Ob das möglicherweise nicht ausreicht, werden wir feststellen. Daran werden wir arbeiten. So habe ich auch den Satz im Integrationskonzept des Innenministers verstanden. So muss man auch darangehen. Denn es gibt nichts Gutes, außer man tut es.
Trotzdem bin ich angesichts des Bundes- und Landeshaushalts besorgt, ob die Integrationsaufgaben in den Haushalten genügend Berücksichtigung finden werden. Das kann ich auch gut so sagen. Hier müssen wir uns weiter anstrengen.
An der Frage nach der Finanzierung kommen wir auch durch ein von der CDU favorisiertes Integrationsgesetz nicht vorbei.
Sehr geehrte Damen und Herren, stehen auch Sie zur Notwendigkeit der Einwanderung, nicht nur zur Notwendigkeit der Integration! Erkennen Sie, dass Einwanderung zur Milderung des Fachkräftemangels und zur Abmilderung der demographischen Entwicklung nötig ist! Sehen Sie endlich die Notwendigkeit zusätzlicher Einwanderung, und zwar nicht nur international renommierter Wissenschaftler, sondern auch die von Ingenieuren, Altenpflegern und -pflegerinnen, Handwerkern und Krankenschwestern! Das Einwanderungsgesetz wäre nur ein erster kleiner Schritt dahin. Denn nur dann, wenn Bevölkerungs- und Arbeitsmarktwissenschaftler einen konkreten Bedarf festgestellt haben, kann ein Zuwanderungsverfahren nach dem Punktesystem stattfinden. Das ist angesichts unserer Bevölkerungsstruktur eine sehr behutsame Variante. Aber selbst diesen kleinen Schritt wollen Sie nicht mitgehen.
Leider wird über dieses Gesetz letztlich nicht in den politischen Gremien, sondern vor Gericht entschieden. Viel schlimmer ist die Tatsache, dass nicht über den eigentlichen Inhalt des Gesetzes entschieden wird, sondern über die rechtlichen Folgen eines Medienspektakels, das im März dieses Jahres im Bundesrat stattgefunden hat. Wer als am unerträglichsten anzusehen war, ist eine Frage des Geschmacks und des politischen Standortes.
Selbstverständlich haben wir noch das Damoklesschwert der Karlsruher Entscheidung über uns. Natürlich könnte aus diesem Grunde die ganze Sache in letzter Minute noch kippen. Davor dürfen wir nicht die Augen verschließen.
Trotzdem müssen wir alle Vorbereitungen für das InKraft-Treten treffen, einschließlich der Änderung des Landesaufnahmegesetzes. Ich danke Herrn Minister Buß für seine Ausführungen und für die von
seinem Haus ergriffenen Maßnahmen zur Umsetzung des Zuwanderungsgesetzes. Denn da sind wir uns einig: Ein Gesetz allein würde noch keine Integration bedeuten. Schleswig-Holstein spielt eine besondere Rolle im liberalen Umgang mit Ausländerinnen und Ausländern, die in unserem Land leben oder noch zu uns kommen wollen.
Es ist klar geworden, dass ein Zurück mit den allergrößten Schwierigkeiten verbunden ist, und zwar nicht für die Politikerinnen und Politiker, sondern vor allem für die betroffenen Menschen.
Im Hinblick auf die ab Januar bestehenden Möglichkeiten eines Aufenthalts aus humanitären Gründen nach § 25 des Aufenthaltsgesetzes werden in Schleswig-Holstein seit einiger Zeit keine Abschiebungen mehr vorgenommen. Ich halte eine solche Handhabung aus menschlicher Sicht eigentlich für selbstverständlich. Leider ist sie offenbar ein Einzelfall in Deutschland. Ich bin immer vorsichtig mit großen Worten. Das wissen Sie. Für Schmus halte ich mich eigentlich für zu alt geworden. Aber ich kann sagen: Ich bin stolz darauf, dass im Sinne einer humanen Flüchtlingspolitik der Titel „Innenminister in Schleswig-Holstein“ inzwischen zu einem bundesweit anerkennten Gütesiegel geworden ist.
Die Handhabung der Vorbereitung im Hinblick auf das Zuwanderungsgesetz beweist dies einmal mehr. Wenn das Gesetz jetzt scheitert, ist die Chance auf ein modernes Zuwanderungsgesetz in Deutschland auf Jahre hin verspielt. Ein so genanntes Integrationsgesetz, wie es aus Unionskreisen vorgeschlagen wird, kann diese Lücke längst nicht füllen. Ich hoffe, dass das Bundesverfassungsgericht eine weise Entscheidung treffen wird, wenn es auch sehr schwierig ist. Das sehe ich kommen.
Bevor ich das Wort weitergebe, will ich in der Besucherloge den Herrn Beauftragten für Flüchtlings-, Asyl- und Zuwanderungsfragen sehr herzlich begrüßen. Herzlich willkommen!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der SSW steht nach wie vor hinter dem Zuwanderungsgesetz, obwohl wir uns darüber im Klaren sind, dass dieses Gesetz nur der erste Schritt von vielen zur Aufnahme von Zuwanderern sein kann. Es ist nämlich auch weiterhin ein Zuwanderungsbegrenzungsgesetz. Das Zuwanderungsgesetz läutet aber trotz allem eine neue Einstellung dieser Gesellschaft zur neuen Einwohnern ein. Das begrüßen wir ausdrücklich.
