Protocol of the Session on January 29, 2009

(Dr. Ralf Stegner)

dem diesjährigen Haushalt hier schon deutliche Schwerpunkte gesetzt haben. Ich erinnere daran, dass das vor Kurzem noch öffentlich kritisiert worden ist.

In den nächsten Wochen müssen wir klären, wie Land und Kommunen in Schleswig-Holstein die über 100 Millionen € aufbringen, die wir brauchen, um die Bundesmittel abrufen zu können: unbürokratisch, schnell und wie verabredet im Verhältnis 75:25 zwischen Bund und Ländern und 70:30 zwischen Land und Kommunen.

Das Paket enthält aber auch den Grundsatz „Qualifizieren statt entlassen“ und den Vorrang von Kurzarbeit vor Entlassung. Ich erwähne dies, weil das hilft, Beschäftigung zu sichern, Arbeitslosigkeit zu verhindern und Know-how zu sichern. Jetzt sind auch die ARGEn gefordert, dieses noch mehr als bisher innovativ und zukunftsorientiert umzusetzen.

Das Konjunkturprogramm stärkt zusätzlich die private Nachfrage mit gezielten Hilfen für Familien und Menschen mit wenig Einkommen. Mit dem Konjunkturpaket helfen wir besonders Familien mit Kindern. Familien erhalten für jedes Kind einmalig einen Kinderbonus von 100 €. Die Regelsätze für Kinder von Arbeitslosengeld-II-Bezieherinnen und -Beziehern werden erhöht. Das war überfällig und eine langjährige Forderung der SPDLandtagsfraktion.

(Vereinzelter Beifall bei SPD und SSW)

Natürlich hätten wir uns noch mehr für die Kinder vorstellen können, aber in Koalitionen muss man nun einmal Kompromisse machen, und so wurden zumindest weitergehende Steuergeschenke für Gutverdiener verhindert.

Wir werden sehen, wohin uns das Urteil des Bundessozialgerichtes noch führen wird. Die weiteren Beschlüsse zum Mindestlohn - auch das füge ich hinzu -, der künftig für sechs weitere Branchen gelten soll, werden hier ebenfalls positiv wirken. Das ist - wie man bei der Zeitarbeit sieht - immer ein mühsamer Kampf für ökonomische Vernunft und soziale Gerechtigkeit, den wir Sozialdemokraten gemeinsam mit den Gewerkschaften führen.

(Beifall bei der SPD)

Die Entscheidung, den Eingangsteuersatz zu senken, ist im Prinzip richtig, es stellt sich aber die Frage, ob die damit verbundenen stärkeren Entlastungen gerade der höheren Einkommen nicht hätten abgeschöpft werden müssen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und SSW)

Ich möchte mich an dieser Stelle, lieber Kollege Hentschel, ausdrücklich bei den Grünen dafür bedanken, dass sie in Bremen mit der SPD und in Hamburg mit der Union durch ihre Entscheidung, das Konjunkturpaket im Bundesrat zu stützen, den Steuersenkungsplänen für Besserverdienende aus der Partei der Besserverdienenden die Grundlage entzogen haben. Herzlichen Dank, Herr Kollege.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zurufe von der FDP)

Ich sage es hier ganz deutlich: Weitergehende milliardenschwere Steuerentlastungen à la FDP oder CSU gingen zulasten von Bildung und Kinderbetreuung, also der Handlungsfähigkeit öffentlicher Haushalte in Ländern und Kommunen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zurufe von der FDP)

Außerdem sind sie verteilungspolitisch falsch, weil sie eben doch von unten nach oben hin zu denen verteilen, die nicht den Konsum ankurbeln, sondern eine besonders hohe Sparquote haben. Eine solche Umverteilung zu denen, die ohnehin profitieren, lehnen wir Sozialdemokraten - erst recht in schwierigen Zeiten - ab.

