Siegrid Tenor-Alschausky
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Privatisierung ist für Sozialdemokraten kein Selbstzweck.
Auch deshalb führte der Vorschlag der von der Landesregierung eingesetzten Strukturkommission, die psychatrium GRUPPE, also die ehemaligen Fachkliniken Heiligenhafen und Neustadt sowie die Fachklinik Schleswig, von Anstalten des öffentlichen Rechts in Gesellschaften mit beschränkter Haftung umzuwandeln, zu intensiven Beratungen. Ich möchte an dieser Stelle den beteiligten Häusern, insbesondere Frau Ministerin Trauernicht, Herrn Staatssekretär Fischer, Frau Ministerin Lütkes und Frau Staatssekretärin Diederich sowie allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für ihre kundige und engagierte Arbeit und Unterstützung danken.
Was ist das Ziel des uns jetzt vorliegenden Gesetzentwurfs? Das Fachklinik-Umwandlungsgesetz schafft die landesrechtliche Voraussetzung, den für eine Privatisierung erforderlichen Formwechsel von Anstalten des öffentlichen Rechts in privatrechtliche Gesellschaften vorzunehmen. Nach diesem Formwechsel kann die Veräußerung der Geschäftsanteile an private Erwerber erfolgen.
Während die Veräußerung der Bereiche der „regulären Psychiatrie“ keine größeren rechtlichen Probleme aufwirft, stellen sich im Zusammenhang mit dem Verkauf der forensischen Anteile Fragen. Es werden hoheitliche Aufgaben, nämlich der Vollzug von freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung nach §§ 63 und 64 StGB und die präventive Unterbringung nach den Vorschriften des PsychKG, an Private übertragen.
Wir Sozialdemokraten halten es aus ethischen und verfassungsrechtlichen Gründen für unabdingbar, weitestgehende Einwirkungsmöglichkeiten des Landes zu erhalten.
Das heißt für uns: Das Land darf nicht auf die Rechtsaufsicht beschränkt sein, sondern muss die Fachaufsicht ausüben. Dies ist im Beleihungsvertrag mit einem privaten Betreiber festzuschreiben.
Schon bei der ersten Lesung des damals vorliegenden Gesetzentwurfs wurde deutlich, dass dieser noch intensiver Beratungen in den beteiligten Fachausschüssen bedurfte.
Dieser schwierigen fachlichen Beratung, die leider unter einem gewissen zeitlichen Druck stattfinden musste, haben sich fast alle Fraktionen mit der erforderlichen Intensität gestellt.
So war interfraktionell vereinbart worden, am 2. September 2004 eine Anhörung im Sozialausschuss durchzuführen, an der unter anderem ein Vertreter der von der Landesregierung beauftragten Rechtsanwaltskanzlei, der Geschäftsführer der psychatrium GRUPPE, der Geschäftsführer der Fachklinik Schleswig, die Vorsitzende des Gesamtpersonalrats der psychatrium GRUPPE, die Vorsitzende des Gesamtpersonalrats der Fachklinik Schleswig sowie ein Vertreter ver.dis teilnahmen. Eine Anhörung, von der alle Anwesenden profitiert haben, eine Anhörung, die die Klärung schwieriger Fragen ermöglichte.
Zu unserem Bedauern wurde diese bedeutsame Anhörung leider von keinem der CDU-Sozialausschussmitglieder wahrgenommen. Was mag der Grund gewesen sein? Ich möchte hier allen - insbesondere Ihnen, Frau Kolb -, die an der Anhörung teilgenommen haben, für Ihre konstruktive Mitarbeit danken.
Betonen möchte ich folgende vorgeschlagenen Änderungen zum Ursprungsgesetzentwurf: In § 4 Abs. 2 wird die Geschäftsführung der psychatrium GRUPPE veranlasst, mit dem gebildeten Betriebsrat Vereinbarungen zu treffen, wonach bisher bestehende Dienst
vereinbarungen in Betriebsvereinbarungen umgewandelt werden.
§ 16 des Maßregelvollzugsgesetzes regelt die Anliegenvertretung neu. Neben einer oder einem in der Psychiatrie und im Maßregelvollzug erfahrenen Ärztin oder Arzt, einer Psychologin oder einem Psychologen, einer im Maßregelvollzugsangelegenheiten erfahrenen Person mit der Befähigung zum Richteramt, einer Person auf Vorschlag der Vereinigung der Angehörigen und Freunde psychisch kranker Menschen wird dieser neu zu gründenden Besuchskommission auch die oder der Bürgerbeauftragte für soziale Angelegenheiten angehören.
Mit dem durch den Beschluss des Sozialausschusses im Einvernehmen mit dem beteiligten Innen- und Rechtsausschuss vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Umwandlung psychiatrischer Einrichtungen und Entziehungsanstalten wird erreicht, was von uns schon in der ersten Lesung eingefordert wurde: Die Angebote der Kliniken mit ihrer besonderen Fachlichkeit können bewahrt und weiterentwickelt werden.
Die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden gewahrt. Die Durchführung des Maßregelvollzugs durch einen entsprechenden Beleihungsvertrag sichert die Fachaufsicht des Landes.
Wir erwarten durch die Privatisierung eine Verbesserung der therapeutischen Versorgung und die schrittweise Behebung der baulichen Mängel. Ich bitte Sie im Namen meiner Fraktion um Zustimmung zum uns heute vorliegenden Beschlussvorschlag.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Selbstverwaltung stärken – Rechtssicherheit schaffen“ - dieser Antrag der FDP beschäftigt uns heute erneut. Ich muss gestehen, es hat mich in Erstaunen versetzt, dass dieses Thema im Rahmen der Plenardebatte diskutiert wird, nachdem sich die beteiligten Ausschüsse mit diesem Antrag in mehreren Sitzungen intensiv auseinander gesetzt haben. Unsere Hoffnung, dass sich die antragstellende FDP-Fraktion im Verlauf dieser Beratungen von der Unsinnigkeit ihres Antrages würde überzeugen lassen, hat sich leider nicht erfüllt. Die heutigen Worte des geschätzten Kollegen Garg zeigen, dass die Haltung der FDP nach wie vor die gleiche ist.
Nun weiß man aus Erfahrung, dass sich die Oppositionsparteien von den guten Argumenten der Regierungsfraktionen und der Regierung zumindest in öffentlichen Sitzungen nur selten überzeugt zeigen. Dies gilt leider auch für die Beratung des vorliegenden Antrages.
Zur Erinnerung: Es wird sowohl eine Bundesratsinitiative als auch die Anpassung des Landesrechts gefordert mit dem Ziel, Körperschaften des öffentlichen Rechts, rechtsfähige Anstalten sowie Stiftungen des Landes zu verpflichten, in ihren Satzungen die Voraussetzungen zur Vergabe finanzieller Zuwendungen, Vorschüsse, Nebenleistungen und Darlehen an Organmitglieder in Art, Umfang und Höhe festzuschreiben.
Soll das heißen, dass der Landtag künftig über die Höhe von Nebenleistungen, Zuwendungen und so weiter bei den Institutionen diskutieren und je nach finanzieller Leistungskraft der Körperschaft an den Summen Kritik üben darf oder gar muss?
Ich kann mir vorstellen, dass der NDR oder die Rechtsanwaltskammer - um es vorsichtig auszudrü
cken - deutlich auf ihre Kompetenzen hinweisen würden.
