Protocol of the Session on November 14, 2002

(Beifall bei CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Sie sollten in den eigenen Reihen schauen, was da zu sortieren ist.

Zweitens. Herr Innenminister, Sie haben Befürchtungen ausgesprochen, welche Wirkung das Urteil des Bundesverfassungsgerichts auf die Zuwanderer haben könnte. Das mag de facto so sein. Dennoch erwarte ich von Ihnen als Verfassungsminister, dass Sie sich darüber im Klaren sind - und wir uns alle -, dass das Bundesverfassungsgericht an dieser Stelle über das Ja oder Nein entscheiden muss. Das ist schon eine zentrale Frage, so unwürdig das Schauspiel auch war. Hier geht es um das Funktionieren eines Verfassungsorgans. Darüber ist zu entscheiden und nicht über andere Aspekte. Das sollten wir Parlamentarier, das sollte auch ein Minister dem Bundesverfassungsgericht zugestehen.

(Beifall bei der CDU)

Drittens. Herr Kollege Puls, Sie haben sich über Parteipolitik aufgeregt und gesagt, das sei doch schlimm, wenn dieses Thema nun in billiger parteipolitischer Art und Weise hier kaputtgeredet würde. Dazu möchte ich zweierlei sagen. Zum einen sollten wir uns als Parteipolitiker nicht an der schlechten Tradition in Deutschland seit Weimar beteiligen, Parteipolitik schlechtzureden. Politische Meinungen werden durch Parteien kanalisiert und öffentlich geäußert und dazu sollten wir auch stehen und das auch gutheißen und sagen, das hat einen Wert an sich.

(Beifall bei FDP und CDU)

Zum anderen muss ich Ihnen ganz offen sagen - und das ist auch der politische Versuch, der ein Stück weit dahinter steht -: Wir lassen uns kein Thema verbieten. Es gibt gewisse Themen, da sagen wir, es gibt einen demokratischen Konsens, darüber wollen wir nicht miteinander reden. Das ist auch in diesem Parlament immer wieder deutlich geworden. Aber über die richtige Einwanderungspolitik wollen wir mit Ihnen par

teipolitisch streiten und da haben wir andere Auffassungen als Sie.

(Beifall bei FDP und CDU)

Viertens. Ich muss Ihnen sagen, Frau Kollegin Fröhlich, der Vergleich mit der Landesbauordnung war im Grunde vollkommen richtig. Im Einwanderungsrecht geht es nach unserer Auffassung genauso wie im Baurecht darum, zu steuern und zu begrenzen. Das ist in beiden Bereichen notwendig.

(Beifall bei FDP und CDU)

Das heißt ja überhaupt nicht, dass wir nicht anerkennen, dass es auch eine Zuwanderung von Qualifizierten - Sie haben viele Qualifizierte vorhin genannt, nur die wollen leider nicht nach Deutschland kommen, die stehen nicht vor der Haustür - gibt. Wir bekennen uns zu einer Zuwanderung, aber Sie sollten sich auf der linken Seite des Hauses ebenso dazu bekennen, dass es viele Menschen auf dieser Erde gibt, die Not und Elend leiden und die Hunger leiden. Wir sind verpflichtet, diesen Menschen zu helfen, humanitär, nach unserer Auffassung auch aus christlichen Erwägungen. Wir können aber nicht alle diese Menschen in Deutschland aufnehmen. Wer das sagt, belügt sie auch, und in dem Sinne sollte auf beiden Seiten des Hauses an dieser Stelle, insbesondere aber auf Ihrer Seite ein Stück mehr Ehrlichkeit einkehren.

(Beifall bei FDP und CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit schließe ich die Beratung.

Zum Abstimmungsverfahren haben wir zunächst auf den Punkt a) einzugehen, also die Lesung des Gesetzentwurfes. Ich schlage vor - das ist so beantragt worden -, den Gesetzentwurf dem Innen- und Rechtsausschuss zur Beratung zu überweisen. Wer so verfahren will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenenthaltungen? - Das haben wir einstimmig so beschlossen.

Zu Punkt 2, Umsetzung des Antrages zum Zuwanderungsgesetz. Der ist durch die Berichterstattung erledigt. Wir sollen den Bericht zur abschließenden Beratung an den Innen- und Rechtsausschuss überweisen. Wer so verfahren will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Wir haben auch hier einstimmig beschlossen.

(Präsident Heinz-Werner Arens)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 27 auf:

Gütesiegel in der Forst- und Holzwirtschaft

Landtagsbeschluss vom 21. Juni 2002 Drucksachen 15/1920 und 15/198

Bericht der Landesregierung Drucksache 15/214

Ich erteile dem Herrn Minister für Umwelt, Natur und Forsten, Herrn Minister Müller, das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Vor der diesjährigen Sommerpause im Juni dieses Jahres habe ich Ihnen einen Bericht der Landesregierung angekündigt, der eine fachliche Bewertung der unterschiedlichen Zertifizierungssysteme im Holzbereich aufzeigt und der außerdem Antworten auf die Fragen gibt, welche Maßnahmen auf europäischer Ebene möglich sind, den weltweit illegalen Holzeinschlag einzudämmen.

