Protocol of the Session on September 26, 2003

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Joachim Behm [FDP]: Das ge- nau wollen die Gewerkschaften nicht!)

- Das behaupten sie immer. Sprechen Sie einmal mit den Gewerkschaften. Sie wollen auch dieser Misere begegnen.

Bestehende Berufe müssen darauf hin überprüft werden, ob sie vom theoretischen Ballast befreit und mehr praxisorientiert ausgerichtet werden können. Vorhandene Ausbildungsplätze müssen gepflegt, Mehrfachzusagen unmöglich gemacht, Abbrecherquoten gesenkt und Ausbildungsverbünde unterstützt werden.

Der Bericht des Ministers macht deutlich, dass die Ausbildungsplatzsituation in Schleswig-Holstein im Vergleich zum Bundesdurchschnitt wegen der überwiegend mittelständisch geprägten Wirtschaftsstruktur noch gut dasteht. Das Handwerk - das hat er gesagt - stelle durch eine hohe Ausbildungsquote eine positive Ausnahme dar.

Einige Maßnahmen der Landesregierung zur Begegnung einer Ausbildungsplatzmisere haben gegriffen. Das Ziel des Sofortprogramms für mehr Ausbildung

(Helmut Jacobs)

wurde sogar überschritten. Es bleibt zu hoffen, dass sich auch in den nächsten Monaten noch einiges bewegt. Neben allen Anstrengungen müssen alle jungen Menschen davon überzeugt werden, mobiler und flexibler zu sein, um vorhandene Plätze auch zu besetzen.

Ich erwarte aber auch, dass die Betriebe auf die Hauptschulen zugehen und konkret sagen, was sie erwarten. Wenn diese Dinge angepackt werden, dann lässt sich die schlechte Ausbildungsplatzsituation sicherlich bewältigen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile dem Herrn Abgeordneten Geerdts das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Über 4.100 Jugendliche in Schleswig-Holstein haben bis Ende August noch keine Lehrstelle gefunden. Das sind über 1.000 Jugendliche mehr als noch vor einem Jahr.

Diese beiden Zahlen dürfen aber nicht dazu führen, erneut eine Diskussion über die mangelnde Ausbildungsbereitschaft der deutschen Wirtschaft zu führen.

(Beifall bei der CDU)

Auch die Diskussion über eine Ausbildungsplatzabgabe wäre völlig fehl am Platze. Eine solche Abgabe wird von der CDU-Landtagsfraktion weiterhin entschieden abgelehnt.

(Beifall bei der CDU)

Sie würde aus unserer Sicht eher dazu führen, dass sich noch mehr Unternehmen aus der betrieblichen Ausbildung zurückziehen.

Ende August gab es in Schleswig-Holstein 1.300 unbesetzte Ausbildungsplätze. Das sind über 100 freie Lehrstellen mehr als noch vor einem Jahr; auch diese Zahl sollten wir zur Kenntnis nehmen.

Trotzdem ist die Zahl von über 4.100 nicht versorgten Schulabgängern ein Armutszeugnis für diese Gesellschaft. Es ist für junge Menschen eine schlimme Erfahrung, feststellen zu müssen, dass ihnen ein fließender Übergang in das berufliche Leben verwehrt bleibt. Es ist vielleicht auch eine prägende, aber falsche Erfahrung für Jugendliche, wenn sie nach dem Schulbesuch zunächst erleben müssen, auf soziale Sicherungssysteme angewiesen zu sein.

Die Zahl der angebotenen Lehrstellen ist in Schleswig-Holstein im Vergleich zum Vorjahr um 1.800 gesunken. Das ist ein Rückgang von 9,8 %. Den stärksten Einbruch bei den Ausbildungsplatzangeboten erleben wir in den kaufmännischen Berufen, bei den Gesundheitsdienstleistern, im Kraftfahrzeuggewerbe sowie beim Verkaufspersonal.

Der verlässlichste Partner im Bereich der beruflichen Ausbildung ist und bleibt das Handwerk in Schleswig-Holstein.

(Beifall bei der CDU)

Im Namen der CDU-Landtagsfraktion möchte ich mich bei den Meistern und Gesellen für die dort erbrachte Ausbildungsleistung auch in diesem Jahr wieder ausdrücklich bedanken.

(Beifall bei CDU und FDP - Joachim Behm [FDP]: Sehr gut!)

Das Handwerk handelt auch in wirtschaftlich schwierigen Phasen nach dem Leitmotiv: „Sozial ist, was Menschen in Arbeit bringt“.

Das Handwerk gibt jungen Schulabgängern in Schleswig-Holstein Zukunftsperspektiven. Es sorgt für gut ausgebildete Nachwuchskräfte, es stärkt den Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein und es stabilisiert die sozialen Sicherungssysteme.

Das Handwerk ist traditionell der größte ausbildende Wirtschaftsbereich Schleswig-Holsteins. Dort werden die Betriebsstrukturen nicht ausschließlich vom größtmöglichen Profit, sondern von der Verantwortung für Mitarbeiter und Lehrlinge geprägt.

Bundesweit bildet das Handwerk 530.000 Lehrlinge aus. Dabei müssen wir aber auch zur Kenntnis nehmen, dass ein immer größer werdender Teil der Schulabgänger nicht ausbildungsreif ist, und das ist die Kritik an der Schulpolitik im Lande SchleswigHolstein.

(Beifall bei CDU und FDP)

Die Ausbildungskapazitäten brauchen wir auch in den nächsten Jahren. Die CDU-Landtagsfraktion hat aber Zweifel daran, dass die Politik der Bundesregierung ihren Beitrag dazu leisten kann, auch in Zukunft diese große Zahl an Lehrstellen wirklich zu sichern.