Der Sozialausschuss hat bereits in seiner Sitzung am 4. März 2004 den Wissenschaftlichen Dienst gebeten, zu bestimmten Fragen im Zusammenhang mit dem vorliegenden Antrag Stellung zu nehmen. Dieser Bitte ist der Wissenschaftliche Dienst wie gewohnt in aller Ausführlichkeit und Sorgfalt nachgekommen. Nachdem zunächst einmal interpretiert wird, welche Körperschaften, rechtsfähigen Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts durch den FDP-Antrag erfasst werden sollen – diese Notwendigkeit spricht übrigens nicht gerade für die besondere Sorgfalt bei der Ausarbeitung des Antrags –,
erläutert der Wissenschaftliche Dienst, was unter Körperschaften mit und ohne Gebietshoheit, unter rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts und Stiftungen des öffentlichen Rechts zu verstehen ist. Im Anhang werden beispielhaft Organisationen benannt.
Der Wissenschaftliche Dienst zeigt uns auf, aufgrund welcher gesetzlichen Grundlagen die jeweiligen Satzungen zu erstellen sind. So unterschiedlich die Wege bis zum Erlass einer Satzung bei Körperschaften des öffentlichen Rechts, rechtsfähigen Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts auch sind, eines ist gleich:
Am Ende seiner jeweiligen Ausführungen trifft der Wissenschaftliche Dienst die Feststellung: „Diese Satzung bedarf der Genehmigung der Aufsichtsbehörde“.
Diese Aussage bekräftigt, was seitens der Regierung und der SPD-Fraktion bereits bei der ersten Plenarberatung des vorliegenden Antrags gesagt wurde: Die FDP plädiert im Ergebnis für ein Mehr an Staat, für ein Mehr an gesetzlicher Regulierung und damit für mehr Bürokratie.
Ich stelle für meine Fraktion fest: Der Antrag der FDP ist überflüssig.
Die Vorkommnisse bei der AOK, um deren Aufarbeitung es der FDP mit diesem Antrag eigentlich ging,
werden durch andere, geeignetere Verfahren, auf die sich dieses Parlament verständigt hat, aufgearbeitet.
Das implizit eingeforderte Transparenzgebot wurde mit der Neuordnung des SGB IV geregelt.
Den dortigen Text, sehr geschätzter Herr Garg, interpretieren wir anders.
Dort wird formuliert:
„Die Höhe der jährlichen Vergütungen der einzelnen Vorstandsmitglieder einschließlich Nebenleistungen sowie die wesentlichen Versorgungsregelungen sind in einer Übersicht jährlich zum 1. März, erstmalig zum 1. März 2004, im Bundesanzeiger und gleichzeitig begrenzt auf die jeweilige Krankenkasse und ihre Verbände in der Mitgliederzeitschrift der betreffenden Krankenkasse zu veröffentlichen.“
Was bleibt also? Unseres Erachtens bleibt die Beantwortung der Frage, ob und wie Aufsichtsräte von Körperschaften, rechtsfähigen Anstalten und Stiftungen des Landes ihrer Kontrollfunktion der jeweils handelnden Gremien nachkommen. Das Einfordern qualifizierter Kontrolle durch die jeweiligen Aufsichtsräte hat für die SPD-Fraktion absolute Priorität.
Wenn diese Debatte vielleicht über das hohe Haus hinaus einen gesellschaftlichen Diskurs darüber auslöst, welche Personen in Aufsichtsräte entsandt werden sollen über welche Qualifikationen diese verfügen sollten, um ihrer Aufsichtspflicht angemessen nachkommen zu können, und wie viele Aufsichtsratsmandate eine einzelne Person eigentlich verantwortlich wahrnehmen kann, dann hat unsere Debatte hier vielleicht einen Sinn gehabt, der über die Feststellung der Tatsache hinausgeht, dass die FDP mit diesem Antrag ihrem sonst immer wieder geäußerten Credo zur Entbürokratisierung selber widerspricht.
Wir werden den vorliegenden Antrag, weil überflüssig, ablehnen und uns der Beschlussempfehlung des Sozialausschusses anschließen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Versorgung psychisch erkrankter Menschen in unserem Land hat sich in den letzten Jahren rasant verändert. Waren in den 70er- und 80er-Jahren die Landeskrankenhäuser in Schleswig, Neustadt und Heiligenhafen für Erkrankte Orte, die häufig nur unter Zwang aufgesucht wurden, so führte die fachliche und organisatorische Weiterentwicklung der psychiatrischen Versorgung dazu, dass die genannten Großeinrichtungen zu Fachkliniken umgestaltet wurden.
Die Forderung nach gemeindenaher Psychiatrie führte außerdem dazu, dass in den vergangenen Jahren vermehrt psychiatrische Abteilungen an normalen Krankenhäusern eingerichtet wurden, sich die Verweildauer der Patienten in stationären Einrichtungen deutlich verringerte, da durch Fachärzte und Einrichtungen wie zum Beispiel die „Brücke“ die Betreuung psychisch Erkrankter und ihrer Angehörigen wohnortnah möglich wurde. Von der Verwahrpsychiatrie zu einer modernen, gemeindenahen Regelversorgung - welch ein Fortschritt für alle Betroffenen!
Nichtsdestotrotz liegt uns heute der Gesetzentwurf der Landesregierung zur Umwandlung psychiatrischer Einrichtungen und Entziehungsanstalten zur ersten Lesung vor. Zu den Aufgaben der von der Landesregierung eingesetzten Strukturkommission gehörte es zu überprüfen, ob in geeigneten Fällen Landesaufgaben an Dritte, auch in privater Trägerschaft, übertragen werden können. Das Ergebnis war für die Fachkliniken positiv. Die Landesregierung plant nunmehr, die psychatrium Gruppe, das heißt die ehemaligen Fachkliniken Neustadt und Heiligenhafen sowie die Fachklinik Schleswig, von Anstalten des öffentlichen Rechts in Gesellschaften mit beschränkter Haftung umzuwandeln und die psychatrium Gruppe einschließlich der Maßregelvollzugsabteilungen an einen privatrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Träger zu veräußern.
Die SPD-Fraktion hat sich in den letzten Monaten in zahlreichen Sitzungen, in vielen Gesprächen mit
Fachleuten intensiv mit dem vorliegenden Gesetzentwurf beschäftigt. Dabei waren für uns folgende Punkte besonders wichtig: Wir wollen, dass die gemeindenahen psychiatrischen Angebote erhalten bleiben und, wo erforderlich, ausgebaut werden. Wir wollen, dass die Angebote der Fachkliniken mit ihrer besonderen Fachlichkeit bewahrt und weiterentwickelt werden.
Wir nehmen die Befürchtungen der Arbeitskräfte, gerade auch in Ostholstein, ernst. Strukturveränderungen dürfen nicht zu massivem Arbeitsplatzabbau führen. Wir sind nach intensiven Beratungen bereit, auch den Maßregelvollzug durch Beleihung in die Hände Dritter zu geben.
An einen neuen Träger stellen wir folgende Bedingungen: Die Versorgungsverpflichtungen nach dem Psychisch-Kranken-Gesetz, der Psychiatrie- und Krankenhausplanung werden sichergestellt und fortgeführt. Die bestehenden Standorte werden erhalten und weiterentwickelt. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden unter Wahrung des Besitzstandes übernommen. Eine Trennung der Trägerschaft in Abteilungen für die allgemeine psychiatrische Versorgung und die Abteilungen des Maßregelvollzugs halten wir aus zahlreichen Gründen für nicht vorteilhaft.
Die Privatisierung der Kliniken für forensische Psychiatrie wird zu einer Trennung von Kostenträgern und Leistungserbringern führen. Dadurch wird ein transparentes Verfahren erleichtert.
