Bei der Mehrheit der Studierenden bewegen wir uns aber nicht in solchen Situationen. Ein Konglomerat aus verschiedenen Gründen sorgt dafür, dass das Studium an der einen Hochschule oder in dem einen Fach über Gebühr lange dauert, während es in anderen Bereichen zügig vorangeht. Insbesondere dort, wo die internationale Anpassung durch Bachelor- und Masters-Abschlüsse - die scheut die FDP wie der Teufel das Weihwasser -, wo internationaler Austausch und so weiter vorankommen, zeigt sich, dass das Studium interessant ist und zügig absolviert wird.
Deswegen möchten wir unsere Freude darüber zum Ausdruck bringen, dass die überwältigende Mehrheit der fachlichen Stellungnahmen zum Gesetzentwurf der FDP unsere Haltung teilt. Studiengebühren sind weder als exklusive Studiumsstartvoraussetzungen noch als Strafmaßnahmen zur Examenszeit geeignet, die Leere mancher Lehre zu füllen.
Nun komme ich zu einem anderen Thema: Warum sind die Kindertagesstätten gebührenpflichtig und die Hochschulen nicht? Ich sage ganz klar: Unsere Fraktion weiß sich von einem Parteitagsbeschluss getragen, der dieses Ziel, nämlich die Gebührenfreiheit von Kindertagesstätten, nicht auf den Sankt Nimmerleinstag verschiebt.
Wir wissen, dass dies im Augenblick für das Land und die Kommunen eine Herausforderung darstellt. Ich möchte jedoch daran erinnern, dass das Thema Kindertagesstätten und die Eröffnung der Betreuung für die null- bis dreijährigen Kinder bei der Bundesregierung angekommen ist und in dieser Legislaturperiode angepackt werden muss. Hier hat SchleswigHolstein einen besonderen Nachholbedarf. Wir wissen, dass wir an dieser Stelle nicht die kostenfreien Kindertagesstätten versprechen können. Es ist aber wichtig, dass man dieses Ziel Schritt für Schritt verfolgt. Herr Dr. Klug, ich sehe im Augenblick keinen Vorschlag der Regierung, der die Kindertagesstätten teurer macht.
- Im Augenblick ist noch nichts eingefroren! Darüber wird zu reden sein. Wir wundern uns an dieser Stelle darüber, dass ausgerechnet die Liberalen glauben, Fälle von gedankenlosen Vorlesungsangeboten mit
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin dem Kollegen de Jager dankbar dafür, dass er das Modell der CDU heute stichwortartig vorgeführt hat. Inhaltlich stimme ich dem nicht zu, aber ich finde es wichtig, dass wir Modelle sehen und diese diskutieren können. Ich freue mich schon auf die Debatte, die wir bekommen, wenn Sie Ihre Initiative vorlegen werden.
Die Einführung von Studiengebühren an den Hochschulen, um die finanzielle Situation der Hochschulen zu verbessern und um Langzeitstudierenden das Handwerk zu legen, ist kein neuer Gedanke. Nur weil dieser Gedanke in regelmäßigen Abständen von der FDP aus der Schublade gezogen wird, wird er unserer Meinung nach nicht besser.
Zugegeben, wir brauchen eine Reform im Hochschulbereich. Die Idee aber, die die FDP mit ihrem Gesetzentwurf verfolgt, führt nach Auffassung des SSW in die falsche Richtung. Die Einführung von Studiengebühren löst nicht die Probleme an den Hochschulen. Dies hat auch die schriftliche Anhörung im Ausschuss ergeben. Der Kollege Weber hat dies angesprochen.
Wer glaubt, dass mit der Einführung von Studiengebühren die finanzielle Situation der Hochschulen verbessert wird, der irrt unserer Meinung nach. Angesichts der Haushaltslage des Landes wäre im Gegenteil zu befürchten, dass die Versuchung groß wäre, den Zuschuss für die Hochschulen zu kürzen. Vielleicht sollte man in der Diskussion überlegen, was mit Langzeitstudierenden passieren soll. Diese nehmen an den Hochschulen keine Ressourcen in Anspruch. Das ist also nicht das Problem.
- Ich komme gleich dazu, was man machen muss. Grundsätzlich möchte ich festhalten: Die Finanzierung der Schulen und Hochschulen ist eine gesellschaftspolitische Aufgabe, aus der wir uns nicht durch die Finanzierung durch Studiengebühren stehlen dür
fen. Die schriftliche Anhörung hat auch deutlich gemacht, dass die Einführung von Studiengebühren die Zahl der Studierenden erheblich herabsetzen würde. Hier kommt die zentrale Frage hinzu: Können wir uns das leisten? Es wären insbesondere die sozial Schwächeren, die von solchen Gebühren betroffen wären.
- Wir werden eine weitere Debatte bekommen. Das Ergebnis wäre, dass die Studierenden mehr arbeiten müssten, um sich das Studium finanziell überhaupt leisten zu können. Daraus ergibt sich dann unweigerlich eine weitere Verlängerung der Studienzeit oder es führt sogar zum Abbruch des Studiums. Das aktuelle Ergebnis einer Studie zur Ursachenanalyse von Studienabbrüchen der Hochschulinformationssysteme GmbH belegt, dass insbesondere finanzielle Probleme die Hauptursache für einen Studienabbruch in Deutschland sind. Insgesamt beendet ein knappes Drittel aller Studierenden das Studium ohne Abschluss. Dies, meine ich, ist eine Zahl, die man sich wirklich einmal auf der Zunge zergehen lassen muss.
Aber auch die berufliche Neuorientierung während des Studiums ist maßgeblich für den Abbruch des Studiums nach durchschnittlich sieben bis acht Semestern verantwortlich. Daher sehen wir die Notwendigkeit, die Beratungsangebote der Hochschulen und Studentenwerke nicht nur enger zu vernetzen, sondern auch zu intensivieren. Mit anderen Worten: Eigentlich müsste bereits an unseren Gymnasien die Studienberatung intensiviert werden, um diesem Trend entgegenzuwirken.
Ich meine, grundsätzlich muss es auch so sein, dass die Universitäten lernen müssen, dass die Abbrecherproblematik auch ein Problem der Universitäten ist. Hier muss ein Umdenken einsetzen und man müsste dies vielleicht auch in die Finanzierung unserer Hochschulen mit einbauen.
Richtig ist, dass Empfänger von BAföG doch zügiger studieren, weil sie dadurch eine gewisse finanzielle Absicherung ihres Studiums haben. Ich möchte wiederholen, dass unser Modell weiterhin bleibt „ein BAföG für alle“; denn volkswirtschaftlich betrachtet ist dies ein Modell, das sich rechnet. Ich verweise nochmals auf die Erfahrungen unserer Nachbarländer. Parteiübergreifend steht man dort dazu, dass sich diese gesellschaftspolitische Ausgabe rechnet. Sie wird von keiner Partei infrage gestellt. Man diskutiert natürlich, wie man das evaluieren kann. Man diskutiert dort auch, wie man die Studienabläufe straffen kann. Aber es wird nicht infrage gestellt, dass alle
Wenn wir also im OECD-Vergleich nicht weiterhin hinter unseren europäischen Nachbarn liegen wollen, kommen wir nicht darum herum, den Studienstandort Deutschland insgesamt attraktiver zu gestalten. Dazu gehören mit Sicherheit nicht die Studiengebühren. Dazu müssen ganz andere Instrumente eingeführt werden, müssen ganz andere Modelle durchdacht werden. Nur so werden wir eine richtige Reform im Hochschulbereich hinbekommen.
Ich habe noch zwei Wortmeldungen zu Kurzbeiträgen. Ich möchte zunächst zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung Herrn Abgeordneten Dr. Garg das Wort erteilen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Eine Tatsache ist ja wohl unbestritten: Wir leisten uns hier in der Bundesrepublik mit Abstand die ältesten Studierenden und mit Abstand die jüngsten Rentner. Genau hier müssen wir anfangen. Wir müssen die jungen Menschen in die Lage versetzen, dem Arbeitsmarkt früher zur Verfügung zu stehen. Das wurde bereits gesagt. Aber das tun wir nur, wenn wir die jungen Menschen in die Lage versetzen, ihr Studium in Zukunft möglichst innerhalb der Regelstudienzeit absolvieren zu können. Das schaffen wir nur, wenn wir die Rahmenbedingungen so weit verbessern, dass die Studierenden in der Lage sind, ihr Studium in der Regelstudienzeit zu absolvieren. Sie werden mir möglicherweise auch darin Recht geben, Kollege Weber, dass für die Rahmenbedingungen auch das Land zuständig ist. Das Land ist zuständig für die personelle und die sächliche Ausstattung der Hochschulen. Dass es damit in Schleswig-Holstein nicht zum Besten steht, ist wohl unbestritten. Die mangelnde sächliche und personelle Ausstattung unserer Hochschulen trägt dazu bei, dass die Regelstudienzeit in vielen Fällen nicht eingehalten werden kann. Deswegen tut es mir ganz besonders Leid, dass Sie sich so ablehnend gegenüber unserem Gesetzentwurf verhalten. Gemeinsam daran zu arbeiten wäre ein Signal dafür gewesen, dass wir die Rahmenbedingungen tatsächlich verbessern wollen.
Im Übrigen trägt der Gesetzentwurf der FDP durchaus der Tatsache Rechnung, dass die Regelstudienzeiten heute so nicht eingehalten werden können. Wir
haben nämlich vorgeschlagen: Regelstudienzeit plus fünf Fachsemester und dann erst setzt die Studiengebühr für Langzeitstudenten ein. Wenn Sie das immer noch als unsoziale Maßnahme abtun wollen, verstehe ich das wirklich nicht mehr.
Lassen Sie mich - und deswegen bin ich eigentlich nach vorn gegangen - von meinen eigenen Erfahrungen aus der Arbeit mit Langzeitstudierenden berichten. Ich habe nach dem Examen, während ich promoviert habe, Repetitorien für Langzeitstudierende an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg gegeben. Dort hatte ich mit Studierenden zu tun, die 20 und mehr Semester Volkswirtschaft auf dem Buckel hatten. Sie sollten in die Lage versetzt werden, nach dem ersten gescheiterten Anlauf ihres Examens wenigstens irgendwann dieses Studium noch zu beenden. Ich möchte ganz deutlich sagen: Mir hat die Arbeit Spaß gemacht. Aber Menschen, die mit 24, 25 oder 32 Semestern VWL immer noch nicht den Unterschied zwischen funktionaler und personeller Einkommensverteilung - das lernt man im 3. Semester VWL - verstanden haben und auch nicht verstehen wollen, haben - das ist jedenfalls meine persönliche Meinung - an unseren Hochschulen absolut nichts zu suchen.
Deswegen finde ich es richtig, dass man sie entsprechend zur Kasse bittet, wenn sie - da, Kollegin Spoorendonk, komme ich zu Ihrem Einwand - die Ressourcen der Hochschule dann immer noch in Anspruch nehmen. Es ist falsch zu behaupten, dass Langzeitstudierende keine Ressourcen der Hochschule in Anspruch nähmen. Sie schreiben Klausuren, schreiben Hausarbeiten, nehmen an Seminaren teil und ich kann als Korrekturassistent nicht sagen: Da steht oben die Semesterzahl 28, deswegen korrigiere ich die Klausur nicht. - Sie binden personelle Kapazitäten an den Lehrstühlen, sie haben Platz genommen in überfüllten Hörsälen, wo wir uns zum Teil um die Sitzplätze geprügelt haben. Insofern finde ich Studiengebühren ein moderates Mittel, um dies in Zukunft zu steuern; sie sind hier sehr wohl angemessen.
