Sechstens: Funktionalreform. Zum Thema Funktionalreform verweist die Landesregierung auch in diesem Bericht wieder auf einen 10-Jahres-Pakt mit den Kommunen. Das, was bisher durchgeführt wurde, verdient den Namen nicht. Ob es dieses Mal der große Wurf wird? Nach den Gesprächen im Innen- und Rechtsausschuss haben wir daran erhebliche Zweifel.
Nicht alles, liebe Kolleginnen und Kollegen, was modern aussieht, führt zu guten Ergebnissen. Die Themen Verwaltungsstrukturreform, Funktionalreform und Reform des öffentlichen Dienstrechtes werden weiterhin auf der Tagesordnung dieses Hauses sowie des Innen- und Rechtsausschusses bleiben.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich fange mit dem Bericht zur Zukunft des öffentlichen Dienstes an. Die Überschrift des Berichts führt allerdings etwas in die Irre. Denn der öffentliche Dienst hat natürlich eine Zukunft, solange es einen Staat und Aufgaben gibt, die dieser Staat zu erledigen hat.
Daran ändert auch die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips oder die Übertragung von öffentlichen Aufgaben auf Private natürlich nichts. Es werden immer Kernbereiche des staatlichen Handelns bleiben und für ein soziales Gemeinwesen sind die Dienstleistungen des öffentlichen Sektors einfach unverzichtbar.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der öffentliche Dienst muss allerdings zukunftsfähiger werden, zumal er in manchen Bereichen - das wird zu Recht kritisiert - noch nicht einmal zeitgemäß arbeitet. Angesichts der relativen Leere der öffentlichen Kassen muss er effektiver und effizienter arbeiten. Das heißt, er muss mit weniger Personal mehr Aufgaben erledigen, ohne den Anspruch einer bürgernahen Verwaltung zu verlieren. Er muss die Vorurteile „zu teuer, zu ineffizient, zu wenig leistungsorientiert“ beseitigen, aber auch beseitigen können und vor allen Dingen
Der Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen, Fritz Behrens, hat den öffentlichen Dienst in einem Aufsatz kürzlich treffend mit einem Haus verglichen, welches in regelmäßigen Abständen einer Renovierung und Anpassung an zeitgemäße Erfordernisse bedarf. Er beschreibt die Situation nach der Auswertung der Ergebnisse der Regierungskommission zur Zukunft des öffentlichen Dienstes wie folgt:
„Nicht der Abriss des Hauses steht an, sondern dessen umfassende Renovierung. Noch kann sie gesteuert und planvoll durchgeführt werden. Man sollte nicht so lange warten, bis das Haus baufällig ist und die äußeren Handlungszwänge in der Folge so groß sind, dass keine Gestaltungsspielräume mehr bestehen.“
Bei diesen notwendigen Renovierungsarbeiten ist das öffentliche Dienstrecht - und um das geht es hier im Wesentlichen - einzubeziehen, damit das Gebäude keine statischen Probleme bekommt.
Auch die angestrebte Reform des Föderalismus - wir haben im Rahmen der Verwaltungsstrukturreform praktisch über unsere eigene kleine Föderalismusreform innerhalb des Landes gesprochen - sollte als Thema die Struktur des öffentlichen Dienstrechts aufnehmen, sonst bliebe das im Ergebnis nur halber Kram.
Eine Modernisierung des Dienstrechts - nicht nur des Beamtenrechts - ist also aus mehreren Gründen notwendig und folgerichtig. Daraus ergeben sich vor allem die Themenbereiche Bezahlung - um dieses geht es hier ja auch -, Leistungsgerechtigkeit, Aufstieg, Alterssicherung und Krankenversicherung. Zu all diesen Punkten hat die Bull-Kommission Vorschläge erarbeitet. Diese Punkte sind in SchleswigHolstein schon angegangen und teilweise umgesetzt worden; Herr Stegner hat darauf und auf die Initiativen im Bundesrat hingewiesen. Und Bundesgleichschritt ist wirklich notwendig. Das Beispiel der Lehrerbezahlung in unserem Land hat das deutlich gemacht.
Nur in nachgeordneten Bereichen wie beispielsweise bei den Sonderzahlungen, zu denen ich gleich noch etwas sagen werde, kann das ohne Grundgesetzänderung funktionieren; schon bei der Grundbesoldung fängt es leider zu haken an. Für eine Änderung des Grundgesetzes zur Änderung des Beamtenrechtsver
Herr Kayenburg hat in der Haushaltsdebatte vor vier Wochen von der Zukunft, die Vergangenheit sei, gesprochen. Wenn man Ihre Formulierung, Herr Kayenburg, auf das öffentliche Dienstrecht überträgt, wird man feststellen können,
dass das Beamtenrechtsverhältnis in herkömmlicher Form weitgehend Vergangenheit ist und tatsächlich nur noch in Teilbereichen eine Zukunft hat.
Es reicht völlig aus, wenn im Sinne der Rechsprechung des Europäischen Gerichtshofes Funktionen im diplomatischen Dienst, bei der Finanz- und Zollverwaltung, bei innerer und äußerer Sicherheit einschließlich Katastrophenschutz und Feuerwehr, Justiz sowie Leitungsfunktionen in den obersten Bundes- und Landesbehörden von Beamten wahrgenommen werden.
Es wäre gut, wenn Sie diesen grundlegenden Reformbedarf anerkennen würden. In Nordrhein-Westfalen reden nämlich Regierung und Opposition gemeinsam über diese Themen.
