- Ach, da ist er ja! Schön, dass Sie da sind, Herr Hentschel. Ich rede etwas lauter, weil Sie so weit weg sitzen.
Herr Hentschel, wenn ich das richtig verstanden habe, favorisieren Sie den innerörtlichen Verkehr in den Städten, also in Kiel, Flensburg, Lübeck und Neumünster. Das haben Sie eben deutlich gesagt, und in der Presse haben Sie es noch deutlicher gesagt.
Wahrscheinlich haben Sie vor Ort Ärger bekommen. Denn Ihre grünen Kommunalvertreter verkaufen in den Kommunen etwas anderes. Nun sagen Sie einmal: Was wollen die Grünen? Wollen sie nur noch den innerörtlichen Verkehr oder wollen sie im Land weiter ausbauen? Es wäre ehrlich und gut, Sie redeten mit einer Zunge.
Meine Damen und Herren, Sie haben - der zukünftige Tourismusminister sprach das auch an; das hat mich sehr gefreut; ich fand das auch in Ordnung - Fachtagungen zum Thema Fahrrad und Tourismus durchgeführt und haben dort gesagt: Wir brauchen ein fahrradfreundliches Tourismuskonzept für SchleswigHolstein. Absolut d’accord. Überhaupt keine Frage. Nichts dagegen. Nur, wenn die Zahlen, die wir haben, auf dem Tisch liegen, dann ist es unnütze Zeitver
schwendung für diejenigen gewesen, die an diesen Tagungen teilgenommen haben. Denn es kommt ja nichts Neues mehr von Ihnen.
Gerade wir in Schleswig-Holstein hätten die Chance, ein USP oder ein Alleinstellungsmerkmal als Fahrradland, als Tourismusland für uns auszuarbeiten. Wir haben diese große Chance nicht genutzt, anders beispielsweise das Münsterland, in dem dies in hervorragender Weise geschehen ist. Bei uns gibt es keine durchgängigen Verbindungen.
- Reden Sie doch nicht immer dazwischen! Sie wissen genauso gut wie ich, dass 49 % der Deutschen im Urlaub ihr Fahrrad benutzen. Das heißt: Es dient auch Ihrem Konzept und dem der Ministerpräsidentin - -
- Herr Präsident, könnten Sie für Ruhe im Saal sorgen, damit ich zu Wort komme? - Meine Damen und Herren, gerade Kurzurlauber gebrauchen das Fahrrad. Das ist die Chance, die wir haben. Das liegt im Trend. Das ist die Zukunft. Die thematischen Radwege, die wir aufgezeigt haben und die auch Herr Hentschel schon genannt hat, beweisen dies.
Ich will zum Schluss kommen. Wir müssen bei der Finanzierung solcher Maßnahmen intelligentere Lösungen finden.
Über die LSE könnten wir die Chancen nutzen, gemeinsame Radwege und Wirtschaftswege zu bauen, die auch als Reitwege und als Wanderwege zu nutzen sind. Das wäre vernünftig angelegtes Geld, das nicht nur der Tourismusbranche, sondern darüber hinaus auch der Baubranche dient. Jede Mark, die wir aus dem Bereich der LSE zur Erschließung dieses Landes als tourismus- und fahrradfreundliches Land nutzen, hilft erstens der Tourismusbranche, hilft zweitens der Baubranche, und jeder Arbeitslose weniger wäre gesellschaftspolitisch ein großer Gewinn. Das wissen Sie auch.
(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo leben Sie denn? Genau das wird doch gemacht! Genau das passiert!)
Ich werde Sie auf dem Weg begleiten, aber ich werde auch weiterhin kritisch prüfen, ob das auch umgesetzt wird.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema lautet: Fahrradverkehr und Fahrradtourismus. Ich werde mich aber wegen der Kürze der mir zur Verfügung stehenden Zeit ausschließlich auf den Bereich des Fahrradtourismus beschränken und mich zunächst dem Dank an die Mitarbeiter der Verwaltung anschließen.
Allerdings ist es nicht so, wie Herr Hentschel ausführte, dass erst mit den Grünen der Fahrradverkehr in Schleswig-Holstein begonnen hat.
Diesen gibt es schon ein bisschen länger. In der ersten Konzeption, die noch Franz Froschmeier unterschrieben hat, war unter dem Begriff des sanften Tourismus selbstverständlich auch der Fahrradverkehr zu finden. Letztlich ist kein Verkehrsmittel so umweltschonend wie das Fahrrad, und insofern ist das Fahrrad zwangsläufig auch für Schleswig-Holstein das Verkehrsmittel par excellence. Insoweit folge ich Herrn Arp.
