Zweitens gebe ich bekannt, dass auf Wunsch der Fraktionen in der Mittagspause für Abgeordnete die Möglichkeit besteht, die Baustelle „neuer Plenarsaal“ zu besichtigen. Die Besichtigung findet unter fachkundiger Führung in der Mittagspause um 13:15 Uhr statt. Der Treffpunkt ist die Lobby vor dem Plenarsaal.
Die dritte Bemerkung ist: Die Regierung hat die von ihr beantragte Redezeit von zehn Minuten um fünf Minuten überschritten. Gemäß § 56 Abs. 6
- kein Grund zu Kommentierungen - ist die Regelung so, dass sich, wenn die Landesregierung die von ihr angemeldete Redezeit überschreitet, die Redezeit jeder Fraktion um die Dauer der Überschreitung verlängert. Die Überschreitungsdauer war fünf Minuten.
Ich eröffne jetzt die Aussprache. Das Wort für die Fraktion der CDU hat der Herr Abgeordnete Dr. Graf Kerssenbrock.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als der Minister seine Ausführungen begann und von der Flut sprach, habe ich gedacht, wir befänden uns im falschen Film. Das hat sich im Lauf der Rede ein bisschen gelegt. Das hat nämlich mit dem Thema eigentlich nichts zu tun.
Ich darf mit einem Zitat von Herrn Harig, dem e.onChef, beginnen. Er hat vollmundig am 8. März in der „Landeszeitung“ erklärt, der Wettbewerb funktioniere und man sei weit davon entfernt, dass wenige Unternehmen eine marktbeherrschende Stellung einnähmen.
Wenn das so vollmundig von einem der größten Player auf diesem Markt verkündet wird, dann müssen Kartellbehörden und auch Anhänger einer marktwirtschaftlichen Ordnung zumindest hellhörig werden. Wir sind hellhörig geworden. Auch deshalb haben wir diese Große Anfrage eingebracht.
Wettbewerb ist das Lebenselixier der sozialen Marktwirtschaft. Wo Wettbewerb fehlt, ist Raum für unfaire Machtvorsprünge, für Diskriminierungen und für Übervorteilungen. Wettbewerb war das zentrale Anliegen des Vaters der sozialen Marktwirtschaft, Ludwig Erhard, zu einer Zeit, zu der die Sozialdemokraten noch einer zentral verwalteten Planwirtschaft anhingen.
- Das mögen Sie nicht so gern hören. - Die Einführung eines effektiven Kartellrechts zum Schutz fairen Leistungswettbewerbs im Interesse einer größtmöglichen Auswahl, das heißt auch Freiheit - Auswahl ist auch Freiheit - für den Verbraucher zu bestmöglichen Preisen, das war das Ziel der sozialen Marktwirtschaft Ludwig Erhards. Das müssen wir natürlich auch in der Energiewirtschaft hinkriegen.
Schleswig-Holstein braucht niedrige Strompreise, um Standortnachteile auszugleichen. Eine der großen Leistungen unter Gerhard Stoltenberg ist gewesen,
Leider befinden wir uns jetzt auf dem Rückweg. - Es ist unangenehm, dass vorgehalten zu bekommen; aber das ist nun einmal so.
Wer allein das Marktvolumen in Schleswig-Holstein betrachtet, kann ermessen, welch gewaltige volkswirtschaftliche Bedeutung dieses Stück Freiheit, nämlich günstige Energiepreise, für alle SchleswigHolsteiner hat und wie wichtig wirklich funktionierender Wettbewerb auf diesem Sektor der Volkswirtschaft ist. Ich habe den Eindruck, dass dieses Problem - trotz oder auch wegen Ihrer Ausführungen, Herr Minister - von Ihrer Regierung und der rot-grünen Bundesregierung nicht ernsthaft als Problem wahrgenommen wird.
Am 22. August hat die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein in einem Flugblatt - eine Headline, eine Pressemitteilung war es wohl - verkündet: Die Strompreise steigen massiv. Die Liberalisierung für Haushaltskunden war ein Flop.
Wahr ist - Sie haben das verschämt durchaus eingeräumt -: Bis zum Jahr 2000 - das war noch die Politik der alten Bundesregierung, der Bundesregierung bis 1998 - waren die Strompreise für die Haushaltskunden um bis zu 14 % gesunken. Wahr ist aber auch, dass die Strompreise für die Sondervertragskunden - auch das haben Sie durchaus eingeräumt - in Schleswig-Holstein um 16 bis 26 % gestiegen sind, nicht gesunken, Herr Minister.
Zur Lösung des Problems fordern Sie nicht mehr Wettbewerb, sondern eine neue Behörde. Herr Hentschel hat das gefordert. Herr Malerius hat das vor ein paar Tagen auf einer gemeinsamen Veranstaltung gefordert. Sie haben es heute auch gefordert. Das geschieht nach dem Motto: Wenn du nicht mehr weiter weißt, gründe einen Arbeitskreis oder richte eine neue Behörde ein, hier eine Regulierungskommission. Das ist Ihre Politik.
Das heißt, Preiswettbewerb wird ernsthaft nicht hergestellt. Das heißt, den Menschen wird ins Portemonnaie gegriffen. Ich sage ganz deutlich: Wir brauchen keine fortschreitende Verrechtlichung der Marktbedingungen, sondern Rahmen, das heißt Schutzbedingungen für einen sich frei entfaltenden Wettbewerb. Darüber haben wir im Übrigen gestern sehr ausführlich diskutiert. Der Wirtschaftsminister hat uns Recht gegeben. Es ist das Dilemma Ihrer E
(Beifall bei CDU und FDP - Detlef Matthies- sen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schla- gen Sie vor, wie Sie es regeln wollen!)