(Beifall bei der SPD)

Wenn schon eine Steuerreform, dann eine nach dem Motto, wie wir es hier vor fünf Jahren vorgeschlagen haben, nämlich mit einer anderen Besteuerung das Gemeinwesen zu stärken, wo es nämlich darum geht, diejenigen zu belohnen, die Arbeitsplätze sichern, die die Umwelt nicht verpesten und etwas für Kinder tun. Das sind richtige Steuerreformen nach dem Motto, die, die mehr haben, müssen auch mehr zahlen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist auch richtig, den Beitragssatz für die Krankenkassen zu senken, auch wenn ich mir gewünscht hätte, dass wir die Rückkehr zur Parität hätten erreichen können. Das ist leider nicht gelungen.

Ich hoffe, dass die Impulse für die private Nachfrage jetzt schnell wirken und bereits konjunkturelle Impulse geben können, die naturgemäß natürlich langsamer anlaufen.

Das kommunale Investitionsprogramm, das auch die Gewerkschaften unterstützen, ist wichtig. Es ist übrigens das genaue Gegenteil von dem, was die virtuelle Wunschkoalition bis vor Kurzem noch an marktradikalen Patentrezepten vorgeschlagen hat. Schloss Gottorf ist übrigens ein wundervolles Mu

(Dr. Ralf Stegner)

seum mit alten Gemälden, übrigens auch mit innovativen Ideen, wenn ich an den scheidenden Direktor Professor Guratzsch denke, manchmal aber auch mit alten Kamellen, wenn man sich zur Diskussion zukünftiger Regierungsprogramme ausgerechnet so langjährig ausgewiesene Oppositionsspezialisten einlädt.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bin aber sicher, dass die Wählerinnen und Wähler bei der Bundestagswahl das „Was wäre, wenn“ mit ins Kalkül ziehen werden. Ich will das hier deutlich sagen: Wer mit seinen Forderungen und Inhalten bisher das unterstützt hat, was die Krise ausgelöst hat - zum Glück gibt es ja ein gutes Archiv -, ist wohl kaum dafür prädestiniert, die richtigen Antworten dafür zu haben, die entstandenen Probleme zu lösen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist leider wie bei der Kriminalitätsbekämpfung: Die Gefahr der politischen Rückfälligkeit ist trotz aller anders lautender verbaler Begründungen sehr groß.

(Beifall bei der SPD)

Es geht um die Stabilisierung der Konjunktur und um die Rettung von Arbeitsplätzen, damit hier kein Geld verpufft, sondern die richtigen Zukunftsinvestitionen auf den Weg gebracht werden. Masse allein genügt nicht. Zielgerichtet müssen die Investitionen sein.

Es sind gerade die schleswig-holsteinische SPD und die SPD-Fraktion in diesem Haus, die programmatisch seit Jahren auf die Sicherung der Handlungsfähigkeit des Staates und auf die Möglichkeit für höhere öffentliche Investitionen für die Daseinsvorsorge drängt. Ein hoher Anteil der Mittel, nämlich 70 %, wird den Kommunen zugute kommen, für die Investitionen in Schulen und Kindergärten und die Modernisierung kommunaler Infrastruktur. Das ist gut so; denn die Kommunen sind der größte öffentliche Investor. Sie sind unmittelbar an den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger dran. Sie wissen auch, was nötig ist für ihre Infrastruktur und ihre Handwerksbetriebe vor Ort. Wir müssen dafür sorgen, dass die praktischen Fragen, was Zusätzlichkeit, was Haushaltsveranschlagung, was Projektabwicklung angeht, schnell und mit wenig Bürokratie gelöst werden.

Die SPD setzt sich für starke Kommunen ein, die sorgfältig die richtigen Prioritäten setzen und sich

selbst überlegen, welchen Beitrag sie zur Stärkung der Konjunktur leisten können und dann gemeinsam mit der Landesregierung das umsetzen, was am besten ist. Gerade finanzschwache Kommunen sollen - das wird das Bundesprogramm vorsehen von dem Programm profitieren. Eine Null-ProzentBeteiligung halte ich aber nicht für sinnvoll. Da gibt es auch zusätzliche Möglichkeiten wie Zinsund Tilgungsaussetzungen bei der KfW.

