Protocol of the Session on January 29, 2009

Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, endlich eine Nachfolgelösung für das Tariftreuegesetz zu finden. Der SSW hat einen Weg aufgezeigt, wie dies mit Allgemeinverbindlichkeitserklärungen EUkonform geregelt werden kann. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Große Koalition, ziert euch nicht länger und lauft endlich diese offene Tür ein! Das ist wirklich im Interesse des Landes.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In noch einem Punkt ist das Konjunkturprogramm II zumindest grundsätzlich zukunftsweisend: Wir begrüßen die Ausrichtung auf ökologische Fragen. Ich habe es schon einmal gesagt: Gerade hier liegt eine Chance, etwas für den Klimaschutz zu tun, Energie zu sparen, zukunftsfeste, neue Arbeitsplätze zu schaffen und die regionale Wirtschaft zu fördern. Deshalb ist es gut, dass die energetische Sanierung im Programm hervorgehoben wird. Leider kommt der Umweltschutz in anderen Teilen aber zu kurz. Wer ein zehn Jahre altes Auto verschrottet, das woanders noch Hunderttausende von Kilometern laufen könnte, tut nichts für die Gesamtökobilanz, sondern zuerst etwas für den Autohandel. Deshalb ist die Kopfprämie für Altautos wirklich absolut unsinnig.

(Beifall beim SSW)

Im Übrigen mutet es skurril an, dass Autohändler schon mit der Prämie werben und Bürger schon mit ihrem Auto vor der Schrottpresse stehen, bevor sich der Gesetzgeber überhaupt in erster Lesung mit der Sache befasst hat. Die Bundesregierung und ihre Parlamentarier tun so, als sei der Kabinettsbeschluss von vorgestern schon die dritte Lesung gewesen. Auch das ist typisch Große Koalition und schwächt die Bedeutung und das Ansehen des Parlaments.

Nachdem zu lange gezögert wurde, will man jetzt offensichtlich um jeden Preis Taten zeigen. Das Zaudern der Bundesregierung und das Hickhack

(Anke Spoorendonk)

von CDU, SPD und CSU um die Konjunkturprogramme haben wieder einmal gezeigt, dass es diesem Land an einer Regierung mit klaren Vorstellungen und klaren Zielen fehlt.

Auch das Superwahljahr wird wohl eher den blinden Aktionismus und die politische Kosmetik befördern. Das sieht man schon daran, wie sehr sich manche plötzlich um ein neues Profil bemühen. Nachdem Bundeskanzlerin Merkel jahrelang innenpolitisch gezögert hat, will sie sich nun als große Macherin darstellen. Auch Kanzlerkandidat Steinmeier, der als Ex-Kanzleramtsminister eine wesentliche Verantwortung für die Hartz-Reformen trägt, entdeckt nun plötzlich seine sozialromantische Ader. Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine solche Politik, die sich nach dem Wahlkalender richtet, ist unglaubwürdig.

(Beifall beim SSW)

Nicht besser ist allerdings die Reaktion auf die Finanzkrise hierzulande beziehungsweise eher die Nichtreaktion. Viele fragen zu Recht, weshalb sie in dieser Debatte so viel von anderen CDU-Länderchefs, aber kaum etwas von Peter Harry Carstensen gehört haben. Der Ministerpräsident hat sich vier Jahre lang kreuz und quer durchs Land gelacht und keine Gelegenheit zur Selbstdarstellung ausgelassen. Zum Thema Wirtschaftskrise ist er aber von Anbeginn an abgetaucht.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Er begnügt sich damit, die Ankündigungen aus Berlin zu bejubeln, scheint aber ansonsten keine eigene Meinung, geschweige denn eigene Ideen gehabt zu haben.

(Beifall beim SSW)

Schleswig-Holstein braucht also mehr denn je eine Regierung, die bei einem ernsthaften politischen Thema ebenso tatkräftig anpacken kann, wie Peter Harry Carstensen bei jedem Drachenbootrennen in Schleswig-Holstein -

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

- Habe ich das gesagt, lieber Kollege? Ich spreche von einer tatkräftigen Regierung. Das ist ein Ziel, und dabei können wir uns anscheinend einigen.

(Beifall bei der FDP)

Auch die Diskussion um die HSH Nordbank -

(Zuruf)

- Die FDP ist derzeit so sehr auf sich selbst fixiert, dass es fast narzisstisch ist. Ich möchte deshalb darum bitten, dass man auch einmal woanders hinschaut.

(Beifall beim SSW und vereinzelt bei der SPD)

Die Diskussion um die HSH Nordbank müsste eigentlich allen gezeigt haben, dass sich mit Arroganz oder Jovialität allein keine Krise bremsen lässt.

Der SSW unterstützt einige Maßnahmen des Konjunkturprogramms II und steht anderen skeptisch gegenüber. Man könnte natürlich sagen, dass für jeden etwas dabei ist. Dies bedeutet aber auch, dass die verschiedenen Möglichkeiten nicht optimal ausgeschöpft werden können, weil begrenzte Mittel auf eine Vielzahl von Maßnahmen verteilt werden müssen. Es bleibt spannend, liebe Kolleginnen und Kollegen, ob eine solche Konjunkturpolitik mit der Schrotflinte wirklich optimal durchschlagen kann; denn es ist fraglich, ob die einzelnen Maßnahmen richtig dimensioniert und auch effektiv genug sind.

