Protocol of the Session on July 14, 2000

Ich rufe Tagesordnungpunkt 20 auf:

Einstellung der Planungen der Landesregierung zur Einführung einer Oberflächenwasserentnahmeabgabe

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 15/209

Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort erhält für die CDUFraktion die Abgeordnete Frau Sassen, für die das der erste Redebeitrag vor diesem Haus ist.

(Beifall)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass meine erste Rede nun doch keine ungehaltene Rede bleiben muss.

„Oberflächenwasserentnahmeabgabe“ - so heißt das Zauberwort im Koalitionsvertrag, das zwischenzeitlich auf den Begriff Oberflächenwasserabgabe reduziert worden ist. Diese Abgabe haben Sie, Herr Minister Müller, laut Presseinformation vom 6. Juli 2000 mit einigen anderen Dingen voller Stolz bereits auf den Weg gebracht.

(Beifall des Abgeordneten Holger Astrup [SPD])

Heute haben wir das Thema erstmals auf der Tagesordnung.

In Ihrer 100-tägigen Aufwärmphase haben Sie in der Tat schon eine ganze Menge „abgejoggt“. Ich mag gar nicht daran denken, wie es sein wird, wenn Sie richtig durchstarten. Ihr medienwirksamer Marathonlauf, begleitet von Fotografen und Presseerklärungen, in denen Sie unter anderem verkünden, mit grünen Ideen schwarze Zahlen schreiben zu wollen, macht selbst den Betrachter atemlos.

Bisher kenne ich kein grünes Projekt, das schwarze Zahlen schreibt. Weder das „Multimar“ in Tönning noch die Chitosan-Anlage in Büsum werden in Zukunft ohne Förderkrücken des Landes selbstständig laufen können. Mit schwarzen Zahlen bei grünen Projekten träumen Sie die Knabenmorgenblütenträume des Prometheus;

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

denn wenn Sie wirklich daran glauben würden, müssten Sie nicht ausgerechnet die von Ihnen so ungeliebten Kernkraftwerke mit einer scheinheiligen Abgabe belasten, die den Stallgeruch der Ökosteuer hat.

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

Letztlich ermöglicht das Steueraufkommen aus der Wirtschaft und den Kernkraftwerken die Luxusprojekte rot-grüner Politik.

Ich habe mich über den vom Umweltministerium am 5. Juni in Umlauf gebrachten Katalog zur Oberflächenwasserabgabe, der 15 Fragen und Antworten umfasst, sehr gewundert und versucht, mit meiner Kleinen Anfrage Licht ins Dunkel zu bringen. Dabei ist unter anderem herausgekommen: Die entnommene Wassermenge wird in vollem Umfang dem Naturhaushalt wieder zugeführt.

(Martin Kayenburg [CDU]: So ist das!)

Weiter: Zur Verbesserung der Sauerstoffsituation des zur Kühlung genutzten Oberflächenwassers wurden geeignete Auflagen in den Entnahmeerlaubnissen gefordert. - Auch sie haben gewirkt.

Weiter: Ökologische Veränderungen im Bereich der jeweiligen Einleitungsstellen haben sich bisher nicht ergeben.

Wie wollen Sie, Herr Minister Müller, angesichts dieser Aussagen aus Ihrem Ministerium die Notwendigkeit einer solchen Abgabe, die man eigentlich nur „Wasserentleihungsgebühr“ nennen dürfte, begründen?

(Klaus Schlie [CDU]: Abzockerei!)

Der vorliegende Gesetzentwurf zur Oberflächenwasserabgabe hat nur wenig Gemeinsamkeiten mit der in anderen Bundesländern erhobenen Abgabe, auf die Hilfe suchend hingewiesen wird. In BadenWürttemberg, Niedersachsen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und in Sachsen geht man sehr viel differenzierter damit um. Sie aber gehen den umgekehrten Weg. Einzig die Großverbraucher werden zur Kasse gebeten und mit den anderen wollen Sie es sich über den Weg der Bagatellgrenze nicht verderben.

Auch machen Sie es sich zu einfach, wenn Sie betriebs- und standortbedingte Besonderheiten nicht berücksichtigen, so zum Beispiel bei dem durch die Firma Bayer im Schleusenbereich entnommenen NordOstsee-Kanalwasser, das brackig ist und damit den Charakter von Wasser aus Küstengewässern hat; dies wäre abgabenfrei.