Wir haben vor vier Wochen auch über das Thema Bürgerversicherung gesprochen; das ist aus unserer Sicht ein guter Grundgedanke. Denn es darf nicht weiter möglich sein, dass sich bestimmte Personengruppen aus der gesamtgesellschaftlichen Solidarität verabschieden oder sogar - das ist total irrsinnig - verabschieden müssen.
Für die Masse der Beamtinnen und Beamten gibt es tatsächlich keinen Grund, sich weiter außerhalb der allgemein geltenden arbeitsrechtlichen, sozialversicherungsrechtlichen, tarifvertragsrechtlichen und mitbestimmungsrechtlichen Vorschriften zu stellen.
Schleswig-Holstein hat das - wie schon gesagt - seit langem erkannt und viele Initiativen in Richtung Bund gestartet. Auch der Deutsche Städtetag, den Sie sonst gerne zitieren, sieht das so.
Schon seit den 70er-Jahren wird diese Diskussion geführt, und nach der Eiszeit der Kohl-Jahre wird sie hoffentlich bald zu einem guten Ende gebracht. Es müsste doch auch für Sie, Herr Kubicki und Herr Kayenburg, ein reizvolles und verlockendes Angebot
Weitere Änderungen des Landesbeamtengesetzes wie die Neuregelung zur Altersteilzeit - der Minister hat sie angesprochen - sind in der Pipeline. Daher sollten wir diesen Bericht natürlich auch zur abschließenden Beratung in den Innen- und Rechtsausschuss überweisen, um dort das Gesamtpaket öffentlicher Dienst zu beraten. Das passt dann dort auch gut zu den Themen Verwaltungsstrukturreform und Funktionalreform. Denn die Wirksamkeit dieser Vorhaben hängt natürlich auch davon ab, dass sie von motivierten Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, die unter zeitgemäßen Bedingungen arbeiten können und nach einem leistungsgerechten Entgeltsystem entlohnt werden, umgesetzt werden können. Ein Verpuffen dieser Maßnahmen können wir uns nicht leisten.
Erinnern wir uns: In den „Lübecker Nachrichten“ vom 31. Oktober des Jahres 2002 wurde die Ministerpräsidentin in einem Interview über die Öffnungsklauseln beim Besoldungsrecht für Beamte befragt. Sie berichtete aus einer Arbeitsgruppe der Ministerpräsidentenkonferenz, die sich einen Tag zuvor mit einem entsprechenden Gesetzentwurf des Landes Berlin befasst hatte. Heide Simonis äußerte sich dazu wörtlich:
„Die Frage ist doch: Können wir die, die drin sind im System, immer weiter so besolden wie bisher? Zum Preis, dass niemand mehr zusätzlich hineinkommt und die öffentlichen Investitionen abnehmen. Oder wollen wir durch moderate, zeitlich befristete Nichtanpassungen an Besoldungs- und Tarifabschlüsse ein bisschen Freiheit gewinnen?“
Genau diese Fragen - sie sind richtig, weil sie sich jetzt stellen - beantwortet uns heute dieser zur Beratung vorliegende Gesetzentwurf.
Erinnern wir uns weiter: Es folgte vor dem Hintergrund der Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst und der Diätendebatte - das dürfen wir auch nicht vergessen - im eigenen Lande im November 2002 eine Landtagsdebatte, in der SSW, FDP und CDU Öffnungsklauseln im Besoldungsrecht durch entsprechende Anträge ablehnen lassen wollten.
Begleitet wurde die Landtagssitzung von Demonstrationen der Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes; Sie erinnern sich. GdP-Chef Konrad Freiberg sprach von „Arbeitssklaven im öffentlichen Dienst“, und
DGB-Landesbezirkschef Peter Deutschland äußerte gar Folgendes: „Die wollen den öffentlichen Dienst hungern lassen.“ Das war eigentlich unfreiwillig komisch. Die Demonstration gestern vor dem Landeshaus war dagegen fast gemütlich.
Mittlerweile wurde der Vorschlag für eine Nichtübernahme der Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst in Bezug auf das Grundgehalt bei den Beamten fallen gelassen. Da gibt es verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf das Alimentationsprinzip. Wahrscheinlich wäre diese Maßnahme den Beschäftigten leichter vermittelbar gewesen.
Zwischendurch hatten wir hier im Landtag auch noch einen CDU-Antrag zur Abwicklung der Sonderzahlungen und zur Lebensarbeitszeit, der sich zurzeit im Anhörungsverfahren im Innen- und Rechtsausschuss befindet. Er wird sich wohl im Zuge dieses Gesetzgebungsverfahrens erledigen.
Nunmehr liegen nicht nur in Schleswig-Holstein, sondern auch in anderen Bundesländern Sonderzahlungsgesetze oder -gesetzentwürfe vor. Manche Bundesländern satteln dabei auch noch drauf und haben die Arbeitszeit über 40 Stunden hinaus verlängert oder kassieren beim Weihnachtsgeld das schon gezahlte Urlaubsgeld gleich wieder ein. Und es ist höchstens eine „50-€-Frage“, nach der Zusammensetzung dieser Landesregierungen zu fragen.
- Aber Sie werden wissen, Herr Kubicki, dass die SPD nicht allein in allen 16 Bundesländern regiert, auch wenn das natürlich ganz schön wäre. In dieser Sache sitzen alle Parteien, die in den Landtagen vertreten sind, in einem Boot. Da kann man sich nicht herausreden.
Aber anscheinend halten Sie, Herr Kubicki, und Herr Schlie eine Insel des glückseligen Beamtentums für möglich. In Ihrer Pressemitteilung vom 9. September lassen Sie den Schluss zu, dass man am Weihnachts- und Urlaubsgeld nicht zu rütteln bräuchte, wenn man nur ordentlich gewirtschaftet hätte.