Meine Damen und Herren, meinen letzten Satz richte ich an Herrn Marnette: Herr Marnette, wenn Sie es nicht glauben, dann hilft es vielleicht, wenn ich den Chefstrategen der Unternehmensberatung A.T. Kearney zitiere:
„Die Energiewende ist kein Luxus für konjunkturell gute Zeiten, sondern bringt gerade in der Krise volkswirtschaftlichen Nutzen.“
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon eine verrückte Zeit, in der wir leben. Haben wir noch vor einem Jahr lange um kleine dreistellige Beträge gefeilscht, so können wir es jetzt kaum abwarten, Millionen und Milliarden loszuwerden. Gestern hat die Landesregierung einen Scheck über anderthalb Milliarden € ausgestellt und eine Bürgschaft über 5 Milliarden € übernommen, und heute geht es darum, so schnell wie möglich über 430 Millionen € auf das Land zu verteilen.
Es ist aber nun einmal so, dass das wichtigste und beste Mittel gegen die Krise öffentliche Investitionen sind. Die Sanierung und der Ausbau von Straßen, Schulen, Krankenhäusern und anderer Infrastruktur sorgen für Arbeit und Umsatz, kommen allen Bürgern zugute und müssen irgendwann ohnehin getan werden. Es ist also richtig, beim Konjunkturprogramm II ein Hauptgewicht auf diese Investitionsförderung zu legen, auch wenn wir vom SSW uns eine noch deutlichere Prioritätensetzung für Investitionen gewünscht hätten.
Richtig ist es auch, den Schwerpunkt der Investitionen in den Kommunen zu setzen. Zum einen werden dort die meisten öffentlichen Ausgaben getätigt, die zur Stärkung der Wirtschaft beitragen können, zum anderen gibt es hier einen besonderen Nachholbedarf. Das Deutsche Institut für Urbanistik schätzt den Investitionsstau bei den Kommunen auf rund 75 Milliarden €, davon allein 6 Milliarden € bei den Schulen und 30,9 Milliarden € bei den Straßen. Es gibt also genug zu tun und keiner muss sich fragen, ob dieses Geld auch am richtigen Ende ausgegeben wird.
Die inhaltliche Schwerpunktsetzung ist weitgehend durch die Bundesregierung vorgegeben, aber deshalb nicht weniger richtig. Keiner wird widersprechen, dass wir in Bildungseinrichtungen und Krankenhäuser investieren müssen, und keiner wird bezweifeln, dass der ländliche Raum weiterentwickelt werden muss. Gerade weil unser Land zum
Vor diesem Hintergrund hat es mich auch gefreut, heute in den „Husumer Nachrichten“ zu lesen, dass der Bund auch den ländlichen Wegebau fördert, denn diese Maßnahme wirkt breit und in der Fläche. Dasselbe gilt für den Ausbau der Breitbandnetze im ländlichen Raum. Die Anbindung an das weltweite Computernetz ist heute ein ebenso wichtiger Standortfaktor wie die Verkehrsanbindung. Das Investitionsprogramm ist jener Teil des zweiten Konjunkturpakets, der die größte Herausforderung für das Land darstellt. Denn wir entscheiden mit, wie es in Schleswig-Holstein umgesetzt wird. Es kommt darauf an, dass die Landesverwaltung in Zusammenarbeit mit den Kommunen die wichtigsten Projekte aussucht - große wie kleine - und dann die Gelder schnell und flexibel in die Taschen von Handwerkern, Unternehmern und Arbeitnehmern transportiert, damit sie die Konjunktur ankurbeln können.
Erfreulich ist, dass der Finanzminister den Finanzierungsanteil des Landes von 90 Millionen € in seiner Rücklagenschatulle hat finden können und so keine neuen Schulden dafür aufnehmen muss. Angesichts der anderthalb Milliarden für die HSH Nordbank ist diese Freude allerdings eher von symbolischem Charakter.
Wichtiger ist, dass das Land klammen Gemeinden bei der Finanzierung unter die Arme greifen will, wenn sie nicht die entsprechenden Komplementärmittel aufbringen können. Alles andere würde die Ungleichheit verstärken, die schon vorab besteht. Ob nun die - in Anführungszeichen - Sozialstaffel für Kommunen, die immer noch eine 12,5-prozentige Eigenbeteiligung vorsieht, wirklich ausreicht, werden wir noch beobachten müssen. Wir hätten es lieber gesehen, wenn die Landesregierung zu Extremfällen auch vollständig auf eine kommunale Kofinanzierung verzichtet hätte, aber die Praxis wird zeigen, ob dies vielleicht doch notwenig sein wird.
