Einige Wissenschaftler versprechen sich allerdings von der Forschung an embryonalen Stammzellen besondere Ergebnisse, die nach ihrer Einschätzung durch das Potenzial adulter Stammzellen, also Stammzellen von Erwachsenen, nicht geleistet werden können.
Der vorgelegte Bericht bestätigt diese Einschätzung nur zum Teil und lässt letztendlich offen, ob sich die Potenziale adulter und embryonaler Stammzellen auch in Zukunft so grundsätzlich unterscheiden werden. Ich will auch hinzufügen: Vielleicht kann man das auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch gar nicht sagen. Daraus erkläre ich mir auch die gewisse Vagheit dieses Berichtes, die ja beobachtet worden ist und der ich nichts entgegensetzen kann.
Unter strengen Auflagen ist deshalb eine ethisch und moralisch motivierte Grundlagenforschung notwendig. Sie soll helfen, die Funktionsweise der Entwicklung von menschlichen Zellen und Geweben verstehen zu lernen. Das Ziel dabei ist jedoch eindeutig, die Möglichkeiten, Stammzellen aus einem erwachsenen menschlichen Körper zu therapeutischen Zwecken zu verwenden, zu optimieren. In diesem Forschungsbereich sind wir in Schleswig-Holstein gut davor. An drei Standorten, an den Medizinischen Universitäten in Kiel und Lübeck sowie im Forschungszentrum Borstel, wird zum Teil bereits seit Jahrzehnten an den Möglichkeiten adulter Stammzellen geforscht. Zum Teil wird dort bereits jahrelang erfolgreich mit adulten Stammzellen therapiert und behandelt. Dies ist ein eindeutiger medizinisch-wissenschaftlicher Standortvorteil, den es weiter auszubauen und zu nutzen gilt.
In den spezifischen Besonderheiten der adulten Stammzellen, in ihren beschränkten Differenzierungsmöglichkeiten und den Umständen ihrer Gewinnung liegen gerade ihre Chancen. Die Stadien der sozusagen künstlichen Züchtung sind begrenzt beziehungsweise es scheint vorgegeben, welcher Zelltyp oder welche Art Gewebe oder Organ sicher hergestellt werden kann. Vor allem können adulte Stammzellen vom lebenden Spender beziehungsweise von demjenigen Patienten gewonnen werden, der konkret behandelt werden soll und kann. Dies ist ein großer Vorteil, denn er minimiert das Abstoßungsrisiko und maximiert die Heilungschancen.
Ich freue mich letztendlich über die Ergebnisse dieses Berichts und werde mich aus vollen Herzen für eine bestmögliche Weiterentwicklung und Förderung der Forschung an adulten Stammzellen in SchleswigHolstein und bundesweit einsetzen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Bericht der Landesregierung zeigt uns auf, wie der heutige Stand der Forschung mit adulten menschlichen Stammzellen in Schleswig-Holstein ist. Der Bericht hat dabei manchmal das Niveau eines Zeitungsartikels, nämlich unter anderem durch den Satz: „Amerikanische Forscher haben jüngst entdeckt, dass …“ Dies ist auch gepaart mit dem Aufsatz zum Thema „Hoffnungen und Träume der Stammzellforschung“. Dies ist aber nicht Schuld der Landesregierung. Die antwortet nämlich lediglich auf die Fragen, die ihr gestellt wurden, und kann dabei auch nur auf den derzeitigen Stand der Erkenntnisse zurückgreifen.
Ein Teil der Fragen, die sich bereits im letzten Sommer mit der Diskussion über die Nutzung von embryonalen Stammzellen ergeben haben, stellen sich auch weiterhin bei der Nutzung von adulten menschlichen Stammzellen. Besteht eine ausreichende Wahrscheinlichkeit, dass eine Therapie wirklich Erfolg haben kann, besteht die Chance, Nebenwirkungen in den Griff zu bekommen, ist es ethisch vertretbar, menschliche Zellen als Medizin für andere zu züchten, was sind vor allem die möglichen Folgen einer Stammzellenmanipulation? Diese Fragen können nach dem Stand der Technik noch nicht befriedigend beantwortet werden. Die möglichen Erfolge mit adulten Stammzellen, die Hoffnungen und Träume, die damit verbunden werden, sind wirklich verlockende Perspektiven. Die Verheißung, Krankheiten zu heilen, die bisher als nicht heilbar gelten, ist für alle und insbesondere für die betroffenen kranken Menschen ein Silberstreif am Horizont. Angesichts des ungesicherten Wissens darf es allerdings als sehr fraglich gelten, ob die Erwartungen überhaupt in vollem Umfang eingelöst werden können.
