Protocol of the Session on May 8, 2003

Ich denke, ein Vorteil wäre vielleicht auch, dass einige Verwaltungsvorgänge etwas schneller erledigt werden könnten. Ich möchte nur daran erinnern, dass wir letzten Samstag im Radio hören konnten, dass ein Schwertransporter acht Stunden Pause machen musste, weil ein bestimmter Verwaltungsvorgang nicht bei ihm eingehen konnte und darüber hinaus aus dem Grunde die Polizei, die erforderlich war, nicht herbeigerufen werden konnte, solange der Veraltungsakt nicht vorlag. Ich habe erst gedacht, ich höre nicht richtig.

(Holger Astrup [SPD]: Der hat das nicht rechtzeitig angemeldet, Frau Kollegin!)

- Das war rechtzeitig angemeldet. Die Behörde hat ein halbes Jahr gebraucht, diesen Vorgang zu bearbeiten. So wurde es am Sonnabend im Radio wiedergegeben. Ich kann mich natürlich nur auf diese Meldung beziehen. Dort wurde wiedergegeben, dass der Antrag rechtzeitig abgegeben worden ist, es aber etwas länger dauerte, diesen Vorgang abzuschließen.

Wir stehen dem Ganzen also sehr positiv gegenüber und freuen uns auf die Ausschussberatung.

(Beifall beim SSW und der Abgeordneten Thorsten Geißler [CDU] und Wolfgang Ku- bicki [FDP])

Das Wort hat jetzt Herr Minister Buß.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung begrüßt ausdrücklich, dass die Fraktion der FDP diesen Gesetzentwurf vorgelegt hat und damit dokumentiert, dass sie modernen Formen der Kommunikation zwischen Verwaltung, Bürger und Wirtschaft aufgeschlossen ist. Aber das habe ich auch allen Redebeiträgen hier entnommen und dafür bin ich dankbar.

Der Bund hat mit Wirkung zum 1. Februar 2003 moderne Formen der Verwaltung in sein Verwaltungsverfahrensgesetz aufgenommen. Der Gesetzentwurf der FDP will, dass das in Schleswig-Holstein in das Landesverwaltungsgesetz übernommen wird. Die Landesregierung - das wird Sie hoffentlich nicht überraschen - ist in den letzten Monaten in diesem Bereich natürlich nicht untätig gewesen und hat einen eigenen Gesetzentwurf erarbeitet, der allerdings deutlich über den FDP-Vorschlag hinausgeht.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das können Sie jetzt sagen, da ihn keiner kennt!)

- Das ist völlig richtig, ja.

Zum einen übernimmt der Entwurf nicht nur die 14 Änderungen des Bundesgesetzes, die zur Einführung der elektronischen Kommunikation erforderlich sind - insofern stimmen beide Entwürfe völlig überein -, sondern umfasst insgesamt 42 Artikel mit Begründungen. Neben der Änderung des Landesverwaltungsgesetzes erfolgen in weiteren Landesgesetzen und Verordnungen Änderungen zur besonderen Regelung über die elektronische Kommunikation, soweit es nach dem derzeitigen Kenntnisstand erforderlich ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn von einem festgelegten Grundsatz abgewichen werden soll, dass nämlich eine durch Rechtsvorschrift angeordnete Schriftform durch die mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehenen elektronischen Form ersetzt werden kann.

Es gibt Bereiche, in denen man auf die Signatur verzichten oder eine einfache E-Mail genügen lassen kann, um den Bürgerinnen und Bürgern und der Wirtschaft den Zugang zur Verwaltung noch leichter zu machen. Umgekehrt gib es Fälle, in denen die gute alte Papierform - jedenfalls nach unserer Auffassung -

(Minister Klaus Buß)

auf jeden Fall beibehalten werden sollte, zum Beispiel bei Zeugnissen über eine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung, die man lieber im Original in der Hand halten und vorzeigen will. Hier wird die elektronische Form dann ausgeschlossen.

Zum anderen sollen über die rechtsverbindliche elektronische Kommunikation hinaus 25 weitere Änderungen des Landesverwaltungsgesetzes erfolgen. Ich erwähne beispielhaft die deutliche Verkürzung der Geltungsdauer von Verordnungen über die öffentliche Sicherheit, so genannte Polizeiverordnungen, von 20 auf nur fünf Jahre, um den heutigen schnellen Veränderungen in diesem Bereich Rechnung zu tragen. Außerdem wird durch eine Ergänzung des § 119 Landesverwaltungsgesetz vorgeschlagen, dass künftig in sämtlichen Bereichen nicht mehr Behörden des Landes, sondern die Landräte und Oberbürgermeister oder die Bürgermeister selbst über Widersprüche gegen Verwaltungsakte, die sie erlassen haben, entscheiden.

Der Gesetzentwurf wird in der übernächsten Woche im Kabinett beraten und geht dann in die Anhörung zu den kommunalen Landesverbänden und zu anderen betroffenen Stellen. Nachdem eventuelle Ergänzungsvorschläge geprüft und eingearbeitet worden sind, wird dem Landtag dann im Spätsommer der umfassende Gesetzentwurf vorgelegt werden. Meine Anregung wäre, die Beratung des Gesetzentwurfs der FDP und des Regierungsentwurfs im Ausschuss zusammen durchzuführen und die Beratung des FDPEntwurfs vielleicht so lange zurückzustellen.