Leider ist der Stand der Dinge, wie die Kolleginnen und Kollegen eben schon gesagt haben, zurzeit so, dass wir uns in einem Schwebezustand bewegen. Fraglich bleibt zurzeit, ob die Zustimmung im Bundesrat zu diesem Gesetzentwurf gültig ist. Das Bundesverfassungsgericht wird entscheiden und wir müssen abwarten. Es wird ausdrücklich nicht zum Inhalt des Gesetzes Stellung nehmen, sondern nur zum Verfahren. Das halte ich eigentlich auch für besser.
Die Umsetzung muss trotz allem stattfinden. Die Landesregierung hat mittlerweile vieles unternommen, um Schleswig-Holstein für die Zuwanderungsgesellschaft fit zu machen. Dazu gehört nicht zuletzt, dass ein Paradigmenwechsel auch bei den Ausländerbehörden stattfindet. Diese können und müssen sich bei In-Kraft-Treten des neuen Zuwanderungsgesetzes neu positionieren. Sie werden nicht mehr nur eine ordnungsrechtliche Vollzugsstelle sein. Auch die Fachaufsicht des Innenministeriums ändert sich. In diesem Zusammenhang hat das Ministerium bereits große Anstrengungen unternommen. Es ging dabei vor allen Dingen um die Menschen. Die soziale Kompetenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist gestärkt worden. Auch die interkulturelle Kompetenz wurde gefördert. Das hat das Innenministerium durch einige Fachveranstaltungen den betroffenen Mitarbeitern näher gebracht und mit ihnen diskutiert. Herzlichen Dank für diese Anstrengung - ich sehe auch einige Mitarbeiter aus dem Ministerium -, für diese tolle Arbeit! Ich denke, das war sehr, sehr schwierig.
Denn eines dürfen wir nicht vergessen: Dieselben Mitarbeiter bleiben weiterhin auch für die ordnungsrechtliche Arbeit im Ausländerbereich zuständig. Das ist schwierig. Es wird sicherlich seine Zeit brauchen, hier alles in die richtigen Bahnen zu lenken.
Am 6. November 2002 hat das Bundeskabinett zwei Verordnungen beschlossen, die nach dem neuen Gesetz auch im Bundesrat verabschiedet werden müs
sen. Dies sind einmal die Verordnung zur Durchführung von Integrationskursen und eine weitere Durchführungsverordnung, die unter anderem Visumverfahren, ausweisrechtliche Pflichten, Speicherung und Übermittlung von Daten und Ähnliches enthält.
Im Aufenthaltsgesetz wird erstmalig ein Mindestrahmen staatlicher Integrationsangebote gesetzlich geregelt. Zuwanderer, die nach dem 1. Januar 2003 einwandern und sich dauerhaft hier aufhalten, erhalten einen Anspruch auf Teilnahme an diesen Integrationskursen. Berechtigte, die nicht über einfache Sprachkenntnisse verfügen, sind zur Teilnahme verpflichtet. Das gilt aber leider nur für Neuzuwanderer. Für bereits hier Lebende soll im Laufe der Zeit eine Teilnahme möglich sein. Bundesweit sind circa 20.000 Plätze für sie vorgesehen. Das halten wir für zu wenig. Wir hoffen, dass sich die Bundesregierung noch dazu durchringen kann, den bereits hier lebenden Migrantinnen und Migranten eine bessere Chance für die Integration zu bieten.
Aber auch für die schon geplanten Integrationskurse ist noch nicht gesichert, dass sie optimal eingesetzt werden. Die Anerkennung der Träger und der Qualität soll durch das umbenannte Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vorgenommen werden. Wie wir jetzt gehört haben, soll Ende November die Liste veröffentlicht werden.
Leider sieht die Bundesregierung in der Verordnung vor, dass in der Regel zunächst der Sprachkurs und dann der so genannte Orientierungskurs angeboten werden sollen. Das ist nach unserer Sicht die falsche Reihenfolge. Der Innen- und Rechtsausschuss des Landtages war in diesem Jahr in den Niederlanden, um sich über die dortigen Integrationsangebote zu informieren. Dort hat man schon länger Erfahrungen mit der Integrationspolitik und ist zu folgendem Ergebnis gekommen: Die Orientierung über die niederländische Gesellschaft steht am Anfang und nicht am Ende eines Integrationskurses. Hintergrund ist, dass man als Neuzuwanderer sofort mit den Sitten und Gebräuchen der neuen Gesellschaft konfrontiert wird. Deshalb muss den Neuzuwanderern zuallererst die Möglichkeit eines gegenseitigen Verständnisses gegeben werden, damit sie in ihre Nachbarschaft integriert werden können, trotz möglicher Sprachbarrieren. Die lassen sich nämlich möglicherweise nicht so schnell beheben.