Die Anwendung von adulten Stammzellen ist bis heute sehr eingeschränkt. Man befindet sich im Experimentierstadium und in einigen Bereich immerhin schon bei der so genannten Tierforschung. Ob die
hier gewonnenen Erkenntnisse überhaupt auf Menschen übertragbar sind, bleibt fraglich. Denn ebenso komplex und differenziert wie Zellen, wie Krankheiten und deren Ursachen für die Menschen selbst sind, sind auch die Lösungen für die Heilung von Krankheiten. Die bereits bestehenden Techniken in diesem Bereich werden wie bei der Zelltransplantation für Krebspatienten überwiegend zur Lebensrettung eingesetzt.
Die angestrebte Anwendung von Stammzellen ist aber ungleich komplizierter als diese Methode. Der Wunsch, mithilfe dieser Zellen Krankheiten wirklich zu heilen, steht noch in weiter Ferne. Um es mit den Worten des Berichtes zu sagen: Nach Ansicht der Wissenschaft werden neue Anwendung innerhalb von fünf Jahren bei Therapieversuchen Eingang finden und in den nächsten zehn bis 20 Jahren zur Routine werden. Deshalb können wir eigentlich der Landesregierung nur beipflichten, dass die gesellschaftliche Bedeutung der heutigen Forschung in erster Linie in den Hoffnungen auf Heilung schwerer Erkrankungen liegt. Die möglichen Folgen und die Reichweite der jetzt gewonnenen Erkenntnisse sind weiterhin aber auch an Recht und Ethik zu messen.
Der Bundespräsident hat darauf hingewiesen, dass fast alle in den 50er-Jahren die friedliche Nutzung der Atomenergie wollten und ihr zustimmten. Heute stehen wir vor dem Problem, dass wir diese Vorteile sicherlich im Blick haben, ohne aber die möglichen Nebenwirkungen zu sehen und diese vielleicht auch in unsere Überlegungen einzubeziehen.
Auch vor dem Hintergrund großer Verheißungen hat die Politik die Verpflichtung, nachhaltig zu denken und zu handeln. Allein wirtschaftlichen Erwägungen den Vorzug zu geben, wäre eine verantwortungslose Reduktion dieser gesamten komplexen Materie.
Das gilt sicherlich insbesondere für die embryonalen Stammzellen, aber auch bei den adulten Stammzellen - so denke ich - sollten wir hier weiter mitdenken. Es gibt nämlich auch weiterhin kein anderes Mittel - ich erinnere, wie gesagt, an die Nutzung der Atomenergie -; das Rad können wir nachher ansonsten nicht wieder zurückdrehen. Ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss.
(Vereinzelter Beifall bei der SPD sowie der Abgeordneten Lars Harms [SSW] und Mo- nika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe mich nach den Ausführungen der Kollegin SchmitzHübsch noch einmal zu Wort gemeldet. Ich muss mich über diese Missachtung der Qualität der medizinischen und biotechnologischen Forschung in Schleswig-Holstein, die in Ihren Worten zum Ausdruck kam, wirklich wundern.
Sie haben davon offenbar auch keine Ahnung. Zu dem, was Sie über Mechanismen der Forschungsförderung gesagt haben, kann ich nur sagen, Sie hätten sich wirklich einmal vorher mit einem Hochschulexperten aus Ihrer Fraktion darüber unterhalten sollen,
Ich kann Sie nur noch einmal - ich habe wenig Zeit, das jetzt alles auszuführen - darauf hinweisen, wie etwa Sonderforschungsbereiche zustande kommen, für die wir allein an der Medizinischen Fakultät in Kiel mindestens drei Beispiele haben. Die haben nämlich etwas mit Exzellenz und Innovation und zukunftweisender Forschung zu tun. Die entstehen sozusagen aus dem Potenzial, das wir an Forschern in den Hochschuleinrichtungen und in den Kliniken haben. Es ist nicht möglich, sozusagen herauszurechnen, was davon Forschungsförderung durch Zuschuss an Forschung und Lehre ist. Man kann natürlich die Sonderforschungsbereiche beziffern und das, was dort an Drittmitteln hereinkommt. Das kann man sehr wohl beziffern. Das haben wir im Rahmen dieses Berichts allerdings nicht gemacht und das ist auch nicht abgefragt worden.