Was die Gesetzesvorschläge angeht, die die Landesregierung im Februar dem Landtag zuleiten wird, empfehle ich beispielgebend die Beschlüsse aus Rheinland-Pfalz, wo eine vorzügliche und kommunalfreundliche Regelung gefunden worden ist.

Die SPD wird sich auf allen Ebenen einbringen und konstruktiv und mit Weitsicht das kommunale Investitionsprogramm in Schleswig-Holstein umsetzen helfen. Wir wollen eine zügige Abwicklung, die so unbürokratisch wie möglich ist, die aber auch darauf achtet, dass Mindestanforderungen erfüllt sind. Ich will mal an das Stichwort Tariftreue erinnern, für die der Kollege Schröder und andere hier so lange geworben haben. Das ist auch ein wichtiger Punkt, wichtiger denn je in diesen Zeiten übrigens. Bei der befristeten Einführung gelockerter Vergabebedingungen ist es wichtig Transparenz, Partizipationsmöglichkeiten und Gerechtigkeit nicht aus den Augen zu verlieren.

(Beifall bei SPD und SSW)

Angesichts der anstehenden Europawahl möchte ich übrigens hervorheben, wie flexibel die viel gescholtene EU hier reagiert hat und auch weiter reagieren will. Das ist doch auch mal etwas, was man loben darf, finde ich.

(Beifall bei SPD und SSW)

Zumindest jetzt hat sie erkannt, dass es sich eben nicht um das Problem einzelner Banken mit dummen Managern handelt, sondern um eine Krise des gesamten Systems des finanzmarktgetriebenen Kapitalismus. Ich hoffe, dass auch hier die Einsicht greift, dass eine weitergehende Deregulierung der Finanzmärkte nicht sinnvoll ist.

(Beifall bei der SPD)

Im Gegenteil, wir brauchen einen TÜV für Finanzmarktprodukte, wir brauchen mehr Kontrolle, und wir brauchen auch die staatliche Mitsprache, wo Steuermittel eingesetzt werden. Was wir übrigens nicht brauchen, ist die Verstaatlichung von Betrieben. Das ist nicht „Rüttgers Club“, sondern eher „Rotkäppchen“. Wenn ich die Banken stütze, dann erwarte ich aber auch, dass diese wieder Kre

(Dr. Ralf Stegner)

dite vergeben und der Staat nicht auch das noch erledigen muss mit den Betrieben.

(Beifall bei SPD und SSW)

Das Beispiel der Schaeffler-Group nach dem Motto „Milliardärin will Staatsknete“ spricht Bände darüber, welche absurden Blüten diese Diskussion hier treibt.

(Beifall bei der SPD)

Wenn es uns gelingt, die Investitionen in eine sinnvolle, in eine nachhaltige Richtung zu lenken und den Abschwung abzumildern, dann ist das investierte Geld nicht verloren. Dennoch müssen wir uns um die Finanzierung Gedanken machen.

Ich finde es im Übrigen richtig, dass das Paket nicht über den Haushalt, sondern durch einen Sonderfonds abgewickelt wird, der durch einen Teil des Bundesbankgewinns und später zusätzlich durch Steuermittel getilgt werden soll. Das folgt dem Vorbild des Fonds Deutsche Einheit, in dem die Altschulden der DDR über zwei Jahrzehnte hinweg abgebaut worden sind.

Wir haben in Schleswig-Holstein einen ähnlichen Vorschlag für die Schulden der Länder gemacht, weil auch hier gilt, dass wir in einem extra Fonds klarere Rückführungsregeln finden können als in allgemeinen Haushalten. Darüber müssen wir in der Föderalismuskommission auch noch einmal reden.

Ich hoffe auch, dass wir bei der Finanzierung daran denken, was diese Krise verschärft hat. Wir dürfen nicht die belasten, die an der Krise nun wirklich nicht schuld sind und in den letzten Jahren immer weniger in den Taschen hatten und die alles, was sie hatten, auch ausgeben mussten, sondern wir müssen die belasten, die ohnehin nicht wussten, wohin mit ihrem Geld und die in immer risikoreichere Anlagen investiert haben.