Schon die grundlegenden Formen des miteinander Umgehens, angefangen beim Einkaufen, gehören dazu. Die Erfahrung in den Niederlanden hat gezeigt, dass viele von zu Hause ein bestimmtes System kennen. Aber häufig gibt es in der Praxis ganz andere Verhaltensweisen im Verhältnis zur bisherigen Hei
mat. Das gilt bei tausend alltäglichen Dingen, die uns ganz selbstverständlich erscheinen. Das gilt auch für politische Systeme.
Zu einer gelungenen Integration gehört aber nicht nur die gesellschaftliche, sondern auch die politische Teilhabe. Deshalb sollten wir - nebenbei bemerkt - auch das Thema Kommunalwahlrecht für alle Zuwanderer in Deutschland nicht vergessen.
Genau diese Dinge werden in den Niederlanden zunächst vermittelt, damit der Neuzuwanderer sofort mit den Umgangsformen vertraut wird und sich ohne Missverständnisse in der niederländischen Gesellschaft bewegen kann. Diese Kurse werden zum Teil auch muttersprachlich angeboten, um einen erleichterten Zugang zum gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Wir würden es deshalb begrüßen, wenn auch in Schleswig-Holstein dieser Weg gegangen würde. Die Landesregierung sollte im Bundesrat die entsprechende Initiative ergreifen. Sie hätte dabei auch den Zwischenbericht zum ehemaligen Gesamtsprachkonzept auf ihrer Seite. Eine Empfehlung der Arbeitsgruppe Focus lautet nämlich: Die Orientierungskurse sollten den Deutschkursen vorgeschaltet werden.
Mit der heutigen Beratung leisten auch wir einen Beitrag zur Umsetzung des neuen Zuwanderungsrechts. Der vorgelegte Gesetzentwurf passt das bestehende Landesaufnahmegesetz an die neuen Regeln an. Es bleibt aber auch hier abzuwarten, wie die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts lauten wird und ob wir während der Beratungen im Ausschuss gegebenenfalls Änderungen vornehmen müssen. Wir sollten hier aber auch noch einiges klären. Das betrifft insbesondere den Passus betreffend die Lebenspartnerschaften.
Angesichts der vielen Diskussionen um die Integration und um die Rechte und Pflichten von Einwanderern darf aber nicht in Vergessenheit geraten, dass es eine zweite Seite der Medaille gibt: die Aufnahmebereitschaft der Deutschen. Wir reden heute davon, dass insbesondere eine schnelle Integration in den Arbeitsmarkt hilfreich ist. Voraussetzungen sind dafür natürlich Kenntnisse der Landessprache, der Landeskultur und berufliche Kompetenz. Es gehört zu den Pflichten der Einwanderer, sich hiermit vertraut zu machen. Es kommt aber ganz entscheidend auch auf die Akzeptanz des Einzelnen im Betrieb und in
der Nachbarschaft an. Die eigene Gesellschaft muss hierzu bereit sein. Die Menschen in Deutschland kommen nicht darum herum, sich für mehr anderes Denken, andere Religionen, anderes Aussehen zu öffnen und vor allen Dingen gegenseitige Rücksichtnahme zu üben. Diese Aufnahmebereitschaft unserer Gesellschaft wird ein ganz entscheidender Punkt sein, ob eine Zuwanderung erfolgt und ob eine Integration - damit meine ich ausdrücklich keine totale Anpassung, keine Assimilation - gelingen wird. Schon heute kehren Zuwanderer Deutschland wieder den Rücken, weil sie sich hier nicht akzeptiert und aufgenommen fühlen.
Deshalb reicht das Zuwanderungsgesetz allein natürlich nicht aus, wenn es einseitig einen Nachholbedarf aufseiten der Zuwanderer feststellt. Zur Umsetzung des Zuwanderungsgesetzes wird gehören müssen, ein Verständnis für die Kultur und das Leben des anderen zu fördern. Hierzu gehört auch die Erkenntnis, dass es andere Sprachen gibt und dass man diese auch lernen kann. Dieses Verständnis und die Kenntnis der Sprachen der Zuwanderer wird langfristig eine Aufnahmebereitschaft signalisieren. Nicht alleine das Papier, sondern auch der Geist zählt. Ich denke, hier haben das Innenministerium, aber auch der Flüchtlingsbeauftragte und viele andere Menschen in dieser Gesellschaft viel dafür getan, die Gesellschaft aufnahmebereiter zu machen. Vielen Dank für diese Arbeit!
Bei der bereits genannten Reise des Innen- und Rechtsausschusses haben wir aber noch Folgendes dazugelernt, jedenfalls ich: Zuwandernde Menschen sollte man nicht als Gäste begrüßen, sondern als das behandeln, was sie sind: Neubürger der deutschen Gesellschaft.
Zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abgeordneten Wadephul das Wort.
Herr Kollege Hildebrand, wenn Sie sich als Liberaler in diesen Tagen und Wochen des Jahres 2002 hier hinstellen und diesen Sozialdemokraten oder schlechthin die Sozialdemokraten des Rechtspopulismus zeihen, muss ich sagen: Das fällt voll auf Sie zurück.