Aber es ist schon erschreckend, wie Sie hier sozusagen über Qualität und auch über Einsatz des Landes reden. Haben Sie schon einmal etwas von Technologietransfereinrichtungen des Landes gehört, die sich
Haben Sie schon einmal von der PVA oder von der CEMET gehört und davon, was es da wirklich an Innovationen gibt?
Also, ich muss mich wirklich wundern. Es klingt geradezu so, als hätten Sie außer einem Bericht der Landesregierung keinerlei Möglichkeiten des Erkenntnisgewinns.
Lesen Sie doch einmal die Berichte der Universität Kiel, lesen Sie doch einmal den Bericht des Universitätsklinikums Kiel und das, was darin über innovative Forschung in diesen Bereichen steht! Wenn Sie das täten, wüssten Sie ein bisschen mehr und könnten sich damit auch ein bisschen sachlicher auseinander setzen als mit diesen platten Bemerkungen, die weder dem Thema noch dem Bericht, noch dem, was unsere Forscher leisten, angemessen sind.
Eines will ich Ihnen dann nur noch einmal sagen: Ich habe hier nur kurz angedeutet, was derzeit an der Klinik für Allgemeine Chirurgie und Thoraxchirurgie in Kiel stattfindet. Ich empfehle Ihnen, machen Sie sich einmal die Mühe, klicken Sie einmal „nature“ an oder besorgen Sie sich das entsprechende Heft und lesen Sie etwa die Veröffentlichungen von Professor Fändrich zur Zukunft der Immuntoleranz bei Transplantationen. Um in „nature“ hineinzukommen, muss man international renommiert sein und das, was dort abgedruckt wird, hat einen internationalen, innovativen und einzigartigen Rang. Und das von einem Forscher aus Kiel! Darauf können wir hier alle miteinander stolz sein und wir sollten so etwas nicht einfach schlecht reden.
Nach § 56 Abs. 6 der Geschäftsordnung erteile ich zu einem Kurzbeitrag der Frau Abgeordneten SchmitzHübsch das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Ministerin! Wir haben nicht die Forschung in diesem Land kritisiert - ich habe es nicht gemacht -, sondern wir haben den Bericht kritisiert.
Ich habe auch nichts dagegen, Berichte zu bekommen, die nicht 100 Seiten und mehr umfassen. Bloß, es ist an manchen Stellen dürftig oder gar nicht geantwortet worden. Das wird man schon noch sagen dürfen, ohne gleich die gesamte Wissenschaft dieses Landes zu beleidigen. Es geht um Ihre Leistungen.
Wir wollen auch noch einmal festhalten: Ich habe kritisiert, dass Sie nicht in Zahlen beziffert haben - es geht dabei um Zahlen - den Umfang der Forschungsförderung. Es ist wirklich zwischen Forschungsförderung und Technologietransfer zu unterscheiden. Ich denke, dieser Unterschied sollte auch bei Ihnen angekommen sein. Es ist ein Unterschied, was die Technologiestiftung und was die TechnologieTransfer-Zentrale macht und was das Land an Forschungsmitteln vielleicht auch beim Bund und bei der EU einwirbt. Das ist ein großer Unterschied.
Wenn Sie Zahlen haben: Warum schreiben Sie die nicht in den Bericht hinein? Warum tun Sie das nicht? Warum verweisen Sie uns auf andere Auskunftsquellen, wenn wir wissen wollen - das war das Ziel -: Was passiert konkret in Schleswig-Holstein in der adulten Stammzellforschung?
Frau Fröhlich, ich teile ja Ihr Unbehagen gegenüber der embryonalen Stammzellforschung. Ich teile das sehr. Ich wäre Gott froh, wenn mit adulten Stammzellen die gleichen Therapieerfolge erzielt werden könnten. Es war auch die Absicht unseres Antrages, diesen Bericht abzufordern, um zu sehen, was hier in Schleswig-Holstein konkret passiert. Dabei ist das, was hierin steht, einfach zu wenig. Das haben wir bemängelt.
Im Übrigen, Frau Happach-Kasan, Sie haben einen großen Bogen hin zur Bundespolitik geschlagen; bei der EU waren Sie auch, PID kam darin ebenfalls vor, obwohl das mit diesem Thema nun gar nichts mehr zu tun hat. Ich würde mich wirklich freuen, wenn Sie endlich Ihren Platz im Bundestag einnehmen könnten,