Die Menschen merken nämlich sehr genau, ob über Lösungen von Problemen diskutiert oder Wahlkampf gemacht wird.
Der letzte Akt dieses Stücks steht uns nun noch mit dem Spruch des Bundesverfassungsgerichts bevor. Dabei wird es keinen Gewinner geben. Wenn nämlich die Richterinnen und Richter feststellen, dass die Entscheidung des Bundesrats verfassungswidrig zustande gekommen ist, dann ist ein notwendiges, aber in Teilen auch verbesserungswürdiges Gesetz verhindert worden. Verbesserungswürdig ist dieses Gesetz auf jeden Fall.
So sind zum Beispiel die Schranken für hoch qualifizierte Einwanderungswillige zu hoch. Ein weiteres Problem ist die Frage der Finanzierung der Integrationskurse. Der Innenminister hat noch weitere Punkte angeführt, die zwischen dem Bund und den Ländern ebenfalls geregelt werden müssen.
Der Bundeskanzler hatte ursprünglich versprochen, dass der Bund die Kosten für die sprachlichen Integrationskurse trägt. Wir möchten, dass er diese damalige Zusage einhält und nicht die Länder über Gebühr hieran beteiligt.
Meine Damen und Herren, Integration ist keine Aufgabe, die nur mit der Rechtskraft des Zuwanderungsgesetzes einhergehen darf. Integration ist auch eine
Dabei bedeutet Integration für uns nicht Assimilation in die einheimische Kultur, sondern das Verständnis und die Akzeptanz der geltenden Rechtsgrundlagen und des demokratischen Systems bei Bewahrung der eigenen und dem Respekt vor der anderen Lebenskultur. Die Regelungen im Zuwanderungsgesetz hierzu sind gut und richtig. Sollte das Verfassungsgericht also zur Verfassungswidrigkeit des Gesetzes kommen, dann müssen wir diese Regelungen als Leitlinien politischen Handelns begreifen, statt sie außen vor zu lassen.
Bereits im Juni dieses Jahres hat uns der Innenminister dankenswerterweise sein Konzept zur Integration von Migrantinnen und Migranten vorgestellt. Dieses Konzept setzt wichtige und richtige Schwerpunkte wie beispielsweise den Spracherwerb, die kulturelle Bildung und Erziehung sowie die Situation von Kindern und Jugendlichen zwischen den Kulturen. Dabei fiel auf, dass gerade in der Bestandsaufnahme noch erheblicher Nachholbedarf besteht. So gibt es in ganz Deutschland noch keine einzige Untersuchung über die Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund und ihren Chancen beziehungsweise Schwierigkeiten bei der Integration in die deutsche Gesellschaft.
Gleiches gilt für Untersuchungen zur Wohnsituation und dem sozialen Umfeld von Migrantinnen und Migranten in Schleswig-Holstein.
Wir als FDP sind bereit, unseren Beitrag zu leisten, dass die Integration auch in der Gesellschaft den Stellenwert bekommt, den sie bei der wachsenden Anzahl von Migrantinnen und Migranten hat. Gerade auf örtlicher Ebene müssen wir alle darauf hinwirken, dass das Bewusstsein über die Probleme aber auch gerade der Chancen von geregelter Zuwanderung in unserem Land geschärft wird. Wir sollten im parteiübergreifenden Konsens auch darauf hinwirken, dass bei einem Scheitern der jetzigen Regelung vor dem Bundesverfassungsgericht möglichst schnell ein neuer Gesetzentwurf in Berlin beraten und verabschiedet wird. Dabei sollte sich auch die rot-grüne Koalition der einen oder anderen Verbesserung nicht verschließen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Durch den Entwurf zur Änderung des Landesaufnahmegesetzes soll das Landesrecht dem sich ändernden - dem sich hoffentlich ändernden - Bundesrecht angepasst werden. Das ist für sich genommen nicht besonders spektakulär, sondern kommt in diesem hohen Hause häufiger vor. Nicht so häufig kommt es allerdings vor, dass wir uns mit einem politischen Vorhaben befassen, das in seiner Entstehungsgeschichte so lange und so viele erbitterte Auseinandersetzungen zwischen dem Regierungslager und der CDU-Opposition mit sich brachte. Bekanntermaßen wurde und wird es von letzterer bis heute abgelehnt. Wir haben es vorhin wieder vernommen.
Sie, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, wurden dabei nicht müde zu fordern, dass die Begrenzung der Zuwanderung in den Mittelpunkt des Gesetzes gestellt wird. Wir haben es gerade wieder gehört.
Das ist etwa so, als forderten Sie als zentrale Aussage der Landesbauordnung: Ziel des Gesetzes ist die Begrenzung der Bautätigkeit. So etwa wäre das.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Dr. Johann Wadephul [CDU]: Bescheuert! - Klaus Schlie [CDU]: Es wird Zeit, dass sich das ändert!)
Aber trotzdem ist man Ihnen in Berlin immerhin so weit entgegengekommen, diesen Satz in den § 1 des Aufenthaltsgesetzes aufzunehmen.
