Protocol of the Session on February 19, 2003

Zusammengefasst heißt das:

Erstens. Fahrradtourismus ist mehr als ein Trend. Wir haben es hier mit einem der wenigen boomenden Wirtschaftszweige zu tun.

Zweitens. Es bedarf der besonderen Anstrengung der Tourismuswirtschaft, um einen hohen Marktanteil in diesem Bereich für Schleswig-Holstein zu sichern.

Drittens. Wir sind mit unseren Infrastrukturmaßnahmen in Schleswig-Holstein gut davor, aber noch lange nicht am Ende. Das hat der Minister auch gesagt. Wir

arbeiten an diesem Programm weiter. Auch wenn es keine Kosten-Nutzen-Rechnung für Radwege gibt, so hat der Landesrechnungshof die Auswahlfaktoren für den Bau von Radwegen schon einmal gut geheißen. Das ist Grund genug, damit weiterzumachen.

Ansonsten beantrage ich die Überweisung an den Ausschuss.

(Beifall bei der SPD und des Abgeordneten Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Für die Fraktion der FDP erteile ich der Frau Abgeordneten Aschmoneit-Lücke das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hoffe, dass ich heute mit meiner Stimme durchhalte.

(Beifall bei der FDP)

Wenn nicht, wird der Kollege Garg meine Rede verlesen. Auch ich bedanke mich selbstverständlich sowohl bei den Fragern als auch bei den Antwortenden. Es ist eine wahrhaft große Große Anfrage, die die Grünen vorgelegt haben. Damit haben sie die zunehmende Komplexität moderner Zivilgesellschaften eindringlich aufgezeigt.

(Beifall bei FDP und CDU)

Wer hätte gedacht, dass man zum Thema Fahrradverkehr so viele wirklich Sinn gebende Fragen von höchster landespolitischer Relevanz stellen kann?

(Beifall bei FDP und CDU)

Zum Beispiel die Frage 4.1.: Wie schätzt die Landesregierung die Entwicklung beim Bau von straßenbegleitenden Radwegen seit 1990 in Bezug auf den Ausbaustandard der Radwegeinfrastruktur in den alten Bundesländern sowie den neuen Bundesländern ein? Die Antwort ist ebenfalls wegweisend: Kein eindeutiges Bild und keine belastbaren Statistiken. Das Zusammenwachsen der innerdeutschen Fahrradverkehrsinfrastruktur verschließt sich dem bohrenden öffentlichen Blick. Es darf allerdings bezweifelt werden, dass wir erhellendere Antworten auf unsere Verkehrsprobleme bekommen hätten, wenn dieser Blick etwas erhellter gewesen wäre.

Nichtsdestotrotz ist das Fahrrad ein wichtiger Verkehrsträger. Darin sind wir uns völlig einig. Ich erinnere an die Gespräche von gestern Abend. Das Fahrrad ist ein wirklicher Tourismusmagnet. Deshalb ist

(Christel Aschmoneit-Lücke)

der Landesregierung - ich zitiere - „die Förderung des Radverkehrs ein wichtiges Anliegen und ein vorrangiges Ziel der Verkehrspolitik.“

Die Landesregierung hat in ihrer Antwort allerdings nicht erklärt, welche anderen verkehrspolitischen Ziele hinter der Förderung des Radverkehrs zurücktreten müssen. Das wäre ja die logische Folge, wenn man ein bestimmtes Ziel vorrangig verfolgt. Herr Minister Rohwer, es wäre schön, wenn Sie Ihre Ausführungen im Ausschuss entsprechend ergänzen könnten.

(Beifall bei der FDP)

Ein Blick in den druckfrischen Landeshaushalt 2003 zeigt, dass im Jahre 2002 im Zuge des Landesstraßenbaus voraussichtlich 21 km Radwege fertig gestellt werden. Kollege Arp, es ist sicherlich das Jahr 2003 gemeint. Dies bereits als tatkräftige Untermauerung eines vorrangigen verkehrspolitischen Ziels zu werten, erscheint mir doch etwas übertrieben.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Aber nur ein biss- chen!)

Noch stärker beunruhigt mich allerdings folgende Aussage der Landesregierung:

„Wegen der schwierigen Haushaltslage und der geringen finanziellen Spielräume legt das Programm ‚Fahrradfreundliches SchleswigHolstein’ großen Wert auf einen effizienten Mitteleinsatz im Bereich der Radverkehrsförderung.“

Ich meine, die Landesregierung sollte immer sorgsam und sparsam sowie effizient mit dem Geld der Steuerzahler umgehen, und zwar unabhängig von der Haushaltslage und unabhängig vom Fahrradverkehr. Sie merken an meinen Ausführungen, dass die Radverkehrspolitik bei mir vielleicht nicht ganz denselben Stellenwert hat wie bei der Fragen stellenden Koalition.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist aber ein Fehler!)

