Protocol of the Session on October 11, 2002

Was sagt uns nun dieser Bericht? - Wir haben in manchen Stadtteilen erhebliche Probleme. Bau- und Planungssünden der Vergangenheit rächen sich bitter. Stadterneuerung ist nötig und muss politisch begleitet werden. Ich möchte unterstreichen, was auch Frau Gröpel hier angesprochen hat: Wir müssen die Bereitschaft für Ehrenamt und Engagement wecken und müssen die gesunden Strukturen, die wir jetzt haben, pflegen und erhalten. Auch diese Botschaft können wir aus den vorgelegten Ergebnissen herauslesen.

(Renate Gröpel [SPD]: Stimmt! Kein Wider- spruch!)

Aber bei der derzeitigen finanziellen Ausstattung - das besagt dieser Bericht - werden wir keine Probleme anpacken können, sondern nur ein paar Tropfen auf den heißen Stein geben, sodass wir das Problem der überforderten Nachbarschaften nur zum Teil werden angehen können.

Bislang waren Städtebau und Wohnungsbau das Sparschwein der rot-grünen Bundesregierung. Die aktuellen Meldungen deuten darauf hin, dass sich das nicht ändern wird, dass also fiskalische Argumente bestimmend für die Wohnungspolitik sind und nicht Sachargumente.

(Thorsten Geißler [CDU]: Hört, hört!)

Das macht mir Sorgen.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Ich will die positiven Ansätze dieses Programms gern aufgreifen. Aber wir brauchen mehr Geld, damit wir in diesem Bereich auch erfolgreich sein können.

(Beifall bei CDU und FDP)

Einer Ausschussüberweisung an den Innen- und Rechtsausschuss stimmen wir gern zu. Als neue wohnungspolitische Sprecherin wird sich Monika Schwalm sicherlich gern damit beschäftigen.

Wenn es bis zum nächsten Donnerstag keine Sondersitzung geben wird, wird das heute mein letzter Tag hier in diesem Parlament gewesen sein. Ich bin am 22. September in den Bundestag gewählt worden und werde dieses Mandat annehmen.

(Beifall)

Ich bedanke mich recht herzlich für die vielen Glückwünsche, die mich aus dem Parlament, aus dem Freundeskreis und vonseiten der Regierung erreicht haben. Ich habe mich darüber sehr gefreut. Ich habe

(Gero Storjohann)

mich in den acht Jahren, in denen ich hier mit dabei sein durfte, über das kollegiale Miteinander gefreut, auch wenn wir in der Sache manchmal hart gestritten haben. Es war eine Bereicherung, für die ich mich recht herzlich bedanke.

(Beifall)

Mein besonderer Dank gilt natürlich meinen Kolleginnen und Kollegen in der CDU-Fraktion. Ihnen wünsche ich Kraft, sodass wir im Jahre 2005 gute Ergebnisse erzielen können.

(Beifall bei CDU und FDP - Zuruf von der SPD: Das haben sie auch nötig!)

Ich wünsche dem Land Schleswig-Holstein „Glück auf!“ und allen eine gute Hand bei ihrer zukünftigen Arbeit.

(Beifall)

Auch von dieser Stelle aus möchte ich Herrn Storjohann für die gute und kollegiale Zusammenarbeit in den letzten Jahren sehr herzlich danken. Für Ihr Wirken im Deutschen Bundestag wünsche ich Ihnen viel Glück und Erfolg zum Wohle unseres Landes.

(Beifall)

Das Wort erteile ich jetzt dem Herrn Abgeordneten Hildebrand.