Die Durchführung des Maßregelvollzugs soll durch Verwaltungsakt den Erwerbern der Fachklinik übertragen werden, Bevollmächtigte der Landesregierung haben aber jederzeit Weisungsrecht gegenüber dem Personal. Das erscheint uns ganz besonders wichtig. Änderungen im Maßregelvollzug bedürfen ganz besonderer Sorgfalt. Die Ministerin hat darauf hingewiesen. Psychisch erkrankte Straftäter haben ein Recht auf Behandlung, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber auch die Bevölkerung ein Recht auf Schutz und Sicherheit vor erkrankten Straftätern.
Mit der von der Landesregierung vorgesehenen Übertragung der Fachkliniken tritt die Psychiatrie-Reform in Schleswig-Holstein in die nächste Stufe ein. Die Psychiatrie ist ein medizinisches Angebot wie andere auch und soll deshalb ebenso behandelt werden. Für den Maßregelvollzug, der besondere Vorkehrungen erfordert, werden entsprechende Regelungen getroffen. Gerade für diesen Bereich erwarten wir, dass die noch bestehenden Engpässe in der therapeutischen Versorgung und die Verbesserung der baulichen
Standards im Zuge der Privatisierung schrittweise gelöst werden.
(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Schutz junger Menschen vor fortschreitender Verschuldung“ - so lautet der Titel des Berichts der Landesregierung, der uns heute zur Beratung vorliegt. Schon der Titel des Berichts impliziert, dass die Verschuldung junger Menschen nicht als vorübergehendes Phänomen betrachtet wird, sondern im Gegenteil konstatiert werden muss, dass die Verschuldung junger Menschen leider zunimmt.
Diese Tatsache bestätigt auch der Schulden-Kompass-2003 der Schufa. Wie zu erwarten war, wird auch in dieser empirischen Untersuchung festgestellt, dass die Schuldenanfälligkeit junger Menschen mit geringem Wissen über Geld- und Kreditgeschäfte und niedrigem Bildungsniveau am höchsten ist.
War in der Vergangenheit für junge Menschen der Kauf eines Autos oder die Einrichtung der ersten Wohnung häufig Anlass, erstmals einen Kredit aufzunehmen, das heißt sich zu verschulden, so sind es heute zusätzlich insbesondere auch für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren die steigenden Kosten für die Mobilfunknutzung. So wird im vorliegenden Bericht der Landesregierung dargestellt, dass die
Anzahl der 20- bis 24-Jährigen, die einen negativen Schufa-Eintrag wegen nicht bedienter Bankforderungen haben, seit 1999 leicht rückläufig ist, während sich die Anzahl zahlungsunfähiger Telekommunikationskunden dieser Altersgruppe fast verdreifacht hat. Bundesweit waren im Jahr 2002 etwa 280.000 Menschen betroffen.
Angesichts immer neuer Produkte auf diesem Sektor, verbunden mit aggressiver Werbung, ist ein Anwachsen des Problems in den nächsten Jahren leider zu befürchten.
Was ist zu tun? Der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Verschuldung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Eltern, Pädagogen und Beratungsstellen müssen sich selbstverständlich des Themas annehmen. Aber auch die Wirtschaft darf nicht aus der Verantwortung entlassen werden. Wer insbesondere Kindern und Jugendlichen durch entsprechende Werbung suggeriert, nur durch die ständige Nutzung vielfach sehr teurer Mobilfunkangebote nehme man am Leben teil und gehöre dazu, muss auch Verantwortung für die Folgen übernehmen.
So begrüßt die SPD-Fraktion ausdrücklich das Engagement der 14 Wirtschaftsunternehmen, die sich an den Kosten des Kieler DRK-Infocenters „fit for money“ beteiligen. Hilfreich wäre es vor allem, wenn Unternehmen, die Produkte in diesen für Kinder und Jugendliche besonders attraktiven Segmenten anbieten, nicht nur auf Marketing-Strategien setzten, die das Lebensgefühl junger Menschen treffen und beeinflussen, sondern auch einer ehrlichen Produktinformation mit deutlichen Aussagen über die Folgekosten den Vorzug gäben.
Meine Damen und Herren, leider bin ich mir sicher, dass ein solches erstrebenswertes Verhalten in naher Zukunft nicht zur selbstverständlichen Realität werden wird. Hier wäre eine entsprechende freiwillige Vereinbarung der Anbieter wünschenswert. Anderenfalls müssen gesetzgeberische Initiativen zum Schutz junger Menschen ergriffen werden. Die Profitmaximierung einzelner Unternehmen darf nicht Vorrang haben vor dem Anspruch junger Menschen, den Start in ihr Erwachsenendasein ohne Schuldenberg zu beginnen.
Aber auch kurzfristig muss dem Problem begegnet werden. Die Kinder und Jugendlichen müssen über die Fallstricke informiert werden, die für sie den Einstieg in die Verschuldung bedeuten können.
Die hohe Bedeutung, die meine Fraktion der Hilfe für Menschen mit Schuldenproblemen beimisst, wird auch daran deutlich, dass wir mit dem Landeshaushalt 2004/05 die Mittel für die Schuldnerberatung erneut erhöht haben. Allein aus Landesmitteln stehen in diesem Jahr über 3 Millionen € zur Verfügung. Im kommenden Jahr werden es 3,3 Millionen € sein.
Die SPD-Fraktion begrüßt ausdrücklich die in dem uns vorliegenden Bericht dargestellten Beratungs- und vor allem Präventionsangebote. Die Arbeit der Schuldnerberatungsstellen ist erforderlich. Besser wäre es allerdings, man könnte durch präventive Angebote insbesondere die jungen Menschen so rechtzeitig erreichen und informieren, dass für sie eine Beratung wegen Verschuldung nicht erforderlich ist.
Die Koordinierungsstelle Schuldnerberatung Schleswig-Holstein hat hier mit der von ihr entwickelten Handreichung für Präventionsveranstaltungen für Schülerinnen und Schüler des 9. Jahrgangs den richtigen Weg beschritten.
Neben dem schon erwähnten DRK-Infocenter „fit for money“, das insbesondere am Standort Kiel tätig wird, soll hier auch des Kooperationsprojekt „Schuldenprävention an Schulen“ der Verbraucherzentrale und des Vereins Hilfe für Gefährdete gewürdigt werden. Neben der Entwicklung und Durchführung entsprechender Unterrichtseinheiten ist besonders die Erarbeitung der Broschüre „Was kostet die Welt?“ zu erwähnen. Auch neue Medien werden sinnvoll eingesetzt.
Ich möchte Sie, meine Damen und Herren, auf die, wie ich finde, sehr ansprechende Homepage www.schuldenpraevention-s-h.de hinweisen. Dies ist ein gelungenes Angebot, das Jugendliche anspricht, weil es nicht belehrend mit erhobenem Zeigefinger daherkommt, sondern Probleme benennt, die im Alltag Jugendlicher im Umgang mit Geldangelegenheiten auftreten können, und möglicherweise drohende Risiken deutlich und dabei lösungsorientiert benennt.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss der Landesregierung im Namen der SPDFraktion für den vorgelegten Bericht danken.
Insbesondere unterstützen wir die Absicht, die präventive Ausrichtung der Schuldnerberatung auch zukünftig qualitativ und quantitativ weiterzuentwickeln.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Selbstverwaltung stärken - Rechtssicherheit schaffen“ - hinter dieser Überschrift verbirgt sich ein wahrhaft liberales Ansinnen. Als ich den vorliegenden Antrag las, dachte ich, er sei der FDP würdig.
