Protocol of the Session on May 17, 2002

(Lars Harms)

Um die zukünftigen Offshore-Windenergieanlagen warten und bestücken zu können, wird es notwendig sein, einen Versorgungshafen an der Westküste zu etablieren. In Frage kommt Esbjerg, weil dort vieles schon vorhanden ist, sowie Husum aufgrund seiner Nähe zu den einzelnen Standorten und wegen der Betriebe, die schon in Husum ansässig sind. Brunsbüttel spielt hinsichtlich der Versorgungshäfen keine Rolle, da es standortfern liegt.

Wenn wir sowohl die Firmen als auch die Arbeitsplätze in und um Husum erhalten wollen, müssen wir auch die infrastrukturellen Voraussetzungen dafür schaffen. Das heißt, das Land muss hier finanzielle Unterstützung leisten. Meiner Meinung nach ist dieses Projekt landespolitisch so wichtig, dass auch eine erhöhte Förderung aus dem Regionalprogramm gerechtfertigt wäre.

(Beifall der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW])

Zur Bauwirtschaft wird im Bericht erwähnt, dass der Wirtschaftsminister mit den Verbänden der Bauwirtschaft ein Fünfpunkteprogramm verabschiedet hat. Unter anderem wird dabei auf die Einhaltung der Tarifbestimmungen abgehoben. Dies unterstützen wir natürlich, wie wir schon bei der Beratung zum Tariftreuegesetz deutlich gemacht haben.

Interessant ist aber, dass im Fünfpunkteprogramm auch darauf hingewiesen wird, dass die VOB in der Vergabepraxis eingehalten werden soll. Im Umkehrschluss heißt dies: Sie wird derzeit nicht eingehalten bzw. die Möglichkeiten, die sie bietet, werden nicht ausgeschöpft. Genau hier ist genau der Haken. Es fehlt immer noch an der festen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage, um beispielsweise in Ausschreibungen qualitative Anforderungen zu stellen. Bevor der ausschreibende öffentliche Auftraggeber das Risiko eingeht, vergaberechtlich angreifbar zu sein, verzichtet er lieber auf Qualität. Und genau das schadet den heimischen Baubetrieben, die diese Qualität durchaus bieten können.

(Beifall der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW])

In unserem Vergabegesetz - nun bin ich wieder beim Thema -, das wir letztes Jahr eingebracht haben, wollen wir die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage dafür schaffen, dass in Zukunft problemlos Qualität in Ausschreibungen eingefordert werden kann. Wenn wir das Vergabegesetz beschließen, können wir der Bauwirtschaft auch schnell helfen, zumindest einige Probleme aus dem Weg zu schaffen, und wir können eine der wichtigsten Forderungen aus dem Fünfpunkteprogramm umsetzen. Das ist etwas, was wir auf Landes

ebene wirklich eigenständig regeln können und regeln sollten.

(Beifall der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW])

Eigentlich wollte ich nun noch auf einen Bereich eingehen, der den Weg aus der wirtschaftlichen Misere zeigen sollte. Immerhin liegen wir mit 0,2 % Wirtschaftswachstum ziemlich am Ende der westdeutschen Bundesländer und da kann Hoffnung ja nicht schaden. Ich habe deshalb - vor dem Hintergrund der in der Regierungserklärung der Ministerpräsidentin angekündigten Wellness-Offensive - die zwei Seiten zur Gesundheitswirtschaft aufgeschlagen, habe allerdings außer dem Logo der Gesundheitsinitiative SchleswigHolstein und einem Schaubild über die Kernsektoren der Gesundheitswirtschaft nicht viel gefunden.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Ich auch nicht!)

Ich denke, hier fehlt einiges. Die Landesregierung sagt, dass sie hier durchaus Perspektiven erarbeitet hat und die Nummer eins sei. Da stellt sich für mich die Frage: Warum stellt sie dies nicht dar?

Natürlich ist auch wichtig, was in den letzten Monaten geschehen ist - das zieht sich durch den gesamten Bericht -, aber noch wichtiger ist, was in den nächsten Monaten geschehen wird, um den erhofften Wirtschaftsaufschwung in die Wege zu leiten.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Nichts!)

Daher möchte ich vorschlagen, den Wirtschaftsbericht im allgemeinen Teil ein wenig abzukürzen, um näher auf die angekündigten zukunftsträchtigen Wirtschaftsbereiche und die entsprechenden Aktivitäten der Landesregierung einzugehen. Der nächste Wirtschaftsbericht sollte daher die Schwerpunkte Life Science, Neue Energien, IT und Elektronik, Lebensmittelverarbeitung und Biotechnologie sowie Gesundheitswirtschaft haben. Denn da gebe ich Frau Ministerpräsidentin Simonis Recht: Wichtig sind vor allen Dingen die Investitionen in die Zukunft.

(Beifall bei SSW und SPD)

Mir liegt noch eine Wortmeldung zu einem Kurzbeitrag vor. Nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich dem Herrn Abgeordneten Ritzek das Wort.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Harms, Sie haben mit Recht darauf hingewiesen, dass es sich um einen umfangreichen Bericht handelt.