Frau Präsidentin! Meine Damen! Meine Herren! Der von der Landesregierung vorgelegte Bericht über das Programm „Soziale Stadt“ soll uns über den Stand der laufenden Projekte unterrichten und uns einen Ausblick auf die zukünftige Förderung und Gestaltung des Programms geben. Ob das mit diesem Bericht allerdings gelungen ist, bezweifele ich. Ein aus diesem Bericht deutlich gewordenes Problem ist die mangelnde Finanzkraft der Kommunen. Immerhin müssen sie ein Drittel der Kosten aufbringen; die beiden anderen Drittel teilen sich der Bund und das Land. Darüber hinaus sind die Kommunen für die Umsetzung der integrativen Fördermaßnahmen zuständig. Sie müssen sicherstellen, dass neben den Mitteln des Programms „Soziale Stadt“ auch Mittel anderer Programme in die betreffenden Stadtteile fließen. Für diese Mittel sind aber auch wiederum eine Drittelfinanzierung oder sogar eine völlige Eigenfinanzierung der Kommunen vorgeschrieben. Diese Belastung scheint von den Städten in einigen Fällen nicht mehr getragen werden zu können. Leider

führt der Bericht nicht aus, um welche Projekte es sich hierbei konkret handelt.

Mangelnde Konkretisierung ist ein Problem, das sich wie ein roter Faden durch den Bericht zieht. Das ist vor dem Hintergrund der Zielsetzung und Bedeutung des Programms sehr bedauerlich. Schon im ersten Bericht über das neue Städtebauförderungsprogramm konnten wir nur wenige genaue Aussagen über die Umsetzung des Programms zur Kenntnis nehmen. Das hatte den Grund, dass sich das Programm „Soziale Stadt“ in der Anfangsphase befand. Dieser Bericht führt diese Tradition fort. Es ist zwar ersichtlich, dass seit 1999 insgesamt rund 22 Millionen € an Fördermitteln inklusive der Eigenmittel der Städte für die bisherigen Gebiete bewilligt und größtenteils schon verausgabt wurden, nirgendwo ist aber zu erfahren, wofür konkret die Gelder genutzt wurden.

Um nur ein Beispiel zu nennen: In Kiel-Mettenhof wurden in den Jahren 2000 bis 2002 knapp 3 Millionen € an Fördermitteln ausgegeben. Wofür? Welche konkreten Maßnahmen zur Verfolgung der Ziele des Programms „Soziale Stadt“ wurden von diesen 3 Millionen € bisher durchgeführt? - Interessant ist auch die Frage, wie hoch der Anteil der reinen Investitionen auf der einen Seite war und welche Kosten durch Beratung, Begleitung oder Seminare verursacht wurden. Ein Blick in das Internet macht uns auch nicht schlauer. Lediglich für das Projekt Flensburg-Neustadt gibt es ausführliche Projektbeschreibungen; über die beiden Projekte in Neumünster gibt es kurze Ausführungen. Aber über die anderen Projekte sind keine Informationen zu erhalten.

(Zuruf des Abgeordneten Rolf Fischer [SPD])

Der weitere Finanzbedarf der bereits in das Programm aufgenommenen elf Stadtteile in acht Kommunen ließ sich darüber hinaus noch nicht genauer angeben, so ein Zitat. Ich kann nur fragen: Welche weiteren Maßnahmen sind in den genannten Stadtteilen zum jetzigen Zeitpunkt noch geplant? - Auch hierüber kann man nichts lesen. Das wird sich auch kaum bewerkstelligen lassen, wenn man noch nicht einmal in der Lage ist, den aktuellen Stand der Maßnahmen darzustellen.

(Präsident Heinz-Werner Arens übernimmt den Vorsitz)

Ein weiterer Punkt des Berichts ist die Umsetzung und Wirksamkeit des integrativen Programmansatzes in den geförderten Gebieten. Hierzu leitet der Bericht wie folgt ein - ich darf jetzt vorlesen; es ist ein Satz -:

(Günther Hildebrand)

„Nach einem für städtebauliche Gesamtmaßnahmen kurzen Zeitraum von drei Jahren, unter Berücksichtigung der in der Städtebauförderung üblichen über einen Zeitraum von fünf Jahren verteilten Auszahlung der Programmmittel, dem gemessen an der Aufgabenstellung relativ geringen Programmvolumen und dem geringen Vorbereitungsstand der Maßnahmen bei Programmaufnahme ist zum jetzigen Zeitpunkt eine konkrete Aussage zur Umsetzung und Wirksamkeit des integrativen Programmansatzes in den geförderten Gebieten noch kaum möglich.“

(Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, noch irgendwelche Fragen offen?

