Auf § 58 der Geschäftsordnung habe ich hingewiesen. Ich erteile Frau Abgeordneter Monika Heinold das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist das Gute an einer parlamentarischen Demokratie, dass die Sozialdemokraten nicht beschließen können, dass das Rederecht der Abgeordneten hier im Hause untersagt wird.
Frau Ministerpräsidentin, wie sehr müssen Sie mit dem Rücken an der Wand stehen, dass Sie glauben, zum Mittel der Unwahrheit greifen zu dürfen. Es ist die Unwahrheit, dass ich Sie jemals mit dem Tod von irgendwelchen Persönlichkeiten in Verbindung gebracht habe. Das ist die Unwahrheit! Ich bitte Sie, dass Sie dies hier klarstellen.
Sie haben aus einer Ältestenratssitzung zitiert. Ich habe Sie noch nie in meinem Leben an einer Sitzung des Ältestenrats teilnehmen sehen. Wir haben es auch im Untersuchungsausschuss erlebt, dass Sie aus Sitzungen berichten, an denen Sie nicht teilgenommen haben.
Ich bitte Sie persönlich, es nicht nur einfach zur Kenntnis zu nehmen, sondern es auch klarzustellen: Ich habe Sie nie mit dem Tod von Menschen in Verbindung gebracht. Das werde ich auch nicht tun. Möglicherweise verwechseln Sie mich mit irgendjemandem. Da wir eine Debatte dieser Art möglicherweise in absehbarer Zeit bald wieder führen werden, möchte ich den Wirtschaftsminister des Landes bitten, der Öffentlichkeit und den HDW-Mitarbeitern gegenüber klar zu folgenden Fragen Stellung zu beziehen: Wie lange glauben Sie, dass nach der Übernahme der HDW durch OEP der technologische Vorsprung im Unterwasserschiffbau der yellow-submarine-ships gegenüber den Amerikanern erhalten bleiben wird? Glauben Sie, dass die Kapazitäten, über die die HDW jetzt noch verfügt, in fünf Jahren von den Amerikanern in gleicher Weise errichtet werden, womit die entsprechenden Vorteile auf dem Weltmarkt verbunden wären?
Wenn Sie meinen, das Überleben von HDW hänge davon ab, dass wir die grauen Schiffe bauen können, dann müssen Sie schon erklären, wo der Markt für die grauen Schiffe sein soll. Da ich gelesen habe, dass die Bundeswehr weitere Etatkürzungen wird hinnehmen müssen und somit die Beschaffungsprogramme der Marine in entsprechender Weise gestreckt werden, erklären Sie mir und den HDW-Mitarbeitern, woher ein sozialdemokratischer Wirtschaftsminister dieses Landes glaubt, Aufträge bekommen zu können. Ist das eine Andeutung der Veränderung der Rüstungsexportpolitik? Heißt das jetzt, dass demnächst das, was bisher untersagt war, in allen NATO-Ländern Schiffe zu akquirieren und zu liefern, möglich ist? Darauf muss man jetzt eine Antwort erhalten, sonst sind die Sätze, die Sie gesagt haben, Sätze in den leeren Raum hinein. Ich bitte Sie heute hier um eine Antwort, ob und wie Sie glauben, dass der Bau von grauen Schiffen auf HDW und damit der Werftstandort Kiel insgesamt über die Jahre 2005, 2006 und 2007 hinaus gesichert werden kann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ministerpräsidentin! Sie haben sich darüber beklagt, dass Sie zum hundertsten Mal hier etwas erzählen müssen. Sie hätten das nicht tun müssen, wenn Sie sich nicht darauf beschränkt hätten, heute hier artig eine geschriebene Rede vorzulesen, sondern wenn Sie das getan hätten, was auf der Tagesordnung dieser Landtagssitzung steht: eine Regierungserklärung abzugeben, eine Erklärung also über die Politik, die Sie zu machen gedenken. Aber das haben Sie nicht getan. Sie haben sich darauf beschränkt, Watschen zu verteilen an alle Möglichen, an EU, an Bund, an Unternehmer, an wen auch immer. Nur, Ihre Politik haben Sie nicht formuliert, die Politik, die Sie machen wollen, an der Sie mitwirken wollen.
Herr Dr. Rohwer hat ja einen einleitenden Versuch gemacht, für den ich dankbar bin. Vielleicht kriegen wir das ja noch mal hin. Was dient jetzt den Menschen, was dient den Unternehmen, die davon betroffen sind, und was dient damit unserem Land insgesamt? Sind wir uns nicht einig darin, dass die Ursache des ganzen Dilemmas in der Schiffbauindustrie insgesamt im Wesentlichen darin liegt, dass einige Länder mit deutlich überzogenen staatlichen Subventionen - Südkorea ist eines der wichtigsten - uns in diese Situation treiben? Wenn wir uns in dieser Frage einig sind, frage ich mich, warum wir nicht in der Lage sein sollen, gemeinsam auch einmal die Europäische Kommission aufzufordern, und noch besser ist es, wenn wir in Schleswig-Holstein es nicht allein tun, sondern es gemeinsam mit Mecklenburg-Vorpommern, mit Hamburg, mit anderen norddeutschen Ländern, die alle unter dem gleichen Problem leiden, energisch tun.
Wenn Sie das alles schon getan haben, dann frage ich mich, warum wir heute eine Regierungserklärung zu diesem Thema hören, wo doch das alles nicht erforderlich ist,
dass wir die EU auffordern, endlich einmal eine gesamteuropäische Strategie zur Abwehr dieser Dinge zu entwickeln. Sie haben einen Antrag formuliert, in einigen Teilen etwas verbesserungsfähig, aber im Prinzip stimmen wir dem Antrag zu, dass wir die
Fortsetzung der Landesbürgschaften wollen und dass wir die EU auffordern, dies in ein gesamteuropäisches Konzept einzubinden. Also könnten wir dem auch gemeinsam auf allen Seiten des Hauses zustimmen.
