Protocol of the Session on July 14, 2000

(Lebhafter Beifall bei CDU und F.D.P.)

Sehr verehrte Frau Kollegin Heinold, was Ihre Einlassungen und Beiträge im Sonderausschuss angingen, kann ich in Teilbereichen nur sagen: Respekt! Wir haben dort gemeinsam manche Dinge festgestellt. Ich muss allerdings Folgendes sagen. Ihre Erklärung zur Disposition des Konnexitätsgrundsatzes bedarf es nach Ihrer jetzigen Erklärung hier im Parlament keiner besonderen intellektuellen Glanzleistung, um sie nachzuvollziehen. Das Infragestellen der Konnexität ist deswegen fatal, weil Sie sich zwar einerseits dazu bekennen, dass bei Aufgabenübertragung - so geschehen in der letzten Legislaturperiode - ein Kostenausgleich durch das Land stattfinden soll, und zwar in Höhe von läppischen 1,9 Millionen DM, dass Sie aber - Frau Kollegin Heinold, vielleicht hören Sie einmal zu!

(Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

ohne jegliche Aufgabenreduzierung jetzt auch bereit sind, den Kommunen bis zu 100 Millionen DM wegzunehmen. Wenn Sie Aufgaben reduzierten, wenn wir gemeinsam in der Lage wären, die Standards - beispielsweise im Kindergartenbereich - zu senken, wenn wir sie freigäben, könnten wir darüber reden, ob wir die Finanzbeziehungen neu ordnen. Aber ohne Aufgabenreduzierung ist das Verfassungsbruch, was Sie hier gesagt haben, und nichts anderes.

(Zuruf der Abgeordneten Ursula Kähler [SPD] - Beifall bei CDU und F.D.P.)

Ich möchte zum Schluss gern Folgendes sagen. Es gibt notwendige Strukturmaßnahmen, über die wir in der Enquetekommission gemeinsam beraten müssen. - Ich komme zum Schluss! - Es geht um Standardöffnung,

um Deregulierung. Es geht um die eventuelle Neuordnung des Zentralörtlichen Systems, um die Kommunalverfassung im Sinne einer Stärkung der Ehrenamtlichkeit. Es geht auch um Aufgabenüberprüfung, Aufgabenübertragung, Aufgabenreduzierung. Es geht auch darum, dass wir den zweistufigen Verwaltungsaufbau einführen - aber nicht im Sinne der dilettantischen Definition, Herr Innenminister, die Sie gemacht haben. Es geht vielmehr darum, dass wir in diesem Lande wirklich Strukturveränderungen herbeiführen. Es geht um eine tatsächliche Funktionalreform und es geht dann darum, dass am Ende eines solchen Prozesses auch darüber geredet werden muss, wie, wenn solche Strukturveränderungen eingetreten sind und mutige politische Entscheidungen getroffen worden sind, die Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen neu zu ordnen sind.

(Glocke des Präsidenten)

- Mein Schlusssatz! - Verderben Sie das politische Klima nicht dadurch, dass Sie jetzt willkürlich in die Kassen der Kommunen eingreifen und das alles kaputtmachen, was wir im nächsten Jahr gemeinsam beraten und beschließen müssen.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei CDU und F.D.P.)

Nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Wadephul das Wort.

(Zurufe von der CDU)

Nach § 58 Abs. 2 der Geschäftsordnung hat Frau Spoorendonk das Wort zu einem Kurzbeitrag.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte noch drei Bemerkungen loswerden. Erstens. Auch wir begrüßen, dass die Steuerreform jetzt durch den Bundesrat beschlossen worden ist. Alles andere wäre kein gutes Signal, denn die Steuerreform ist notwendig für unser Land. Wir hoffen, dass durch die Steuerreform jetzt auch erreicht wird, die Mittelstandskomponente - wie das so schön heißt - zu stärken.

(Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: Das reicht nicht aus!)

Wir werden genau darauf gucken, wie die Steuerreform für die Länder und Kommunen aussieht. Das war von Anfang an unser Kritikpunkt und dazu stehen wir. Wer weitere Steuerentlastungen fordert und gleichzeitig sagt, dass hier im Land alles zulasten der

(Anke Spoorendonk)

Kommunen durchgeführt wird, bringt wohl manche Erklärungsschwierigkeiten mit sich.

