Es gibt wenig Beifall auf dieser Seite. Ich möchte doch darauf hinweisen, dass der Ministerpräsident Müller, Saarland, diese Meinung teilt. Insofern hat er dort Mut und Standhaftigkeit bewiesen.
„Krieg in den Trümmern des Rechts“ titelt „Die Zeit“ und weist auf einen weiteren Punkt hin: Diese USRegierung verstößt nicht nur gegen das Völkerrecht, „sondern auch gegen die strategische Vernunft im Krieg gegen den Terrorismus“. Denn natürlich wird das Misstrauen in dieser Welt steigen, natürlich werden die schrecklichen Bilder aus Bagdad und Basra den Boden für den internationalen Terrorismus fruchtbar machen. Natürlich wird diese Region destabilisiert. Das Völkerrecht in Trümmern, die UN
weltweit diskreditiert, die Arbeit der Inspektoren – man hat das schon fast vergessen – zerstört und die Gefahr, dass der internationale Terrorismus an Einfluss gewinnt: Kriegsfolgen, die uns alle betreffen, die für die Bush-Strategen auch vorhersehbar waren, was den Verdacht nahe legt, dass dieser Krieg nicht die Aktion eines selbst ernannten Weltmissionars ist.
Gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang durchaus ein Zitat von Johannes Rau, der gesagt hat: „Ich glaube nicht, dass ein Volk einen göttlichen Hinweis erhält, ein anderes Volk anzugreifen.“
So viel - wenn Sie mir diesen Hinweis noch einmal gestatten - zu dieser unerträglichen Religionsrhetorik in diesem Krieg.
Es geht anscheinend eher um eine kühl kalkulierte Durchsetzung einer neuen außenpolitischen Doktrin der angeblich letzten Weltmacht. Denn selbst die Kriegsallianz macht sich heute keine Mühe mehr, die ursprünglichen Gründe für diesen Krieg zu wiederholen. Längst geht es nicht mehr um die Verteidigung des eigenen Landes, die geplante Vernichtung der Massenvernichtungswaffen und den Kampf gegen den Terrorismus. Schon wird den Nachbarn Syrien und Iran auch der Krieg angedroht. Es geht vielmehr - so scheint es - um die politische Neuordnung des Nahen Ostens nach den Vorstellungen der Architekten Bush und Rumsfeld - ohne Zustimmung der Vereinten Nationen und natürlich ohne die betroffenen Staaten. Das hat mit Demokratisierung nichts zu tun.
Wer vor diesem Hintergrund den Krieg für unvermeidlich hält, wie Frau Merkel und Teile der CDU, dem sage ich: Anbiederung ist keine Außenpolitik!
Ja, ich sage, Anbiederung ist nicht einmal Politik, sondern sie ist Abkehr von der politischen Verantwortung. Denn Sie befinden sich heute an der Seite der Regierung Bush - ich bitte, das zu beachten, weil das ein Unterschied ist - und nicht an der Seite des amerikanischen Volkes. Ich finde, es lohnt sich, die Werte des alten Europas selbstbewusst und souverän auch gegenüber dieser US-Regierung zu vertreten, wie es auch viele Mitglieder der CDU tun. Das ist allemal besser, als die eigene Haltung zum Krieg von dessen Verlauf abhängig zu machen.
Mir scheint aber diese Einsicht ein frommer Wunsch zu sein, wenn ich im NDR höre, dass der Krieg „bedauerlich, aber unvermeidbar gewesen sei. US-Prä
sident Bush habe keine Alternative ohne Gesichtsverlust gehabt“. So die Kollegen Carstensen und Kayenburg wohl im Pressegespräch.
Ein Krieg aus Gründen der Gesichtswahrung? - Wenn diese Bemerkung so gefallen ist, dann wäre sie an Zynismus kaum zu überbieten.
Mit dem scheinbaren Gesichtsverlust eines Präsidenten können wir leben, mit den großen Verlusten auf beiden Seiten der Front und in der Bevölkerung können wir nicht leben. Es wäre schön und ich würde es begrüßen, wenn Sie das hier heute richtig stellen könnten.
Wir Sozialdemokraten sind nach wie vor fest davon überzeugt: Dieser Krieg war vermeidbar. Die Bedrohung durch den Diktator rechtfertigte diesen Krieg nicht und nicht die großen Opfer, die er forderte und noch fordern wird. Die SPD-Fraktion unterstützt deshalb die klare und eindeutige Entscheidung unseres Bundeskanzlers Gerhard Schröder: Keine deutschen Soldaten in diesem Krieg, keine deutsche Beteiligung.
Wir haben aus unserer Geschichte gelernt. Wir unterstützen ihn in seiner Forderung weiterhin, jede Chance für den Frieden zu nutzen und die UN zu stärken.
Und wir wollen auch bei unseren europäischen Nachbarn dafür werben, dass wir eine abgestimmte und gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik formulieren. Wir unterstützen alle Möglichkeiten, den Menschen im Irak zu helfen und möglichst eine humanitäre Katastrophe zu vermeiden.
Zum Abschluss einige Anmerkungen: Bilder und Sprache schaffen Bewusstsein. Ich sage deutlich, Bombenteppiche sind keine chirurgischen Schläge und tote Menschen sind kein Kollateralschaden. Der Krieg ist nicht klinisch und er ist nicht sauber. Und Kriege sind auch keine Kreuzzüge. Sie dauern auch häufig länger als zehn Tage und selten jubeln Menschen denen zu, die ihre Söhne und Kinder erschießen. Die Schlacht der Bilder und Begriffe ist voll
Meine Damen und Herren, der Krieg ist nicht der Vater aller Dinge, sondern der Tod allen Lebens. Und jeder militärische Sieg ist zugleich eine Niederlage der Vernunft und der Humanität.