Ich bin sehr dankbar und begrüße ausdrücklich, dass von Herrn Kubicki und auch von Herrn Geißler hier gesagt worden ist, dass dann im Ausschuss - ausgehend von diesen beiden Gesetzentwürfen - das Problem des E-Governments einmal umfassend beraten werden sollte. Das halte ich für gut, weil ich fest davon überzeugt bin, dass E-Government ein wirkliches Zukunftsthema ist, dem wir uns unbedingt widmen müssen.

(Vereinzelter Beifall im ganzen Haus)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf dem Innen- und Rechtsausschuss

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Mitberatend Wirtschaftsausschuss!)

- mitberatend dem Wirtschaftsausschuss - zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das

Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Maßregelvollzugsgesetzes (MVollzG)

Gesetzentwurf der Fraktion der CDU Drucksache 15/1544

Bericht und Beschlussempfehlung des Innen- und Rechtsausschusses Drucksache 15/2583

Ich erteile zunächst das Wort der Berichterstatterin des Innen- und Rechtsausschusses, Frau Abgeordneter Schwalm.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich verweise in diesem Fall auf die Vorlage.

Ich danke der Frau Berichterstatterin. Dann eröffne ich die Beratung. Das Wort hat Herr Abgeordneter Geißler.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach längerer Zeit wird dieser Landtag heute einen Gesetzentwurf meiner Fraktion annehmen, wenn auch in leicht veränderter Fassung. Da es in diesem Haus ein ungewöhnlicher Vorgang ist, dass der Gesetzentwurf einer Oppositionsfraktion Erfolg hat, möchte ich mich zu Beginn meiner Ausführungen bei den Vertretern der anderen Fraktionen, insbesondere den Regierungsfraktionen, für die konstruktive Beratung und Beschlussfassung im zuständigen Fachausschuss des Landtages sehr herzlich bedanken.

(Beifall bei der CDU)

Mit dem Gesetz zur Änderung des Maßregelvollzugsgesetzes wollen wir eine im Lande bestehende Sicherheitslücke schließen. Entweichungen von Gefangenen aus dem Justizvollzug beziehungsweise aus der Unterbringung im Maßregelvollzug sind dank verschärfter Sicherheitsvorkehrungen zum Glück nicht mehr so häufig wie noch vor einigen Jahren. Aber sie sind in keinem Fall für die Zukunft völlig auszuschließen. Immer wieder ist es in der Vergangenheit auch nach der Entweichung oder beim Nutzen einer Vollzugslockerung zur Begehung gelegentlich auch schwerer Straftaten gekommen. Dafür gibt es aktuelle

(Thorsten Geißler)

Beispiele, die bundesweite Aufmerksamkeit erzielten, auch Tötungsdelikte und Sexualstraftaten.

Es ist eine Tatsache - auch dafür gibt es aktuelle Beispiele -, dass von nicht wenigen im Maßregelvollzug Untergebrachten gerade auch aufgrund ihrer Erkrankung eine erhebliche Gefahr für die Öffentlichkeit ausgeht. Es sind bei diesen Untergebrachten auch Personen, die Tötungsdelikte oder schwere Sexualstraftaten verübt haben.

Bisher galt, dass die Polizei im Falle der Entweichung eines Untergebrachten zum Teil auf völlig veraltete Fahndungsfotos aus den staatsanwaltschaftlichen oder polizeilichen Ermittlungsakten zurückgreifen musste. Dies stellt einen schweren Sicherheitsmangel dar. Fahndung und Ergreifung wurden durch dieses Versäumnis erheblich erschwert.

Der neue § 5 a des Maßregelvollzugsgesetzes soll nun zur Sicherung des Vollzuges der Maßregel als erkennungsdienstliche Maßnahmen ausdrücklich für zulässig erklären: die Abnahme von Finger- und Handflächenabdrücken, die Aufnahme von Lichtbildern, die Feststellung äußerlicher körperlicher Merkmale und Messungen. Entweicht der Untergebrachte oder hält er sich sonst ohne Erlaubnis außerhalb der Fachklinik auf, können die Unterlagen der Vollstreckungsbehörde und der Polizei zum Zwecke der Fahndung und Identifizierung übermittelt werden. Sie können auch – das ist ebenfalls wichtig – zu kriminalpolizeilichen Sammlungen genommen werden.

Nach der vom Ausschuss verabschiedeten Fassung obliegt den Geschäftsführerinnen und Geschäftsführern der Fachkliniken die Herstellung der erkennungsdienstlichen Unterlagen, deren Aufbewahrung, Übermittlung und Vernichtung. Ich habe in der Ausschussberatung darauf aufmerksam gemacht, dass meine Fraktion davon ausgeht, dass die Geschäftsführer die ihnen nach dem Gesetz übertragenen Aufgaben verantwortungsbewusst ausüben werden und die Anfertigung erkennungsdienstlicher Maßnahmen nur dann unterbleibt, wenn nach den Umständen des Einzelfalls eine Entweichung oder das Ausnutzen einer Vollzugslockerung zu Fluchtzwecken ausgeschlossen erscheint. Ansonsten muss dieses rechtliche Instrumentarium konsequent genutzt werden.

