Nein, Untersuchungsausschüsse sind durch Gesetz demokratisch legitimiert und dienen der Kontrolle der jeweiligen Regierung. Man sollte sich deshalb daran gewöhnen und als Landesregierung, Frau Ministerpräsidentin, nicht die Aufklärungsarbeit der Untersuchungsausschüsse erschweren. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an eine Auseinandersetzung im 1. Untersuchungsausschuss, die noch einvernehmlich geklärt werden konnte, aber auch an eine Auseinandersetzung im 2. Untersuchungsausschuss, der noch tagt. Sie sollten sich – mit „Sie“ meine ich nicht Sie persönlich, sondern die Landesregierung - Ihrer Mitwirkungspflicht gemäß § 13 des Untersuchungsausschussgesetzes bewusst sein und in Zukunft entsprechend handeln, damit langwierige gerichtliche Auseinandersetzungen, die das Parlament nicht immer befruchten, vermieden werden können. Herr
Kollege Puls, wenn mein Gedächtnis mich nicht täuscht – es kann bei meinem hohen Alter aber schon sein, dass es mich täuscht -, ist die Frage der Veränderung des Verhaltens der Regierung im Umgang mit BeStra-Vermerken von uns gemeinschaftlich im Untersuchungsausschuss problematisiert worden, aber von der Regierung erst dann auf den Weg gebracht worden, nachdem der Untersuchungsausschusseinsatzbeschluss gefasst worden war. Das heißt, nicht nur das Problembewusstsein, sondern auch die Tatsache, dass sich hier eine Änderung ergibt, ist darauf zurückzuführen, dass dieses Parlament einen Untersuchungsausschuss beschlossen hat. Das alleine schon hätte seine Einsetzung gerechtfertigt, möglicherweise nicht 28 Sitzungen, aber die Einsetzung. Denn der Umgang mit dem BeStra-Vermerk innerhalb der Landesregierung war problembehaftet.
Ich würde mich als Parlamentarier freuen, jetzt, nachdem ich gehört habe, die Regierung habe es auf den Weg gebracht, zu erfahren, wie der Umgang künftig geregelt wird, damit meine Befürchtung, der Umgang erfolge künftig nicht ordnungsgemäß, zerstreut werden könnte. Ich wäre dankbar, wenn uns bei Gelegenheit im Innen- und Rechtsausschuss mitgeteilt würde, in welcher Form eine Veränderung stattgefunden hat. - Ich sehe das Nicken der Ministerin. Ich weiß aus der Vergangenheit, dass wir beide, die Ministerin und die FDP-Fraktion, sowie weite Teile dieses Parlaments in der rechtlichen und auch politischen Einschätzung dieser Lage so weit gar nicht entfernt waren.
Ich will ausdrücklich erklären - was für mich von Anfang an feststand -, dass sich der Wirtschaftsminister keiner rechtlichen – mithin strafrechtlichen - Verfehlung schuldig gemacht hat. Das stand auch nie im Raum. Im Raum stand immer die Frage, ob der Minister, ob die Ministerpräsidentin die nötige Sensibilität aufgebracht haben, mit der Frage umzugehen, die uns alle beschäftigen muss: ob der Beschuldigte eines Strafverfahrens Informationen aus diesem Strafverfahren erhalten darf und, wenn ja, dies zu einem Zeitpunkt jenseits der darüber nach meiner Auffassung letztlich entscheidenden Staatsanwaltschaft, die festlegt, wann ein Beschuldigter Kenntnis im Ermittlungsverfahren und in welchem Zusammenhang er Kenntnisse erhält. Das ist gar nicht so unproblematisch. Ich will das an dieser Stelle ausdrücklich sagen.