(Martin Kayenburg [CDU]: Sie haben kein Verständnis für Ihre Kreise!)

- Kollege Kayenburg, die zweite Bemerkung werden Sie wohl positiv aufnehmen. Ich hatte in meinem Beitrag gesagt, dass der SSW die Beschlussvorlage des Sonderausschusses so nicht unterstützen kann. Das heißt für uns, dass wir den Antrag von CDU und F.D.P. unterstützen werden.

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

In der Gesamtbetrachtung sind wir nicht mit jeder Formulierung zufrieden. Wir werden aber nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen. Wenn wir die Schlussfolgerungen aus der Arbeit des Sonderausschusses ansehen, so teilen wir grundsätzlich das, was im Antrag formuliert wurde.

Letzte Bemerkung: Die Haushaltsberatungen 2001 werden für alle wichtig sein. Der SSW ist für Schwarz-Weiß-Malerei nicht zu haben. Wir erwarten, dass im Rahmen der politischen Beratung jetzt gesagt wird, wo das Land die Hilfe der Kommunen in Anspruch nehmen muss, damit Land und Kommunen zusammen das hinkriegen, was für die Menschen richtig ist. Wir erwarten, dass mit den kommunalen Landesverbänden konkret verhandelt wird und dass dann gesagt wird: Hier benötigen wir als Land die Hilfe der Kommunen. Ich bin der festen Überzeugung, dass dann eine Einigung mit den kommunalen Landesverbänden hinzukriegen ist.

(Beifall beim SSW)

Es geht zum einen um die Beschlussfassung hinsichtlich des Sonderausschusses. Ein anderes Thema sind die Haushaltsberatungen 2001, bei denen wir alle gefragt sein werden. Das wird keine leichte Aufgabe sein.

(Beifall beim SSW)

Nach § 58 Abs. 2 der Geschäftsordnung erhält Herr Abgeordneter Kubicki zu einem weiteren Kurzbeitrag das Wort.

(Zuruf von der SPD: Der muss immer das letzte Wort haben!)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Innenminister, auch wir freuen uns darüber, dass die Steuerreform den Bundesrat passiert hat.

(Beifall bei der F.D.P., vereinzelt bei der SPD und Beifall des Abgeordneten Karl- Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Ehrlichkeit gebietet es, dass dies ohne die Zustimmung der sozialliberalen Regierung aus Rheinland-Pfalz und ohne die Zustimmung der großen Koalitionen aus Bremen, Brandenburg und Berlin nicht möglich gewesen wäre. Deshalb denke ich, dass wir uns im Interesse unseres Landes - was die Außenwirkung für Deutschland angeht - über die vorgenommenen Nachbesserungen freuen können, uns aber wechselseitig vor Hochmut bewahren sollten. An die Adresse der Union gerichtet sage ich: Es wäre sinnvoll, darüber nachzudenken, wie das taktische und strategische Verhalten von Herrn Merz und Frau Merkel im Nachhinein zu bewerten sein wird.

(Lachen bei der SPD)

Das muss man der Ehrlichkeit halber sagen: Den weitesten Weg zu dieser Steuerreform haben die Sozialdemokraten zurückgelegt.

(Zuruf des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU])

- Herr Kollege Kayenburg, es geht nicht um die Frage des Blockierens. Es geht um die Frage der inhaltlichen Positionierung. Den weitesten Weg haben die Sozialdemokraten zurückgelegt, auch das müssen wir einmal anerkennen. Vor drei Jahren wäre das gar nicht denkbar gewesen. Insofern sollten wir uns darüber freuen, dass wir endlich einen Schritt in die richtige Richtung gemacht haben.

(Beifall bei der F.D.P.)

Das vergrößert aber unser Problem im Land, und zwar nicht nur bezüglich unserer aktuellen, sondern auch bezüglich der strukturellen Finanzlage. Es bleibt nämlich die Frage, was künftig noch vom Staat organisiert werden muss und was nicht. Das ist keine Frage des Haushalts 2001 allein, sondern ein Problem fortfolgender Haushalte. Bei der jetzigen Diskussion über die Frage des Eingriffs in die kommunalen Kassen besteht das Problem, dass weder den Kommunen noch dem Haus insgesamt klar ist, wie sich das, was jetzt beschlossen werden soll, in irgendeiner Form in längerfristige strategische Konzeptionierungen einbettet. Es wäre viel einfacher, darüber zu diskutieren, wenn man im Rahmen der Haushaltsberatungen - nach Vorlage des Haushalts und der mittelfristigen Finanzplanung - gesehen hätte, wohin diese Regierung will. Dann hätte man feststellen können, wie man für die Jahre 2002 und „ff“ weiterdiskutiert, und müsste nicht im Vorgriff, unter dem Eindruck, nur schnell eine Lücke über 100 Millionen DM

(Wolfgang Kubicki)

schließen zu müssen, den Kommunen den Eingriff in ihre Kassen zumuten, ohne festzustellen, wie das künftige Verhältnis zwischen Land und Kommunen gestaltet werden soll.

Das ist eigentlich schwer vermittelbar und haben gegenwärtig das Problem. Ich sage nochmals, dass es vielleicht besser gewesen wäre, wenn die Ergebnisse des Sonderausschusses nicht jetzt, sondern im September oder Oktober, nach der Vorlage des Haushalts, präsentiert worden wären. Jetzt ist der Eindruck nicht von der Hand zu weisen, dass es um nichts anderes ging als um eine vermeintliche Legitimierung des Versuchs, 100 Millionen DM aus den kommunalen Kassen zu beschaffen, der misslungen ist. Eine rationale Begründung ist bisher - außer, dass auf Solidarität plädiert wurde - jeder schuldig geblieben. Herr Innenminister, Sie wissen aber, dass Solidarität keine Einbahnstraße ist. Auch die Kommunen haben einen Anspruch auf Solidarität.

Wir haben ihnen mit der Verankerung des Konnexitätsprinzips in der Verfassung gesagt, wir wollen den Kommunen eigentlich keine neuen Aufgaben übertragen und weitere Mittel geben, um anschließend im Rahmen des Finanzausgleichs das Geld gleich wieder wegzunehmen. Kollege Puls, wir haben im Ausschuss darüber diskutiert. Die Befürchtung, dass genau dies passieren könnte, ist dadurch ausgelöst worden. Das schafft kein Vertrauen, sondern es zerstört Vertrauen. Es wäre nach meiner Auffassung besser gewesen, wir hätten uns etwas mehr Zeit genommen. Bedauerlichweise ist das nicht erfolgt. Kollege Astrup, wir werden sehen, wie wir das in den nächsten Wochen und Monaten kitten können. Ich sage noch einmal: Wer mit den Kommunen ordentlich umgehen will, muss längerfristiges Vertrauen schaffen. Das setzt auch eine längerfristige strategische Konzeptionierung voraus, die wir jetzt von den Mehrheitsfraktionen erwarten.

(Beifall bei der F.D.P.)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit schließe ich die Beratung.

(Wortmeldung des Abgeordneten Heinz Mau- rus [CDU])

- Gibt es noch Wortmeldungen zur Geschäftsordnung oder zum Abstimmungsverfahren? - Bitte, Herr Abgeordneter Maurus, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Uns liegen zwei Beschlussempfehlungen vor. Zunächst

einmal die Beschlussempfehlung des Sonderausschusses in Drucksache 15/244. Wir können der Passage auf Seite 4 - das ist die letzte Seite dieser Beschlussempfehlung - zustimmen. Ansonsten bitten wir darum und beantragen dies auch, über beide Anträge in namentlicher Abstimmung - mit Ausnahme der eben genannten Passage - abstimmen zu lassen.

(Beifall bei der CDU)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Maurus. Es gibt jetzt zwei Möglichkeiten. Mein Vorschlag wäre, dass wir zunächst eine namentliche Abstimmung über die Beschlussempfehlung durchführen und im Anschluss daran über den Antrag abstimmen. Die zweite Möglichkeit ist die alternative Abstimmung.

(Wortmeldung des Abgeordneten Heinz Mau- rus [CDU])

- Herr Abgeordneter Maurus!