Der Antragstext hält aber leider nicht das, was die Überschrift verspricht. Da fordert die Partei der Sonn
tagsreden für Verwaltungsvereinfachung und Standardöffnung die Landesregierung auf, durch entsprechende gesetzliche Vorstöße sicherzustellen, dass Körperschaften, rechtsfähige Anstalten und Stiftungen des Landes verpflichtet werden, in ihren Satzungen die Vorrausetzungen zur Vergabe finanzieller Zuwendungen, Vorschüsse, Nebenleistungen und Darlehen an Organmitglieder in Art, Umfang und Höhe festzuschreiben.
Nun kann man sich fragen: Was mag die FDP zum jetzigen Zeitpunkt bewegen, einen solchen Antrag zu stellen? Aber dann erinnert man sich rasch an die letzten Sozialausschusssitzungen - Herr Dr. Garg hat das hier dankenswerterweise erwähnt -, in denen Staatssekretär Fischer Auskunft über die bisherigen Prüfungsergebnisse zu den Geschehnissen bei der AOK hinsichtlich der umstrittenen Darlehensgewährung an ein Vorstandsmitglied gab. Hier und heute kann und darf es nicht um eine rechtliche Bewertung der Geschehnisse gehen. Es bleibt aber festzustellen, dass die Organe der AOK für die getroffenen Entscheidungen verantwortlich sind.
Der uns jetzt zur Beratung vorliegende Antrag der FDP ist nun ein Musterbeispiel dafür, wie Bürokratie zu wuchern beginnt.
Und das geht so: Man glaubt, einen Missstand entdeckt zu haben.
Deshalb wird die Landesregierung aufgefordert, gesetzgeberisch tätig zu werden, um diesem vermuteten Missstand einen Riegel vorzuschieben. Konkret: Den Selbstverwaltungsorganen soll genau vorgegeben werden, bestimmte Regelungen in ihre Satzungen aufzunehmen. Misstrauisch, wie man ist, soll eine solche Regelung nun nicht nur auf die Körperschaft angewandt werden, bei der ein vermuteter Missstand Auslöser dieser Aktion der FDP ist.
Nein, man fordert entsprechende Satzungsregelungen für alle Körperschaften, rechtliche Anstalten und Stiftungen des Landes. Träte ein entsprechendes Gesetz in Kraft, hätten alle Körperschaften, rechtliche
Anstalten und Stiftungen des Landes ihre Satzungen zu ändern.
Diese Satzungsänderungen müssten kontrolliert werden. Würde den gesetzlichen Vorgaben nicht gefolgt, müssten Sanktionen verhängt werden.
So erzeugt man Bürokratie.
Wir Sozialdemokraten vertrauen der Fähigkeit der Selbstverwaltungsorgane der Körperschaften,
rechtlichen Anstalten und Stiftungen des Landes, ihre Satzungen funktionsgerecht zu gestalten. Täten wir dies nicht, führten wir letztendlich das gesamte System der Selbstverwaltung ad absurdum.
Das Transparenzgebot, das mit dem vorliegenden Antrag implizit eingefordert wird, wird im Übrigen im Rahmen der Neuordnung des SGB IV geregelt.
Dort heißt es in § 35 a, der sich mit den Vorständen bei Orts-, Betriebs- und Innungskrankenkassen sowie Ersatzkassen beschäftigt:
„Die Höhe der jährlichen Vergütungen der einzelnen Vorstandsmitglieder einschließlich Nebenleistungen sowie die wesentlichen Versorgungsregelungen sind in einer Übersicht jährlich zum 1. März, erstmalig zum 1. März 2004, im Bundesanzeiger und
gleichzeitig begrenzt auf die jeweilige Krankenkasse und ihre Verbände in der Mitgliederzeitschrift der betreffenden Krankenkasse zu veröffentlichen.“
Fazit: Die Neuregelung des SGB IV sorgt für Transparenz.
Lassen Sie uns im Ausschuss weiter diskutieren, aber auch darauf vertrauen, dass Selbstverwaltungsorgane ihre Aufgaben ernst nehmen und optimal organisieren.
Schließen möchte ich mit Goethe.
Ich zitiere:
„Welche Regierung die beste sei? Diejenige, die uns lehrt, uns selbst zu regieren!“
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Maßregelvollzug ist ein schwieriges Thema, besetzt mit vielen Emotionen. Die rechtliche Regelung des Maßregelvollzugs beinhaltet immer einen Konflikt. Einerseits hat die Bevölkerung den berechtigten Anspruch, vor gefährlichen Straftätern wirkungsvoll und umfassend geschützt zu werden. Andererseits handelt es sich bei den im Maßregelvollzug untergebrachten Menschen um Kranke, die möglichst wieder integriert werden sollen und denen selbstverständlich rechtsstaatliche Behandlung zusteht.
Wie schwierig und belastend für das Opfer der Umgang gerade mit einem aus dem Maßregelvollzug entlassenen, erneut straffällig gewordenen Täter ist, wie kritisch die Öffentlichkeit alles, was mit dem Maßregelvollzug zu tun hat, betrachtet, kann ich als Abgeordnete aus dem Kreis Pinneberg fast täglich wahrnehmen. Der Fall Sabbasch und die von ihm mutmaßlich begangene Vergewaltigung einer jungen Frau aus meinem Wahlkreis sind zumindest regional nach wie vor ein Thema. Um nicht falsch verstanden zu werden: Dieser Fall hätte auch durch die Änderung des Maßregelvollzugsgesetzes, die wir heute vornehmen wollen, nicht verhindert werden können.
Warum wollen wir das Maßregelvollzugsgesetz trotzdem ändern? Straftäter, die im Strafvollzug untergebracht sind, können erkennungsdienstlich behandelt werden. Das ist im Strafvollzugsgesetz geregelt. Für die psychisch kranken Straftäter, die nicht im Straf
vollzug untergebracht sind, sondern im Maßregelvollzug behandelt werden, besteht diese Möglichkeit bislang nicht. Diese Ungleichheit wollen wir ändern, um für den Fall einer erneuten Straftat im Fall einer Entweichung aus der Unterbringung dieselben Informationen über die Täter zur Verfügung zu haben, unabhängig davon, ob sie im Strafvollzug oder im Maßregelvollzug untergebracht waren.
Mit der Neuregelung soll die Zulässigkeit erkennungsdienstlicher Maßnahmen, im Einzelnen die Abnahme von Finger- und Handflächenabdrücken, die Aufnahme von Lichtbildern, die Feststellung äußerlicher körperlicher Merkmale und Messungen, Bestandteil des Maßregelvollzugsgesetzes werden.
Die gewonnenen erkennungsdienstlichen Unterlagen müssen in den Fachkliniken getrennt von den Krankenakten aufbewahrt werden. Entweicht der untergebrachte Mensch, können diese Unterlagen der Polizei zum Zwecke der Fahndung und der Identifizierung übermittelt werden. Damit werden polizeiliche Fahndungen erleichtert. Die Vorgabe, erkennungsdienstliche Unterlagen und die allgemeinen Krankenunterlagen getrennt voneinander aufzubewahren, verhindert den missbräuchlichen Zugang und schützt die Persönlichkeitsrechte der vom Maßregelvollzug Betroffenen.
Die SPD-Fraktion ist überzeugt, dass die Neuregelung zweckmäßig und zielführend ist. Wir wollen, dass die erkennungsdienstlichen Maßnahmen eingeleitet werden können, wenn dies geboten ist. Die Unterlagen sollen nach Beendigung der Maßregel des Betroffenen unverzüglich vernichtet werden.