Verehrte Damen und Herren, der Bericht liegt Ihnen vor. Ich möchte ihn heute kurz vorstellen. Im Ergebnis zeigt er auf, was wir eigentlich alle schon wissen. Es gibt sehr wohl Unterschiede in den beiden Zertifizierungssystemen FSC und PEFC. Lassen Sie mich Ihnen kurz die wesentlichen Merkmale noch einmal aufzeigen. FSC ist weltweit be- und anerkannt, während PEFC nur europaweit bekannt und anwendbar ist, und dieses im Hinblick auf die Globalisierung der Weltmärkte, wozu ja auch der Holzmarkt gehört. Ich erinnere an die Ausführungen von Herrn Wadephul vor einigen Minuten.

Die FSC-Zertifizierung hat aufgrund der gleichberechtigten Einbindung der Umwelt- und Sozialpartner ökologisch und insbesondere entwicklungspolitisch einen besonderen Stellenwert. Sie überzeugt durch Transparenz und fördert gleichzeitig die für die Forst- und Holzwirtschaft äußerst wichtige Unterstützung der Umwelt- und Sozialverbände bei der Vermarktung eines umweltfreundlichen nachwachsenden Rohstoffes.

Bei PEFC wird durch die Mehrheit der vertretenen Waldbesitzer stärker der Fokus auf die Belange des Privatwaldes abgestellt. Bei FSC werden Einzelbetriebe vor Ort geprüft und in die Pflicht genommen, bei PEFC werden Waldregionen ganzer Bundesländer auf der Grundlage eines Waldberichtes ohne vorherige Vor-Ort-Begutachtung zertifiziert. Der Waldbesitzer verpflichtet sich durch Erklärung zur Einhaltung der Standards. Die Einhaltung der Standards ist je

doch beim FSC aufgrund strenger Sanktionsmechanismen eindeutiger gesichert.

Die beiden Zertifizierungssysteme weisen in ihrem wesentlichen Ziel, der Verbesserung nachhaltiger Waldbewirtschaftung, weitgehende Übereinstimmung auf. Unterschiede bestehen jedoch in der Umsetzung unter anderem bei der Baumartwahl, im Einsatz von Bioziden, der Bejagung und der natürlichen Entwicklung des Waldes zugunsten nutzungsfreier Naturwälder.

Bei der Produktkettenzertifizierung ist die lückenlose Rückverfolgbarkeit von Holzprodukten bis zum Ursprungsbetrieb unter Ausschluss von Holz aus illegalem Einschlag oder anderen kritischen Quellen aufgrund von verfahrensbedingten Unterschieden nur beim FSC-System garantiert. Sie werden mir sicherlich zustimmen, wenn ich feststelle, dass es dementsprechend folgerichtig war, den Landeswald Schleswig-Holstein am 3. November 1999 dann auch nach FSC-Kriterien und -Prinzipien zertifizieren zu lassen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eine Zusammenführung beider Zertifikate würde voraussetzen, dass sich beide Systeme auf einen weltweit gültigen und international von den Sozial- und Umweltgruppen anerkannten Rahmen einigen. Ein erster konstruktiver Dialog zwischen den Interessenvertretern beider Systeme fand auf dem Waldgipfel statt, der vom Deutschen Forstwirtschaftsrat im Jahre 2001 initiiert wurde. Das Umweltministerium, aber auch der Schleswig-Holsteinische Waldbesitzerverband haben auf dem Ersten Deutschen Waldgipfel mitgewirkt. Eine gemeinsame Unterstützung für ein Zertifikat konnte zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht erzielt werden.

Verehrte Damen und Herren, lassen Sie mich in der Folge noch auf den zweiten Teil des Berichtes, die illegale Holznutzung, eingehen. Zehn Jahre nach der UNCED-Konferenz von Rio gehen jedes Jahr weltweit immer noch rund 15 Millionen ha naturnaher Wald verloren. Das entspricht pro Jahr der Hälfte der Waldfläche Deutschlands. Illegaler Holzeinschlag und illegaler Holzhandel zählen zu den Hauptursachen dieser alarmierenden Entwicklung. Der Bericht der Landesregierung liefert hierfür konkrete Beispiele. Illegale Holznutzung ist keineswegs nur ein Problem ferner Länder. Spätestens beim Handel, bei der Verarbeitung und beim Endverbraucher steht Deutschland als drittgrößter Holzimporteur der Welt in der Verantwortung, seinen Beitrag zur Lösung dieses globalen Problems zu leisten. Nicht nur die Erzeuger-, sondern auch die Abnehmerländer sind

(Minister Klaus Müller)

also gefragt, wirkungsvolle Maßnahmen zur Eindämmung des illegalen Holzeinschlages zu ergreifen.

Im Jahre Rio + 10 müssen wir heute allerdings feststellen, dass die bisherigen Initiativen der internationalen Staatengemeinschaft in diesem Bereich noch keinen durchgreifenden Erfolg gebracht haben.