Auf jeden Fall gilt: Wer heute kein Geld für Investitionen hat, hat es nach dem Konjunkturprogramm schon gar nicht, denn die beiden Konjunkturpakete der Bundesregierung mit den darin enthaltenen Steuerleichterungen werden zu deutlichen Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer und der Einkommensteuer führen. Gerade deshalb muss jetzt auch ganz deutlich gesagt werden: Die massiven Investitionen in den Kommunen machen nur dann Sinn, wenn das Land nicht als Nächstes wieder in den kommunalen Finanzausgleich eingreift. Es ist
klar, dass die finanziellen Folgen der Rezession, der Bankenrettung, der Schuldenbremse und auch des Konjunkturpakets unseren Finanzpolitikern bald massive Schmerzen bereiten werden und dass die Versuchung groß sein wird, das Leid mit unseren Kommunen zu teilen. Deshalb die vorbeugende Warnung: Wer den Kommunen mit der einen Hand Bundesmittel gibt, um ihnen mit der anderen Hand wieder Landesgeld aus der Tasche zu ziehen, würde die Kommunen betrügen und das Konjunkturprogramm unterlaufen. Also, meine Damen und Herren: Denken Sie nicht einmal daran!
Aber erst einmal geht es darum, wie das Geld zu den Trägern der Investitionsmaßnahmen kommt. Das Verfahren bei der Verteilung der Investitionsmittel für konkrete Projekte ist weiterhin unklar, denn die Förderrichtlinien liegen noch nicht vor,
obwohl das erste Geld ja schon in zwei Monaten fließen soll. Diese Unklarheit steht im Kontrast zu der hektischen Betriebsamkeit, die das Konjunkturprogramm schon seit Januar auslöst. Wer mit Kommunalpolitikern und Verwaltung zu tun hat, der erlebt derzeit eine Aktivität, die selbst das berüchtigte Dezember-Fieber in den Schatten stellt. Die Verteilung des Geldes steht an, und jeder will daran teilhaben. Allein im Kreis Nordfriesland, mein Kollege Buder,
sind die Anteile an der Konjunkturförderung bereits mehrfach überzeichnet. Es gibt kaum einen Ort, der nicht Licht am Horizont für seine marode Schule oder die löchrige Dorfstraße sieht.
Der aktuelle Geldsegen ist ein positiver Lichtblick im tristen Alltag der kommunalen Finanzpolitiker.
Trotzdem ist es wichtig, einen klaren Kopf zu bewahren und zu sehen, wie eine gerechte Verteilung aussehen kann. Denn die kommt natürlich nicht von selbst. Daher begrüßen wir auch, dass die Landesregierung einen angemessenen Anteil der Fördermittel für freie Schulen, darunter auch für die Schulen des dänischen Schulvereins, reserviert hat. Dies zeigt, dass diese Regierung ihre Verantwortung für
die Teilhabe aller Schulkinder am Investitionsprogramm wahrnimmt. Der SSW hat bereits im Januar davor gewarnt, dass freie Träger generell schlechtere Karten bei der Verteilung der Mittel haben. Ihre Angebote stehen nicht selten in Konkurrenz zu öffentlichen Institutionen und würden bei einer Prioritätensetzung vor Ort keine Chance haben. Sorge bereitet uns daher, dass es keine entsprechende Festlegung in Bezug auf andere Bereiche des Programms - wie die Sanierung von Kindertagesstätten und Sportstätten oder Maßnahmen zur Stärkung des ländlichen Raumes - gibt.
Hier sehen wir die Gefahr, dass kommunalen Vorhaben grundsätzlich der Vorrang vor Investitionsmaßnahmen freier Träger eingeräumt werden wird. Das diese Sorgen nicht unbegründet sind, hat schon die Äußerung eines Landrats aus dem östlichen Teil des Nordens gezeigt, dass es schließlich um ein kommunales Investitionsprogramm gehe und dass kommunalen Einrichtungen und nicht zum Beispiel Minderheiteninstitutionen zugute kommen sollte.
Ich glaube, das ist der falsche Ansatz. Im Zukunftsinvestitionsgesetz ist festgeschrieben, dass die Mittelträger neutral zu gewähren sind; aber es wäre blauäugig zu glauben, dass sich diese Gerechtigkeit von selbst einstellt. Deshalb erwarten wir, dass sich die Landesregierung ebenso hinter die freien Träger stellt, wenn es um die Mittel geht, die von den Kreisen und Kommunen zu vergeben sind.
Es liegt in der Verantwortung der Landesregierung, dafür zu sorgen, dass Einrichtungen in Trägerschaft der ADS, der Kirchen, des dänischen Schulvereins oder auch der AWO ebenso berücksichtigt werden wie öffentliche Einrichtungen. Die Maßnahmen dieser Organisationen und Vereine müssen aus dem kommunalen Anteil der Investitionsmittel angemessen gefördert werden. Um dies sicherzustellen, muss in den Förderrichtlinien verbindlich festgelegt werden, dass ein Anteil der Mittel an freie Träger und an die Organisationen und Vereine der Minderheiten zu vergeben sind.