Sie halten sich dann aber noch an vielen anderen Einzelpunkten auf, die Ihnen nicht gefallen, und das, obwohl, die rot-grünen Bundestagsfraktionen insgesamt 18 Änderungsanträge der Unionsfraktionen aufgenommen haben und 11 zentrale Änderungsanträge des Bundesrates aufgegriffen haben. Sie sagen nicht, dass Sie eigentlich etwas ganz anderes wollen, nämlich ein Einwanderungsverhinderungsgesetz.
Unter dem Vorwand der konstruktiven Kritik hat die CDU in der Zuwanderungsdebatte Botschaften vermittelt, die ich mir in Vorbereitung auf diese Debatte
Es hieß oft zur Begründung Ihrer ablehnenden Haltung, Deutschland sei kein klassisches Einwanderungsland. Das ist sicherlich der Fall, wenn wir auf die großen Migrationsbewegungen von vor hundert und mehr Jahren blicken. Nur: Wir machen keine Politik für die Gesellschaft von 1900, sondern für heute und morgen.
Seit 40 Jahren ist Deutschland sogar in beiden Teilen ein Einwanderungsland. Wir klassisch das nun ist, darüber lasse ich gern mit mir streiten.
Es heißt weiterhin, Zuwanderung in einem Umfang, der den demographischen Wandel ausgleicht, könne die Gesellschaft nicht verkraften. Wir haben es gerade wieder gehört. Sie lassen aber offen, wie der demographische Wandel ohne Zuwanderung verkraftet werden soll.
Selbst eine sofortige satte Steigerung der Geburtenrate kann aufgrund der geburtenschwachen Generation der jetzigen jungen Eltern nicht wirklich Abhilfe schaffen. Die jüngste Statistik auch für unser Land hat es gerade wieder gezeigt. Wir haben Zuwanderungsgewinne in Schleswig-Holstein und deswegen steigt möglicherweise die Bevölkerungszahl in unserem Lande. Wir können es uns nämlich noch leisten, Leute aufzunehmen.
Wir brauchen ein Bündel an Maßnahmen, zu dem neben der Familienpolitik eben auch die Zuwanderung gehört ebenso wie eine dringend notwendige Reform der Sozialversicherung und da kommt glücklicherweise jetzt Bewegung rein.
Dann führen Sie schließlich immer wieder gern die Aufnahmebereitschaft der Bevölkerung an, die ja nicht überstrapaziert werden dürfe. Gleichzeitig werden Sie nicht müde zu betonen, dass Deutschland ein ausländerfreundliches Land sei. Das passt sowieso nicht so recht zusammen.
(Martin Kayenburg [CDU]: Das haben Sie nicht verstanden! - Klaus Schlie [CDU]: Dass Sie damit ein Problem haben, war uns klar!)
Also, sehr geehrte Damen und Herren, auch hier gilt, wie so oft im Leben, der Ton bestimmt die Musik.
Die Aufnahmebereitschaft der Bevölkerung wird nämlich nicht unerheblich von der öffentlichen Debatte beeinflusst. Sie könnten einiges für diese Bereitschaft tun; erkennen Sie doch endlich auch einmal öffentlich an, dass Zuwanderung ein kultureller Gewinn sein kann, und lassen Sie dem dann auch entsprechende Entscheidungen folgen. Ein wirtschaftlicher Gewinn ist es sowieso, und dass wir auf dem globalen Arbeitsmarkt den Kampf um die besten Köpfe nur gewinnen können, wenn wir Einwanderern eine sichere Perspektive bieten und vor allem - das ist mir besonders wichtig - eine gesellschaftliche Stimmung vorherrscht, in der die Zuwanderung als Normalität begriffen wird, daran könnten Sie viel mehr tun, als Sie tatsächlich tun. Aber Sie tun das Gegenteil.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich bei vielen in der CDU auch in diesem hohen Haus ganz im Geheimen die Notwendigkeit von mehr Zuwanderung herumgesprochen hat und dass bloß für den Sprung über den „schwarzen“ Schatten die Kraft fehlt.
Wie auch in der Rentenpolitik ist in der Frage der Zuwanderung jetzt ein gesamtgesellschaftlicher Kraftakt nötig. Das bedeutet, dass über die Parteigrenzen hinweg an dem Ob nicht gerüttelt wird, weil die Notwendigkeit erkannt wird.
In der Europapolitik konnten und können wir die grundsätzliche Notwendigkeit anerkennen, am Ob nicht mehr rütteln und über das Wie meinetwegen heiß diskutieren. Eine wichtige Frage des Wie ist ja auch immer die Frage nach der Finanzierung. Glücklicherweise bürdet das Zuwanderungsgesetz nicht alle Lasten den Ländern auf, wie das bis 1998 gern gehandhabt wurde. Der Innenminister hat darauf hingewiesen. Es ist erstmals so, dass eine gemeinsame Selbstverpflichtung formuliert und dass das nicht einfach an die Länder abgegeben wurde.
Ob das möglicherweise nicht ausreicht, werden wir feststellen. Daran werden wir arbeiten. So habe ich auch den Satz im Integrationskonzept des Innenministers verstanden. So muss man auch darangehen. Denn es gibt nichts Gutes, außer man tut es.