Ich habe, ehrlich gesagt, auch den Lobesgesang, den Sie auf Ihre Kanzlerin angestimmt haben, nicht wirklich verstanden; denn wir sollten uns ernsthaft fragen, ob der Weg, der im Moment auf Bundesebene gegangen werden soll, tatsächlich die soziale Marktwirtschaft bewahrt. Es ist doch geradezu naiv zu glauben, dass der Staat der Retter aus der Krise sein wird. Es ist leichtgläubig zu meinen, die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen wüssten derzeit ganz genau, was sie eigentlich täten.
Nirgends, lieber Kollege Callsen und lieber Kollege Weber, ist die Orientierungslosigkeit besser zu beobachten als bei der aktuell geführten Enteignungsdebatte.
Der Ruf nach Verstaatlichung von Banken und nach Verstaatlichung von ganzen Industriezweigen führt zu ganz erheblichen Wettbewerbsverzerrungen. Es werden wenige auf Kosten der Allgemeinheit bevorzugt, und das, Kollege Callsen, hat mit sozialer Marktwirtschaft nicht das Geringste zu tun.
Noch etwas ganz Entscheidendes wird aus meiner Sicht schlicht vergessen: Unternehmertum zeichnet sich gerade dadurch aus, dass der Unternehmer das volle Risiko für seine Entscheidungen zu tragen hat. Übernimmt nun allerdings der Staat auf Kosten der Steuerzahler genau dieses Risiko, glauben Sie ernsthaft, dann würden noch sinnvolle unternehmerische Entscheidungen getroffen? Der Staat wird sich aufkosten der jetzigen Steuerzahler und zulasten kommender Generationen schlicht und ergreifend überheben. Die Probleme werden nicht behoben, aber die Staatsverschuldung wird gigantisch explodieren. Diese Politik ist genau das Gegenteil von nachhaltig, sie ist verantwortungslos, Kollege Callsen.
Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen müssen an die neue Lage angepasst werden. Das bestehende Regelwerk, die Spielregeln der sozialen Marktwirtschaft, muss überprüft und mit Sicherheit in manchen Punkten nachjustiert werden. Aber die Beschwörung vom Ende der sozialen Marktwirtschaft wird unserem Land mehr schaden als nutzen.
Wenn ich bei der Staatsverschuldung bin, dann lassen Sie mich einen Satz zur Kofinanzierung des Konjunkturprogramms durch das Land und die Kommunen sagen. Ich finde es richtig, dass finanzschwache Kommunen eine Erleichterung bei der Kofinanzierung erhalten, die dazu führt, dass sie lediglich 12,5 % anstatt der eigentlich geforderten 25 % aufzubringen haben. Ich kann aber dem vorgelegten Entwurf eines Nachtragshaushaltes nicht entnehmen, wer eigentlich die Differenz zahlen soll. Kommen die übrigen Kommunen im Rahmen des Finanzausgleichs für diese Differenz auf, oder soll das Land die komplette Differenz tragen? Im Übrigen hätte ich mir beim Nachtragshaushalt gewünscht, dass zur Kofinanzierung nicht einfach nur die restlichen Rücklagen des Landes aufgelöst worden wären, sondern dass sich die Landesregierung die Mühe gemacht hätte, einmal auf der Ausga
Lassen Sie mich abschließend festhalten: Erstens bleibt zu hoffen, dass die Umsetzung des Programms für Schleswig-Holstein so rechtzeitig erfolgen kann, dass tatsächlich die erhofften Effekte eintreten und dass es sich für die regionale Wirtschaft lohnt und dass es nicht zu spät kommt, wenn im Herbst die ersten Aufträge aus diesem Programm resultieren.
Zweitens bleibt zu hoffen, dass die Bundesregierung, aber auch die Schleswig-Holsteinische Landesregierung einsehen, dass für die Bürger solide Staatsfinanzen und funktionierende Märkte mehr zählen als lediglich Partikularinteressen. Die große Chance in dieser Krise, wenn man es so nennen will, liegt wirklich darin, sich darauf zu besinnen, was man unter sozialer Marktwirtschaft tatsächlich versteht, und das sind ordentliche Spielregeln und einzuhaltende Sanktionsmaßnahmen in dem Fall, dass die Marktakteure gegen genau diese aufgestellten Spielregeln verstoßen. Daran sollte man sich öfter erinnern als das ganze System infrage zu stellen, wie das derzeit der Fall ist.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Dr. Garg und erteile das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dem Vorsitzenden, dem Herrn Abgeordneten Karl-Martin Hentschel.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Gutachten des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung bestätigt das, was wir schon im Januar konstatiert haben: Das Konjunkturprogramm II ist in sich widersprüchlich und ineffizient. Das Konjunkturpaket soll nicht auf den Konsum, sondern auf die Sicherung von Arbeitsplätzen ausgerichtet sein. Dafür ist der Investitionsanteil von 14 Milliarden €, gemessen am Gesamtumfang des Pakets von 50 Milliarden €, zu gering. Das Konjunkturpaket setzt leider kaum auf Multiplikatoreffekte. Solche ergeben sich nur dann, wenn mit staatlichen Anreizen zusätzliche private Investitionen ausgelöst werden, und da ist in dem Programm Fehlanzeige.