Der Kollege Schlie hat nämlich in einem Punkt Unrecht. Die Landesregierung ist Verfassungsorgan, genauso wie das Parlament Verfassungsorgan ist. Wir Parlamentarier sind privilegiert, was die Frage angeht, dass Stellen außerhalb der Ermittlungsbehörden mit
Informationen versorgt werden müssen, die „normale“ Beschuldigte nicht erhalten. Das hat etwas mit der verfassungsrechtlichen Konstruktion zu tun. Wenn Abgeordnete mit einem Ermittlungsverfahren belegt werden sollen, ist dies dem Präsidenten des Landtages mitzuteilen. Bei der Frage der Aufhebung der Immunität ist der Immunitätsausschuss zu befassen. Es ist im Übrigen auch dem Parlamentarier mitzuteilen, der damit gegenüber „normalen“ Beschuldigten privilegiert ist. Gleiches gilt selbstverständlich auch für das Regierungshandeln. Selbstverständlich – das ist meine Auffassung – muss die Ministerpräsidentin darüber unterrichtet werden.
- Nein, Sie haben das vorhin etwas problematisiert. Selbstverständlich muss die Ministerpräsidentin über die Justizministerin vollständig unterrichtet werden, in welcher Form Ermittlungsbehörden gegen Mitglieder ihrer Regierung Ermittlungsverfahren eingeleitet haben oder unterhalten. Die spannende Frage ist dann: Muss nur die Ministerpräsidentin unterrichtet werden oder hat sie ihrerseits nicht die verfassungsrechtliche Pflicht, den Wirtschaftsminister, das Kabinett, die Regierung insgesamt zu unterrichten? Auch dies würde ich noch teilen. Aber an dieser Stelle beginnt ein Schnittpunkt, Herr Minister Rohwer.
Ich denke, das ist jetzt auch neu geregelt worden. Die Diskussionen der Vergangenheit haben zu einer höheren Sensibilität geführt. Der Schnittpunkt beginnt dort, wo die detaillierten Informationen an den Beschuldigten selber weitergegeben werden. Dieser Sensibilität sind Sie – das ist der Vorwurf, der im Raum steht, der aber vergleichsweise gering ist - nicht in ausreichendem Maße nachgekommen. Sie haben den damals beschuldigten, zwischenzeitlich verurteilten Staatssekretär Mantik mit Informationen versorgt, mit denen er zu diesem Zeitpunkt nicht hätte versorgt werden dürfen, nicht bösartig, willentlich, sondern möglicherweise fahrlässig.
Hier beginnt das nächste Problem für mich und das ist ein zentraler Punkt. Wie ist der Umgang der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Staatskanzlei, der Umgang der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Wirtschaftsministerium mit hochsensiblen Verfahren dieser Art, mit hochsensiblen Daten? Ich stelle für mich und meine Fraktion fest, dass in der Staatskanzlei und auch im Wirtschaftsministerium offensichtlich Fortbildungsprogramme bei der Frage unterhalten werden müssen: Wie darf unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten, wie darf unter sonstigen Ge
sichtspunkten mit hochsensiblen Daten im Organisationsbereich der Staatskanzlei und im Organisationsbereich des Wirtschaftsministeriums umgegangen werden?
In diesem Punkt hätten wir auf ein Ergebnis aus dem Untersuchungsausschuss zurückgreifen können, den wir damals „Barschel/Pfeiffer“ nannten, das den Umgang mit der Macht betrifft und das die Sozialdemokraten mitgetragen haben. Damals haben wir gesagt: Wir erwarten von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, dass ihre Sensibilität ausreicht, gegebenenfalls sogar den eigenen Minister von einem Verhalten abzuhalten, das rechtlich problematisch ist, und nicht einfach zu vollziehen, was ihnen aufgetragen wird.
Wer bei den Aussagen erlebt hat, wie in der Staatskanzlei und im Wirtschaftsministerium – aus meiner Sicht teilweise spektakulär – operiert worden ist, der muss – etwas anders als Sie, Herr Kollege Schlie – die Auffassung teilen: Mit Erklärungen wie „Knudi, mach das mal“ wird dieser hochsensiblen Materie keine entsprechende Aufmerksamkeit zuteil.
Es ist erstaunlich, Herr Kollege Puls – das wussten wir ohne Untersuchungsausschuss nicht -, dass ein Mitarbeiter der Staatskanzlei zum Pförtner gehen und sich den Schlüssel zu einem anderen Zimmer holen kann, das ihm gar nicht gehört, und vom Schreibtisch ohne Kenntnis und Wissen des zuständigen Abteilungsleiters oder Dezernenten Papiere an sich nehmen kann, um sie an andere, unbeteiligte Dritte, weiterzuleiten.