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das geht noch weiter! Jetzt be- ginnt es erst!)

Die bisherigen Ergebnisse der Programmbegleitung aus Bundesebenen haben ergeben, dass mit dem Programm „Soziale Stadt“ wichtige Impulse für die Stabilisierung der Lebensverhältnisse in benachteiligten Stadtteilen gesetzt wurden und erste Schritte für den Aufbau einer längerfristigen tragfähigen Infrastruktur unternommen werden. Das sind gute Nachrichten.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir hätten aber gern mehr Informationen erhalten, wie das Deutsche Institut zu dieser Auffassung gelangt ist und wie weit diese Feststellungen über die schleswig-holsteinischen Projekte außerhalb Flensburgs zutreffend sind.

(Zuruf der Abgeordneten Renate Gröpel [SPD])

- Ich sage ja: außerhalb Flensburgs! - Mit dem Bericht wurde eine Chance vertan. Durch die sehr oberflächliche Darstellung der Projekte wurde versäumt, für das Programm „Soziale Stadt“ zu werben. Letztlich wissen wir nicht, wofür die insgesamt 22 Millionen € ausgegeben worden sind.

Wir sollten diesen Bericht heute abschließend zur Kenntnis nehmen, denn er kann keine vernünftige Grundlage für eine Beratung im Ausschuss sein.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Heinold.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Hildebrand, wir können ihn heute schon deshalb nicht abschließend zur Kenntnis nehmen, sondern sollten ihn in den Ausschuss überweisen, damit Sie dort den Dialog mit uns und mit dem Ministerium führen können. Nach den unterschiedlichen Redebeiträgen heute empfehle ich doch eines: Lesen Sie nicht nur die Berichte der Regierung, sondern gehen Sie auch einmal raus ins Land! Schauen Sie sich einmal eines der Projekte an, vielleicht mit Ihrer Fraktion. Wir haben das gemacht. Ich war in Neumünster. Ich war in Flensburg. Es lohnt sich. Es ist natürlich schwierig, nur aufzuschreiben, was im Land passiert. Man muss sich auch einmal öffnen und einfach einmal rausgehen, einmal gucken, einmal die Leute, die dort mitmachen, fragen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wir sind sehr dankbar für den Bericht. Wir sind ja auch immer wieder verpflichtet zu schauen, was mit den bereitgestellten Fördermitteln geschieht. Der Bericht ist aus meiner Sicht aussagekräftig. Es ist aber auch ein sehr ehrlicher Bericht. Dafür herzlichen Dank. Die kritischen Punkte werden nämlich beleuchtet. So soll es sein.

Die Zielsetzung des Programms wird deutlich. Mithilfe eines investiven Leitprogramms werden kommunale Maßnahmen unterstützt, um Wohngebiete mit hohem sozialen Problempotenzial zu selbständigen und lebensfähigen Stadtteilen zu machen. Menschen unterschiedlicher Einkommens- und Bildungsgruppen sollen sich hier wohl fühlen und hier leben.

Die Strategie ist einfach. Die „Soziale Stadt“ bringt Leben ins Viertel, fördert Existenzgründungen, schafft Arbeitsplätze und bietet Jugendlichen Qualifizierungsmaßnahmen vor Ort. Das kann natürlich nur funktionieren, wenn andere Programme - das ist bereits erwähnt worden -, zum Beispiel ASH, parallel dazu zur Verfügung gestellt werden. Das klappt nur, wenn es vor Ort Ansprechpartner gibt, welche die Bürgerinnen und Bürger in den Planungsprozess einbeziehen, sie integrieren, die Kinder an der Entwicklung des Stadtteils beteiligen und anderes organisieren.

Hier scheitert es in der Folgefinanzierung vor allem bei den knappen Mitteln der Kommunen oder an der Einsicht - je nachdem. Das wird im Bericht differenziert dargestellt. Wir glauben, dass es eine präventive Maßnahme ist, im Dialog mit der Bevölkerung zu gestalten. Von daher wünschen wir uns, dass das weitergeführt wird.

(Monika Heinold)