Frau Schlosser-Keichel, zunächst müssen wir feststellen, dass Kinder nicht dem Jugendstrafrecht unterfallen. Ich denke, insoweit sind wir uns noch einig.
Es ist eine Entschließung zum Jugendstrafrecht, und Sie schreiben jetzt im zweiten Satz der Ziffer 3, das bestehende differenzierte Angebot für die intensive und umfassende Betreuung dieser Kinder und Jugendlichen sei voll auszuschöpfen und weiterzuentwickeln. Wie das weiterentwickelt werden soll, sagt SPD-Innenminister Lothar Hay. Auf einer gemeinsamen Konferenz mit seinen Kolleginnen und Kollegen aus Bremen und Hamburg wurde erklärt - Sie kennen diese Erklärung wahrscheinlich; wenn nicht, kann ich sie Ihnen gern überreichen; sie stammt vom Februar 2008 -, die drei Innenexperten hätten dafür plädiert, jugendliche Intensivtäter bei Bedarf auch in einer geschlossenen Unterbringung zu betreuen. Es solle eine neue gemeinsame Einrichtung aller Nordländer geschaffen werden, die der in Hamburg entspreche.
- Das stammt aus der „taz“ vom 8. Februar 2008. Mir liegt die Erklärung im Original vor. Dann müssen Sie das den Menschen auch sagen und nicht bei allen Veranstaltungen so tun, als seien Sie die glorreichen Betreuer von Kindern, und hinterrücks wird genau das Gegenteil gemacht.
Ihr Innenminister erklärt, er wolle geschlossene Einrichtungen für Kinder. Sie sagen, Sie wollen das nicht. Der Entschließungstext gibt genau dies her. Wenn Sie das nicht gemeint haben, dürfen Sie so etwas nicht unterschreiben. Ansonsten werden Sie extrem unglaubwürdig.
(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Herr Döring wird das jetzt richtigstellen! - Wolfgang Kubicki [FDP]: Das kann er gern tun! Ich habe die Erklärung hier!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich lasse meinen Redetext einmal beiseite und darf mich zunächst dafür bedanken, dass diese Diskussion sehr engagiert, aber gegenüber dem, was wir Ende letzten Jahres und Anfang dieses Jahres in der öffentlichen Diskussion hatten, außerordentlich sachlich war. Ich denke, das ist wichtig, und das ist auch dem Thema angemessen.
Sie kennen mich. Ich liebe klare Worte, und das auch bei diesem Thema. Zunächst also Folgendes: Der Justizminister ist gegen eine Verschärfung des Jugendstrafrechts.
Ich bin gegen die Herabsetzung der Strafmündigkeit. Ich bin gegen die Erhöhung der Höchststrafe. Ich bin der Auffassung, dass die Instrumente, die wir haben, ausreichend sind.
- Aber, bevor Sie klatschen: Diese Instrumente müssen konsequent angewandt werden; nur dann sind sie ausreichend.
Wir dürfen eines dabei nicht vergessen: Es gibt unterschiedliche Formen der Jugendkriminalität. Auf der einen Seite gibt es geringe Formen von Jugendkriminalität. Ich will das jetzt nicht bagatellisieren; aber in der Lebensphase des Erwachsenwerdens gehört es offenbar auch dazu, dass man einmal Grenzen überschreitet. Das ist jetzt nicht in dem Sinne zu tolerieren, dass man sagt: Es ist in Ordnung. Aber hierauf muss eine andere Reaktion erfolgen als gegenüber dem, was wir unter Gewaltkriminalität verstehen. Hier ist der Erziehungsgedanke der richtige. Hier ist es nicht richtig, junge Menschen wegzusperren, sondern hier ist es richtig, eine andere Form - Täter-Opfer-Ausgleich, Diversion und Ähnliches - anzuwenden, wie es SchleswigHolstein kennt.
Es gibt daneben Intensivtäter, und es gibt Gewaltkriminalität. Davor darf man nicht die Augen verschließen. Herr Lehnert, Sie haben recht, es sind etwa 750 junge Menschen in Schleswig-Holstein, die dazu zählen.
