Da wir den Banken geholfen haben, so ist es nun unsere Erwartung an die Banken, dass sie die Hilfen, die sie bekommen haben, nicht nur zur eigenen Sanierung benutzen, sondern dass sie jetzt auch wieder ihre Aufgabe wahrnehmen und dem Mittelstand die notwendigen Kredite geben. Es gibt auch eine Verantwortung der Kreditwirtschaft, das System jetzt wieder zum Laufen zu bringen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das zweite Konjunkturpaket des Bundes wird ein weiterer wichtiger Schritt sein, um die Folgen der Finanzkrise für unsere Wirtschaft und für unseren Arbeitsmarkt abzumildern. Diesbezüglich besteht in Deutschland ein breiter Konsens. Es setzt an den wichtigen Schlüsselstellen unserer Wirtschaft an, indem es eine Investitionsoffensive von Bund, Ländern und Kommunen im Bildungsbereich und bei der Modernisierung der Infrastruktur sowie spürbare Entlastungen bei Steuern und Abgaben vorsieht. Ein Großteil dieser Investitionen kommt der Bildung sowie der Forschung zugute.
In dieser Situation sollten wir jedoch aufpassen, dass wir nicht den Eindruck erwecken, als ob wir diese Krise völlig verhindern könnten und als ob wir Konjunkturzyklen völlig glätten könnten. Die Methode Keynes hat niemals hundertprozentig funktioniert. Verheben wir uns also nicht, weder verbal noch finanziell. Erwecken wir nicht den Eindruck gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, wenn die Politik einschritte und Geld in die Hand nähme, so passierte überhaupt nichts. Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir können nur die schlimmsten konjunkturellen Dellen glätten, und wir können nur versuchen, die schlimmsten Auswirkungen zu beheben. Eine Konjunkturkrise, wie wir sie jetzt haben, wird die Politik nicht vollständig verhindern können. Deswegen warne ich davor, zu hohe Erwartungen zu wecken.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich halte nichts davon, dass sich der Staat an Unternehmen der Realwirtschaft beteiligt. Das sage ich ganz klar zu einigen Debatten, die auch in meiner Partei hierüber geführt werden. Der Staat ist nicht der bessere Unternehmer. Es ist falsch, wenn wir Beamte
in Aufsichtsräte und Vorstände entsenden und meinen, sie würden eine bessere Geschäftspolitik machen.
Bemerkenswert ist natürlich, dass gerade in dieser Situation viele in der Wirtschaft den Staat geradezu anflehen, dies zu tun. Aber ich warne ausdrücklich davor, diesen Weg weiterzugehen.
Darüber hinaus ist zu sagen: Wir haben dem Bankensystem geholfen, aber der Staat ist nicht dazu da, einzelnen Unternehmen zu helfen. Ich nenne nur das aktuelle Beispiel von Schaeffler und Continental. Wenn sich dort jemand verhoben hat, dann ist es nicht Aufgabe des Staates einzugreifen. Das muss sich im Markt selber regulieren, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Das würde insbesondere bei vielen Handwerkern und Kleingewerbetreibenden, die sich in einer schwierigen sozialen und wirtschaftlichen Situation befinden, den katastrophalen Eindruck hinterlassen, dass man den Großen hilft, dass man die Kleinen aber allein lässt. Dadurch würde das Vertrauen in einen gerechten Staat erschüttert werden. Deswegen dürfen wir so nicht vorgehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch Schleswig-Holstein wird von dem Stabilitätsprogramm profitieren, und zwar voraussichtlich in einem Umfang von 322 Millionen €. Verbunden mit der zu erbringenden Kofinanzierung werden somit etwa 430 Millionen € unmittelbar in die Belebung der schleswig-holsteinischen Konjunktur fließen, in wichtige Bereiche, in den Bildungssektor, in die Krankenhäuser, aber auch in die Verkehrsinfrastruktur.
Ich schließe mich ausdrücklich dem Finanzminister an, der gesagt hat, in dieser Situation müssten wir alles tun, damit das Geld schnell und unmittelbar bei unserer kleingewerblichen Wirtschaft, beim Handwerk landet.
Deswegen müssen wir alle Verordnungen daraufhin überprüfen, ob sie einfach und gerecht sind. Wir müssen die Vergabeordnung vereinfachen, und wir sollten das Geld möglichst schnell den Kommunen direkt in die Hand geben. Kommunalpoli
tiker wissen, wie sie das Geld am effektivsten einsetzen. Wir auf Landesebene sind nicht die Besserwisser, wir sollten Kommunalpolitikern vertrauen, wir sollten das Geld den Kommunen zur Verfügung stellen und darauf vertrauen, dass diese das Geld für Schulen, für Infrastruktur, für soziale Einrichtungen richtig einsetzen. Hier kann Kommunalpolitik, die häufig in Sonntagsreden beschworen wird, einmal von der Landespolitik praktisch gelebt werden.