Zur Abwechslung etwas Positives: SchleswigHolstein hat beim Fahrradtourismus ein großes Potenzial. Deshalb begrüßen wir die Anstrengungen der Landesregierung, bessere landesübergreifende Informationen zum Radwegenetz bereitzustellen. Dies hilft den privaten Anbietern im Lande, noch bessere Produkte für den Fahrradtourismus bereitzustellen. Zusammen mit einem stetigen Ausbau des Radwegenetzes durch Land und Kommunen steigert dies die Attraktivität des Urlaubsziels Schleswig-Holstein. Interessant wäre in diesem Zusammenhang, inwieweit

der Fährverkehr bereits in dieses Tourismuskonzept eingebunden ist. Herr Minister, Sie haben etwas zum Innerlandesverkehr gesagt. Das finde ich schön, allerdings war danach nicht gefragt worden. Es hat mich gewundert, dass die Grünen dies vergessen haben. Mich würde darüber hinaus interessieren, wie weit der länderübergreifende Fährverkehr - zum Beispiel nach Dänemark oder nach Schweden - in dieses Konzept mit einfließt.

Selbstverständlich würde sich jeder Fahrradtourist - aber auch jeder andere Radfahrer - freuen, wenn er sein Fahrrad in öffentlichen Verkehrsmitteln kostenlos mitnehmen dürfte. Die entsprechenden Fragen und auch die heutigen Aussagen des Kollegen Hentschel weisen darauf hin, dass die Grünen diese kostenlose Beförderung bevorzugen würden. Ich meine allerdings, dies ist nicht unbedingt eine landespolitische Aufgabe. Wenn ein Verkehrsunternehmen meint, durch das Angebot kostenloser Fahrradmitnahme zusätzliche Kunden anziehen zu können, dann ist das schön. Dies wäre dann ein Wettbewerbsvorteil. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, plädiere ich selbstverständlich dafür, dass sich das Land bei der Vergabe darum kümmert, dass solche Angebote auch gemacht werden. Ob diese kostenlos sein müssen, möchte ich bezweifeln.

Ein letzter Punkt zur Verkehrssicherheit: Herr Minister, Sie haben es angesprochen. Die Unfallzahlen sind auch im Fahrradbereich rückläufig. Das freut uns sehr. Ich möchte gern noch Informationen dazu erhalten, wie die Entwicklung der Schadensabwicklung mit Fahrradunfällen abläuft und wie die Schadensregulierung verläuft und wie sich die Frage der Haftpflicht entwickelt hat. Last but not least hoffe ich, dass wir - wie gestern Abend beschlossen - zumindest gemeinsam mit den tourismuspolitischen Sprechern eine Fahrradtour machen werden. Ich freue mich darauf!

(Beifall bei FDP und CDU)

Für den SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag erteile ich Herrn Abgeordneten Lars Harms das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zwar will man sich beim Radwegenetz um die Schließung von Lücken bemühen, aber trotzdem wird man das Gefühl nicht los, dass es keine allgemeine landesweite Radwegenetzplanung gibt. Es gibt sie unter touristischen Aspekten in einzelnen Regionen. Eine landesweite allgemeine Routenplanung

(Lars Harms)

scheint jedoch noch zu fehlen. Zumindest schweigt sich die Landesregierung unter Punkt 3.2. zu den zukünftigen Vorstellungen bezüglich des Ausbaus der Radwanderwege aus. Was wir also in Zukunft an landesweiter Planung erwarten können, erfahren wir erst einmal nicht. Wir erfahren, was sich in den letzten Jahren getan hat. Das ist in der Tat eine Menge. Radwege wurden ausgebaut und für den Tourismus erschlossen. Man kann jetzt auf internationalen Routen entlang der Nordsee und der Ostsee fahren. Es wurden Themenrouten geschaffen und durch Zuschüsse aus dem Regionalprogramm und aus dem Programm „Zukunft auf dem Lande“ konnte in vielen Regionen eine bessere Infrastruktur für Fahrradfahrer geschaffen werden. Alle diese Maßnahmen begrüßen wir ausdrücklich, tragen sie doch maßgeblich zu einer verbesserten touristischen Infrastruktur bei.

