zuschreiben. Denn bei weitem nicht alle der circa 300 in Schleswig-Holstein im Maßregelvollzug untergebrachten Menschen stellen auch eine Gefahr für die Allgemeinheit dar.
Im Gegensatz zu den verbreiteten Vorurteilen sind die forensischen Abteilungen nicht nur von Massenmördern und Triebtätern bevölkert, die nur auf eine Gelegenheit warten, wieder zuschlagen zu können. Deshalb ist es im Sinne der Datensparsamkeit richtig, den Kliniken die Entscheidung zu überlassen, ob die Maßnahme im Einzelfall erforderlich ist. Ich bin sicher, dass sie diese Verantwortung tragen können, die ihnen durch das Gesetz auferlegt wird.
Angesichts der weitgehenden Eingriffe in die Grundrechte der Betroffenen hätten wir allerdings eine verbindlichere Regelung im Gesetz besser gefunden als Regelung der Aufbewahrung, Übermittlung und Löschung der Daten durch die Geschäftsführer der Kliniken.
Der neue Gesetzentwurf regelt auch, dass die Daten gelöscht werden müssen, ohne dass hierfür ein Antrag vorliegt. Das halten wir für richtig. Denn man kann nicht erwarten, dass die Betroffenen über so viel juristischen Sachverstand verfügen, dass sie alle die Bedeutung eines solchen Antrags erkennen. Hier wird ein Unterschied zum Strafvollzug gemacht, den wir durchaus für sinnvoll halten.
Ich möchte nicht verhehlen, dass der SSW einige der Regelungen in diesem Gesetz mit gewisser Skepsis sieht. Das gilt unter anderem für die Fingerabdrücke. Das gilt für die Geschäftsführerregelung und die verhältnismäßig breiten Regelungen zur Weitergabe beziehungsweise Verwertung der erkennungsdienstlichen Daten. Trotzdem sehen wir auch hier deutliche Verbesserungen zwischen erster und zweiter Lesung. Wir werden daher dem Gesetzentwurf heute zustimmen. Genauso wie die Kollegin Fröhlich, aber aus anderen Gründen, regen wir an, dass wir diese Regelung nach zwei, drei Jahren wieder unter die Lupe nehmen, um nachzusehen, wie sich der Gesetzentwurf in der Praxis ausgewirkt hat, und zwar insbesondere für diejenigen, die durch die erkennungsdienstlichen Maßnahmen betroffen sind.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bereits Anfang 2002 waren wir uns fraktionsübergreifend einig, dass wir dem gewachsenen Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung auch im Umgang mit psychisch kranken Straftätern Rechnung tragen müssen. Herr Kubicki, ich glaube, es gibt einen Unterschied zwischen der tatsächlichen Sicherheit, die natürlich nicht ohne weiteres durch so etwas, was wir jetzt tun, zu erreichen ist, und dem Sicherheitsbedürfnis beziehungsweise Sicherheitsgefühl von Menschen.
Das hat auch sehr viel mit Psychologie zu tun. Umso schwieriger ist die Gratwanderung, die wir machen müssen, wenn wir in dem Zielkonflikt zwischen dem Sicherheitsbedürfnis und dem Anspruch auf Therapie kranker Menschen einen Weg finden müssen.
Wir wollen heute in zweiter Lesung das Maßregelvollzugsgesetz ändern und angemessene erkennungsdienstliche Maßnahmen ermöglichen. Ich denke, wir schließen damit in der Tat eine Sicherheitslücke, die sich bei einigen Fluchtversuchen oder auch tatsächlich gelungenen Fluchten ergeben hat.
In der Zielrichtung einig, gab es jedoch unterschiedliche Auffassungen in Aspekten der konkreten Durchführung. Das ist hier heute auch noch einmal deutlich geworden. Dabei ging es insbesondere um die Frage, ob die erkennungsdienstlichen Maßnahmen grundsätzlich und immer bei allen Patientinnen und Patienten durchgeführt werden sollten, und vor allem, ob sie bei jeder Art von Vollzugslockerung erneut durchzuführen seien oder ob die entsprechenden Entscheidungsspielräume dann bei dem behandelnden Therapeuten, der behandelnden Klinik verbleiben sollten. Der Ausschuss hat sich für Letzteres entschieden und das ist gut so.