Ich möchte abschließend sagen, dass ich hoffe, dass wir schnell zu Ergebnissen kommen, dass wir zu einer schnellen und unkomplizierten Umsetzung dieses Pakets kommen und dass wir dabei trotz mancher aufgeregter Debatten wie der heute Morgen, die den Auftakt der parlamentarischen Beratung geprägt haben, zu einem Miteinander kommen. Denn das, was Rainer Wiegard vorhin gesagt hat, ist völlig richtig: Es gibt erste Anzeichen einer Aufhellung. Das Weihnachtsgeschäft hat alle, insbesondere den Einzelhandel, überrascht. Man reibt sich die Augen. Der Geschäftsklimaindex des ifo-Instituts München ist mit einem Mal wieder positiv. In Deutschland ist es häufig so, dass man entweder himmelhoch jauchzend oder zu Tode betrübt ist. Es gibt keinen Anlass zum Defätismus oder zur Schwarzmalerei. Übernehmen wir ein großes Wort eines Politikers, von dem vorhin schon in diesem Rund gesprochen worden ist: Ja, wir können es!
Ich danke Herrn Abgeordneten Dr. Wadephul. Das Wort für die SPD-Fraktion hat deren Vorsitzender, Herr Abgeordneter Dr. Ralf Stegner.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Deutschland befindet sich vor der schwierigsten wirtschaftlichen Phase seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. International bedarf es einer konzertierten Aktion gegen den wirtschaftlichen Abschwung und für Maßnahmen, die verhindern, dass die Hauptursachen dieser Krise gleich zur nächsten führen. Deshalb muss man sich übrigens auch mit den Ursachen bei der Frage beschäftigen, was zu tun ist.
Wir haben eine einzigartige Situation durch die weltweite Rezession, eine tiefgreifende Finanzmarktkrise und eine Strukturkrise, zum Beispiel in der Automobilindustrie. Deutschland ist überdurchschnittlich betroffen, weil hierzulande 40 % des Bruttosozialprodukts vom Im- und Export abhängen - weit mehr als in Japan oder den USA. Das hat Folgen für Schleswig-Holstein, auch wenn es hier wegen unserer mittelständischen Struktur langsamer abwärts, allerdings dann auch langsamer aufwärts geht.
Für eine solche Krise gibt es keine Blaupausen und auch nicht viele kluge, das heißt praxistaugliche Ratschläge für die Politik aus Wissenschaft und Wirtschaft. Mancher von den Wirtschaftsforschern ist bei seinen Vorhersagen deutlich schlechter als die Wetterfrösche.
Gleichzeitig haben wir die große Chance für eine Neuorientierung der Politik in Bund, Ländern und Kommunen. Es geht um eine neue Balance zwischen Markt und Staat. Was wir brauchen, ist eine gemeinsame Kraftanstrengung statt Bürokratie und Zuständigkeitsstreit, den die Menschen leid sind. Und ja, wir brauchen auch zusätzliche Verschuldung, um den Pakt für Stabilität und Beschäftigung umzusetzen, den Frank-Walter Steinmeier vorgeschlagen und die Berliner Regierungskoalition beschlossen hat.
Die Dimension der Krise führt immerhin auch zu der Erkenntnis, dass der Staat sich einmischen muss - zumindest verbal selbst bei denen, die bisher den Staat klein geredet und klein gemacht haben. Die Zeit der marktradikalen Politik mit dem Ruf nach immer weniger Staat und ungezügeltem Markt hat ausgedient.
Die Finanzkrise und die sich jetzt spürbar entwickelnde Konjunkturkrise zeigen deutlich, dass der Markt allein es nicht richten kann und darf. Es geht hier nicht um Staatsverherrlichung, aber staatliche Verantwortung ist heute mehr denn je vonnöten, demokratische Politik muss das ausgleichen, was der Markt angerichtet hat. Die immer weiter vorangetriebene Liberalisierung der Finanzmärkte, die mangelnde Binnennachfrage und die extremen internationalen Handelsungleichgewichte haben eine labile Situation geschaffen, die nun zusammengebrochen ist und kaum mehr Puffer bietet. Unter der leiden am meisten die Ärmsten in der Welt. Gerade die Entwicklungsländer sind am schlechtesten dran und haben deutlich mehr zu leiden als wir.