Wir halten den ursprünglichen Vorschlag der CDU, dies nur auf Antrag des Betroffenen zu tun, für unzureichend und bürokratisch. Die Vorschläge der CDU – die Sie zum Glück leicht korrigiert haben – hatten im Ursprungsantrag populistische Züge. Sie hörten sich prima an, brachten aber für die Praxis nichts, am wenigsten zusätzliche Sicherheit für die Bevölkerung.
Zu Beginn meiner Rede sagte ich, dass alles, was den Maßregelvollzug betrifft, vielfach emotional stark besetzt ist. Mit dem vorliegenden Änderungsantrag zum Maßregelvollzugsgesetz kommen wir gleich drei Zielen näher. Wir erhöhen die Sicherheit der Bevölkerung, erleichtern den Verfolgungsbehörden die Arbeit und greifen nur so weit wie nötig in die individuellen Rechte der im Maßregelvollzug Untergebrachten ein. Ich bitte um Zustimmung für den Änderungsantrag in der Fassung des Vorschlages des Innen- und Rechtsausschusses.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Damen und Herren! Unter dem schönen neuen Kürzel „FKING“ liegt uns heute der Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung der Fachkliniken vor. Ich möchte fast vorschlagen, hier noch ein „L“ einzufügen. Das macht dann mehr Sinn.
Mit der Fusion der Kliniken Heiligenhafen und Neustadt werden die Angebote der psychiatrischen Versorgung der Menschen in Schleswig-Holstein im fachklinischen Bereich neu geordnet. Der SchleswigHolsteinische Landtag hat in den vergangenen Jahren die Psychiatriepolitik weiterentwickelt und vorangebracht. Der Psychiatrieplan 2000 hat die Perspektiven für eine zukunftsweisende und tragfähige Entwicklung der psychiatrischen Versorgung im gesamten Land eröffnet. Der Fachplan Gerontopsychiatrie, die Novellierung des Gesetzes für psychisch Kranke, das Maßregelvollzugsgesetz, das wir erst vor kurzem angepasst haben, und nicht zuletzt das neue Betreuungsrecht waren und sind wichtige Bausteine.
Eine nicht zu unterschätzende Bedeutung bei der Entwicklung der psychiatrischen Versorgung kommt den Arbeitskreisen „Gemeindenahe Psychiatrie“ zu. Durch diesen freiwilligen Zusammenschluss der in einer Region beteiligten Einrichtungen und Verbände der öffentlichen und freiwilligen Wohlfahrtspflege übernehmen diese gemeinsame Verantwortung für die Ausgestaltung der Hilfen für psychisch Kranke und ihre Angehörigen.
Wir Sozialdemokraten setzen auf die Angebote der dezentralen psychiatrischen Versorgung, die es ermöglichen, den Betroffenen möglichst viele Kontakte zu ihrem sozialen Umfeld zu erhalten.
Neben diesen Angeboten sind aber auch weiterhin besondere stationäre Versorgungsplätze erforderlich. Diesen Bereich des Gesamtkonzepts der psychiatrischen Versorgung decken neben regionalen, stationären und teilstationären Plätzen die Fachkliniken ab. Mit ihren speziellen Angeboten, sei es durch das Einbringen einer besonderen fachlichen Kompetenz, sei es aber auch durch die Bereitstellung von Plätzen für den Maßregelvollzug, haben die Fachkliniken in Rahmen der psychiatrischen Gesamtversorgung im Lande ihren Platz, haben eine Zukunft.
Durch den Zusammenschluss der bisherigen Fachkliniken Neustadt und Heiligenhafen entsteht die psychiatrium GRUPPE. Durch diese Zusammenlegung entsteht die Möglichkeit, die Krankenhausversorgung und die Pflege- und Behindertenangebote aus einer Hand optimal auszugestalten.
Ich möchte behaupten: Wir sind in Schleswig-Holstein mit der Diskussion der psychiatrischen Gesamtversorgung in die postideologische Phase eingetreten, wenn es um die Art der psychiatrischen Versorgung der Menschen geht. Es geht nicht mehr um den Gegensatz: große Fachklinik oder kleine, dezentrale Einrichtung. Alle Beteiligten befinden sich auf dem Weg zu der Erkenntnis, dass zukunftsweisend eine Kooperation verschiedener Einrichtungen und Träger ist, um das gemeinsame Ziel, die optimale Versorgung des psychisch kranken Menschen, zu verwirklichen.
Mit der Fusion der Fachkliniken Neustadt und Heiligenhafen zur psychiatrium GRUPPE ist die Diskussion um den Erhalt der beiden Standorte beendet; die Sorge der Beschäftigten um ihre Arbeitsplätze gerade in diesem strukturschwachen Landesteil hat auch ein Ende gefunden. Betriebsbedingte Kündigungen soll es nicht geben; soziale Besitzstände bleiben gewahrt. Das finden wir gut so.
Gemeinsam können die Fachkliniken bei der künftigen Entwicklung im Gesundheitswesen ihre Positionen einbringen, gemeinsam mit anderen ein neues soziales Netzwerk knüpfen. Dieses neue Netzwerk muss eine neue, eine bessere Qualität der Versorgung entwikkeln, Synergieeffekte nutzen und Kommunikation
untereinander verbessern - und dies alles nicht zum Selbstzweck, nicht nur zu dem Zweck der Einsparung von Kosten, sondern mit dem Ziel, die Versorgung psychisch Kranker zu verbessern. Denn gerade im Umgang mit den Hilfsbedürftigen, mit ihren Möglichkeiten der Teilhabe zeigt sich die Qualität einer sozial gerechten Gesellschaft.
Wir beantragen die Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuss.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich danke der Ministerin - auch im Namen meiner Fraktion - für ihren Bericht.
Sie hat umfassend über die Bemühungen berichtet, die Verbraucherinnen und Verbraucher vor der Einführung des Euro als Zahlungsmittel hinreichend zu informieren. Hierbei ist besonders die Rolle des Europäischen Verbraucherzentrums und der Verbraucherzentralen zu nennen. Durch diese gute Aufklärung und die Vorbereitung der Bürgerinnen und Bürger auf die neue Währung gelang die Umstellung auch in Schleswig-Holstein problemlos. Handel und Dienstleistungsgewerbe haben ihre Preisauszeichnung sowohl in Euro als auch in DM überwiegend verbraucherfreundlich organisiert.
Die schwarzen Schafe der Branche haben den Euro zum viel zitierten „Teuro“ gemacht. Zum Teil ausgesprochen dreiste Abzockerei führte zu einer verbreiteten Verunsicherung. Inzwischen spüren ganze Branchen die daraus resultierende Kaufzurückhaltung. Diejenigen Unternehmen, die sich nicht an die Selbstverpflichtung des Handels und des Dienstleistungsgewerbes gehalten haben, fair umzurechnen, tragen eindeutig die Schuld an dieser Entwicklung. Die Verbraucherinnen und Verbraucher sehen den „Teuro“-Preisen nicht hilf- und tatenlos zu. Sie stimmen mit den Füßen ab und meiden Geschäfte und Dienstleistungsbetriebe, deren Preisgestaltung als unangemessen empfunden wird.
Die Ministerin hat in ihrem Bericht entsprechende statistische Aussagen benannt. Für Markttransparenz
haben in den vergangenen Wochen und Monaten insbesondere auch die Medien gesorgt. Die Palette der Medieninformationen, bei denen die Preistreiber an den modernen Pranger gestellt wurden, reichte von riesigen „BILD“-Schlagzeilen bis zum Internetservice - zum Beispiel des „Stern“. Auch die angebotene Hotline der Verbraucherzentrale wurde gut genutzt.