Die Bagatellgrenze wird willkürlich auf 5.000 DM festgesetzt, sodass derzeit nur 17 Industriebetriebe betroffen sind. Etwa 58 Millionen DM der Einnahmen - immerhin über 94 % - werden von den drei Kernkraftwerken und nur 0,6 Millionen DM von den anderen 14 Betrieben erwartet. Davon sollen zunächst die Verwaltungskosten gedeckt werden. Von dem verbleibenden Rest soll die Hälfte in den maroden Landeshaushalt fließen. Wir befürchten, dass auch die andere Hälfte dort versickern wird.

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

Unter Punkt 12 des Frage- und Antwortspiels heißt es:

„Mit der Abgabe für die Entnahme von großen Wassermengen aus Flüssen und Seen werden Preise für die Nutzung von Naturressourcen eingeführt. Damit soll ein Bewusstsein für einen möglichst schonenden Um

(Ursula Sassen)

gang geschaffen werden.“

(Konrad Nabel [SPD]: Sehr gut!)

Mit 14 Industriebetrieben und drei Kernkraftwerken ist der Kreis derer, die man umweltpolitisch erziehen will, doch wohl sehr klein.

Die Landesregierung mag es drehen und wenden, wie sie will, und das grüne Tarnnetz ressourcenschonender Notwendigkeit über diese Abgabe werfen: Bei einer Bagatellgrenze von DM 5.000 DM ist und bleibt es eine „Anti-Kernenergie-Abgabe“.

(Beifall bei der CDU)

Damit zumindest können in einem Punkt mit Niedersachsen Gemeinsamkeiten auftreten: Dort gibt es eine Verfassungsbeschwerde des Stromversorgers PreussenElektra.

Der Markt kann nicht auffangen, was durch 10 % der Erzeugerkosten als Angabe, als Abgabe - eine Angabe ist es auch - draufgepackt wird.

(Heiterkeit bei der CDU)

Alle Kraftwerke stehen bundesweit in einem Wettbewerb. Es kann doch nicht in unserem Interesse liegen, die Wettbewerbsbedingungen für Schleswig-Holstein, das ein klassisches Stromexportland ist, zu verschärfen.

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

Eine Erhöhung des Strompreises ist nicht auszuschließen. Noch haben wir keine gleichwertige Alternative zum Strom aus der Kernenergie. Warum sollten wir daher an einem Ast sägen, auf dem wir sitzen, und dem Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein schaden?

Die geplante Oberflächenwasserabgabe ist also umweltpolitisch nicht gerechtfertigt, wirtschaftspolitisch schädlich und verfassungsrechtlich fragwürdig. Daher fordern wir die Landesregierung auf, ihre Planungen zur Einführung einer Oberflächenwasserabgabe - auch wenn Sie, Herr Minister Müller, sie schon auf den Weg gebracht haben - einzustellen.

(Anhaltender Lebhafter Beifall bei CDU und F.D.P. - Klaus Schlie [CDU]: Sehr gut!)

Ich gratuliere auch Ihnen, Frau Kollegin, zu Ihrer ersten Parlamentsrede

(Beifall)

und erteile jetzt für die SPD-Fraktion dem Herrn Abgeordneten Jacobs das Wort.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD - Zuruf von der CDU: Ist das seine letzte Rede?)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die CDU hatte bereits in einer Presseerklärung vom 28. Juni angekündigt, diesen Antrag zu stellen. Dann gab es eine Finanzausschusssitzung am 29. Juni. Dort haben die beiden Staatssekretäre in den Ministerien für Finanzen und für Umwelt zugegeben, dass die Oberflächenwasserentnahmeabgabe auch ein Beitrag zur Konsolidierung des Landeshaushaltes sein soll. Das kann ja dann nicht mehr der Grund ihres Antrags gewesen sein.

Frau Sassen hat zum Schluss noch einmal die drei wesentlichen Gründe aufgeführt, die die CDU veranlassen, diesen Antrag zu stellen.

Der erste Grund ist die Behauptung, die Oberflächenwasserentnahmeabgabe sei verfassungsrechtlich fragwürdig.

(Klaus Schlie [CDU]: Sehr richtig!- Martin Kayenburg [CDU]: So ist es!)

Man will diese Regierung natürlich vor einer weiteren Niederlage vor dem Bundesverfassungsgericht bewahren.

(Klaus Schlie [CDU]: Genau! Und dem Land Geld sparen!)