Protocol of the Session on June 18, 2003

Diese Maßnahmenprogramme und Bewirtschaftungspläne müssen nun in den Mitgliedstaaten umgesetzt werden. Hierzu war die bereits vollzogene Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes des Bundes notwendig. Nun muss noch eine Änderung des Landeswassergesetzes erfolgen. Dazu hat die Landesregierung den heute vorliegenden Gesetzentwurf erarbeitet. Er soll im Sinne der EU-Wasserrahmenrichtlinie sicherstellen, dass nicht nur nutzungsbezogene, sondern vor allem ökologisch begründete Qualitätsziele für die Gewässer nach einheitlichen Vorgaben erreicht werden.

Das Umweltziel, welches wir durch das Landeswassergesetz erreichen müssen, soll ein guter Zustand

aller Gewässer innerhalb von 15 Jahren nach InKraft-Treten der EU-Richtlinie sein. Unter gutem Zustand aller Gewässer wird hierbei der gute ökologische und chemische Zustand der Oberflächengewässer verstanden, das gute ökologische Potenzial und der gute chemische Zustand für erheblich veränderte oder künstliche Oberflächenwasserkörper, zum Beispiel Schifffahrtsstraßen, Seitenkanäle, Stauhaltungen und Stadtdurchgänge. Auch der gute quantitative und chemische Zustand des Grundwassers und die Umkehrung steigender Aufwärtstrends bei Schadstoffkonzentrationen im Grundwasser sollen erreicht werden.

Das ist eine ehrgeizige Aufgabe. Die Zeit bis 2015 ist knapp bemessen. Im Grundsatz ist es richtig, so früh wie möglich mit dieser Aufgabe zu beginnen und nicht die Frist zur Umsetzung der EU-Richtlinie bis Dezember dieses Jahres auszunutzen.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da hat er eigentlich Recht!)

- Vielen Dank, Herr Kollege. - Schließlich muss noch bis Ende 2004 der Ist-Zustand der Gewässer analysiert werden und bis Ende 2009 müssen die Maßnahmenprogramme und Bewirtschaftungspläne erstellt sein, um den geforderten Wasserzustand bis 2015 erreichen zu können.

Der Umweltminister hat bereits Ende 2001 einen Bericht vorgelegt, in dem aufgrund der vorliegenden Daten eine vorläufige Beschreibung des Ist-Zustandes der Gewässer enthalten ist.

Die Ergebnisse waren:

Erstens. Die Fließ- und Übergangsgewässer des Landes sind bezüglich der Fischfauna in einem schlechten ökologischen Zustand. Bezüglich des Makrozoobenthos ist zumindest ein Teil in gutem Zustand. Ein kleiner Hinweis am Rande: Makrozoobenthos sind die wirbellosen Tiere der Gewässersohle, die mit bloßem Auge sichtbar sind. Es handelt sich hierbei vor allem um Larvenstadien von Insekten, um Krebse, Milben, Schnecken und Muscheln, Egel und Würmer.

(Beifall bei FDP, SPD und SSW)

- Ein kleiner Exkurs in die Biologie, auch für mich.

Zweitens. Bei den Seen wird der gute ökologische Zustand immerhin von rund 30 % bereits heute erreicht.

(Günther Hildebrand)

Drittens. Die Abschätzung des Wasserzustandes der Küstengewässer ist in den meisten Fällen immerhin mäßig bis gut.

Viertens. In den Grundwasserkörpern liegt insbesondere im Bereich der Geest und der Vorgeest kein guter chemischer Zustand vor.

Das ist die Ausgangslage.

Wir müssen nun als Gesetzgeber versuchen, die ökologischen Ziele der europäischen Gesetzgebung, soweit es geht, mit den wirtschaftlichen Interessen der hierdurch Betroffenen in Einklang zu bringen. Denn Betroffene gibt es, insbesondere in der Landwirtschaft.

Es ist zu bedenken, dass sich die schleswigholsteinische Landwirtschaft zunehmend einem internationalen Wettbewerb zu stellen hat und auch unsere Landwirtschaft im Sinne der Agenda 21 die Ernährungssicherung der Weltbevölkerung zu gewährleisten ist. Wir müssen berücksichtigen, dass die Sicherung landwirtschaftlicher Existenzen nicht eingeschränkt wird - auch wenn die EU-Wasserrahmenrichtlinie eindeutig bestimmt, dass im Zweifel ökologische vor wirtschaftlichen Zielen erreicht werden müssen.