Wir haben in Deutschland immerhin noch einige antizyklisch wirkende automatische Stabilisatoren, zum Beispiel eine gesetzliche Rentenversicherung, die Dank sozialdemokratischer Beharrlichkeit immer noch mit dem Umlageverfahren funktioniert, die gesetzlichen Krankenversicherungen und die Sparkassen. Andere, die dies nicht haben, wie zum Beispiel England, kämpfen einen ungleich schwierigeren Kampf.
Ich hoffe, dass das unselige Kapitaldeckungsverfahren für die sozialen Sicherungssysteme nun endgültig vom Tisch ist,
denn aus der Finanzkrise hätte eine Staats- und Demokratiekrise werden können, wenn Millionen von Rentnern um ihre Alterssicherung fürchten müssten, wenn wir den marktradikalen Vorschlägen in Sachen sozialer Sicherung gefolgt wären.
Wir müssen verhindern, dass der jetzige Abwärtstrend in eine Depression mündet. Uns drohen wachsende Arbeitslosigkeit und sinkende Steuereinnahmen, die zu sinkender Nachfrage führen würden. Wenn wir hier nicht antizyklisch gegensteuern, droht eine Abwärtsspirale mit verheerenden sozialen Folgen. Am Ende rechnet es sich immer am besten, wenn die Menschen arbeiten, Löhne haben, von denen sie Steuern und Beiträge zahlen können und keine Sozialtransfers brauchen. Das ist übrigens unser Verständnis von sozialer Marktwirtschaft. Das will ich hier einmal ganz deutlich sagen.
In der jetzigen Zeit den Gürtel noch enger zu schnallen, die Sparanstrengungen zu verstärken, hieße die Krise zu verschärfen. Das trifft übrigens immer am stärksten die mit den kleinen Einkommen, die Familien und die Schwächsten, während andere in solchen Krisen sogar noch Kasse machen.
Das Konjunkturpaket wird Impulse für ein dauerhaftes und qualitatives Wachstum und mehr Beschäftigung setzen. Es bietet eine gute und sozial ausgewogene Grundlage, um Arbeitsplätze zu sichern, die Wirtschaft und Binnennachfrage zu stärken, die öffentliche Infrastruktur nachhaltig zu modernisieren und die ökologische und energiepolitische Wende zu fördern, damit auch neue Zukunftsmärkte für Deutschland erschlossen werden.
Lassen Sie mich das an zwei Beispielen deutlich machen! Erstens. Wenn ich ein Gebäudesanierungsprogramm mache - wie das hier vorgeschlagen wird -, dann tue ich etwas für das Handwerk vor Ort, dann sorge ich dafür, dass die Mieter Einsparungen bei der Miete haben, die sie belastet, dann tue ich etwas für Klima und Umwelt. Das ist gut. Das ist mit das Beste, was in dem Programm drin ist.
Zweitens. Wenn wir die Stromnetze in öffentliches Eigentum überführen oder etwas dafür tun, das die Lebensadern unserer Wirtschaft nicht mehr von Atomkonzernen abhängig sind, die den Kurs vorgeben, dann ist auch das vernünftig.
Insofern, lieber Herr Kollege Hentschel: Clemens heißt ja der Gütige, ich finde, wir sollten den Mantel des Schweigens über Leute von gestern breiten, die über vorgestrige Themen reden.
Keynes hat einmal gesagt, dass man auch Flaschen mit Geldscheinen ein- und wieder ausbuddeln lassen könnte, um die Wirtschaft durch öffentliche Investitionen zu stärken. Man könnte allerdings auch sinnvoller investieren. Alles andere wäre nämlich herausgeschmissenes Geld. Das ist unsere Verantwortung. Wir brauchen keine Strohfeuer, die in einem Konjunkturzyklus verpuffen, nein, wir wollen Werte für die Zukunft schaffen. Die Weichen wurden dafür in Berlin gestellt, nun ist es an uns und den Kommunen, sinnvolle Prioritäten zu setzen. Dazu müssen alle Ebenen gemeinsam an einem Strang ziehen, und wir müssen so schnell wie möglich anfangen.
Mit dem zweiten Konjunkturpaket wird auch dank der Sozialdemokratie ein deutlicher Schwerpunkt im Bereich der öffentlichen und besonders kommunalen Investitionen gesetzt, die einen ungleich größeren Wachstumseffekt haben als zum Beispiel Steuersenkungen. Dass die Abschaffung von Beiträgen für Kindertagesstätten zudem einen viel größeren Entlastungseffekt für ganz normale Familien hätte, ist hier bekannt. Die SPDFraktion wird das in dem vereinbarten Stufenplan sicherstellen.
Unsere Schwerpunkte werden aufgegriffen: Bildung, kommunale Investitionen und energetische Sanierung - das sind die Bereiche, wo wir enormen Bedarf haben und allein aus finanziellen Gründen bisher nicht mehr gemacht haben, auch wenn wir in