Ein weiterer Knackpunkt war die Frage nach der Aufbewahrung der Akten nach einer Entlassung. Auch dies ist, glaube ich, verträglich in einem solchen Zielkonflikt geregelt.
Der Innen- und Rechtsausschuss sowie der Sozialausschuss haben in meinen Augen einen guten Kompromiss gefunden. Letztlich ist zwischen den Positionen von FDP und CDU eine Linie gefunden worden, die allen Beteiligten gerecht wird. Auch ich gehe davon aus, Herr Kollege Geißler, dass die Fachkliniken dieses Instrumentarium, das sie jetzt haben, nicht nur konsequent, sondern ganz besonders verantwortungs
voll nutzen. Sie werden das im eigenen Interesse tun, da auch der Ruf einer Klinik davon abhängt, wie ein solches Problem beziehungsweise ein solcher Zielkonflikt gelöst wird.
Wir sind uns alle darüber im Klaren, dass der Zielkonflikt zwischen der größtmöglichen Sicherheit beziehungsweise der Erfüllung des Sicherheitsbedürfnisses der Bevölkerung und der bestmöglichen Therapie für psychisch Kranke, die auf Reintegration ausgerichtet ist, nicht dauerhaft und vollständig ausgeräumt werden kann. Wir haben ein anderes Problem zu lösen, das sich an dem Fall Sabbasch gezeigt hat, auf den die Kollegin Tenor-Alschausky hingewiesen hat. Wir müssen in rechtlicher Hinsicht überlegen, wie wir einen psychisch kranken Straftäter, der aufgrund richterlichen Urteils entlassen wird, vorbereiten und wie wir ihn nach der Entlassung begleiten. Das Gesundheitsministerium und das Justizministerium sind da auch im Gespräch. Das ist ein nächstes Problem, das wir zu lösen haben.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit schließe ich die Beratung. Wir stimmen in der Sache ab.
Ich lasse über den Gesetzentwurf der CDU in der Drucksache 15/1544 in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung abstimmen. Wer dem Gesetzentwurf zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dann ist der Gesetzentwurf mit den Stimmen von SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW bei Enthaltung der FDP-Fraktion angenommen.
Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Dann erteile ich zur Beantwortung der Großen Anfrage der Ministerin für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur, Frau Erdsiek-Rave, das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin gestern Abend bei einer Veranstaltung in einer Kieler
Schule gewesen. Beim Hineingehen in diese Schule habe ich mit Entsetzen festgestellt, dass unmittelbar vor dem Eingang der Schule - man muss wirklich sagen - Berge von Zigarettenkippen lagen. Von mir darauf angesprochen, verwies der Schulleiter auf die tagtäglich dort stattfindenden Veranstaltungen der Volkshochschule. Das wirft ein Licht auf unsere Bemühungen und darauf, vor welchen Schwierigkeiten die Schulen manchmal bei dem Bemühen stehen, das Rauchen an den Schulen zu unterbinden, Schwierigkeiten, auf die wir vielleicht noch gar nicht gekommen sind. Wie sollen eigentlich Schüler das Rauchen an einer solchen Schule unterlassen, wenn sie solche Bilder tagtäglich vor sich haben? Das wirft auch ein Schlaglicht auf die Verantwortung von Schulträgern für solche Situationen. Das müssen Schule und Schulträger in einer solchen Situation gemeinsam in den Griff bekommen.
Die PISA-Studie und ihre Ergebnisse haben in Deutschland eine umfassende bildungspolitische Debatte ausgelöst, bei der vieles auf den Prüfstand gestellt worden ist. Dazu gehört auch die Frage: Wie sind die Gewichte zwischen Ländern und Schulträgern, also zwischen Land und Kommunen, eigentlich verteilt? Ist es so, wie sie verteilt sind, optimal? Wie können Land und kommunale Schulträger ihre gemeinsame bildungspolitische Verantwortung noch besser wahrnehmen und Schulaufsicht, Schulträger, Schulleitung, Lehr- und Betreuungskräfte und Eltern sowie Schülerinnen und Schüler an dieser Gesamtverantwortung beteiligen?
Die kommunalen Landesverbände haben ihren Wunsch nach Veränderung signalisiert, wobei - das muss man allerdings auch feststellen - es bei den Schulträgern keineswegs ein einheitliches Meinungsbild gibt. Da ist noch viel Diskussion auch untereinander erforderlich.
