Wir sollten für das Ende der Krise nicht weitere Steuersenkungen versprechen, sondern diejenigen heranziehen, die mehr tragen können, zum Beispiel durch eine gerechtere Besteuerung höherer Einkommen und Vermögen, durch eine erweiterte Gewerbesteuer und auch durch das Schließen des Schlupfloches Steueroasen.
Anderenfalls werden wir keinen handlungsfähigen Staat schaffen, und wie gefährlich das ist, können wir, können alle Bürger seit Monaten verfolgen.
Deswegen geht die angedachte Schuldenregel ohne eine Idee, wie alle Länder in die Lage versetzt werden, dass sie diese auch erfüllen können, nicht. Ich bin sehr skeptisch, was den derzeitigen Stand in der Föderalismuskommission angeht. Ich sage Ihnen: Ohne eine faire Altschuldenregelung wird Schleswig-Holstein nicht zustimmen können. Ich bin auch nicht sicher, ob es so glaubwürdig ist, wenn wir momentan Milliarden Schulden aufnehmen, den Bürgern dann aber sagen, wir machen jetzt eine ganz strikte Schuldenregelung, die von Gerichten überwacht wird und die in etwa fünf bis zehn Jahren anfangen kann. Das ist nicht besonders glaubwürdig; das ist schwierig. Das ist auch eine Kapitulation von Parlamenten und die Delegation von Politik an die Judikative.
Verstehen Sie mich nicht falsch: Wir können nicht nach dem Motto verfahren: „Es kommt nicht mehr drauf an“. Wir müssen auch über Refinanzierung reden, aber das muss primär die betreffen, die den Schlamassel angerichtet haben.
Unsere Wirtschaftsordnung ist, wie sie ist. Gier ist bedauerlich, sie ist aber offenbar Teil des Systems. Es geht darum, dass wir Regeln und Gesetze schaffen, die dieser Gier erfolgreich Grenzen setzen. Das betrifft die Reits- und die Hedge-Fonds.
- Weil ich den Zwischenruf gehört habe, will ich mal sagen, weil das so töricht ist: Wir wollten die Reits- und die Hedge-Fonds eigentlich gar nicht in Schleswig-Holstein; die SPD war sowieso dagegen.
Das, was Sie im Bundesrat gefordert haben, war, sie vollständig freizugeben. Es ist nicht zu glauben, dass Sie sich hier anmaßen, solche Vorwürfe zu erheben.
Diejenigen, die gesagt haben, Kontrolle von Finanzmärkten sei DDR ohne Zäune - O-Ton Westerwelle im letzten Jahr im Deutschen Bundestag -, sind nun die Allerletzten, die Ratschläge geben dürfen, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Allerletzten!
Steueroasen, Leerverkäufe und vieles mehr, ich sage Ihnen: In Spanien, wo die Regulierung wesentlich dichter war - übrigens mit einer sozialistischen Regierung -, stehen trotz des Zusammenbruchs des Immobiliensektors die Banken recht solide da. Schauen Sie sich mal an, was die gerade an Bilanzen vorlegen!
Die SPD will deshalb schnell über langfristige Konsequenzen aus der Finanzkrise entscheiden. Soziale Marktwirtschaft ist nicht damit vereinbar, Arbeitsplätze zu streichen, Familien ins Unglück zu stürzen, damit der Börsenkurs steigt. Diese Logik muss verändert werden, und zwar grundsätzlich.
Ich sage das auch deshalb, weil es schon wieder viele Stimmen gibt, die sagen: Die Gewitterwolke ist vorbei, der Staat hat jetzt eingegriffen - heraushalten soll er sich auch, beteiligen an Banken ja, aber ja nicht mitreden. Übrigens, nicht einmal die Behauptung, die öffentlichen Banken seien diejenigen, die die Krise ausgelöst hätten, ist bei allen Problemen richtig. Schauen Sie sich mal an, was die Deutsche Bank zu verkünden hat, die tolle Lokomotive Nummer eins, oder andere in diesem Bereich! Nein, ich glaube, die ganze Logik muss sich ändern.