Geschieht dies nicht, werden freie Träger allein schon deshalb übervorteilt, weil sie vielfach klare Aussagen über die Fördermöglichkeiten, also die Förderrichtlinien, abgewartet haben, während Kommunen schon längst einfach einen Berg von Projekten eingereicht haben und nun schon in den Startlöchern stehen.
kunfts- und Investitionsgesetz sollen neue Schwellenwerte bei der Vergabe öffentlicher Aufträge gelten. Die Ausschreibung von Teillosen, die freihändige Vergabe bis 100.000 € und die begrenzte Ausschreibung bei Bauleistungen bis zu 1 Million € soll wohl zuerst dafür sorgen, dass auf langwierige Ausschreibungsverfahren verzichtet werden kann und die Gelder schnell fließen. Diese neuen Vergaberegeln tragen aber auch dazu bei, und das ist auch politischer Wille, dass die Mittel wirklich in der Region ausgegeben werden und verdient werden können, wo eben auch die Maßnahme stattfindet.
Die Landesregierung kann aber selbst - und ganz unabhängig vom Bundesprogramm - mehr dafür tun, dass sich in unseren Regionen etwas bewegt. Sie kann und sie muss endlich dafür sorgen, dass unsere eigene Wirtschaft auch über das Konjunkturprogramm hinaus eine faire Chance bekommt, sich die öffentlichen Gelder zu verdienen; oder andersherum, dass unsere Steuergelder nicht in andere Regionen und Nationen fließen.
Deshalb fordern wir die Landesregierung wieder auf, endlich eine Nachfolgelösung für das Tariftreuegesetz zu finden. Der SSW hat schon 2008 einen Weg aufgezeigt, wie dies mit Allgemeinverbindlichkeitserklärungen EU-konform geregelt werden kann. Es ist im Interesse unseres Landes, dieses zu tun, hier muss die Landesregierung ebenso schnell und ebenso konsequent handeln wie beim Konjunkturprogramm.
Ich danke Herrn Abgeordneten Lars Harms und erteile für die Landesregierung Herrn Minister Dr. Werner Marnette das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben eben in den Vorträgen ein ganzes Bündel von Themen abgearbeitet. Ich möchte mich auf das konzentrieren, was für das Konjunkturprogramm wichtig ist und was geplant ist, damit wir klar und fokussiert das Programm tatsächlich umsetzen. Das meiste dürfte Ihnen bekannt sein.
Ich möchte nur darauf hinweisen, Herr Garg: Die Landesregierung hat in den letzten Wochen die Voraussetzung für die Umsetzung des Konjunkturpakets II in Schleswig-Holstein geschaffen.
Das Kabinett hat einen Entwurf der Rahmenrichtlinie zur Umsetzung des Konjunkturpakets II beschlossen. Das heißt, es ist ein konkretes Verfahren eingeleitet beziehungsweise geklärt. Das deckt folgende Themen ab: Mittelverteilung, Förderquoten 75 % oder 87,5 % -, die Rahmenrichtlinie, auf die ich gleich noch einmal zu sprechen komme, die Einbeziehung der Kommunen, die permanent passiert ist, sowie natürlich das Vergaberecht, wo wir die entsprechenden Lockerungen des Bundes entsprechend auf Landesebene integriert haben. Das heißt, das ist alles in der Mache.
Die Rahmenrichtlinie ist beschlossen, und der Entwurf wird nach Klärung der letzten Punkte mit dem Bund und den Ressorts - was eine erneute Kabinettsvorlage bedeutet - hoffentlich bis nächste Woche erledigt sein und kann dann den kommunalen Landesverbänden und dem Landesrechnungshof zugeleitet werden. So weit der Stand des Verfahrens.
Ich bitte die kommunalen Landesverbände und auch den Rechnungshof, dass hier möglichst schnell gehandelt wird, dass hier nicht auf die zustehenden Fristen zurückgegriffen wird, sondern dass wir möglichst schnell die Stellungnahmen bekommen.
Damit wir im Sinne derer, die hier gesprochen haben, auch tatsächlich die PS sehr schnell auf die Straße kommen. Ich kann nur wiederholen: Wir tun alles um hier - im wahrsten Sinne des Wortes möglichst schnell in die Gänge zu kommen.
Über die Mittel ist hier ebenfalls gesprochen worden. Uns stehen die 430 Millionen € einschließlich der kofinanzierten Mittel zur Verfügung. 65 % der Mittel entfallen auf den Förderbereich Bildung, das ist ein Volumen von circa 280 Millionen €. Der größte Teil der Mittel, also etwa 70 %, fließt an die Kommunen. Von den Kommunen können damit 196 Millionen € in den Jahren 2009 bis 2010 in Einrichtungen der frühkindlichen Infrastruktur, der Schulinfrastruktur und in Volkshochschulen investiert werden, was eben auch noch einmal angesprochen wurde.
Die klare Botschaft ist, dass hier nicht nur in Beton investiert wird, sondern auch in mentale Leistung und in Köpfe.