Auch über den Erholungswert des Fahrrades brauchen wir uns nicht zu unterhalten. Somit bleiben folgende Fragen:
Wenn man noch ein wenig genauer schaut, so wird man feststellen: In diesem Bereich hat sich etwas entwickelt. Es gibt Radwandern mit neuen Ideen, wir haben Bahn & Bike, wir haben den weiteren Ausbau der Radwege zu einem flächendeckenden naturnahen Netz gefördert, wir haben Modellprojekte auf örtlicher Ebene gefördert, alles im Zusammenhang mit dem Begriff des sanften Tourismus.
So ist es nicht verwunderlich, dass der Fahrradtourismus auch in der neuen Konzeption wieder auftaucht. Der Minister hat darauf hingewiesen: Mit dem Programm „Fahrradfreundliches Schleswig-Holstein“ hat der Fahrradtourismus neuen Auftrieb bekommen. Es gibt Verbesserungen im Hinblick auf die Verknüpfung mit dem ÖPNV, wir haben, was die Infrastruktur betrifft, einen guten Stand. Sie haben von „nur“ 50 % Landesstraßen mit Radwegen gesprochen. Ich finde, das ist ein Erfolg. Die 80 %, was die Bundesstraßen betrifft, sind dies in gleicher Weise. Insofern sind die Fördermittel der letzten zehn Jahre in Höhe von 4,3 Millionen durchaus sinnvollen Investitionen und anzuerkennen.
Damit nicht genug. Für Begleitmaßnahmen wie Routenplanung und Marketing haben wir noch einmal 2 Millionen DM ausgegeben. Für die kostenfreie Fahrradmitnahme kommen 300.000 € hinzu. Ich meine das Programm, mit dem entsprechende Anhänger für Busse gefördert werden. Sie haben das vielleicht schon einmal gesehen.
Es ist geplant, ein flächendeckendes System von fahrradfreundlichen Achsen entstehen zu lassen, also eine Mischung aus touristischen und Ortverbindungsstraßen, entstehen zu lassen.
Denn es ist ein Unterschied, ob man touristisch durch das Land fährt oder nur einem Sachzwang folgt und zu einem Amt, zur Kirche oder zur Schule fährt. Dort wo man das vermischen kann, ist es sinnvoll.
Es wird kein eigenes touristisches Netz geben, sondern wir werden nur in der Verbindung dieser beiden Aufgaben zum Erfolg kommen.
Herr Arp, Sie haben auf die Reiseanalysen und auf das Potenzial hingewiesen. Wenn man dies linear auf Schleswig-Holstein überträgt, so benutzen 49,2 % das Fahrrad im Urlaub. Wen wundert es da, dass wir in Schleswig-Holstein insbesondere im Verkehrssektor in diesem Jahr zum ersten Mal rückläufige CO2Emmissionen zu verzeichnen haben?
Für Schleswig-Holstein heißt das: Der Fahrradtourismus ist ein wichtiger wirtschaftlicher Bestandteil des Tourismus insgesamt. Insofern - das ist wichtig - müssen Tourismuswirtschaft, Baulastträger und Hotel- und Gaststättenverband hinsichtlich des Produkts Fahrradtourismus zusammenwirken. Es kann nicht angehen, dass ich als Hotelier die Regierung auffordere, Straßen zu bauen, selbst aber gar nichts dazu beitrage. Alle haben hieran mitzuarbeiten, damit der Fahrradtourismus zum Erfolg wird.
(Beifall bei der SPD und des Abgeordneten Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Zuruf des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU])
- Herr Kayenburg, längst sind die Fahrradtouristen nicht mehr die Schmuddelkinder oder die Kaltduscher oder die Zeltschläfer unter den Touristen. Sie haben vielmehr vermehrt hochwertige Fahrräder, die während der Urlaubszeit diebstahlsicher verwahrt werden müssen.
- Auch in Schleswig-Holstein. - Sie haben einen gleichwertigen Anspruch auf Qualität, was die Unterbringung betrifft. Die zielgruppenorientierte Klassifizierung besonders fahrradfreundlicher Unterkunftsbetriebe, die gemeinsam mit DEHOGA und Tourismusverband entwickelt worden ist, hilft weiter. Nachdenklich muss es allerdings auch stimmen, wenn in Schleswig-Holstein bisher nur 12 Betriebe qualifiziert und insgesamt nur 40 bei Bett & Bike aufgenommen worden sind. Auch in dieser Hinsicht muss der Hotel- und Gaststättenverband durchaus noch aktiv werden.
Langfristig wird das System Fahrradtouristik, Fahrradparken, Fahrradmitnahme an Bahnhöfen und Haltestellen ein wichtiger Bestandteil attraktiver Tourismusangebote sein.