Die Verbraucherinnen und Verbraucher haben auf die Entwicklung angemessen reagiert. Ebenso angemessen reagieren jetzt Handel und Dienstleistungsgewerbe. Mit Preissenkungen und Sonderaktionen muss mühsam versucht werden, verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen. So ärgerlich das Verhalten der schwarzen Schafe auch war und ist, die Verbraucherinnen und Verbraucher haben gemerkt, dass sie durch ihr persönliches Verhalten das Marktgeschehen beeinflussen können.
Weiter ist nach der Entwicklung des Tourismus in Schleswig-Holstein gefragt worden. Das veränderte Reiseverhalten vieler Deutscher ist eine große Chance für den Tourismus in unserem Land.
Wer seine Position verbessern will, muss denjenigen, die aus den verschiedensten Gründen von Auslandsreisen zugunsten von Reisen in Deutschland Abstand nehmen, etwas bieten. In zahlreichen Debatten um den Tourismusstandort Schleswig-Holstein ist immer wieder gefordert worden, Qualität zu verbessern und neue Besuchergruppen zu gewinnen. Ich denke dabei insbesondere an die vielfältigen Bemühungen, SchleswigHolstein als Standort für den Gesundheitsurlaub zu etablieren. Die erzielten Erfolge dürfen jetzt nicht durch Preiserhöhungen im Zuge der Währungsumstellung auf den Euro aufs Spiel gesetzt werden, die den Verbraucherinnen und Verbrauchern als nicht leistungsgerecht erscheinen.
Ich freue mich, dass es Informationen gibt, dass insbesondere hier bei uns in Schleswig-Holstein in den Orten, die sich schwerpunktmäßig auf den Familienurlaub spezialisiert haben, Preiserhöhungen, wenn sie denn vorgekommen sind, ausgesprochen moderat vorgenommen wurden. Anbieter, die sich so verhalten, handeln klug und - um diesen Begriff in diesem Zusammenhang zu gebrauchen auch nachhaltig. Schleswig-Holstein als Tourismusstandort muss für die Aussage stehen: Hier stimmen Preis und Leistung.
Lassen Sie mich noch einige Worte zum Antrag der CDU zur Überprüfung der Baugebührenverordnung sagen. Wer - wie ich - noch ehrenamtlich kommunal
politisch tätig ist, weiß aus eigener Erfahrung, wie sorgfältig bei der Umstellung der Gebühren auf Euro umgegangen wurde. Niemand wollte sich auch nur ansatzweise dem Vorwurf aussetzen, abzuzocken. Meine Fraktion hält den vorliegenden Antrag, die Gebühren der geltenden Baugebührenordnung gemeinsam mit Kreisen und kreisfreien Städten zu überprüfen, für populistisch.
Er geht an der Sache auch deshalb vorbei, weil er von einer Fraktion eingebracht wurde, die in anderen Zusammenhängen immer wieder fordert, dass der Staat Leistungen einschränken und leistungsgerechte Gebühren fordern sollte.
Heute Morgen ist in diesem Haus von Rednern aller Fraktionen einhellig die konstruktive Arbeit der kommunalen Landesverbände gewürdigt worden.
Man sollte in diesem Zusammenhang zu dieser Frage die ablehnende Haltung der kommunalen Landesverbände zur Kenntnis nehmen.
Ich beantrage für die SPD-Fraktion, dass wir den Bericht der Landesregierung zur Kenntnis nehmen und den Antrag der CDU-Fraktion an den Innen- und Rechtsausschuss überweisen.
Danke schön. - Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Kalinka, Ihre Rede hat mich nicht überrascht. Lassen Sie mich die Gelegenheit nehmen, hier zu sagen: Mein Politikverständnis ist das, dass Politik nicht statisch, sondern ein Prozess ist. Als Bestandteil eines politischen Prozesses betrachte ich die heutige Diskussion zum vorliegenden Thema.
Ich möchte mich jedenfalls, und zwar auch im Namen meiner Fraktion, beim Ministerium für Arbeit, Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz für die sehr ausführliche und differenzierte Beantwortung der Großen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ausdrücklich bedanken.
Um sich einer Untersuchung und Bewertung der Gesundheitssituation der Migrantinnen und Migranten angemessen zuwenden zu können, ist zunächst einmal festzustellen, um welche zahlenmäßig relevanten Gruppen von Zuwanderern es überhaupt geht. Die größte Gruppe, die wir hier in Schleswig-Holstein zu beachten haben, ist vor allem die Gruppe der Menschen, die von uns als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer angeworben wurden, sowie ihrer nachgezogenen Familienangehörigen, als zweite Gruppe die Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler und als dritte relevante Gruppe Asylsuchende und Flüchtlinge.
In diesem Zusammenhang möchte ich auf das Problem hinweisen, dass Spätaussiedler zwar einen Migrationshintergrund haben, wegen ihres deutschen Passes
statistisch jedoch ausgesprochen schwer zu erfassen sind. Anzumerken bleibt, dass die Datenlage zum Zusammenhang von Migration und Gesundheit generell nicht zufrieden stellend ist. Ich halte es aber für notwendig, die Wechselwirkung zwischen Schichtzugehörigkeit, gesundheitlichem Status und Migration differenziert zu betrachten. Ich möchte der Aussage, moderne Unterschichten bestünden zu einem erheblichen Anteil aus Migrantinnen und Migranten, ihre Gesundheit werde stärker von dieser sozialen Lage als von der lebensgeschichtlichen Tatsache der Migration beeinflusst, ausdrücklich zustimmen. Ich danke der Ministerin, dass sie in ihrem Beitrag auch schon auf diesen Zusammenhang hingewiesen hat.
Doch nun zu einigen erfreulichen Aussagen des Berichts. Ich fand es sehr positiv, dass festgestellt wurde, dass seit 1997 die Zahl der Müttersterbefälle deutlich zurückgegangen ist und sich der Anzahl der deutschen Bevölkerung angenähert hat. Eine ähnliche Tendenz ist bei der Säuglingssterblichkeit zu betrachten.
Im Bericht wird weiter ausgeführt, dass Migrantinnen und Migranten die Gesundheitsversorgung zwar nicht seltener nutzen als Deutsche, aber ein anderes Inanspruchnahmemuster haben. Sie reagieren häufig erst auf den akuten Leidensdruck. Das hat natürlich Folgen auf Angebote der Prävention wie zum Beispiel Krebsfrüherkennung oder Schwangerschaftsvorsorge, die seltener in Anspruch genommen werden, genauso wie es eine geringere Beteiligungsquote an prophylaktischen Zahnuntersuchungen und Schutzimpfungen gibt.
Wie zu erwarten, spielen sprachliche Verständigungsprobleme auch in der therapeutischen Beziehung zwischen Ärzten und Patienten eine nicht zu vernachlässigende Rolle. Das ist von meinen Vorrednerinnen schon hinreichend dargestellt worden. Es ist daher sehr zu begrüßen, dass für die Erarbeitung des Konzepts der Landesregierung zur Integration der Migrantinnen und Migranten in Schleswig-Holstein eine interkulturell zusammengesetzte Arbeitsgruppe eingerichtet wurde, deren Arbeitsergebnisse Bestandteil des Integrationskonzepts geworden sind.
Zusammenfassend möchte ich festhalten: Die Datenlage zum Thema Migration und Gesundheit ist unzureichend. Hier sind in vielen Bereichen Verbesserungen anzustreben. Die Migrantinnen und Migranten unterscheiden sich deutlich hinsichtlich Herkunftsland, Muttersprache, Aufenthaltsdauer und Aufenthaltsstatus. Adäquate Antworten auf Defizite in bestimmten Bereichen der Gesundheitsfürsorge müssen regional gefunden werden, und diese Aspekte müssen dabei
berücksichtigt werden. Ich meine, wir sind mit anderen gesetzlichen Vorhaben wie dem Gesundheitsdienstgesetz beziehungsweise auch mit der Neupositionierung der Gesundheitsämter unter dieser Problemsicht auf einem guten Wege.