kungen geht die ärmere Hälfte der Bevölkerung komplett leer aus. Und bei den höheren Einkommen ist davon auszugehen, dass der größte Teil der Steuersenkungen in Ersparnisse fließt. Die angebliche Senkung der Krankenkassenbeiträge zum 1. Juli 2009 ist ein Täuschungsmanöver. Einer der größten Fehler, so das zitierte Gutachten, ist die Tatsache, dass den Kommunen das Geld, das sie zusätzlich bekommen, über die Steuersenkungen gleich wieder weggenommen wird. Deswegen ist es fraglich, ob es mittelfristig gesehen überhaupt zusätzliche Investitionen geben wird. Niedrigere Einnahmen aus der Einkommensteuer treffen nämlich die Kommunen sofort. Auch die Wiedereinführung der Pendlerpauschale führt zur geringeren Steuereinnahmen der Kommunen, ebenso wie großzügigere Abschreibungsregelungen.
Die steuerlichen Verluste betragen nach den Schätzungen des Gutachtens im Jahr 2009 etwa 30 % der zusätzlichen Investitionsmittel aus dem Konjunkturpaket II und sogar 80 % im Jahr 2010. Das heißt, den Kommunen wird fast jeder Euro, den sie mit der einen Hand bekommen, mit der anderen Hand wieder weggenommen. Das ist ein völlig widersprüchliches Paket.
Deshalb war es so eminent wichtig, dass bei der Befassung mit dem Konjunkturpaket im Bundesrat keine weiteren Steuersenkungen beschlossen wurde. Die FDP hatte sich im Bund und auch im Landtag groß aufgeplustert und mit der Ablehnung des Pakets durch die schwarz-gelben Länder gedroht, wenn die Steuern nicht gesenkt würden.
Die Grünen hatten dagegen Zustimmung signalisiert, wenn die unsinnige Abwrackprämie im Sinn der Umwelt nachgebessert wird. Am Schluss sind die Grünen standhaft geblieben und haben nicht zugestimmt, während die FDP für eine lächerliche Resolution ohne jegliche Folgen einen Kotau gemacht hat.
- Wir können die Frage gleich beantworten. Bremen hatte dafür gestimmt. Meine Finanzsenatorin braucht das Geld. Wir wissen das. Peinlich, peinlich, meine Herren aus der gelben Ecke.
Meine Damen und Herren, das Konjunkturpaket hat auch positive Seiten. Ich finde, man muss differenziert mit den Dingen umgehen. Die wirksamste Maßnahme des Konjunkturpakets ist nach Meinung der Gutachter der zusätzliche Kinderbonus, weil er mit hoher Wahrscheinlichkeit zu 100 % in den
Die Investitionen in den Bildungsbereich sind auch aus der Sicht der Grünen in Ordnung. Es geht um bauliche Maßnahmen an den Kitas, an den allgemeinbildenden und beruflichen Schulen sowie an den Hochschulen. Die Kommunen wissen am besten, an welcher Baustelle der Bildungsschuh drückt. Deshalb ist es richtig, dass die Kommunen selbst die Prioritäten setzen. Dabei stimme ich mit den Kollegen von der CDU ausnahmsweise überein.
Es ist außerdem zielführend, wenn die finanzschwachen Kommunen nur einen Kofinanzierungsanteil von 12,5 % tragen müssen, weil sie sonst gar nichts finanzieren würden.
Besonders begrüßen wir an diesem Paket, dass die energetische Sanierung von Gebäuden bei allen Maßnahmen Vorrang hat. Ich hoffe, dass die Landesregierung das auch umsetzt und entsprechend kontrolliert. Wenn weniger Energie verbraucht wird, dann werden Betriebskosten gespart, und zwar dauerhaft. Davon kann man dann Schulbücher und Sozialarbeiter bezahlen.
Hinzu kommt, dass energetische Sanierung kurzfristig qualifizierte Arbeit vor Ort für das Handwerk und den Mittelstand schafft.
Ganz falsch dagegen ist die als Umweltprämie getarnte Abwrackprämie für neun Jahre alte Pkw. Es gibt noch und nöcher Mitnahmeeffekte bei dieser Prämie durch vorgezogene Ersatzkäufe. Am Schluss bleibt nur ein Strohfeuer.
Die Reform der Kfz-Steuer nach dem CO2-Ausstoß, die als Umweltmaßnahme verkauft worden ist, aber aufgrund der gewählten Konstruktion leider keine Wirkung hat, ist zum Glück erst einmal im Vermittlungsausschuss gelandet. Sie war weder ökonomisch noch ökologisch sinnvoll.