Die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der FDP zu den Aufgaben der Schulträger war insofern auch eine gute Gelegenheit, umfassende Informationen über die Rolle der Schulträger, über ihre Leistungen zusammenzustellen. Ich danke allen, die mit der Beantwortung dieses sehr umfangreichen Fragenkatalogs beschäftigt waren, sehr herzlich für die Arbeit; denn das Bildungsministerium konnte die Beantwortung gar nicht allein leisten, sondern war darauf angewiesen, dass vor allem die Kreise und kreisfreie Städte, aber auch das Innenministerium dabei helfen. Deswegen ist allen Beteiligten an dieser Stelle besonders zu danken.
Meine Damen und Herren, Sie können dem Bericht - nach meiner Auffassung jedenfalls - entnehmen, dass die kommunalen Schulträger insgesamt ihre Verpflichtung gegenüber der jungen Generation erkennen und auch erfüllen. Sie haben erkannt, dass es einen Zusammenhang zwischen der Ausstattung und dem äußeren Bild einer Schule und dem pädagogischem Klima sowie letztlich auch dem Lernerfolg gibt. Da gibt es einen Zusammenhang. Es ist nicht gleichgültig, in welcher Umgebung, mit welcher Ausstattung, in welchem Bild einer Schule - ganz äußerlich gesprochen - das Lernen erfolgt. Das ist nicht gleichgültig, sondern da besteht ein unmittelbarer Zusammenhang.
Natürlich gibt es hier eine klare Verantwortung der Schulträger. Wir haben in den letzten Jahren darauf verzichtet, so etwas wie verbindliche Mindestnormen für Einrichtung, Ausstattung und Unterhaltung sowie Verwaltung der Schule zu erlassen. Hier gibt es - das ist unser Verständnis vom Verhältnis von Land und Kommunen - eine klare Teilung der Verantwortung.
Nun weiß ich natürlich auch - das darf man nicht verschweigen -, dass die Finanzkraft und das, was wir gemeinhin die Schulfreundlichkeit von Schulträgern nennen, im Lande doch unterschiedlich ausgeprägt ist. Das darf man nicht einfach verschweigen; das ist so. Das sieht man, wenn man in eine Schule hineinkommt. Ich merke auch bei meinen Schulbesuchen, wenn am Ende eine Runde gemacht wird, an der alle - Schulleitung, Elternschaft und auch die Schulträger - beteiligt sind, wie gut das Verhältnis untereinander ist, wie eng da kooperiert wird, wie problembewusst die Schulträger sind wie sie sich um Lösungen bemühen, oder ob Schulleitung, Schule und Schulträger relativ weit voneinander entfernt sind. Beides gibt es im Lande. Unser Ziel muss sein, diese gemeinsame Verantwortung - das gilt auf allen Ebenen - aktiv zu nutzen. Dafür lohnt es sich, noch ein bisschen mehr zu arbeiten.
Breiten Raum in der Großen Anfrage - das ist natürlich auch kein Wunder - nimmt die Frage der Finanzierung des Schulbaus ein. Wenn es so ist, dass wir im Bereich des Schulbaus auch nach der Aufstockung des Schulbaufonds und der Aufstockung des kommunalen Investitionsfonds - was von den Schulträgern natürlich sämtlich genutzt wird - immer noch Probleme haben, so liegt dies an dem großen Sanierungsstau, den wir nach wie vor an unseren Schulen zu verzeichnen haben, insbesondere bei den Neubauten aus den 70er-Jahren, die ja so sind, wie man heute eben nicht mehr bauen würde, und die heute sämtlich
sanierungsbedürftig sind. Derzeit warten immer noch 320 angemeldete Schulbauvorhaben mit einem Gesamtvolumen von über 200 Millionen € auf ihre Realisierung.
Der Bericht zu den Aufgaben der Schulträger ist, denke ich, ein gutes Fundament für die weitere Debatte. Bei der Festlegung der Zuständigkeiten von Land und Kommunen wird es in Zukunft vor allem um folgende Themen gehen.