Der Verzicht auf den Meisterbrief hätte auch negative Folgen für das künftige Lehrstellenangebot.

(Zuruf von der CDU: Sehr gut!)

Die Ausbildungstradition ist im Handwerk eng mit dem Meisterbrief verbunden, so dass jede Schwächung des Meisterbriefs zwangsläufig zu einer gerin

(Torsten Geerdts)

geren Ausbildungsleistung und Ausbildungsqualität im Handwerk führen würde.

(Beifall bei der CDU)

Würde die Ausbildungsquote im Handwerk lediglich auf das Niveau der übrigen Wirtschaft absinken, so würde bereits dies auf einen Schlag dazu führen, 300.000 Lehrstellen in Deutschland zu verlieren. Das, was Ihre Bundesregierung aktuell plant - Sie führen diese Gespräche als Sozialdemokraten und Grüne mit dem Handwerk sicherlich auch -, würde dazu führen, dass circa 30 % der Lehrstellen im Bereich des Handwerks verloren gingen.

(Beifall bei der CDU - Ulrike Rodust [SPD]: Zum Antrag!)

Die heutige - auf den Antrag komme ich - Debatte macht einen Sinn: Wir können heute die Landesregierung nochmals auffordern - wir haben einen einstimmigen Beschluss hier -, ihren Einfluss geltend zu machen, um sich für den Erhalt des Meisterbriefes und damit für den Erhalt vieler Ausbildungsplätze einzusetzen. Die entscheidenden Sitzungen finden in den kommenden Wochen statt. Wir erwarten von der Landesregierung und insbesondere vom Arbeitsminister, dass sie sich in Berlin dafür einsetzen, dass die Meisterprüfung nicht - wie es die Bundesregierung plant - für 62 der 94 Handwerksberufe abgeschafft wird. Das wäre eine ganz konkrete und eine positive Initiative für den Erhalt von Lehrstellen über das Jahr 2004 hinaus.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Wir freuen uns darüber, dass wir in dieser Frage eine gemeinsame Position und auch einen gemeinsamen Antrag im Schleswig-Holsteinischen Landtag beschlossen haben. Aber wir erwarten jetzt von den Sozialdemokraten und den Grünen hier im Haus, dass sie dieses Thema auch mit ihren Bundestagsabgeordneten diskutieren und dazu beitragen, dass es nicht zu einer solchen Beschlussfassung in Berlin kommt.

(Beifall bei der CDU - Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es wäre gut, wenn die CDU auch einmal mit ih- ren Bundestagsabgeordneten redete! - Zuruf des Abgeordneten Konrad Nabel [SPD])

Unsere Kontakte sind da enger und intensiver als Ihre. Das wissen doch alle.

Herr Benker hat vor wenigen Tagen beim Handwerk erklärt, die Einstufung von Handwerksberufen dürfe nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Gefahrengeneigthalt erfolgen, sondern müsse auch die Ausbildungsleistung berücksichtigen. Damit hat Herr Ben

ker recht. Das muss unsere Position in den nächsten Wochen bei der Diskussion mit den Bundespolitikern sein.

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Dr. Henning Höppner [SPD])

Wir erwarten von Herrn Minister Rohwer, dass er diese Position des Handwerks und unseren gemeinsamen Antrag gerade im Hinblick auf die Lehrstellensituation in Schleswig-Holstein kraftvoll vertritt, damit wir das Ziel wirklich erreichen können - und nicht nur in diesem Jahr -, möglichst viele junge Menschen in Ausbildung, in den ersten Arbeitsmarkt zu bringen. Wenn das geschieht, was in Berlin zurzeit geplant ist, werden wir im nächsten Jahr eine ganz andere Diskussion führen. Von daher brauchen wir noch einmal die gemeinsame Positionierung hier. Wir müssen weg von dieser Diskussion über den Meisterbrief und eine positive Diskussion über die Zukunft der beruflichen Bildung in Deutschland führen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Klug.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Ausbildungsbereich steckt unser Land in einer Scherenkrise: Die Zahl der Jugendlichen, die einen Ausbildungsplatz suchen, steigt; die Zahl der angebotenen, der gemeldeten Ausbildungsplätze ist hingegen gegenüber dem Vorjahr deutlich gesunken. Für die steigende Nachfrage nach Ausbildungsplätzen gibt es demographische Ursachen. Das sinkende Ausbildungsplatzangebot ist dagegen eine Folge der wirtschaftlichen Flaute, für die Rot-Grün in Bund und Land die Verantwortung tragen. Wer wirtschaftliches Wachstum verhindert, wer den größten Pleitenrekord aller Zeiten hier im Land vorzuweisen hat und auch noch den Tiefststand öffentlicher Investitionen - wie Schleswig-Holstein im Haushaltsentwurf leider dokumentiert -, der sollte sich davor hüten, mit dem Finger auf andere zu zeigen.

(Beifall bei der FDP)

Für meine Fraktion erkenne ich ausdrücklich an, dass Herr Rohwer dies erfreulicherweise nicht getan hat. Das, was Herr Jacobs gesagt hat, klang schon ganz anders, da wurde ein ganz anderes Lied gesungen. Herr Rohwer hat zu Recht die herausragenden Beispiele hervorgehoben, einige Wirtschaftsunternehmen im Land konkret genannt, die eben sehr viel mehr im Bereich der Ausbildung in ihrer Verantwor