- Wenn Sie eine Zwischenfrage stellen wollen, bitte machen Sie das! - Es gibt 750 Intensivtäter. Das sind junge Menschen, die in 12 Monaten fünf oder mehr Delikte oder zwei oder mehr Gewalttaten - so ist die Definition in Schleswig-Holstein - begangen haben. Bei diesen Intensivtätern kommt es darauf an, dass wir schnell reagieren. Dafür haben wir das vorrangige Jugendverfahren. Ich bin sehr froh, dass das jetzt auch im Landgerichtsbezirk Lübeck eingeführt und durchgeführt wird.
gen Menschen betreut. Es gilt nicht mehr das Tatortprinzip, sondern das Wohnortprinzip. Das heißt, jeder jugendliche Intensivtäter hat jemanden in der Polizei - als Gesicht -, der auch einmal vorbeikommt und fragt: Wie sieht es denn aus? Heute wird Geburtstag gefeiert, haut nicht über die Stränge, wir achten auf euch. Den Intensivtätern muss man deutlich machen, dass die Gesellschaft diese Art der Gewalttaten nicht duldet.
Wir haben festzustellen, dass wir eine Verlagerung haben: Es gibt nicht mehr Jugendkriminalität, aber es gibt mehr Gewalt, Gruppendelikte. Da sind Intensivtäter festzustellen. - Herr Kubicki, Sie möchten eine Zwischenfrage stellen.
Herr Minister, weil ich Sie schätze, nur zur Klarstellung: Habe ich Sie richtig verstanden, dass das Modell vorsieht, binnen sechs Wochen eine Hauptverhandlung durchzuführen, nicht binnen sechs Wochen zur Verurteilung zu kommen?
Sie haben mich trotz meiner juristisch unkorrekten Ausdrucksweise richtig verstanden. Es freut mich sehr, dass Sie mich verstehen, Herr Kubicki.
Es ist richtig ausgeführt worden: Der Erziehungsgedanke ist der, der bei jungen Menschen im Vordergrund stehen muss. Dazu gehört eine ausgewogene und abgestimmte Familien-, Schul-, Sozial- und Medienpolitik, die wir in Schleswig-Holstein auf den Weg bringen. Ich hoffe, dass wir uns gerade mit dem Thema Umgang mit Intensivtätern ressortübergreifend weiterbeschäftigen werden. Ich bin mir sicher, dass wir das machen.
Es ist erforderlich, dass Jugendstrafverfahren - wie gesagt - möglichst schnell durchgeführt werden. Wir haben die entsprechenden Diversionsrichtlinien, das vorrangige Jugendverfahren. Wir sind
Bei all den Bemühungen, bei denen wir uns noch mehr als bisher anstrengen müssen, sollten wir uns nicht der Illusion hingeben, dass wir damit alle Probleme lösen. Es wird immer Gruppen in der Gesellschaft geben, auf die die Gesellschaft reagieren muss. Liebe Frau Heinold, bei aller Schwierigkeit eines Lebensweges gibt es am Ende auch eine Eigenverantwortung.
Auch jemand, der aus schwierigen Verhältnissen kommt, der sicherlich das eine oder andere hat einstecken müssen, kann sich nicht einfach damit entschuldigen, dass er es schwer hatte im Leben. - Das war es vielleicht, und wir hätten mehr helfen müssen. Aber es gibt am Schluss auch eine Eigenverantwortung. Auch das muss man beim Erziehungsgedanken Menschen beibringen - um da nicht missverstanden zu werden. Wir werden weiter entsprechende Angebote im Justizbereich machen, die sich am Erziehungsgedanken orientieren.
Herr Lehnert, der Hinweis auf die Zusammenarbeit mit Hamburg liegt nahe, weil wir gerade im Hamburger Umland so etwas zu beklagen haben und die Menschen da hin und her wechseln. Die Zusammenarbeit ist für mich jetzt etwas einfacher, nachdem die neue schwarz-grüne Koalition das schleswig-holsteinische Jugendstrafrecht zum Vorbild nimmt und gerade entsprechend novelliert, sodass ich auch hier auf eine gute Zusammenarbeit hoffe.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Ich lasse über den Antrag Drucksache 16/1816 (neu) in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung abstimmen. Wer dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen von FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW in der Fassung der Drucksache 16/2356 angenommen.