Ich halte das auch nicht für einen normalen Vorgang. Ich will auch nicht sagen – obwohl ich Selbstdarsteller bin, wie Sie sagen -, mittlerweile gewöhnt man sich daran, dass es zur Normalität gehört, dass Staatssekretäre der Regierung oder Mitarbeiter der Staatskanzlei straffällig werden. Das ist jetzt polemisch. Aber das mit dem Schlüssel wussten wir nicht, als der Untersuchungsausschuss begann. Heute könnte man dieser Auffassung näher treten. Aber der Umgang innerhalb der Staatskanzlei und innerhalb des Ministeriums mit den Daten ist das, was mich besorgt macht, Herr Kollege Puls. Das muss uns besorgt machen. Es ist die Bitte an die Regierung – zunächst
einmal die Bitte, später möglicherweise etwas anderes -, dafür Sorge zu tragen, dass die bisher von uns festgestellten nicht vorhandenen Sensibilitäten in entsprechender gehöriger Form wieder hergestellt werden.
Wenn das erreicht wird, Herr Kollege Puls, dann hat der Untersuchungsausschuss einen erheblichen Wert. Der „Schaden, der entstanden ist“ war begrenzbar. Durch die Weitergabe des BeStra-Vermerks ist in das Ermittlungsverfahren nicht in strafvereitelnder Weise eingegriffen worden, weder durch den Minister noch durch Herrn Mantik, obwohl Herr Mantik zum ersten Mal erfahren hat, wer noch Mitbeschuldigter ist, und immerhin das Risiko im Raum stand, dass ein Mitbeschuldigter, der von weiteren Aktionen nichts wusste, unterrichtet wurde. Dieser Schaden ist tatsächlich nicht eingetreten. Nur die Gefährdung war vorhanden.
Die Staatsanwaltschaft hat das Verfahren ordnungsgemäß zu Ende gebracht. Herr Mantik ist für die ihm vorgeworfenen Taten rechtskräftig verurteilt worden. Damit ist das erledigt. Auch Herr Mantik hat als Person einen Anspruch darauf, dass man nicht weiter intensiv auf seiner Person und seinen Persönlichkeitsrechten herumtritt.
Die Justizministerin hat es fertig gebracht, das etwas gestörte Verhältnis zwischen Regierung und Justiz in den nachgeordneten Behörden einigermaßen wieder geradezurücken, und die Regierung hat uns jetzt erklärt, sie sei ihrer Verpflichtung nachgekommen, den sensiblen Umgang mit BeStra-Vermerken künftig anders zu regeln als bisher. Sie wird uns versprechen - so denke ich -, dass der Innen- und Rechtsausschuss den Vorgang insgesamt zur Kenntnis bekommt.
Damit haben wir mit einem sehr unaufgeregten Untersuchungsausschuss ein Ergebnis erreicht, das dessen Einsetzung gerechtfertigt hat. Ich bedanke mich bei allen Beteiligten für die Zusammenarbeit.
tag, der 25. März 2003, letzte Sitzung des 1. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses. Wieder eine Sache beendet, abgeschlossen, zu den Akten gelegt und volle Kraft voraus für neue Taten. Das tut uns allen gut. Das tut Schleswig-Holstein gut. Die Journalisten haben ja bereits ein neues Thema gefunden.
Nur eines macht mich stutzig. Wo war die CDU bei der letzten Sitzung dieses wichtigen Untersuchungsausschusses? Boykottierte sie die letzte Sitzung? Wollte sie den Ausschuss nicht beenden? Ganz unparlamentarisch haben wir nun ohne diejenigen, die diesen Ausschuss federführend eingefordert haben, den Ausschuss beendet.
Dem Minderheitenrecht entspricht das mit Sicherheit nicht. Es wäre nun an der FDP, dies vor dem Bundesverfassungsgericht klären zu lassen.