(Vizepräsidentin Dr. Kötschau übernimmt den Vorsitz)

Weder in den Entwicklungsländern noch in den Industriestaaten sind die rechtlichen Instrumente und Überwachungsmethoden bislang ausreichend, um illegale Holzimporte konsequent zu unterbinden. Warum sonst ist es zum Beispiel in den deutschen Häfen immer noch dem Zufall oder den Umweltorganisationen wie Greenpeace überlassen, illegale Holzimporte aus aller Welt aufzudecken? Vor dem Hintergrund können zusätzliche ökonomische, aber auch entwicklungspolitische Instrumente wichtige, vielleicht sogar entscheidende Impulse zur Eindämmung der illegalen Waldzerstörung geben. Eine Zertifizierung im nachhaltigen Sinne ist ein solches Instrument. Insofern wird leider bisher ausschließlich das FSCZertifikat, ein weltweit gültiges und international anerkanntes System, dem moralischen Grundsatz gerecht, von den Entwicklungsländern nichts zu fordern, was wir nicht selbst zu leisten bereit sind. Zertifizierungssysteme können nicht zum Aufbau von Wettbewerbsbeschränkungen und Handelsbarrieren beitragen. Auch deshalb haben wir uns für das FSCSiegel entschieden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Frau Abgeordnete Dr. Happach-Kasan.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Minister hat es gesagt, im Bericht wird die ernüchternde Bilanz gezogen, zehn Jahre nach der Konferenz von Rio gehen immer noch pro Jahr weltweit 15 Millionen ha naturnaher Wald verloren. Das ist das Hundertfache der Waldfläche SchleswigHolsteins, eine praktisch für uns unvorstellbar große Fläche. Die Landesregierung zieht daraus das Fazit:

„In Anbetracht der nahezu ungebremst fortschreitenden Zerstörung der Wälder im letzten Jahrzehnt ist zu konstatieren, dass die internationalen Abkommen und politischen Initiativen bis heute noch keinen durchgreifenden Erfolg gebracht haben.“

Die Beschreibung ist ernüchternd, aber sie trifft zu. Daher verstehe ich nicht, dass es dann weiter unten heißt, und zwar ganz optimistisch: „Bei der Eindämmung des illegalen Holzeinschlags... spielt die Zertifizierung nachhaltiger Waldwirtschaft eine zunehmend wichtige Rolle.“ Wie kann die Zertifizierung eine wichtige Rolle spielen, wenn doch die Zerstörung der Wälder ungebremst fortschreitet? Beide Sätze zusammen besagen doch einfach, und das traut sich die Landesregierung nicht zuzugeben: Die Wälder werden zerstört, ob mit oder ohne Zertifizierung.

Diese Erkenntnis ist keine Einzelmeinung der FDP. Auf der Jahrestagung einer Gruppe namhafter Nichtregierungsorganisationen heißt es zum Stand der FSC-Diskussion: „Während die großen Umweltverbände weiterhin uneingeschränkt das FSC-Siegel empfehlen, läuft in Fachkreisen seit einem Jahr eine heiße Diskussion um die Grenzen der Zertifizierung: Ökologische Nachhaltigkeit ist in den Tropen schwer überprüfbar; in einigen FSC-Betrieben ist sie wohl nicht gegeben; Betrug mit FSC-Siegeln ist wegen mangelnder Kontrollen häufig; illegaler Holzeinschlag kommt weiterhin auch in zertifizierten Betrieben vor.“ - Das ist die Bilanz von FSC und deswegen wollen wir in Schleswig-Holstein FSC.

Bei Pro Wildlife lautet die Überschrift: „Orang Utans stehen vor der Ausrottung - Die Ausrottung der Regenwälder Indonesiens - auch für den deutschen Absatzmarkt - ist die größte Gefahr für die Waldmenschen“. 70 % des Holzes aus Indonesien stammen aus illegaler Abholzung.

Pro-Regenwald berichtet: „690.000 € für deutsche Tropenholzfirma in der Republik Kongo“.

(Zurufe des Abgeordneten Detlef Matthies- sen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die parlamentarische Staatssekretärin Uschi Eid (Grüne) genehmigte das Projekt, obwohl ein Gutachten der Weltnaturschutzorganisation IUCN vorlag, in dem der Holzeinschlag als nicht nachhaltig charakterisiert wurde.

Im letzten Jahr meldete Pro-Regenwald: „FSC-Zertifikat für größten indonesischen Teak-Produzenten aufgehoben, Plantagenteak stammte aus Raubbau.“

Ein Blick auf die Internetseiten namhafter Holzimporteure in Deutschland zeigt, das FSC-Siegel spielt praktisch keine Rolle. Unter etwa 30 Firmen habe ich nur zwei gefunden, die das Symbol zeigten, ohne aber weiter darauf einzugehen. FSC ist ein Potemkinsches Dorf.

(Beifall bei der FDP - und vereinzelt bei der CDU)

(Dr. Christel Happach-Kasan)