Positiv an dem Paket ist wiederum die Entscheidung des Bundes, dass mit den kommunalen Mitteln und den Landesmitteln kein Straßenbau gefördert werden darf. Tut mir leid, Herr Marnette. Nur innerörtliche Lärmschutzmaßnahmen sind erlaubt. Einzige Straßenbaumaßnahme in Schleswig-Holstein ist deshalb die Förderung der Autobahnumgehung von Itzehoe im Rahmen des Bundesprogramms. Da die Multiplikatoreffekte beim Straßenbau bekanntlich null sind, glaube ich, dass es gut ist, dass Bund und Länder diese Entscheidung getroffen haben, auch wenn die Träume der Landesre
Große Aufregung gab es zuletzt um das Kriterium der Zusätzlichkeit. Das Gesetz fordert, dass die geförderten Maßnahmen zusätzlich sind, und zwar sowohl auf die einzelne Maßnahme bezogen als auch auf die Summe. Es wurde befürchtet, dass am Schluss gar nicht mehr investiert wird, weil die Kommunen weniger Geld haben, und dass am Schluss herauskommt, dass die Länder das Geld wieder zurückzahlen müssen. Es hat aber Verhandlungen gegeben. Mittlerweile ist geklärt, dass die Basis für diese Zusätzlichkeit für jedes Land einzeln berechnet wird. Ich hoffe, dass der Wirtschaftsminister beziehungsweise der Finanzminister diese Verhandlung so führt, dass Schleswig-Holstein nicht anschließend mit einem Minus von einigen 100 Millionen € herauskommt, die wir dann zurückzahlen müssen. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg.
Meine Damen und Herren, wer glaubt, dass nun alles zur Zufriedenheit getan ist, hat wenig verstanden. Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter, hat vorgestern davor gewarnt, zu glauben, jetzt sei alles getan.
- Man kann von der Deutschen Bank halten was man will, aber Norbert Walter gehört zu denjenigen, die mit ihrer Prognose nicht ganz danebenlagen. Dies gilt übrigens auch für die Immobilienkrise. Er war einer derjenigen, die frühzeitig gewarnt haben.
Was wir tatsächlich brauchen, ist ein neuer technologischer Schub. Der Kapitalismus tritt etwa alle 50 Jahre in eine neue Phase ein und braucht eine neue Leitindustrie und neue Technologien, die eine Neuentwicklung voranbringen. Das war nach dem Zweiten Weltkrieg die Massenmobilisierung, und das werden im 21. Jahrhundert mit Sicherheit die Effizienztechnologien und die erneuerbaren Energien sein. Klaus Töpfer, der einigen hier bekannt ist, forderte deshalb, dass Deutschland einen Green New Deal brauche. Sir Nicholas Stern, ehemaliger Chefökonom der Weltbank, sagte: Es ist Zeit für eine grüne industrielle Revolution.
Wenn Europa und die USA sich zum Ziel setzen, die Energiewirtschaft in den kommenden Jahren auf erneuerbare Energien umzustellen, dann kann damit ein Schub an Investitionen und die Schaffung von Millionen qualifizierter Arbeitsplätze angestoßen werden. Wir brauchen ein solches großes Projekt, das für die nächsten Jahre und Jahrzehnte trägt, um die Weltwirtschaft in eine neue Richtung
anzustoßen, um Ressourcenverbrauch in klassischem Sinne - Öl, Kohle und so weiter - einzusparen und um auch die neuen Energien Sonne, Wind und Wasser zu setzen.
Wenn wir uns zum Ziel setzen, in den kommenden Jahren Schritt für Schritt unseren Häuserbestand zu sanieren, dann ist das ein Investitions- und Arbeitsprogramm für die kommenden Jahrzehnte. Damit kann dann der enorme Energieverbrauch in Deutschland auf ein Drittel reduziert und die Abhängigkeit von Rohstoffimporten auf einen Bruchteil reduziert werden.
Das Konjunkturprogramm ist eine Angelegenheit von heute und morgen. Es wird die Probleme aber nicht grundsätzlich lösen. Wir brauchen tatsächlich einen neuen Schub, der eine ganz andere Größenordnung hat. Wenn Sie Herrn Walter nicht mögen, können Sie auch andere Ökonomen zurate ziehen. Fast alle Ökonomen sind sich in dieser Frage einig.
Für Schleswig-Holstein bedeutet das etwas ganz Spannendes. Wenn wir diese Aufgabe ernst nehmen, dann wäre Schleswig-Holstein endlich einmal hervorragend positioniert. Wir haben alles, was wir dazu brauchen. Wir haben Hunderte von innovativen Firmen im Bereich von Green Technologies, die heute schon zwei Drittel ihres Umsatzes mit Exporten verdienen. Wir haben Forschungsstandorte mit dem Schwerpunkt erneuerbare Energien in Kiel und Flensburg.
Meine Damen und Herren, meinen letzten Satz richte ich an Herrn Marnette: Herr Marnette, wenn Sie es nicht glauben, dann hilft es vielleicht, wenn ich den Chefstrategen der Unternehmensberatung A.T. Kearney zitiere: