Protocol of the Session on July 14, 2000

Wenn wir von 1,7 Milliarden DM Entlastung reden,

(Klaus Schlie [CDU]: Das ist doch ein Ei- gentor!)

würde ich mir wünschen, dass Sie bei Ihrer Diskussion über die Abgabe die Kirche im Dorf ließen.

(Zuruf von der CDU: Das ist dummes Zeug!)

Sie haben drei Gründe angeführt, weshalb Sie befürchten, dass es Probleme mit der Oberflächenwasserentnahmeabgabe der Landesregierung geben könnte. Lassen Sie mich dazu kurz Stellung nehmen.

Als Erstes vorweg: Sie sind der Meinung, dass wir Geheimhaltung betrieben hätten. Dies ist schlicht nicht der Fall. Wir haben diese Abgabe in der Koalitionsvereinbarung von Rot-Grün offen angekündigt. Das Umweltministerium hat unverzüglich in einem Frageund Antwortenkatalog alle Punkte, die im Rahmen dieser Abgabe eine Rolle spielen könnten, offen gelegt und für Transparenz gesorgt.

Sie haben Verfassungsprobleme befürchtet. Auch darauf will ich Ihnen gern antworten, dass wir uns bei der Abgabe streng an der Abgabe orientiert haben,

(Minister Klaus Müller)

die in Baden-Württemberg gilt. Ich glaube, das ist eine Landesregierung, die unverdächtig sein dürfte, irgendwelche unvorsichtigen Maßnahmen vorgenommen zu haben.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Stimmt nicht!)

Insofern bin ich sicher, dass keine Probleme bezüglich der Verfassungskonformität drohen. Die Abgabe in Baden-Württemberg ist bis nach Karlsruhe durchgeklagt worden. Sie ist dort für rechtmäßig erklärt worden. Insofern sollten wir hier keine Nebelkerzen werfen.

Ein Satz noch zu Niedersachsen! Dies ist ein Argument, das Sie schon des Öfteren vorgebracht haben. Das Umweltministerium hat sich in Niedersachsen bei der dortigen Landesregierung erkundigt, ob die Klage gegen die dortige Abgabe bereits eingereicht worden ist. Stand von Anfang der Woche war, dass diese Klage bisher zwar mehrfach angedroht, aber bis zum heutigen Tage nicht eingereicht worden ist. Insofern sehen wir der Situation in Niedersachsen bis dato sehr gelassen entgegen. Sobald die Klage tatsächlich eingereicht ist, werden wir die Lage sicherlich prüfen und diese Punkte dann natürlich im Gesetzgebungsverfahren berücksichtigen.

(Unruhe)

Als Zweites haben Sie angemerkt, dass Sie negative Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein befürchteten. Bedauerlicherweise haben Sie diese Befürchtung in Ihrem Antrag nicht näher ausgeführt. Darum lassen Sie mich darauf hinweisen, dass wir mit der Höhe der Abgabe absolut im Durchschnitt mit vergleichbaren Bundesländern liegen.

Wenn Sie mangelnde ökologische Lenkungswirkung -

(Anhaltende Unruhe - Glocke des Präsiden- ten)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Sommerpause steht vor der Tür, ist aber noch nicht im Saal. Insofern sollten wir uns doch darauf einstellen, dem Redner noch zuzuhören.

Wenn Sie befürchten, dass die Abgabe keine ökologischen Konsequenzen habe, müssten Sie doch für einen höheren Abgabesatz eintreten. Das habe ich bisher aber nicht gehört. Insofern gehen wir davon aus, dass wir mit dem Abgabesatz von 1,5 Pfennig genau auf der richtigen Linie liegen.

Wir haben uns für eine sehr großzügige Bagatellgrenze entschieden, die erstens verwaltungsvereinfachend ist, die zweitens unnötige Bürokratie vermeidet und drittens sehr wirtschaftsfreundlich ist und insofern genau der Linie der Landesregierung entspricht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Klaus Schlie [CDU]: Hatten Sie einen Fahr- radunfall?)

Sie haben Recht - das möchte ich auch nicht verhehlen -, wenn Sie sagen, dass diese Abgabe auch einen fiskalischen Aspekt hat.

(Herlich Marie Todsen-Reese [CDU]: Das ist ja toll!)

Wenn die Landesregierung mit einem deutlichen Beitrag zur Steuerreform dazu beiträgt, dass es zu einer Entlastung kommt, was auf unserer Seite auch zu Steuerausfällen führt, ist es absolut legitim, auch neben dem sehr ehrgeizigen Einsparprogramm, das die Landesregierung morgen mit Sicherheit gut über die Bühne bringen wird - über Einnahmeverbesserungen nachzudenken.

Diese Abgabe bedeutet auch ein Mehr an Gerechtigkeit. Angenommen, Sie wären der Besitzer des Selenter Sees - was würden Sie dazu sagen, wenn das Kernkraftwerk Brokdorf zum Beispiel Ihren See sieben Mal im Jahr komplett leerpumpen würde, ohne dafür zu bezahlen, und damit auch noch wirtschaftliche Gewinne machen würde!

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Da wird doch überhaupt nichts leergepumpt!)

Ich bin überzeugt, dann würden selbst Sie auf Zahlung eines Entgelts für die Nutzung des Eigentums „See“ drängen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD - Widerspruch bei CDU und F.D.P.)

