft in Richtung Bevölkerung, die auch als unredlich erkannt würde. Dafür würden wir auch sorgen.

(Beifall bei der CDU sowie der Abgeordne- ten Birgit Herdejürgen [SPD] und Jürgen Weber [SPD])

Tatsache ist, dass das Drei-plus-zehn-Modell alle vom SoFFin im November vergangenen Jahres aufgestellten Auflagen erfüllt. Die Bedingungen für die Inanspruchnahme des Bürgschaftskapitals für den Interbankenverkehr sind und bleiben erfüllt. Ganz wichtig ist, dass das Modell kompatibel mit allen denkbaren Optionen für die Zukunft ist. Herr Minister Wiegand sagte, das Modell sei offen für die Zukunft. Das heißt, alles, was es an alternativen Handlungsmöglichkeiten - auch in der Darstellung - gegeben hat, wäre bei entsprechend veränderten Situationen auch möglich. Nichts wird ausgeschlossen. Das heißt in der Umkehrung: Nichts ist unmöglich, sämtliche elementaren Entscheidungsoptionen bleiben bestehen.

Wir müssen trotzdem feststellen: Bei aller konkreten Krisenbewältigung, die wir vornehmen und zu der wir auch Entscheidungen treffen müssen, blei

(Frank Sauter)

ben über die konkrete Krise hinausgehende Grundsatzfragen auf der politischen Tagesordnung. Ich gehöre eigentlich nicht zu denjenigen, die sich selbst zitieren, ich will es aber trotzdem einmal tun. In der Landtagstagung vom April vergangenen Jahres hatte ich in der Landtagsdebatte gesagt:

„Bleiben wird allerdings die berechtigte Debatte darüber, wo die objektiven Grenzen des staatlichen Unternehmertums liegen.“

Diese Grenzen haben wir nun erreicht. Daran gibt es keine Zweifel. Zu Recht hat meine Partei schon in ihrem Wahlprogramm 2005 ein Ergebnis hineingeschrieben, zu dem auch der Wirtschaftsminister in einer internen Kabinettsvorlage gekommen ist,

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Woher wissen Sie das dann?)

nämlich die Aussage: Für die dauerhafte Beibehaltung der Anteile an der HSH Nordbank besteht kein Anlass.

(Zurufe von der FDP: Ach!)

In unserem Programm war das relativ unspektakulär. Die Festlegung des Wirtschaftsministers hat für einiges Aufsehen gesorgt. Beides bleibt richtig. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass es hier im Haus Vertreter gegeben hat, die diese Aussagen sehr stark kritisiert haben. Die zitiere ich jetzt aber nicht, weil das Vergangenheit ist und wir alle gemeinsam lernen wollen und mittendrin sind.

Ich möchte abschließend - um den Bogen zu spannen - unsere stellvertretende Ministerpräsidentin zitieren, die gestern in der Presse äußerte:

„Unser Nachschuss an Kapital ist zugleich ein Vorschuss an Vertrauen.“

Ich glaube, philosophischer hätte man das gar nicht formulieren können. Ich finde, dass das ein Satz ist, der einen solchen Debattenbeitrag auch würdig zu Ende bringt.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Sauter. - Das Wort für die SPD-Fraktion hat nun deren Vorsitzender, Herr Abgeordneter Dr. Ralf Stegner.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landtagsfraktion der SPD verfolgt die Entwicklung im Finanzsektor im

Allgemeinen und der HSH Nordbank im Besonderen mit großer Sorge, mit großer Sorge um die Arbeitsplätze in den Banken, aber auch den Sparkassen und der regionalen Wirtschaft, mit großer Sorge um die Vermögenswerte von Land und Sparkassen, mit großer Sorge, was die Zukunftsperspektiven für unser Land Schleswig-Holstein betrifft, denn wir reden hier über Fragestellungen von existenzieller Bedeutung für das Land Schleswig-Holstein.

Der DGB-Vorsitzende Peter Deutschland hat gestern die Entscheidung der Landesregierungen in Hamburg und Schleswig-Holstein begrüßt, die HSH Nordbank mit 3 Milliarden € zu stützen. Er sprach von einem Tanz auf der Rasierklinge und sagte, er hoffe, dass sich das neue Geschäftsmodell der Bank bewähren werde. Das hoffen wir ausdrücklich auch, denn es wäre fatal, wenn wir in kurzer Zeit abermals vor der Entscheidung stünden, erneut helfen zu müssen, oder die Bank stünde vor dem Aus. Wir sind in der Pflicht, gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes zu erklären, was wir tun und warum wir es tun. Wir werden in jeder Versammlung in diesen Tagen danach gefragt.

Lassen Sie mich das glasklar sagen: Eine Abwicklung oder Schließung der Bank wäre in keiner Weise zu verantworten. Die Garantien des Landes in Milliardenhöhe würden sofort fällig, die Arbeitsplätze in kurzer Zeit vollständig abgebaut,

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Unsinn, das stimmt doch gar nicht! - Zurufe: Quatsch!)

Der Wertverlust der Anteile für Sparkassen im Land träte sofort ein, die Konsequenzen für diejenigen, die mit der Bank Geschäfte gemacht haben, wären dann für die regionale Wirtschaft und institutionelle Einleger wie Versicherungen verheerend: Kredite würden platzen, Bilanzwerte verfielen, viele Firmen gingen in den Konkurs, Arbeitsplätze gingen in Massen verloren. Ein solches Dominospiel ist etwas für Hasardeure und Scharlatane.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Lügner!)

Das war politisch nicht zu verantworten, Nichtstun war und ist keine Option.

(Beifall bei der SPD)

Verehrter Herr Oppositionsführer, da hilft übrigens auch nicht der Hinweis auf die Abbaubank, die es gar nicht geben würde, wenn wir nicht zu einer Entscheidung kommen würden, jetzt etwas zu tun.

Nach einer ersten Prüfung und vielen Gesprächen, also nach all dem, was innerhalb so kurzer Zeit

(Frank Sauter)

möglich war, trägt die SPD-Fraktion trotz aller Bedenken und Fragen aus diesem Grund und aus Verantwortung die von der Regierung vorgeschlagene finanzielle Stützung der Bank mit 3 Milliarden € Kapitalzufuhr beziehungsweise 10 Milliarden € Sicherheiten mit. Wir nehmen zur Kenntnis, dass die gegenwärtige Rechtslage eine unmittelbare Beteiligung des SoFFin an der Bewältigung der Altlasten und darauf gegründeter Kapitalerhöhungsmaßnahmen für die HSH Nordbank nach Ansicht der meisten Fachleute jedenfalls nicht ermöglicht.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo steht das?)

Wir bedauern aber, dass beim Finanzmarktstabilisierungsgesetz nicht so verhandelt wurde, dass der SoFFin schon jetzt eine mitfinanzierende Rolle übernehmen kann.