Mit den Daten aus der Antwort auf die Große Anfrage kann man ermessen, welchen Nachteil es bedeutet, wenn rot-grüne Regierungen in Kiel und in Berlin unablässig dirigistisch in die Märkte zur Durchsetzung ihrer energiepolitischen Vorstellungen eingreifen. Das nennt sich dann nachhaltige Umweltpolitik. Im Namen einer nachhaltigen Umweltpolitik soll das passieren. Tatsächlich ist es purer Dirigismus.
Wir sagen ganz deutlich: Energiepolitik ist Wirtschaftspolitik und gehört nicht in die Hände von Ideologen, die im Namen von Umweltpolitik versuchen, umzudirigieren. Liberalisierung heißt auch Wettbewerb. Wenn man Liberalisierung will, auch die europäische Strommarktliberalisierung - wir wollen sie, die rot-grüne Bundesregierung will sie nicht, sie behindert sie auf europäischer Ebene auch -,
muss man Ja zum Wettbewerb sagen. Stattdessen machen Sie „Ö-Werk“, machen Sie Ökosteuer, machen Sie Anschluss- und Benutzungszwang und lassen das dann auch noch gerichtlich bestätigen. Das ist eine verhängnisvolle Politik in die falsche Richtung. Quotierungen, KWK, Netzausbaukosten, 600 Milliarden € Netzausbaukosten in Schleswig-Holstein, alles das soll zugunsten nicht grundlastfähiger, additiver Energieträger auf die Stromverbraucher abgewälzt werden. Eigentlich ist es gar nicht erforderlich, dass der Stromverbraucher das zahlen muss.
Das sind die Ursachen der Strompreiserhöhungen, die wir alle noch vor uns haben, die Sie alle noch vor sich haben. Der Verbraucher nimmt das bisher nicht ausreichend wahr, weil er das System nicht ausreichend versteht. Das ist wahr. Es muss erklärt werden. Dem dient natürlich auch diese Debatte hier.
(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Kerssenbrock, wenn Sie verstünden, wären wir ein Stück weiter!)
- Herr Kollege Matthiessen, Sie werden den Versuch unternehmen, uns die große Offenbarung zu verschaffen. Ich freue mich schon darauf.
Mit dieser Großen Anfrage wollten wir Kenntnisse über die Zahl und die Größen der Stromerzeuger und -versorger und das Marktvolumen haben. Das Marktvolumen ist in der Tat beträchtlich. Sie haben auf die Relation zur Gesamtrepublik verwiesen. Das Marktvolumen ist dennoch ganz beträchtlich. Es geht um 15,5 Milliarden kW/h bei 1,8 Millionen Kunden, allein in Schleswig-Holstein verkauft. Das ist ein gewaltiger Kuchen, über den wir uns hier unterhalten.
Wir wollten Fragen zur Rechtsform beantwortet bekommen und haben festzustellen, dass die Privatisierung richtigerweise auf dem Vormarsch ist, weil es die offenkundig rentablere Organisationsform ist. Wir haben feststellen können, dass es eine große Entwicklung auf dem Markt gegeben hat, insbesondere seit Sie die Regierung übernommen haben. Es sind viele kleine, aber auf Dauer kaum wettbewerbsfähige Energieversorger in den letzten Jahren entstanden, sodass wir im Moment eine große Vielheit haben. Deshalb werden wir die zukünftige Entwicklung umso sorgfältiger beobachten müssen. Wir werden zum Beispiel beobachten müssen, ob es eine Entwicklung zu einem regionalen Oligopol gibt. Das ist nach den Ergebnissen, die Sie jetzt veröffentlicht haben, erfreulicherweise nicht der Fall - ich sage einmal: noch nicht der Fall. Wir werden das Thema ernsthaft im Auge behalten müssen.
Immerhin haben wir bedeutende Fusionen hinter uns. Die Fusion zwischen HEIN GAS und SCHLESWAG AG hat ein beträchtliches Volumen.
Ich sage ganz offen: Wir als starke Befürworter und von den Vorzügen der sozialen Marktwirtschaft überzeugte Politiker werden diese Dinge sehr sorgfältig weiter im Auge behalten müssen. Ich kann nur hoffen, dass diese Regierung das auch tut.
Ich will an dieser Stelle einmal ein Wort an diejenigen richten, die die Antworten auf die Große Anfrage zusammengestellt haben. Ich weiß, dass es sich um eine Große Anfrage handelt, über die so in diesem Haus noch nicht diskutiert worden ist.
Ich sage vielen Dank an das Haus, dass die Daten so zusammengestellt worden sind, damit wir eine ordentliche Diskussionsgrundlage haben.
Ich will nun zu den Forderungen und Folgerungen kommen, die es aus dieser Großen Anfrage zu ziehen gilt.
Erstens. Sie haben es schon angesprochen, Herr Minister: Der Wettbewerb um den Endkunden findet bisher offensichtlich zu spärlich statt. Da ist zu wenig passiert. Nur 3 % haben bisher ihren Versorger gewechselt. Ich sage auch sehr deutlich - da unterscheiden wir uns -: Wir müssen an der Verbändevereinbarung selber weiter wirken. Da muss noch weiter gearbeitet werden, um den Netzzugang besser zu machen, um den Wettbewerb stärker stattfinden zu lassen.