Protocol of the Session on November 13, 2002

Das Land bezahlt immense Summen an die Deutsche Bahn AG, damit diese für uns Aufgaben erledigt, für deren Erfüllung sie ohnehin zuständig ist. Ich denke, dass das Land dann auch verlangen kann, dass die Bahn dafür das entsprechende Umfeld schafft. Das kann nicht anders sein.

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)

Lassen Sie mich hier - ich will die fünf Minuten nicht unbedingt ausnutzen - nur einige Punkte ansprechen. Denken Sie zum Beispiel an den Bahnhof der Hansestadt Lübeck. Hat jemand von Ihnen - ich denke, dass es inzwischen viele waren - einmal an einem Wintertag auf diesem Bahnhof gestanden,

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jawohl!)

auf diesem Bahnhof, der überhaupt nichts mehr an Charme versprüht, wo man sich verloren vorkommt, wo es keine Möglichkeit für alte Menschen gibt, über Rolltreppen in die nächste Ebene zu kommen? - Das ist ein Unding.

(Zuruf des Abgeordneten Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Nehmen Sie Kiel. Sicherlich hat die Deutsche Bahn AG bei der Renovierung, bei der Restaurierung des Bahnhofes in Kiel bedingt durch die Zerstörungen im letzten Weltkrieg Probleme gehabt. Aber es kann doch nicht sein, dass man Menschen, Reisenden,

(Gerhard Poppendiecker)

inzwischen länger als fünf Jahre zumutet, an diesem Bahnhof anzukommen und abzufahren.

(Beifall im ganzen Haus)

Wir sind das Fremdenverkehrsland Nummer eins in der Bundesrepublik.

(Zuruf des Abgeordneten Heinz Maurus [CDU])

Wer ein einziges Mal in Travemünde mit der Bahn angekommen ist, der wird erschüttert sein. Ich habe gerade meiner Kollegin aus Lübeck gesagt: Wenn man einmal einen Film aus den fünfziger Jahren drehen will, in dem die DDR eine Rolle spielt, kann man diese Bahnhöfe ruhig nehmen. Man muss überhaupt nichts verändern.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Dieses gilt, liebe Kolleginnen und Kollegen, für etliche Bahnhöfe mehr. Auch der Bahnhof in Husum - die Kolleginnen und Kollegen von der Westküste wissen das - ist eine Zumutung für Reisende.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Das Schlimme dabei ist, dass die Bahn, ob in Lübeck oder in Kiel, ob in Husum oder in Rendsburg, Versprechungen macht. Wie oft war ich mit Renate Gröpel in Hamburg, wie oft hatten wir Eisenbahner vor Ort und haben gehört: Jawohl, die Bagger stehen bereit, die Spaten sind geschärft, es geht los. - Das war es. Die Bahn könnte in jeder Bundesregierung den besten Ankündigungsminister aller Zeiten stellen. Das wäre überhaupt kein Problem. Sie hätten immer die Lacher auf ihrer Seite.

(Heiterkeit bei der FDP)

Ich will zum Schluss nur noch daran erinnern: Wer von Ihnen einmal in den Niederlanden war, in dem kleinen Österreich oder in der kleinen niedlichen Schweiz und sich dort Haltepunkte und Bahnhöfe angesehen hat, der musste feststellen: Es ist beschämend, was die Deutsche Bahn mit den deutschen Reisenden macht.

(Zurufe von der CDU)

Aber Prestigeobjekte, bei denen die Finanzierung überhaupt nicht mehr stimmt, werden gefördert. Ich denke dabei an den neuen Hauptbahnhof/Lehrter Bahnhof in Berlin, bei dem man völlig aus der Finanzierung gerutscht ist. Hätte man dort einen vernünftigen Finanzierungsrahmen gehabt, hätte man versucht, den Bahnhof kostengünstiger zu bauen, wären unsere Bahnhöfe längst in altem Glanz erstrahlt und die Reisenden wären freudig nach Schleswig-Holstein gekommen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der FDP)

Ich erteile dem Herrn Abgeordneten Eichelberg das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Poppendiecker, ich verstehe das Engagement und auch die emotionale Darlegung. Aber ich muss Ihnen sagen, ich halte die Behandlung des Antrages im Parlament für total überzogen und ich empfinde es als Missachtung der Dinge, die wir hier zu erledigen haben. Denn wozu gibt es Ausschüsse, wozu gibt es ein Telefon? Sind wir eigentlich nur noch Handlanger für Resolutionen, in denen Rot-Grün die Bundesregierung in Berlin beschimpft? - Das kann es doch wirklich nicht sein.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wollen wir doch immer! - Vereinzelter Beifall bei der FDP)

Sämtliche Informationen stehen im Detail in den Landesverkehrsplänen und sind auch sehr ausgiebig diskutiert worden. In dem gerade in diesen Tagen überreichten Landesverkehrsprogramm „Perspektiven in Schleswig-Holstein“ können die Abgeordneten auf den Seiten 74 und 75 eindeutig nachlesen, wo es Probleme gibt, was getan werden muss und was getan wird. Es bedarf also überhaupt keiner Aufforderung, sich im Plenum damit auseinander zu setzen. Das Thema ist allgegenwärtig.