Der vorgelegte Gesetzentwurf zielt aber nach unserer Auffassung vornehmlich auf die landwirtschaftliche Fläche ab, um die Gewässerqualität zu erreichen beziehungsweise zu sichern. Das gilt insbesondere für den umstrittenen § 38 a des Gesetzentwurfs. Er schreibt vor, dass landseits von Uferlinien oder oberen Böschungskanten von Gewässern Uferrandstreifen von in der Regel 10 m Breite einzurichten sind. In diesen Uferrandstreifen sind darüber hinaus Tier- und Pflanzenbestände naturnah und standortgerecht zu entwickeln. Eine Ackernutzung ist in diesen Bereichen verboten.

Das führt dazu, dass besonders in kleinparzelligen Flächen erhebliche Nutzungs- und damit Einkommensverluste bei den betroffenen Landwirten entstehen werden. Es wird in der Konsequenz zu einem Ausstieg aus der Acker- und Grünlandnutzung an Gewässern führen. Zumindest ist die Möglichkeit geschaffen worden, bei Bewirtschaftungsbeschränkungen landwirtschaftlich genutzter Flächen an Uferrandstreifen vertragliche Vereinbarungen mit den Betroffenen einzugehen. Vor dem Hintergrund knapper Kassen sind wir aber sehr skeptisch, ob diese Vereinbarungen wirklich zu einer angemessenen Entschädigung betroffener Landwirte führen werden.

In § 38 Landeswassergesetz, der den Umfang der Unterhaltung regelt, hätte die Regelung des § 28

Wasserhaushaltsgesetz des Bundes übernommen werden sollen. Nach der Bundesnorm muss sich Gewässerunterhaltung an den Bewirtschaftungszielen ausrichten und darf die Erreichung dieser Ziele nicht gefährden. Es bestand keinerlei Veranlassung, von diesen Vorgaben abzuweichen und durch die final ausgerichtete Formulierung „zur Erreichung der Bewirtschaftungsziele“ über sie hinauszugehen. Der Musterentwurf für die anderen Länder sieht lediglich die Definition des Bundesgesetzes vor.

Kritik gab es schließlich auch an der Regelung des § 2 des Gesetzentwurfs. In Absatz 2 Satz 2 wird bestimmt, dass ein Umgang mit Stoffen so zu erfolgen hat, dass eine schädliche Verunreinigung der Gewässer oder eine sonstige nachteilige Veränderung ihrer Eigenschaften „nicht zu besorgen“ ist. Somit unterscheidet die Formulierung im Gesetz nicht zwischen vermeidbaren und unvermeidbaren Verunreinigungen. Das ist insbesondere im Bereich der Landwirtschaft immer wieder ein Problem. Es gibt Einträge, die sich von den Landwirten schlichtweg nicht vermeiden lassen - zumindest, wenn wir eine funktionierende Landwirtschaft haben wollen, die auch auf eine breite Ernährungssicherung ausgerichtet sein soll. Die Leitlinien zur ordnungsgemäßen Landbewirtschaftung heben diesen Sachverhalt ausdrücklich hervor.

Interessant fand ich die neuerlichen Erklärungen des Umweltministers zur Zusammenlegung der Staatlichen Umweltämter. Nachdem er noch im Januar die Umweltämter mit mehr Aufgaben betrauen wollte, will er die Zahl nun sogar reduzieren. Das nenne ich Kehrtwende - allerdings in diesem Fall durchaus in die richtige Richtung.

Herr Minister, Sie kennen unseren Standpunk zur Genüge. Ich will diese Debatte nicht noch einmal in Gänze führen. Machen Sie die Umweltämter dicht.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Lassen Sie den Vollzug der Wasserrahmenrichtlinie auf kommunaler Ebene durchführen. Sparen Sie das Geld der Steuerzahler. Wir lassen uns von Ihnen gern weiterhin als Umweltfeinde beschimpfen, wenn Sie nachher unseren Vorschlägen folgen.