Selbstverständlich gilt für psychisch kranke Straftäter – wie im Strafvollzug allgemein – das Prinzip der Resozialisierung, verbunden mit dem Anspruch auf medizinische und psychische Betreuung und Therapie. Die Anfertigung beziehungsweise Aufbewahrung erkennungsdienstlicher Unterlagen gefährdet dieses Vollzugsziel nicht. Gleichzeitig aber wird eine bedenkliche Sicherheitslücke geschlossen. Nicht zuletzt

die Klinik für forensische Psychiatrie hat darauf aufmerksam gemacht, dass in den letzten Jahren bei den im Maßregelvollzug untergebrachten Patienten die Deliktschwere deutlich zugenommen hat. Auch wenn bei der Anwendung der nach dem aktuellen Wissensstand gültigen Methoden eine Einschätzung unter anderem der Fluchtgefahr zuverlässiger als in früheren Jahren erfolgen kann, so besteht doch nach Einschätzung dieser Klinik ein erhebliches Maß an Rechtsunsicherheit. Diese Warnung sollten wir ernst nehmen.

Daher sollten wir gemeinsam die vorhandene Gesetzeslücke schließen. Ich darf Sie sehr herzlich um Zustimmung zu dem von uns vorgelegten Gesetzentwurf bitten.

(Beifall bei CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile der Frau Abgeordneten Tenor-Alschausky das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Maßregelvollzug ist ein schwieriges Thema, besetzt mit vielen Emotionen. Die rechtliche Regelung des Maßregelvollzugs beinhaltet immer einen Konflikt. Einerseits hat die Bevölkerung den berechtigten Anspruch, vor gefährlichen Straftätern wirkungsvoll und umfassend geschützt zu werden. Andererseits handelt es sich bei den im Maßregelvollzug untergebrachten Menschen um Kranke, die möglichst wieder integriert werden sollen und denen selbstverständlich rechtsstaatliche Behandlung zusteht.

Wie schwierig und belastend für das Opfer der Umgang gerade mit einem aus dem Maßregelvollzug entlassenen, erneut straffällig gewordenen Täter ist, wie kritisch die Öffentlichkeit alles, was mit dem Maßregelvollzug zu tun hat, betrachtet, kann ich als Abgeordnete aus dem Kreis Pinneberg fast täglich wahrnehmen. Der Fall Sabbasch und die von ihm mutmaßlich begangene Vergewaltigung einer jungen Frau aus meinem Wahlkreis sind zumindest regional nach wie vor ein Thema. Um nicht falsch verstanden zu werden: Dieser Fall hätte auch durch die Änderung des Maßregelvollzugsgesetzes, die wir heute vornehmen wollen, nicht verhindert werden können.

Warum wollen wir das Maßregelvollzugsgesetz trotzdem ändern? Straftäter, die im Strafvollzug untergebracht sind, können erkennungsdienstlich behandelt werden. Das ist im Strafvollzugsgesetz geregelt. Für die psychisch kranken Straftäter, die nicht im Straf

(Siegrid Tenor-Alschausky)

vollzug untergebracht sind, sondern im Maßregelvollzug behandelt werden, besteht diese Möglichkeit bislang nicht. Diese Ungleichheit wollen wir ändern, um für den Fall einer erneuten Straftat im Fall einer Entweichung aus der Unterbringung dieselben Informationen über die Täter zur Verfügung zu haben, unabhängig davon, ob sie im Strafvollzug oder im Maßregelvollzug untergebracht waren.

Mit der Neuregelung soll die Zulässigkeit erkennungsdienstlicher Maßnahmen, im Einzelnen die Abnahme von Finger- und Handflächenabdrücken, die Aufnahme von Lichtbildern, die Feststellung äußerlicher körperlicher Merkmale und Messungen, Bestandteil des Maßregelvollzugsgesetzes werden.

Die gewonnenen erkennungsdienstlichen Unterlagen müssen in den Fachkliniken getrennt von den Krankenakten aufbewahrt werden. Entweicht der untergebrachte Mensch, können diese Unterlagen der Polizei zum Zwecke der Fahndung und der Identifizierung übermittelt werden. Damit werden polizeiliche Fahndungen erleichtert. Die Vorgabe, erkennungsdienstliche Unterlagen und die allgemeinen Krankenunterlagen getrennt voneinander aufzubewahren, verhindert den missbräuchlichen Zugang und schützt die Persönlichkeitsrechte der vom Maßregelvollzug Betroffenen.

Die SPD-Fraktion ist überzeugt, dass die Neuregelung zweckmäßig und zielführend ist. Wir wollen, dass die erkennungsdienstlichen Maßnahmen eingeleitet werden können, wenn dies geboten ist. Die Unterlagen sollen nach Beendigung der Maßregel des Betroffenen unverzüglich vernichtet werden.