Des Weiteren, lieber Herr Poppendiecker, behauptet Rot-Grün in Schleswig-Holstein, dass der Wirtschaftsminister unfähig ist, sich in Berlin entsprechend zu artikulieren, zu verhandeln oder sich durchzusetzen.

(Zurufe von der SPD)

Ich finde, dieser Antrag ist eine peinliche Nummer. Wir möchten uns dazu nicht weiter äußern. Dies kann jeder in den Unterlagen nachlesen. Die Fraktion der CDU lehnt den Antrag ab, denn er ist kein Antrag für das Parlament.

(Beifall bei der CDU)

Ich erteile der Abgeordneten Frau Aschmoneit-Lücke das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Eichelberg, ich möchte es gleich zu Beginn meiner Rede sagen: Wir werden dem Antrag natürlich zustimmen.

(Beifall bei der FDP - Zuruf von der FDP: Sehr gut!)

Der Antrag verfolgt ein Ziel, bezüglich dessen - dies war jedenfalls bisher mein Eindruck - im Hause absolute Einigkeit besteht.

Im Übrigen ist - so habe ich es bisher immer verstanden - die Ausstattung, die Modernisierung und die Sanierung der Bahnhöfe auch ein Ziel der Deutschen Bahn.

(Zurufe von der CDU)

Die Bahn sollte im ureigensten Interesse so schnell und so gut wie möglich die Sanierungsvorhaben abschließen, damit die Menschen in Schleswig-Holstein nicht nur die Bahnhöfe, sondern auch die Züge benutzen. Ich glaube nicht, dass man dagegen etwas haben kann.

(Uwe Eichelberg [CDU]: Das haben wir alles schon beschlossen!)

Wir haben ein erhebliches Interesse daran - Herr Poppendiecker hat es eben ausgeführt -, dass unsere Bahnhöfe so aussehen, dass die Leute gern hier ankommen; denn „Bahnhof“ ist Ankunft und Abreise, ist der erste und der letzte Eindruck.

Wir stimmen, wie bereits gesagt, dem Antrag zu. Ich möchte allerdings nicht verhehlen, dass wir von der Wirkungskraft solcher Appelle der Landesregierung an die Bahn nicht hundertprozentig überzeugt sind. Die Vergangenheit - darin sind wir uns einig - hat jedenfalls gezeigt, dass die Deutsche Bahn nicht besonders hellhörig ist, ganz egal, wer im Landtag mit welchem Druck auch immer appelliert.

(Zuruf von der CDU)

„Fehlplanung“ in Bezug auf die hier genannten Bahnhöfe ist in der Tat nur ein äußerst schwacher Begriff. Ich bin Kielerin und weiß, was in Kiel seit fünf Jahren los ist. Ich kenne auch Husum und Lübeck. Das ist wirklich ein Skandal, es ist unglaublich, was dort passiert.

(Beifall im ganzen Haus)

Lieber Kollege Poppendiecker, Sie haben die Bombenschäden in Kiel angesprochen. Ich glaube, vierzehn Mal ist der Kieler Bahnhof während des letzten Weltkrieges von Bomben getroffen worden. Dass dies

die Bausubstanz im Kern total beschädigt hat, muss man nicht erst im Laufe der Bauphase feststellen, sondern schon bei der Planung einkalkulieren. Das muss man doch wissen, darauf muss man sich doch einstellen können.

(Zuruf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Genau!)

Es kann doch nicht sein, dass man es Stein für Stein überhaupt erst feststellt.

(Beifall bei SPD, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dasselbe gilt in Kiel auch für die Gleishallen, die angeblich in ungefähr 30 Jahren zusammenfallen sollen. Deshalb frage ich mich, was macht eigentlich eine Planungsabteilung der Bahn, bevor sie einen Auftrag vergibt? Dass eine ganze Planungsabteilung nicht weiß, dass die Gleishallen irgendwann zusammenfallen, ist wirklich unvorstellbar und unglaublich. Dies kann man den Kieler Bürgerinnen und Bürgern und allen anderen, natürlich auch den Gästen, nicht länger zumuten.

(Zuruf des Abgeordneten Uwe Eichelberg [CDU])

Weil das so ist, lieber Kollege Eichelberg, sage ich ganz deutlich: Auch wenn ich nicht an die Durchschlagskraft des Antrages glaube, werde ich ihn voll unterstützen, weil ich das Ziel des Antrages für ausgesprochen wichtig halte.