„Konjunkturprogramm“ war lange Zeit ein Unwort der deutschen Politik. Ich bin froh, dass sich das geändert hat und die Erkenntnis, dass der Markt nicht allein alles richten kann und darf, endlich um sich greift. Ich hoffe, dass die Erkenntnis länger anhält als die jetzige Krise. Gefordert ist jetzt Entschlossenheit im Handeln, damit die Bürger nicht im wahrsten Sinne des Wortes bürgen müssen mit ihren Steuergeldern für Managementversagen und für eine Haltung, die vergessen hat, dass die Wirtschaft für die Menschen da ist und nicht umgekehrt.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Dr. Stegner. Das Wort für die FDP-Fraktion hat nun der Herr Abgeordnete Dr. Heiner Garg.
- Sie haben zehn Minuten plus sieben Minuten, also 17 Minuten. Ich werde also erst nach 17 Minuten ermahnen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Am Anfang meiner Rede soll der Dank stehen, Dank, den man üblicherweise nach einem solchen Bericht kundtut. Ich möchte mich als Erstes sehr herzlich bei den Grünen bedanken. Sie haben sehr anschaulich unter Beweis gestellt, dass das, was Sie Politik nennen, was Sie jetzt aufführen, mit „Kasperletheater“ noch freundlich umschrieben ist. Im Bundesrat werden Sie für das Konjunkturpaket stimmen, obwohl Sie es für falsch halten, obwohl Sie die meisten Bestandteile ablehnen, obwohl Sie die Abwrackprämie ökologisch sehr kritisch sehen. Im Bundestag werden Sie dagegen stimmen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, für diese ausgesprochen konsequente Politik danke ich Ihnen vom ganzen Herzen und fordere Sie auf: Weiter so!
Ich möchte aber auch sehr herzlich dem künftigen Oppositionsführer Ralf Stegner danken, der sich heute mit seiner Parteitagsrede offensichtlich schon einmal warmgelaufen hat. Ich kann den Sozialdemokraten in Schleswig-Holstein nur Mut machen, ihn mit einem möglichst einstimmigen Ergebnis zu wählen, denn ich glaube, eine bessere Wahlkampfhilfe kann es für eine künftige bürgerliche Regierung nicht geben. Herr Stegner, auch an Sie mein herzlicher Dank für diesen Beitrag!
- Nein, Frau Birk! Sie können gern rausgehen, da Sie davon eh nichts verstehen, und einen Kaffee trinken.
Das Jahr 2009 wird eine extreme Herausforderung für Wirtschaft und Gesellschaft. Wir befinden uns nicht vor, sondern in der tiefsten und breitesten Rezession, die wir bewältigen müssen. Es ist keine Konjunkturkrise, sondern eine Weltwirtschaftskrise. Es wäre also gerade jetzt an der Zeit, grundle
gende strukturelle Änderungen zum Beispiel im Bereich der Wirtschaftspolitik, in der Steuerpolitik oder in der Bildungspolitik herbeizuführen.
Weil das Konjunkturpaket des Bundes in vielen Reden als alternativlos vorgestellt wird, will ich Ihnen ganz deutlich sagen: Ich halte dieses Konjunkturpaket des Bundes in vielen Teilen nicht für alternativlos, sondern schlicht für verantwortungslos.
Ich will das ganz deutlich auch an Ihre Adresse, Frau Birk, sagen. Ich halte eine Abwrackprämie von 2.500 € für verantwortungslos. Ich halte einen Kinderbonus mit 100 €, der im Übrigen in völligem Missverhältnis zu 2.500 € Abwrackprämie steht, für verantwortungslos.
Ich halte es für den Gipfel der Verantwortungslosigkeit, ein Konstrukt wie der Gesundheitsfonds, das Sie mitgeschaffen haben, der den Krankenkassenbeitrag der gesetzlichen Krankenversicherung in schwindelerregende, noch nie gekannte Höhen getrieben hat, jetzt mit Steuermitteln ein wenig zu senken und das als Konjunkturprogramm zu verkaufen. Das ist dumm, und das ist verantwortungslos.
Herr Dr. Garg, ich bitte Sie, sich zu mäßigen und nicht zu entscheiden, wer hier draußen und hier drinnen ist.