Insofern ist es legitim, die Nutzung wirtschaftlicher Vorteile mit einer Abgabe zu belegen.

Lassen Sie mich zum Schluss noch darauf hinweisen, dass auch ökologische Komponenten nicht aus den Augen verloren werden dürfen.

(Zurufe von der CDU: Welche denn?)

Inzwischen sind wir uns wohl im Hause darüber einig, dass eine nachhaltige Nutzung von öffentlichen natürlichen Ressourcen durch die Belegung mit einer Abgabe zu einem schonenden Umgang mit dieser Ressource beiträgt, dass dies auch im Interesse des Landes ist und dass wir mit den Mitteln, die wir be

(Minister Klaus Müller)

kommen, auch zur nachhaltigen Nutzung von Gewässern beitragen werden.

Ich danke für Ihre konzentrierte Aufmerksamkeit auf der rechten Seite des Hauses und wünsche Ihnen schöne Sommerferien.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Das Wort zu einem Kurzbeitrag hat jetzt der Oppositionsführer im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Herr Abgeordneter Martin Kayenburg.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Wollen Sie uns jetzt auch einen schö- nen Urlaub wünschen?)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielleicht kann man dem Herrn Minister ja noch etwas zum Überlegen mit in die Sommerpause geben, denn das, was er hier zur Belastung der Wirtschaft und zur Besteuerung von bisher freien Gütern gesagt hat, könnte ja auch dazu führen, dass Sie, Herr Minister, irgendwann einmal darüber nachdenken, die Atemluft zu besteuern.

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

Was ist denn Fakt? Hier wird die Oberflächenwasserentnahme besteuert, mit einer Abgabe belegt, die zum Teil nicht einmal einer Nutzung dient; und dort, wo das Oberflächenwasser einer Nutzung dient, wird es in den Naturhaushalt zurückgegeben. Nichts von Leerpumpen des Selenter Sees, sondern überhaupt keine Belastung für die Umwelt! Im Gegenteil, zum Teil entsteht sogar eine Verbesserung der Gewässergüte, Herr Nabel!

(Beifall bei der CDU)

Zweiter Punkt! Wenn Sie sagen, der Wirtschaftsstandort werde nicht belastet, dann erinnere ich nur daran: Sie haben doch ein Schreiben der Firma Bayer bekommen, das auch allen Fraktionsvorsitzenden zugeleitet worden ist.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: So ist es!)

Wenn Sie das richtig gelesen haben, werden Sie darin doch auch die Androhung oder den Hinweis gesehen haben, dass dann, wenn dieses Land weiterhin in dieser Form mit Abgaben um sich wirft, möglicherweise auch für den Standort Brunsbüttel andere Entscheidungen getroffen werden, unter Umständen Arbeitsplatzverlagerungen und Verlagerungen von Industrieproduktionen stattfinden werden. Wenn dies keine

Belastung des Wirtschaftsstandorts ist, dann weiß ich nicht, was Sie unter Belastung verstehen.

(Beifall bei CDU und F.D.P. - Dr. Ekkehard Klug [F.D.P.]: Wo ist eigentlich die Arbeit- nehmerpartei SPD?)

Dritter Punkt, Herr Minister! Was ist das eigentlich für eine Logik: Auf der einen Seite loben Sie die Steuerreform in Berlin - und diesen Teil kann ich sofort unterstützen -, dass sie eine Entlastung für die Industrie, für die Wirtschaft bringt und damit Arbeitsplätze sicherer macht, den Wirtschaftsstandort besser macht, auf der anderen Seite sagen Sie aber, weil das gleichzeitig zu einer Belastung des Landeshaushalts führt und weil unser Finanzminister nicht in der Lage ist, diesen Landeshaushalt zu konsolidieren, greifen wir eben den Unternehmen in die Tasche, die vorher durch die rot-grüne Regierung entlastet worden sind, damit der Wirtschaftsstandort besser wird?

(Beifall bei CDU und F.D.P. - Klaus Schlie [CDU]: Das ist schizophren!)

Dies ist nicht nur ein Nullsummen-Spiel; im Gegenteil, ich könnte Ihnen jetzt auch viel über die Belastung der Energie sagen, die Sie dadurch erzeugen. Nein, Sie tun noch ein Übriges: Sie nutzen Ihre ideologischen Standorte dazu, quasi in einer Umwegfinanzierung die Entlastung denen aufzubürden, die in erheblichem Umfang zum Bruttosozialprodukt hier im Lande beigetragen haben. Mehr als 98 % der Abgabe gehen nämlich zu Lasten der Kernenergie und der Wärmekraftwerke. Wenn sie die Standorte verlagern, haben Sie genau den nachteiligen Effekt; dann wird der Beitrag zum Bruttosozialprodukt des Landes nicht mehr gegeben sein. Überlegen Sie doch in der Sommerpause einmal, Herr Minister, wie Sie dann diesen Steuerausfall, diese Belastung für das Land kompensieren wollen. Schönen Urlaub!

(Beifall bei CDU und F.D.P. - Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Kayenburg, Sie kandidieren doch mor- gen gar nicht! - Martin Kayenburg [CDU]: Deswegen kann ich ja auch die Wahrheit sa- gen! - Stürmische Heiterkeit)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung.