Protocol of the Session on April 3, 2003

(Roswitha Strauß)

Das ist der entscheidende Punkt. Es geht um die Freiheit für die eigene Gestaltung der Öffnungszeiten.

(Zuruf von der SPD)

Ich möchte darauf hinweisen, dass ich für den Einzelhandel hierin auch gewaltige Chancen sehe, gerade im ländlichen Bereich. Wenn wir uns die demographische Entwicklung in unserem Land anschauen, müssen wir sehen, da gibt es Möglichkeiten für den Einzelhandel, den die Großkonzerne mit ihren großen Apparaten gar nicht haben. Das ist alles schon angesprochen worden.

Ich glaube, wir sollten uns insofern nicht davor fürchten, auch ländereigene Regelungen zu schaffen. Ich glaube auch, dass die normative Kraft des Faktischen dann etwas in Bewegung setzt. Deshalb haben wir den Antrag so verfasst, dass wir beide Optionen genannt haben. Aber eine bundesrechtliche Regelung wäre erstens schneller und zweitens einfacher zu handhaben.

(Beifall bei CDU und FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen dem Präsidium nicht vor. Ich schließe die Beratungen.

Wir treten in die Abstimmung ein. Es ist Abstimmung in der Sache beantragt worden. Ich darf deshalb fragen, wer dem Antrag der Fraktion der CDU, Drucksache 15/2575 - -

(Wolfgang Baasch [SPD]: Wir haben Über- weisung in den Ausschuss beantragt! - Zuruf von der CDU: Wir haben Abstimmung in der Sache beantragt! - Wolfgang Baasch [SPD]: Ja, aber darüber müssen wir abstimmen! - Weitere Zurufe)

- Wo Sie Recht haben, haben Sie Recht, Herr Kollege Baasch. Ich habe deshalb extra gefragt, ob auch Ausschussüberweisung beantragt worden ist.

(Zurufe)

- Aha, das hatte ich nicht gehört. Das ist ja in Ordnung.

Dann haben wir jetzt zwei Abstimmungsbegehren, das eine ist die Ausschussüberweisung und das andere ist die Abstimmung in der Sache. Nach den bisherigen Gepflogenheiten ist es so, dass die Abstimmung über die Ausschussüberweisung vorgeht.

Ich lasse also zunächst darüber abstimmen, ob der Antrag 15/2575 (neu) der Fraktion der CDU in den

zuständigen Wirtschaftsausschuss überwiesen werden soll.

(Wolfgang Baasch [SPD]: In den Sozialaus- schuss! Tut uns Leid, aber das ist da ange- siedelt! - Weitere Zurufe)

- Das ist kein Problem, also in den Sozialausschuss, mitberatend in den Wirtschaftsausschuss.

(Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: Es ist kein Sozialgesetz! - Weitere Zurufe)

- Ich frage deshalb nach!

(Zurufe)

Sehen Sie, klare Antragsvorlagen der Fraktionen erleichtern die Tagungsführung!

Herr Abgeordneter Astrup!

Herr Präsident, ich weise darauf hin, dass das Thema, das wir gerade diskutieren, nach wie vor bei der Sozialministerin angesiedelt ist. Von daher hat es irgendwie Sinn, den Antrag in den Sozialausschuss und mitberatend in den Wirtschaftsausschuss zu überweisen.

Dann ist die Abstimmungslage jetzt geklärt. Es geht also zunächst darum, sich Gedanken darüber zu machen, ob man den Antrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 15/2575 (neu) zur weiteren Beratung federführend in den Sozialausschuss und mitberatend in den Wirtschaftsausschuss überweisen möchte.

Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag der Fraktion der CDU, die Abstimmung in der Sache beantragt hatte, mit den Stimmen der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur weiteren Beratung federführend in den Sozialausschuss und mitberatend in den Wirtschaftsausschuss überwiesen worden. Damit ist der Tagesordnungspunkt 23 beendet.

(Wortmeldung der Abgeordneten Silke Hin- richsen [SSW])

Frau Kollegin!

Ich möchte darauf hinweisen, dass ein Teil der SSWLandtagsgruppe für den Überweisungsantrag gestimmt hat.

Welcher Teil?

(Heiterkeit)

Können Sie die Teile benennen? Wenn ich es richtig sehe, sind es die Sprecherin des SSW, Frau Anke Spoorendonk, und die Abgeordnete Silke Hinrichsen, die für Ausschussüberweisung gestimmt haben. Herr Abgeordneter Lars Harms hat gegen Ausschussüberweisung gestimmt.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Dann werden wir dieses Abstimmungsverhalten, ohne dass es an der Mehrheit, was die Beschlussfassung angeht, etwas ändert, gleichwohl zu Protokoll nehmen. Ich bedanke mich für diese wichtige Klarstellung.

Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 16 auf:

Rücknahme des Erlassentwurfs zu individuellen „Lernplänen“ für alle Schülerinnen und Schüler Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 15/2568

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das sehe ich nicht. Dann darf ich die Aussprache eröffnen. Das Wort für die antragstellende Fraktion der FDP erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Erlasse, die das Bildungsministerium hervorbringt, sind zuweilen kinoreif; soweit ein Lob. Beispielhaft zeigt das der Erlassentwurf mit der Überschrift „Lernpläne an allgemein bildenden Schulen“. Wahlweise könnte man ihn entweder für die Sparte „Horrorfilm“ oder vielleicht doch besser für die Sparte „Satire“ als abschreckendes Muster anmelden. Das wäre dann allerdings Realsatire.

Wie um alles in der Welt kann man bloß auf eine derart abstruse Idee kommen, für jeden einzelnen Schüler, für jede einzelne Schülerin von der 3. bis mindestens zur 6. Klassenstufe einen umfänglichen Lernplan zu Papier bringen zu wollen? Dazu sind im Hause der Ministerin Erdsiek-Rave seitenlange Entwürfe, Formulare und Erläuterungen zu Papier gebracht worden. Der Gedanke, dass Schüler einer individuellen Förderung bedürfen - das ist ja ein richtiger Gedanke -, wird meiner Ansicht nach mit einem solchen Erlassentwurf auf geradezu groteske Weise in eine superbürokratische Form gegossen.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Ausgangspunkt ist dabei wohl die Überlegung gewesen, dass man nach finnischem Vorbild individuelles Lernen fördern wollte. In Finnland erhält jeder sechste Schüler, jede sechste Schülerin im Laufe eines Schuljahres Kleingruppen- und Einzelunterricht. Das ist in der Tat individuelles Lernen. In Deutschland, Unterabteilung Schleswig-Holstein, bekommt jeder Schüler nach dem Willen der Erlassfabrik mit dem Namen „Bildungsministerium“ einen persönlichen Lernplan, erstellt vom Klassenlehrer und versehen mit der Unterschrift von Eltern und Kind, und damit basta.

Zum Teil werden - dies zeigt ein Blick in die Papiere, die das Bildungsministerium im Zusammenhang mit dem Erlassentwurf produziert hat - dabei Selbstverständlichkeiten aktenkundig. So wird zum Beispiel bei einem unkonzentrierten, oft abgelenkten Kind folgende Zielvorgabe empfohlen - diese soll dann auch in dem jeweiligen Lernplan notiert werden; ich zitiere -:

„Konzentrationsfähigkeit und Ausdauer erhöhen“

Meine Damen und Herren, was denn sonst, wenn das Kind unkonzentriert und oft abgelenkt ist?

(Beifall des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Es ist wirklich Realsatire, was man darin liest.

Andere Vorgaben könnten in ihrer schematischen Einspurigkeit vielleicht sogar kontraproduktiv sein. So soll zum Beispiel ein Schüler, der sich durch ein überdurchschnittliches Lesevermögen auszeichnet - auch in solchen Fällen wird eine Empfehlung gegeben -, standardmäßig mit folgender Überprüfung malträtiert werden - ich zitiere aus den Erläuterungen zum Lernplanerlassentwurf -:

„N.N.“

- dieser Schüler also -

„soll im szenischen Spiel die Märchentante darstellen und dabei aus einem Märchenbuch vorlesen.“

Falls diese pädagogische Maßnahme dann auch noch fortlaufend wiederholt werden sollte, was vielfach empfohlen wird, würde das manchen Schülern vielleicht noch die Freude am Lesen verderben.

(Zuruf des Abgeordneten Konrad Nabel [SPD])