Wir sind uns auch einig, dass wir die Bundesregierung auffordern wollen, die Wettbewerbshilfe fortzusetzen, und dass wir sie auf einem höheren Niveau fortsetzen wollen, so wie wir es bereits einmal hatten, nach Möglichkeit mit 50-prozentiger Förderung.
Wenn wir uns darüber einig sind, frage ich Sie: Warum eigentlich wollen wir das heute hier nicht so beschließen, wie es in dem gemeinsamen Antrag von CDU und FDP steht?
Die Ministerpräsidentin hat - es hat mich etwas gewundert, aber wir haben das alles ja mit Sorgfalt gelesen - ausgeführt, dass sie sich für flexible Tariflösungen einsetzen wolle und diese unterstützen wolle. Sie hat zwar nicht gesagt, wie sie sicherstellt, dass die angekündigten Maßnahmen in sozial verträglicher Form umgesetzt werden. Aber sie hat eine Aussage in diese Richtung gemacht. Können wir das dann nicht gemeinsam tragen, wenn doch alle Seiten dies angeblich so wollen? Dann bleibt schließlich die Frage, inwieweit das Land in eigener Verantwortung den eigenen schleswig-holsteinischen Anteil hinzufügt, um die Wettbewerbshilfe mit den erforderlichen Mitteln auszufüttern. Herr Rohwer hat eben gesagt, die Mittel stünden bereit oder die Landesregierung sei bereit, das Notwendige zu tun. Ich habe gelesen, dass er vor einigen Tagen gesagt hat, er würde das gern tun, aber er habe dafür gar keine Mittel im Haushalt. Wir sind gern bereit, Ihnen dazu zu verhelfen, dass die notwendigen Mittel im Haushalt sind. Unsere Anträge haben Sie nur immer abgelehnt.
Wenn wir in allen diesen fünf Punkten übereinstimmen, frage ich mich wirklich, warum Sie eigentlich diesen Antrag von CDU und FDP ablehnen wollen. Das ist eine Frage, mit der Sie sich beschäftigen müssen. Ich schlage Ihnen vor, dass wir Ihrem Antrag, weil er ein Segment besonders betrachtet, zustimmen, auch wenn ich mit einem Halbsatz einige Schwierigkeiten habe.
Wir sind gern bereit, auch dem Antrag der FDP, der sich wieder nur mit einem Teilsegment beschäftigt, zuzustimmen. Aber lassen Sie uns das bitte alles gemeinsam bündeln, was in den fünf Punkten enthalten ist. Denn sonst haben wir wirklich nur eine sektorale und keine ganzheitliche Betrachtung dieser Aufgaben.
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Diese Debatte, die wir in Bezug auf die Howaldt AG führen, braucht noch eine Dimension, die auf das Gesamte schaut.
Die Situation bei Howaldt ist ja nur ein Symptom für die dramatische Situation auf dem Arbeitsmarkt insgesamt. Und wir dürfen nicht vergessen, dass der Einfluss, den die Politik auf Konzerne entwickeln kann, immer begrenzt war und auch heute begrenzt ist.
Aber - und jetzt kommt das Entscheidende - zur gleichen Zeit, wo wir hier über 750 Arbeitsplätze von Howaldt mit Recht und interessant diskutieren, gibt es Dutzende von Insolvenzen, die nicht nur 750, sondern wahrscheinlich 1.500 Arbeitsplätze in diesen Tagen kosten werden. Deshalb ist es wichtig, auch darüber zu reden: Wie können wir denn diese Entwicklung bremsen? Welche Einflussmöglichkeiten hat der Landtag auf diese Entwicklung?
Die dramatische Situation auf dem Arbeitsmarkt kann nur entschärft werden, wenn endlich die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft so entwickelt werden, wie sie sein müssten. Wir brauchen dringend eine drastische Vereinfachung des Steuerrechts.
Wir brauchen dringend die Abschaffung der Erbschaftsteuer für Betriebsvermögen. Wir brauchen dringend die steuerliche Begünstigung nicht entnommener Gewinne. Wir brauchen dringend den Abbau der von den staatlichen Organen aufgehäuften bürokratischen Lasten, die ungeheure Belastungen darstellen. Wir brauchen dringend eine Stärkung der Eigenkapitaldecke der mittelständischen Unternehmen. Wir brauchen ebenso dringend die Verbesserung des Unternehmensbildes in der Öffentlichkeit, dass Unternehmer nicht mehr als Strolche in den Medien auftauchen, sondern auch einmal wieder als das, was sie sind, nämlich die Pferde, die den Karren der Marktwirtschaft ziehen. Wir brauchen die verstärkte Ausrichtung von Wirtschaftsstudiengängen auf zukünftige Selbstständigkeit. Wir brauchen eine von Banken und Wirtschaftsverbänden getragene Existenzgrün
dungsoffensive. Wir brauchen eine Aufwertung und Neubelebung des technischen Erfindergeistes. Wir brauchen eine steuerliche Vergünstigung für Einkünfte aus Patenten. Wir müssen für die Bereitschaft sorgen, den Begriff der Elite auch in der Wirtschaft wieder positiv zu sehen.
Sehr verehrte Damen und Herren, Howaldt ist ein Symptom, und wenn wir das Ganze nicht aufgreifen - ich habe Ihnen nur zehn Punkte genannt, die geändert werden müssen -, wird sich in unserem Lande nichts ändern. Darauf wollte ich hier noch aufmerksam machen.