Wir hoffen auf einen baldigen Stopp der Kriegshandlungen. Wir sind gegen jeden Krieg und wir sind auch gegen den Krieg im Irak. Deshalb bitte ich Sie, unseren Antrag anzunehmen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Sorge um den Frieden in der Welt bewegt die Menschen in unserem Land - und wie die Demonstrationen zeigen - insbesondere viele junge Menschen. Und wir nehmen Anteil an dem Schicksal der Menschen, die von dem Schrecken des Krieges, der nun schon fast zwei Wochen tobt, betroffen sind. Jeder Krieg, Herr Kollege Fischer, ist eine Tragödie. Jeder Krieg verursacht unendliches Leid. Und die Sorge um den Frieden in der Welt ist auch Gegenstand unserer heutigen Aussprache - wissend, dass der Schleswig-Holsteinische Landtag nicht der Ort ist, an dem die Fragen dieser Dimension abschließend zur Entscheidung stehen. Aber es ist immerhin doch der Ort - wenn man ihn wählt -, an dem man fair miteinander über diese Dinge reden sollte.
Aufgrund der kurz bemessenen Redezeit werde ich mich in diesem Komplex nur einigen Fragen zuwenden, von denen ich glaube, dass sie im Augenblick in der Gefahr sind, eine ungute Entwicklung zu nehmen. Der vorherige Beitrag bestätigt mich in dieser Befürchtung.
Um keinen Missverständnissen Vorschub zu leisten oder solche aufkommen zu lassen: Ich glaube nicht, dass der Kriegsbeginn im Irak zum jetzigen Zeitpunkt zwingend notwendig war.
Ich glaube nicht, dass die Begründung der amerikanischen Regierung für den Krieg die einzige mögliche Sichtweise darstellt. Insbesondere der Wechsel in der Begründung für den Kriegseintritt hat es auch mir schwer gemacht, die Position der Amerikaner immer nachzuvollziehen. Aber diese Schwierigkeiten ändern nichts daran, dass die Vereinigten Staaten von Amerika eine der verlässlichsten und größten Demokratien in der Geschichte darstellen und dass sie unser verlässlichster und stärkster Partner sind.
Nicht aus Liebedienerei oder Vasallentum, sondern auch wohl verstandenem eigenen Interesse sind wir auch in Zukunft auf eine enge, von Vertrauen und Selbstbewusstsein getragene Partnerschaft mit Amerika angewiesen. Und auch dass will ich hier sagen: Obwohl Dankbarkeit für viele keine politische Kategorie darstellt, finde ich, gerade Deutschland hat den Amerikanern unendlich viel zu verdanken.
Und wenn gegenseitiges Vertrauen und Verständnis füreinander die Grundlage der so fruchtbaren transatlantischen Freundschaft sind, dann müssen wir die Debatte auch so führen, dass diese Grundlage nicht nachhaltig beschädigt wird.
Natürlich weiß ich, dass in Deutschland zu diesem Zeitpunkt annähernd drei Viertel unserer Bevölkerung gegen den Krieg ist. Gleichzeitig finden die Kriegsbefürworter in den Vereinigten Staaten von Amerika in ihrem eigenen Land eine ähnlich hohe Zustimmung. Gerade deshalb sollten wir uns bemühen, in der Diskussion nicht selbstgerecht zu wirken. Auf beiden Seiten des Atlantiks wird Verantwortung wahrgenommen. Wenn wir uns aber gegenseitig die moralische Qualität unserer Motive absprechen, wird die Grundlage unserer Beziehung nach meiner festen Überzeugung nachhaltig gestört.
Manchen Äußerungen dieser Tage - von einer Minderheit auf den Friedensdemonstrationen und anderswo vorgetragen - wird aus meiner Sicht nicht entschieden genug widersprochen. Wir sollten jeden Eindruck vermeiden, Saddam Hussein und die amerikanische Regierung auf eine Stufe zu stellen.
In der Resolution 1441 war sich der Weltsicherheitsrat einig, dass von dem Regime des Diktators Saddam Husseins eine Gefahr für den Weltfrieden ausgeht. Ein „verbrecherisches Regime“ hat es der Herr Bundestagspräsident am 20. März diesen Jahres genannt. Das ist eine Charakterisierung, welche wir auch aus Sorge um die Opfer dieses Krieges nicht vergessen dürfen. So zeichnen die Berichte der verschiedenen Menschenrechtsorganisationen ein Bild eines an Brutalität kaum noch zu überbietenden Terrors. Danach wurden - das kann ich Ihnen nicht ersparen - Kleinstkinder gequält, um von ihren Müttern Aussagen zu erpressen; wurden Massenvernichtungswaffen an Kriegsgefangenen und der eigenen Bevölkerung erprobt; werden und wurden Frauen systematisch vergewaltigt und vieles Scheußliches mehr, wie der „Spiegel“ in seiner Januar-Ausgabe berichtet hat. Auch wenn es das sittliche Empfinden vieler berühren mag, diese Gräueltaten dürfen nicht verschwiegen werden, denn sonst verschieben sich nolens volens die politischen Koordinaten.
„Falsche Angaben oder Auslassungen in den vom Irak vorgelegten Erklärungen sowie jegliche Versäumnisse Iraks, diese Resolution zu befolgen und bei ihrer Durchführung uneingeschränkt zu kooperieren, stellen eine erhebliche Verletzung der Verpflichtungen des Iraks dar.“