Ansprechen möchte ich zum Schluss noch die notwendige Qualifikation der Fachkräfte im Gesundheitswesen. Es gibt zwar zahlreiche Möglichkeiten der Aus- und Fortbildung und des fachlichen Austausches, Aufgabe für die Zukunft muss es aber verstärkt sein, interkulturelle Kompetenz schon während der Ausbildung in allen Berufen des Gesundheitssektors zu erwerben; denn die auftretenden Verständigungsprobleme sind oft nicht nur sprachlicher Art, sondern ergeben sich auch aus unterschiedlichen Wertorientierungen und Verhaltensnormen.
Lassen Sie mich noch hinzufügen, dass die Diskussion zur gesundheitlichen Versorgung der Migrantinnen und Migranten auch im Rahmen der Qualitätssicherung der Pflege weitergeführt werden sollte, um die Versorgung der Migrantinnen und Migranten nicht zu einem Spezialthema für besonders Interessierte werden zu lassen. Dieser Aspekt gehört in allen Bereichen dazu.
Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit und wünsche mir, dass wir die Diskussion im zuständigen Fachausschuss und bei weiteren Beratungen fortsetzen können.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute liegt uns der Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung einer Psychotherapeutenkammer und zur Änderung des Heilberufegesetzes zur zweiten Lesung vor. Wie wichtig das hohe Haus die Verabschiedung dieses Gesetzes erachtet, sieht man daran, dass wir das Thema am heutigen Freitagnachmittag ausführlich diskutieren.
Das Gesetz schafft für circa 1.000 Psychologische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und -therapeuten in Schleswig-Holstein die Möglichkeit, sich in einer eigenen Kammer zu organisieren. Grundlage des uns vorliegenden Gesetzentwurfs ist das im Juni 1998 auf Bundesebene verabschiedete Psychotherapeutengesetz, in dem erstmals die Berufe der Psychologischen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und -therapeuten anerkannt wurden. Seitdem gilt die Psychotherapie gegenüber den Krankenkassen als ärztliche Behandlung. Patientinnen und Patienten können psychotherapeutische Leistungen jetzt ebenso selbstverständlich in Anspruch nehmen wie zum Beispiel den Besuch bei einer Augenärztin. Zuvor war ein aufwendiges Antrags- und Genehmigungsverfahren bei den Krankenkassen nötig.
Nach anfänglichen Schwierigkeiten haben sich in Schleswig-Holstein die Allgemeinen Ortskrankenkassen und die Kassenärztliche Vereinigung über Eckpunkte bei der Bezahlung der psychotherapeutischen Leistungen geeinigt, sodass diese Schwierigkeiten nicht mehr auftreten.
Bislang bestehen in Schleswig-Holstein vier Kammern der Heilberufe: die Ärztekammer, die Apothekerkammer, die Tierärztekammer sowie die Zahnärztekammer. Nach Maßgabe des vorliegenden Gesetzentwurfs kommt die Psychotherapeutenkammer als fünfte Kammer hinzu. Die Kammern haben die Aufgabe, die Qualität des Berufsstandes zu wahren, den öffentlichen Gesundheitsdienst bei seinen Aufgaben zu unterstützen, die Berufspflichten der Kammermitglieder zu regeln, einen Notfallbereitschaftsdienst sicherzustel
len, die beruflichen Belange der Kammermitglieder wahrzunehmen und das Verhältnis der Kammermitglieder untereinander und zu Dritten zu gestalten.
In der letzten Sozialausschusssitzung wurde vonseiten des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Verbraucherschutz mitgeteilt, dass alle Beteiligten ihre Zufriedenheit mit dem vorliegenden Gesetzentwurf geäußert haben.
Meine Fraktion teilt diese Zufriedenheit.
Zu begrüßen ist insbesondere, dass der Errichtungsausschuss seine Arbeit aufnehmen kann und dass Angehörigen der beiden eigenständigen Berufe Psychologische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und -therapeuten angemessen vertreten sind. Wichtig scheint mir auch die Regelung der Weiterbildung in § 53 b:
„Die Weiterbildung umfasst insbesondere die Vertiefung der Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten in der Feststellung, Heilung und Linderung von Störungen, bei denen eine psychotherapeutische Behandlung angezeigt ist, einschließlich der Wechselbeziehungen zwischen Mensch und Umwelt sowie die notwendigen Maßnahmen der Rehabilitation.“
Lassen Sie uns den vorliegenden Gesetzentwurf verabschieden in der Hoffnung, dass das Psychotherapeutenkammergesetz dazu beiträgt, die Arbeit der Psychologischen Psychotherapeutinnen und -therapeuten und der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und -therapeuten noch effektiver zu gestalten.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich danke der Landesregierung und insbesondere Frau Ministerin Moser für den vorgelegten Bericht. Der Bericht erfüllt den Auftrag des Landtags, den Stand der BSE-Forschung und die erzielten Forschungsergebnisse darzulegen sowie in diesem Zusammenhang die vorliegenden Erkenntnisse über die neue Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit einzuordnen.
Festzuhalten bleibt, dass bis heute zwar in Großbritannien 96 Fälle der neuen Variante der CreutzfeldtJakob-Krankheit belegt sind, in Deutschland aber kein einziger Fall. Trotzdem hat mit dem ersten Auftreten von BSE in Deutschland eine tief greifende Verunsicherung der Bevölkerung eingesetzt. Der Informationsbedarf ist groß. Diesem Bedürfnis der Bevölkerung hat die Landesregierung rasch durch geeignetes Informationsmaterial und durch Aufklärungsarbeit über die Medien, das Bürgertelefon und auch durch Internetangebote entsprochen.
Die Landesregierung verhehlt in ihrem Bericht nicht, dass in Bezug auf BSE beziehungsweise die neue Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit noch große Forschungsanstrengungen unternommen werden müssen. Besonders wichtig sind dabei die Übertragungswege von Tierart auf Tierart, von Tier auf Mensch
sowie die Entwicklung von Diagnosemethoden am lebenden Tier oder Menschen.
In Schleswig-Holstein gibt es zurzeit Forschungsprojekte an der Christian-Albrechts-Universität. Auf Initiative des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern wird die Vernetzung verschiedener Forschungsansätze und Forschungspotenziale organisiert. Dass sich das Land Schleswig-Holstein an den Diskussionen auf nationaler und europäischer Ebene beteiligt, macht beispielhaft der Einsatz auf der Sonderkonferenz der für den gesundheitlichen Verbraucherschutz zuständigen Ministerinnen und Minister sowie Senatorinnen und Senatoren Ende Januar 2001 für eine zielgerichtete Verstärkung und bessere Koordinierung der BSEForschung einschließlich der humanmedizinischen Seite deutlich.