Es ist richtig, dass Veranstalter von Radpauschalen - wie in der Antwort auf die Große Anfrage beschrieben - in den vergangenen Jahren hohe Umsatzzuwächse hatten. Allerdings stellt sich immer auch die Frage, von welchem Niveau aus diese Zuwächse erwirtschaftet wurden. Der Anteil des Fahrradtourismus am Gesamttourismus ist verschwindend gering. Daher ist es ein wenig irreführend, wenn mit hohen Steigerungsraten suggeriert wird, hier sei ein riesiger und prosperierender Markt vorhanden, auf den wir uns stützen können. Dies ist nicht der Fall. Bei diesem Markt handelt es sich um einen sehr speziellen Markt mit einer bestimmten Kundengruppe, die ein bestimmtes Angebot erwartet.

Nun könnte man meinen, hier sei jede Mühe vergebens. Das ist natürlich nicht so. Wir sollten aber nicht glauben, dass wir dieses Marktsegment einfach erobern können. Vielmehr sollten wir das Fahrradfahren im Urlaub nicht als Hauptaktivität, sondern als wichtigen Zusatznutzen, den wir unserem Land anbieten können, ansehen. In vielen Kreisen ist inzwischen ein einheitliches Wegweisersystem aufgebaut worden, welches sich an bundesweiten Vorgaben orientiert. In Nordfriesland besteht für die Kommunen sogar die Möglichkeit, ergänzende friesischsprachige Beschilderungen anzubringen, was nicht nur sprachfördernd wirkt, sondern auch dazu beiträgt, dass der Gast die Region als etwas Unverwechselbares wahrnehmen kann.

(Beifall der Abgeordneten Anke Spooren- donk [SSW])

Wir wünschen uns natürlich, dass möglichst viele Kommunen von dieser Möglichkeit Gebrauch machen. An der Westküste wird eine Koordinierungs- und Informationsstelle für den Fahrradtourismus gefördert. Außerdem wird natürlich auch weiterhin die

eigentliche Fahrradinfrastruktur ausgebaut und verbessert. All diese Maßnahmen tragen dazu bei, dass das Fahrradfahren als wichtiger Zusatznutzen für unseren Tourismus vernünftige Rahmenbedingungen hat. Bisher können wir somit mit der Förderung der Fahrradinfrastruktur wirklich zufrieden sein. Auf zwei Punkte möchte ich trotzdem näher eingehen. Die Art der Fragestellung sagt im Normalfall etwas über die Intention des Fragestellers aus. Unter Punkt 7.11. fragen die Grünen, ob man nicht auf Ausgleichszahlungen beim Radwegebau verzichten könne. Dies wird natürlich von der Landesregierung abgelehnt; schließlich sind auch geteerte Radwege eine Versiegelung der Landschaft. Es ist jedoch erstaunlich, dass die Grünen eine solche Befreiung von Ausgleichszahlungen wünschen, grüne Deiche und Küstenschutzanlagen jedoch weiterhin mit Ausgleichszahlungen belastet werden sollen.

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es gibt nichts, was man nicht auf den Küstenschutz zurückführen kann!)

- So ist es, lieber Detlef.

Wo wir gerade bei den Deichen sind, möchte ich noch auf die Frage 3.11 hinweisen. Dort wird gefragt, nach welchen Kriterien sich die Nutzung von Deichkronen für den Radverkehr richtet. Die Antwort der Landesregierung ist ausweichend, natürlich um den grünen Koalitionspartner zu schonen. Aber die Antwort ist ganz einfach: Auf Deichkronen fährt man nicht Fahrrad. Deiche sind zum Schutz der Menschen da. Jeder geteerte oder ungeteerte Radweg der Deichkrone kann zu einer Gefahr für den Bestand des Deiches und der hinter ihm lebenden Menschen werden.

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann musst Du mal den Ostsee- Radwanderweg fahren!)

Der andere Punkt ist, dass wir es noch nicht richtig verstanden haben, den SPNV und den Fahrradverkehr aufeinander abzustimmen. Das Angebot Bahn & Bike wird vor 9:00 Uhr und vor allem zwischen 16:00 Uhr und 18:00 Uhr ausgesetzt. Das sind genau die Zeiten, die für Touristen und Pendler gleichermaßen interessant sind. Hier muss sich unserer Meinung nach etwas ändern. Bei zukünftigen Ausschreibungen für den Regionalverkehr auf der Schiene sollte man für mehr Möglichkeiten für den Fahrradtransport sorgen.

(Beifall des Abgeordneten Detlef Matthies- sen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich bin der Meinung, wir sollten auch durchaus Geld in die Hand nehmen, um dies kostenlos zu ermöglichen.

(Lars Harms)

Grundsätzlich hat sich schon viel zugunsten des Fahrradverkehrs getan, aber wir sollten uns weiterhin nicht aufhalten lassen, noch mehr zu tun und dies möglicherweise auch vorausschauend zu planen.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort zu einem Kurzbeitrag erteile ich jetzt dem Abgeordneten Detlef Matthiessen.