Auf die umfangreichen Änderungswünsche der CDU, die ich - wie alle anderen auch - erst heute Morgen gelesen habe, kann ich aufgrund der Kurzfristigkeit nicht eingehen.

(Beifall des Abgeordneten Detlef Matthies- sen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

(Günther Hildebrand)

Ich habe sie kurz überflogen und bin zu dem Ergebnis gekommen, dass wir die größte Zahl der Änderungsvorschläge mittragen können.

(Beifall des Abgeordneten Peter Jensen- Nissen [CDU])

Wir werden ihnen zustimmen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Wenn das Parlament diesen Änderungsvorschlägen insgesamt nicht folgen wird, werden wir uns bei der Abstimmung über den Gesetzentwurf der Landesregierung enthalten.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich jetzt dem Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Zuruf des Abgeordneten Peter Jensen- Nissen [CDU])

- De Schlips! Is de wedder verkehrt oder wat?

(Minister Klaus Müller richtet den Schlips des Abgeordneten Detlef Matthiessen [BÜN- DNIS 90/DIE GRÜNEN] - Heiterkeit)

- Wunnerbar. So, nun bist tofreden, Peter.

Herr Hildebrand, mir kommt manchmal ein Wort wie Makrozoobenthos auch nicht so flüssig über die Lippen, wenn wir uns als Abgeordnete und damit als Volksvertreter hier manchmal mit sehr speziellen Gegenständen befassen müssen.

Mit der Verabschiedung des neuen Wassergesetzes für Schleswig-Holstein setzen wir einen weiteren wichtigen Baustein der europäischen Umweltpolitik bei uns um, nämlich die europäische Wasserrahmenrichtlinie mit ihrer Zielsetzung, die ökologische Qualität aller europäischen Gewässer in einen guten Zustand zu versetzen. Ziel für uns im Land ist auch nicht zuletzt, dass Schleswig-Holstein dabei schöner wird.

Ich möchte mich bei allen Mitwirkenden für die geleistete Arbeit bedanken, bei den Kolleginnen und Kollegen der SPD, aber auch bei der Opposition, bei den Verbänden und dem Ministerium, insbesondere

bei Herrn Abteilungsleiter Dietmar Wienholdt, der unsere Arbeit sehr konstruktiv, unterstützend und produktiv begleitet hat.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Herausgekommen ist ein aus Sicht meiner Fraktion sehr gutes, erfolgversprechendes Gesetz, eine sehr strukturierte und pragmatische Umsetzung der EUVorgaben, an die man sich bewusst eng gehalten hat. Guten ökologischen Zustand bis zum Jahr 2015 zu erreichen, so lautet die Zielsetzung, in der sich verschiedene Gesichtspunkte wiederfinden.

Ausgehend von einer integrierten Betrachtung der zu bewirtschaftenden Flussgebietseinheiten, die alles einschließt, Bach, Tümpel, Teich, Fluss, See, Küste und das Grundwasser, wird für das Wasser ein sauberer Zustand angestrebt. Also: Die Chemie muss stimmen. Dabei sind bei uns durch nahezu flächendeckende Klärung der Abwässer, durch phosphatfreie Waschmittel und durch strengere Vorprüfungen von Pestiziden und dergleichen sehr beachtliche Fortschritte erzielt worden.

Es bleiben noch Probleme durch die Landwirtschaft und eine nicht optimal funktionierende Klärung von Abwässern - auch so etwas gibt es, obwohl sie überall gefördert worden ist - und - das ganz große Problem - durch diffuse Stoffeinträge aus der Luft auf die Flächen, im Wesentlichen aus den Quellen Energie, Verkehr und Landwirtschaft.

Für Wasser kann man weitgehend sagen: Die Chemie stimmt in Schleswig-Holstein überwiegend. Dieser Teil des Gesetzesauftrags ist ein lösbares Problem, wenn Sie, Herr Hildebrand, auch zu Recht auf Arbeit hingewiesen haben, die noch vor uns liegt. Der gute chemische Zustand der Gewässer ist sicherlich etwas, das in der EU insgesamt und insbesondere in den künftigen Beitrittsländern noch nicht gelöst ist.