Es bleibt festzuhalten: Forschungsergebnisse werden dargestellt, Erkenntnisdefizite werden nicht verschwiegen. Ansätze für weiterführende Forschungsvorhaben werden entwickelt und unterstützt. Arbeitsschutz und gesundheitlicher Verbraucherschutz, zum Beispiel zur Vermeidung von Gesundheitsgefahren, die durch die Verwendung bestimmter Stoffe in Arzneimitteln ausgehen könnten, werden überprüft und wo erforderlich - ausgebaut. Die Arbeit der Landesregierung, der Ministerien und der nachgeordneten Behörden ist gut. Es gibt allerdings noch viel zu tun. Dies hat auch die Ministerin in ihrem Bericht gesagt. Ich zitiere aus dem vorlegten Bericht:
„Aber auch vier Monate seit dem Auftreten der BSE-Problematik sind der Informationsund Handlungsbedarf nach wie vor enorm.“
Ich möchte hier insbesondere die Notwendigkeit von Informationen betonen, Informationen, die möglichst viele Menschen erreichen. Hier sind weitere Anstrengungen erforderlich. Die Annahme der Opposition, Verbraucherschutz im Zusammenhang mit BSE beziehungsweise der neuen Variante der CreutzfeldtJakob-Krankheit ließe sich verwirklichen, wenn Verbraucherberatung im alten Stil nur weiter betrieben würde, greift entschieden zu kurz.
Hier sind neue Wege zu beschreiten, insbesondere um auch bildungsfernere Bevölkerungsschichten zu erreichen. Gesundheitlicher Verbraucherschutz ist keine Mittelschichtveranstaltung.
Neue Wege zu beschreiten, kann zum Beispiel heißen,
die Kompetenz der Landfrauen und die Akzeptanz ihrer Organisation zu nutzen, um in diesem Bereich zu informieren.
Die Landesregierung ist auf dem richtigen Weg. Sie setzt zur Stärkung des gesundheitlichen Verbraucherschutzes auf eine konzertierte Aktion aller in Schleswig-Holstein beteiligten Einrichtungen, Verbände und Organisationen.
Lassen Sie uns alle mitmachen und neue, unkonventionelle Informationswege gehen sowie Ideen entwickeln.
Ich beantrage für die SPD-Fraktion, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen. Ich bin mir aber sicher, dass uns das Thema weiter beschäftigen wird.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kalinka, es ist erstaunlich, was Sie alles in einem Antrag unterbringen können. Das ist wirklich faszinierend.
Sie fordern die Landesregierung auf, uns in der MärzTagung einen Bericht vorzulegen. Als Thema wird vorgegeben: Gesundheitspolitische Aktivitäten der Landesregierung zur BSE-Problematik / Neue Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit sowie gesundheitspolitische Konsequenzen aus dem Auftreten von BSE. So kompliziert, wie das Thema des Berichtsantrags anmutet, so kompliziert ist das Thema. BSE und die Fragen nach gesundheitlichen Folgen für Menschen und Tiere bewegen uns alle ebenso wie die gesamte Bevölkerung. Politikerinnen und Politiker sollten meines Erachtens allerdings nicht den Eindruck zu erwecken versuchen, alle Ursachen von BSEInfektionen zu kennen, genau zu wissen, wie BSEErreger Artschranken überspringen können, und zu wissen, welche Auswirkungen das Vorkommen von
BSE im Tierbestand auf die Wahrscheinlichkeit hat, dass Menschen an der neuen Variante der CreutzfeldtJakob-Krankheit erkranken.
Unwissenheit und Unsicherheit können zu unberechenbaren, ja panischen Reaktionen führen. Deshalb soll die Landesregierung uns - wie auch in der Vergangenheit - über ihre Erkenntnisse zur Problematik, über Forschungsergebnisse und Forschungsvorhaben und über konkrete Maßnahmen zur Gefahrenabwehr unterrichten.
Die Fraktionen von CDU und F.D.P. richten viele Fragen an die Landesregierung, die uns zum Teil schon beantwortet wurden. Es wird zum Beispiel gefragt, inwieweit Landesinstitute, Bundes- und europäische Institute an Forschungsvorhaben zu BSE beziehungsweise an Forschungsvorhaben zur Erforschung der neuen Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit beteiligt sind und welche Ergebnisse bisher vorliegen. Herr Kalinka hat es schon zitiert. Frau Birk hat eine Kleine Anfrage gestellt, durch die wir Antworten zu diesem Teilbereich erhalten haben. Herr Kalinka, wenn Sie zitieren, dann zitieren Sie bitte vollständig. Ich will Sie jetzt nicht wiederholen, aber ich werde fortfahren, wie es auch die Landesregierung in der Beantwortung der Kleinen Anfrage tut:
„Eine adäquate Technikfolgenabschätzung bezogen auf die angesprochenen risikorelevanten Bereiche Produktgefährdung und Übertragungs-/Infektionswege muss jetzt beschleunigt zwischen Bund und Ländern eingeleitet werden.“
Diese Antwort auf die Kleine Anfrage der Frau Abgeordneten Birk zeigt in hervorragender Weise das große Problembewusstsein der Landesregierung und den noch unzureichenden Wissensstand aller gesellschaftlich Handelnden. Die BSE-Problematik mit möglichen gesundheitlichen Folgen für den Menschen ist nicht allein das Problem der Landesregierung SchleswigHolsteins. Hier ist koordiniertes und konzertiertes Handeln von Ländern, Bund und EU erforderlich.
BSE gilt auch für den Menschen als Zeitbombe. Fraglich ist zum Beispiel, ob das Vorhandensein bestimmter körpereigener Eiweißstoffe die Wahrscheinlichkeit erhöht, an der neuen Variante der Creutzfeldt-JakobKrankheit zu erkranken. Untersuchungen aus Großbritannien haben jedenfalls ergeben, dass Menschen, die bisher an dieser Variante gestorben sind, in einer
bestimmten Erbguteigenschaft übereinstimmten. Wenn wir allerdings über die neue Variante der CreutzfeldtJakob-Erkrankung sprechen, dann wollen wir nicht vergessen, dass die Landesregierung uns im November des letzten Jahres mitgeteilt hat, dass in Deutschland bisher kein Erkrankungsfall nachgewiesen wurde. Das sollte man deutlich sagen.
- Bisher! Politikerinnen und Politiker sollen nicht den Eindruck erwecken, auf alle Fragen eine befriedigende Antwort zu haben. Das habe ich zu Beginn meines Redebeitrags gesagt. Sie sollen allerdings Problembewusstsein haben und politisch sachgerechtes Handeln einfordern, wenn es denn überhaupt erforderlich ist.
Noch so viele Berichtsanträge oder Kleine Anfragen an die Landesregierung entheben den einzelnen Bürger und die einzelne Bürgerin allerdings nicht von der Notwendigkeit, täglich Entscheidungen über ihre Ernährung und die Ernährung ihrer Familien zu treffen. Es wird - gerade von den antragstellenden Fraktionen in vielen Politikbereichen auf die Eigenverantwortung des Einzelnen abgehoben. Das könnte in diesem Zusammenhang zum Beispiel konkret heißen, sich den Vorschlag der Stiftung Warentest zu Eigen zu machen, bewusst einzukaufen und nachzufragen, ob das angebotene Rindfleisch getestet wurde, oder nachzufragen, woher die Ware kommt. Das gibt keine absolute Sicherheit, doch es erhöht den Druck auf Produzenten und Verarbeitungsindustrie. Alle sind gefordert.
Ich warne vor einer Verharmlosung der gesundheitlichen Risiken durch BSE. Ich warne allerdings auch vor Panikmache. Wir brauchen nicht nur unter dem Gesichtspunkt BSE gesunde Lebensmittel. Ich wage hier die Aussage, dass durch die Auswirkungen von Antibiotikaresistenzen, verursacht durch Arzneimittelrückstände in Schweinefleisch, schon jetzt sehr viele Menschen beeinträchtigt werden.
Auch dies ist ein wichtiger und ernst zu nehmender Bereich, in dem sich Politik, Wirtschaft, Landwirtschaft und Verbraucher ihrer Verantwortung stellen müssen.