Nun zum uns vorliegenden Abschlussbericht! Er macht deutlich, dass der Umgang mit Berichten in Strafsachen korrekt, überkorrekt erfolgen muss. Die Rechtslage ist klar. Es ist bekannt, dass gerade die Justizministerin sehr viel Wert darauf legt, dass das Wissen über die Rechtslage zum Allgemeingut derjenigen gehören muss, die mit diesen Berichten umgehen. BeStra-Berichte sind innerdienstliche Mitteilungen und von offiziellen Mitteilungen zu unterscheiden. Die Landesregierung hat Konsequenzen gezogen. Das ist auch in dem Bericht von Herrn Astrup deutlich geworden. Herr Kubicki hat zu Recht darauf hingewiesen, dass das im Nachgang im Innen- und Rechtsausschuss noch einmal besprochen werden muss.
Dies festzustellen, hätte aus unserer Sicht keines Untersuchungsausschusses bedurft, sondern auch im Innen- und Rechtsausschuss geklärt werden können. Wir haben damals der Einsetzung des Untersuchungsausschusses zugestimmt, weil wir uns nicht dem Vorwurf aussetzen wollten, dass irgendetwas zu verbergen sei. In der Bewertung unterscheiden wir uns, Herr Kubicki. Das hätte auch im Innen- und Rechtsausschuss möglich sein müssen.
Das Recht der Opposition, Untersuchungsausschüsse einzusetzen, umfasst auch die Pflicht, genau zu prüfen, ob ein Untersuchungsausschuss mit diesem Aufwand und den entsprechenden Kosten gerechtfertigt ist. Dies muss jede Fraktion für sich beurteilen und werten. Das gilt für alle Untersuchungsausschüsse, auch für den noch laufenden. Wir sind gefordert, sehr genau zu prüfen, wann wir einen Untersuchungs
ausschuss einsetzen. Wir müssen uns auch sehr genau überlegen, wann der Zeitpunkt gekommen ist, einen Untersuchungsausschuss gezielt dem Ende zuzuführen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Betrachten wir den vorliegenden Schlussbericht zum 1. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss, so stellt sich weniger die Frage nach den konkreten Verfehlungen der Landesregierung als eher die Frage nach der Sinnhaftigkeit der Einsetzung des Ausschusses. Konkrete Verfehlungen, die ein bewusstes und schuldhaftes Verstoßen gegen Gesetze beinhalten, konnten nicht festgestellt werden. Festgestellt werden konnte, welche Ministerien und Abteilungen innerhalb der Landesregierung professionell und angemessen mit dem vorliegenden Fall umgegangen sind und welche möglicherweise in ihrem Handeln noch Defizite hatten.
Hier muss man allerdings vorwegschicken, dass viele erst gelernt haben, was ein BeStra-Vermerk ist und was man mit ihm tun darf, als die Arbeit des Ausschusses begann. So kann man dem Ganzen zumindest eine pädagogische Komponente abgewinnen. Auf jeden Fall wussten weder die meisten der handelnden Personen noch die breite Öffentlichkeit, was ein BeStra-Vermerk ist und wie sich der Einzelne im konkreten Fall zu verhalten hatte. Diese Tatsache müssen wir allen Überlegungen zu den entsprechenden Handlungen zugrunde legen.
Kommen wir nun zu den konkreten Ergebnissen der Untersuchung. Da ist zum einen die Übergabe des BeStra-Vermerks zu einem Zeitpunkt, als zumindest öffentlich noch nicht klar war, dass konkret eine Durchsuchung auf einer definierten Untersuchungsgrundlage durchgeführt wurde. Man kannte Zeitungsberichte mit entsprechenden Verdächtigen, mehr aber nicht.
Dass Herr Mantik den BeStra-Bericht in dieser Situation erhielt, war sicherlich problematisch, wenn sich nachträglich auch herausstellte, dass dies die Ermittlungen nicht beeinträchtigt hat. Da der BeStra
Vermerk die Grundlage der Ermittlungen, also die Beschuldigungstatbestände, enthielt, hätte es sein können, dass Herr Mantik von einem ihm unbekannten Ermittlungsstand der Behörden hätte erfahren können.