Wenn Sie unserem Vorschlag folgen - Regelstudienzeit plus fünf Fachsemester -, ist dies ein erster Schritt in die Richtung, dass diejenigen, die tatsächlich studieren wollen und das auch mit Fleiß und entsprechendem Engagement tun, dies auch in Zukunft weiterhin tun können. Ich kann wirklich nichts Verwerfliches darin sehen.
Ich bin davon überzeugt, dass wir mit diesem Vorschlag der FDP-Fraktion das Ziel erreichen, diejenigen an den Universitäten zu halten, die dort auch wirklich hingehören. Diejenigen, die dort nicht hingehören, die brauchen wir und die wollen wir dort auch nicht.
Zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung hat der Herr Abgeordnete Hentschel das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Leider muss ich widersprechen und infrage stellen, ob das Ziel, das Sie erreichen wollen, so erreicht wird. Wenn an einer Fachhochschule in Schleswig-Holstein das Architekturstudium dreizehneinhalb Semester und an einer anderen Fachhochschule das gleiche Studium unter gleichen Rahmenbedingungen und mit gleicher finanzieller Ausstattung zehneinhalb Semester dauert, dann muss ich feststellen: Das hat etwas damit zu tun, ob sich die Hochschule darum bemüht, ihre Studenten tatsächlich in der normalen Studienzeit vernünftig durchzubekommen, oder ob sich die Hochschule nicht darum bemüht. Die Rahmenbedingungen sind absolut die gleichen. Trotzdem dauert das Studium an der einen Hochschule drei Semester länger. Jetzt komme ich zur Conclusio. Wenn diese Hochschule, die drei Semester weniger braucht, die gleiche Anzahl von Studenten ausbildet, hat sie 30 % mehr Kapazitäten für diese Studenten zur Verfügung, logischerweise, weil sie ja entsprechend weniger Studenten hat. Sie hat 30 % mehr Kapazitäten zur Verfügung. Sie sagen ja, das sei eine Frage der Kapazitäten. Die Hochschule, die die Studenten drei Semester länger ausbildet, blockiert sich doch in der Konsequenz selbst ihre Kapazitäten.
Insofern meine ich, dass wir tatsächlich bei den Strukturen der Hochschulen dafür sorgen müssen, dass sich die Leute dort ans Portepee fassen und eine vernünftige Ausbildung gestalten, sodass die Studenten auch ihr Studium schaffen.
Die wenigen Langzeitstudenten - man kann gern darüber reden -, die 20 bis 30 Semester auf dem Buckel haben, sind überhaupt nicht das Problem, wobei die meisten von denen eh nur eingeschrieben sind, um ein günstiges ÖPNV-Ticket zu bekommen, aber nicht, weil sie tatsächlich studieren. Das eigentliche Problem sind die Strukturen an den Hochschulen, die so sein müssen, dass die Studenten in der Regelstudienzeit unter ganz normalen Bedingungen ihr Studium absolvieren können. Und das liegt wesentlich mehr an der Hochschule als an den Studenten.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der Debatte über den Gesetzentwurf der FDP sind eigentlich alle Argumente ausgetauscht. Das war schon bei der ersten Lesung so, das war auch im Bildungsausschuss so. Aber was heute in die Debatte eingebracht worden ist, geht ein bisschen über den Gesetzentwurf der FDP hinaus. Deswegen will ich versuchen, mich in meinem Beitrag auch ein Stück darauf zu beziehen. Herr de Jager, Sie haben hier andere Gründe für sich in Anspruch genommen und auf eine Initiative vonseiten der CDU-Fraktion, die offenbar folgen soll, in Sachen Studiengebühren für das Erststudium verwiesen. Das nehmen wir heute zur Kenntnis.