Erstens. Die Schulen erhalten bei der Wahrnehmung ihres pädagogischen Auftrages seit langem mehr Eigenverantwortung und das Land bleibt für die bildungspolitischen Grundsatzfragen und für die Ergebniskontrolle zuständig, natürlich auch für die Finanzierung des Personals. Aber generell muss das Prinzip gelten: So viel Eigenständigkeit wie möglich und so viel Kontrolle wie nötig. Bei Letztem - das muss man vielleicht selbstkritisch einräumen - hat es in der Vergangenheit möglicherweise Mängel gegeben. Wir haben zwar auf der einen Seite Eigenständigkeit seit vielen Jahren eingeräumt, aber an der notwendigen Kontrolle auf der anderen Seite - im Sinne von Schulinspektionen oder Schulüberprüfungen, in welcher Form auch immer; dies wird ja in allen Bundesländern diskutiert - hat es gemangelt. Dies gilt es nachzuholen und dabei sind wir ja auch auf einem guten Wege.
Zweitens geht es darum, dass die Schulträger im Rahmen ihrer Zuständigkeit die Eigenverantwortung der Schulen ebenfalls stärken sollen. Das gilt für die Verwaltung der Budgets, die es längst noch nicht in allen Kommunen gibt. Ich appelliere hier auch an alle Abgeordneten, sich dafür einzusetzen, dass die Schulträger den Schulen wirklich eigenständige Budgets geben und ihnen auch zutrauen, diese Budgets gut zu verwalten.
Wenn sie damit arbeiten, werden sie merken, dass die Schulen wesentlich ökonomischer mit dem Geld umgehen, wenn sie es selbst verwalten können. Das ist eine Binsenweisheit, aber nach ihr wird leider noch nicht überall gehandelt. Die Schulträger werden gleichzeitig auch sehr viel stärker, als dies früher der Fall war, an der Profilgebung der Schulen und an der Gestaltung des Schulalltags beteiligt.
Drittens geht es um die Arbeit der Schulen mit kommunalen Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit. Dabei werden Kulturarbeit und Weiterbildungsarbeiten verknüpft und teilweise auch in den schulischen Alltag integriert. Das ist eine Entwicklung, die wir ausdrücklich unterstützen. Wir halten es für gut, Schule für all diese Möglichkeiten zu öffnen, die bei
Auf diese Weise sollen Schulen vor allem mit ganztägigem Angebot in die Lage versetzt werden, ein vielfältiges, ein hochwertiges Bildungs- und Betreuungsprogramm anzubieten.
Viertens ist die Aufteilung der finanziellen Lasten der Schulträgerschaft einschließlich der Schülerbeförderung zu überprüfen, ebenso die Gestaltung der Schulbaufinanzierung. Darüber müssen wir mit den kommunalen Vertretungen und mit den kommunalen Landesverbänden weiter im Gespräch bleiben.
Für die schulischen Aufgaben, die sich gewissermaßen im Zwischenbereich von staatlichem Bildungsauftrag und kommunaler Betreuungszuständigkeit befinden, muss eine Kostenteilung innerhalb des kommunalen Finanzausgleichs vereinbart werden. Dabei ist natürlich das Konnexitätsgebot der Landesverfassung zu wahren.
Meine Damen und Herren, der Landesregierung geht es darum, die Modernisierung des Schulsystems voranzutreiben, und zwar in enger Zusammenarbeit mit den kommunalen Schulträgern. Für die vollständige „Kommunalisierung“ der Schulen im Sinne einer auch dienstrechtlichen Übernahme des Lehrerpersonals durch die Schulträger, wie sie etwa der Schleswig-Holsteinische Gemeindetag angeregt hat, mag es überzeugende Argumente geben, aber nach unserer Auffassung überwiegen doch die Nachteile. Unsere gemeinsame Aufgabe ist es, den intensiven Dialog mit den kommunalen Landesverbänden fortzusetzen und zwischen deren Vorschlägen und den Vorstellungen der Landesregierung einen Konsens herzustellen, der tatsächlich der gemeinschaftlichen Verantwortung für die Schulen gerecht wird. Dabei sind wir auf einem sehr guten Wege. Gemeinsam mit den kommunalen Landesverbänden haben wir Grundsätze für die Neuausrichtung der Schulentwicklungsplanung erarbeitet, die die organisatorische Zusammenarbeit von Schulen verstärken soll.