(Manfred Ritzek)

Ich ergänze: Der Bericht ist mangelhaft, unvollständig und falsch.

(Beifall bei der CDU)

In der Kürze der Zeit kann ich das nur an einigen Punkten beweisen, hätte aber ein Vielfaches davon nennen können.

Sie publizieren freudig einen positiven Saldo von Betriebsgründungen und Insolvenzen, und zwar mit etwa 2.779 Unternehmen. Es wäre hochinteressant, von Ihnen zu erfahren, welche Beschäftigtenzahlen sich dahinter verbergen. Wir haben heute gerade in der Zeitung gelesen, dass eine weitere Insolvenz 80 Arbeitslose nach sich zieht.

Für die Ernährungswirtschaft werden auf Seite 12 19.060 Beschäftigte genannt, auf Seite 14 aber nur 19.000. Das heißt: 60 sind entweder während des Schreibens des Berichts entlassen worden oder Sie haben unpräzise gearbeitet.

Auf Seite 10 gibt es einen Nettoeffekt bezüglich des Gründungsklimas von 9,969 Gründungen pro 1.000 Einwohnern. Auf Seite 31 sind es aber nur 9,969 Neugründungen pro 10.000 Einwohnern. Was ist denn nun die richtige Zahl? Das muss man sich wirklich fragen.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU - Zurufe von der CDU)

Auch die Zahl der Betriebsgründungen im Durchschnitt der ersten elf Monate - Dezember war nicht verfügbar - von 2,23 pro 1.000 Einwohnern kann nur falsch sein; denn wenn Sie das auf unsere Einwohner von 2,7 Millionen hochrechnen, dann kommen Sie auf über 6.000 Neugründungen. Sie sprechen in dem Bericht aber nur von 4.422.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

So könnte ich ein Vielfaches an großen Mängeln aufzählen. Deshalb die Frage: Welches Vertrauen soll man in diesen schriftlich niedergelegten Bericht haben? Auch Sie, Frau Ministerpräsidentin, haben ihn durch Ihre Ausführungen nicht ein bisschen verbessert.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Ich verspreche Ihnen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, dass Sie im Jahre 2005 einen hoch qualifizierten Wirtschaftsbericht bekommen werden, wenn wir als CDU in diesem Land die Regierungsverantwortung übernommen haben werden.

(Beifall bei der CDU - Holger Astrup [SPD]: Das ist in Ordnung!)

Das Wort hat jetzt der Minister für Wirtschaft, Technologie und Verkehr, Herr Professor Rohwer.

(Zuruf des Abgeordneten Holger Astrup [SPD])

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Regierung hat noch drei Minuten. In der bisherigen Debatte ging so viel durcheinander, dass ich glaube, dass doch einiges richtig gestellt werden muss.

(Lachen bei der CDU)

Ich glaube, dass wir das vor allem auch der Wirtschaft schuldig sind.

Herr Kayenburg, das, was Sie gesagt haben, kann man auch gegenüber unseren Unternehmen so nicht stehen lassen. Die Befragung durch die IHKs - wenn Sie sie genau nachgelesen haben

(Martin Kayenburg [CDU]: Habe ich!)

ergibt, dass 85 % der befragten Unternehmen den Standort des IHK-Bezirks Kiel insgesamt als gut oder befriedigend beurteilen. Wie können Sie jetzt sagen, dass der Standort insgesamt noch mit gerade befriedigend beurteilt wird? Das ist völlig widersprüchlich, kann man also so nicht stehen lassen.

Sie sagen, die Landesregierung habe kein Konzept. Ich meine, ich bin es gewohnt, dass Sie unsere Konzepte nicht lesen. Ich glaube, ich muss unsere Konzepte nicht alle aufzählen: unser Bahnkonzept, unser Tourismuskonzept, unser Konzept für die Bauwirtschaft, unser Konzept für die Außenwirtschaft, unser Konzept für die Konversion, unser Konzept für die maritime Wirtschaft. Einiges davon liegt bei Ihnen in den Schränken, nur, Sie lesen das nicht.

Dann frage ich Sie einmal: Wo ist eigentlich die CDU wirtschaftspolitisch geblieben? - Sie sind abgetaucht, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD und des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Ich habe seit zwei Jahren in den Debatten von Ihnen keine einzige Idee gehört. - Frau Aschmoneit-Lücke, dass Sie an dieser Stelle klatschen, finde ich nett; allerdings in Ihrer Rede habe ich, bezogen auf Schleswig-Holstein, neben allgemeinen Dingen auch nichts Besonderes gehört. Das würde mich auch einmal in

(Minister Dr. Bernd Rohwer)

teressieren: Wo ist eigentlich Ihre Idee, Herr Garg, Frau Aschmoneit-Lücke?

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Ich wollte einmal freundlich zu Ihnen sein!)

- Ja, das ist ja nett. Ich frage Sie das trotzdem - wir reden doch heute auch ein bisschen über Grundsätze -: Wo sind die neuen Ideen?

(Zuruf des Abgeordneten Uwe Eichelberg [CDU])

Was die Bundesebene angeht, haben wir ein paar Gemeinsamkeiten, die ich gleich ansprechen möchte.