Hinzu kommt, dass viele Punkte des Gesamtpakets erst mit Verzögerung umgesetzt werden und daher nicht rechtzeitig greifen, um den Abschwung zu bremsen. Die Große Koalition im Bund hat aber in ihrer großen Weisheit so entschieden, und so soll es dann auch sein, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bundestag wird dieses Paket kritiklos verabschieden. Das ist ein offenes Geheimnis. Insofern bleibt uns nur, das Beste daraus zu machen, denn ein Konjunkturpaket III kann sich Deutschland mit Sicherheit nicht leisten.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Ralf Stegner das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Anke Spoorendonk, kein Mensch hat die Idee, im Zusammenhang mit dem Konjunkturprogramm an den KFA heranzugehen. Das möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich sagen. Pläne solcher Art gibt es in der Großen Koalition nicht. Ich hoffe, solche Pläne hat auch niemand anders in diesem Haus.

(Anke Spoorendonk)

Es ist noch ein bisschen Zeit erforderlich, um sich ein bisschen mit der großartigen Rede von Herrn Dr. Garg zu beschäftigen. Das hat sich wirklich gelohnt.

(Beifall bei der FDP)

Er hat argumentiert wie der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Deutschen Banken. Er hat nämlich gesagt, schuld an der Krise sei nicht die Wirtschaft, sondern die Politik. Da reibt man sich die Augen. Er begründet dies damit, dass wir Lehman Brothers pleite gehen lassen hätten und dass es nicht genug Finanzkontrolle gegeben hätte. Das finde ich spannend. Ich vermisse aber so ein bisschen die Belege dafür, dass früher Finanzkontrolle gefordert worden ist, und zwar sowohl von den Banken als auch von der FDP.

Sie haben dann von Mäßigung gesprochen, und dann haben Sie sich mit Barack Obama beschäftigt. Das tun in diesen Zeiten viele. Sie haben sehr sachkundige Ausführungen gemacht. Ich weiß gar nicht, ob Sie zur Kenntnis genommen haben, was die Position von Barack Obama zum Thema Mindestlohn, zum Thema Steuern auf Vermögen und große Erbschaften, zum Thema Politik für die Mehrheit der Bevölkerung oder zum Thema Finanzkontrolle ist. Herr Kollege, wenn Sie das zur Kenntnis genommen hätten, dann hätten Sie vielleicht nicht so geredet.

Es lief so ein bisschen nach dem Motto: Fragen Sie Herrn Dr. Garg, wie wir aus der Krise herauskommen. Ich habe Verständnis dafür. Wenn man den Weltökonomen aus Strande zum Chef hat, der alles weiß und alles kann, dann ist es natürlich verführerisch, hier so aufzutreten, als sei man zumindest Weltwirtschaftsgehilfe, und hier politisch zu hyperventilieren.

(Heiterkeit bei der SPD)

Lieber Herr Kollege, ich muss Ihnen aber sagen: Wenn Sie hier so reden, wie Sie gerade geredet haben, und sagen, dass wir aus der Krise herauskommen, indem wir die Steuern senken, dann kann ich dazu nur sagen, dass der alte Spruch gilt: Trotz aller Reden von Herrn Garg, getretener Quark wird breit nicht stark.

(Beifall bei SPD und SSW)

Das Wort hat nun der Herr Abgeordnete Karl-Martin Hentschel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch ich war nach der Rede von Herrn Dr. Garg ausgesprochen verwirrt. Ich wusste nicht, was er nun eigentlich will.

(Zuruf von der FDP: Vorher oder nachher?)

Sie haben gesagt, Sie seien für die Marktwirtschaft. Das sind wir wohl alle. Dann haben Sie gesagt, dass Sie auch für Regulierung seien. Sie seien aber dagegen, dass der Staat das macht. Dann frage ich mich natürlich, wer denn das nun regulieren soll.

Das Problem der Finanzmarktkrise, das nun offensichtlich wird - das wird nicht nur in Deutschland, sondern weltweit so diskutiert -, ist, dass die Regulierungen bei den internationalen Finanzmarkttransaktionen nicht ausreichend waren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Jetzt geht es darum, darüber zu diskutieren, welche Instrumentarien angebracht sind, um die internationalen Finanzströme so zu regulieren, dass wir nicht wieder in solche Krisen kommen. Das Gleiche gilt natürlich auch in den USA für die Frage der Immobilienmärkte. Auch dort haben offensichtlich die Kontrollen nicht ausgereicht.

Was im Übrigen nicht funktioniert hat, ist die Arbeit der Ratingagenturen. Obama und auch andere haben davon geredet, dass die Ratingagenturen offensichtlich zu sehr mit den Kreditinstituten verschmolzen sind. Sie werden von den Kreditinstituten bezahlt, sollen sie aber kontrollieren. Das ist ein Fehlmechanismus.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb brauchen wir eine staatliche Kontrolle beziehungsweise eine Verstaatlichtung der Ratingagenturen. Das kann allerdings nur international geschehen. Alle Ökonomen dieser Welt - auch der aktuelle Nobelpreisträger hat sich dazu geäußert - sagen, dass man die Ratingagenturen beim IWF oder einer anderen internationalen Organisation ansiedeln muss, weil eine Kontrolle der Finanzmärkte sonst nicht gegeben ist, Herr Garg.

Sie haben nicht gesagt, wie Sie sich das vorstellen. Sie fordern grundsätzlich immer nur Liberalisierung. Wenn man Sie darüber hinaus zu sehr angreift, dann fangen Sie an, sich über Frau Birk zu ärgern und werden frauenfeindlich. Das ist aber keine Antwort.

(Dr. Ralf Stegner)

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Dr. Heiner Garg [FDP]: Was hat Sie denn gebissen?)