Protocol of the Session on May 17, 2002

Jahr einen erfolgreichen Börsengang gemacht hat, dass eine Firma wie Famatic Biotech Energie Weltmarktführer im Biotechbereich ist - aus Nortorf - 2001 erfolgreich an die Börse gegangen, dazu gratuliere ich. Das zeigt, dass Schleswig-Holstein auf dem Sektor regenerative Energien etwas vorzuweisen hat und dass der Weg, den wir in diesem Sektor eingeschlagen haben, erfolgreich ist und fortgesetzt werden muss.

(Vereinzelter Beifall bei SPD und SSW)

Meine Damen und Herren, gucken wir uns an, was Wirtschaftspolitik tatsächlich bedeutet. Das sind keine Sprechblasen, die hier losgelassen werden. Ich weiß, die CDU hat zu dem Cluster-Konzept des Ministers nichts zu sagen. Sie kommt mit Allgemeinplätzen und sagt: Wir wollen mehr Lehrer, wir wollen mehr Investitionen, wir wollen weniger Schulden; dann geht es dem Land besser. - Nur, wie man weniger Schulden kriegt, wenn man gleichzeitig mehr Lehrer und mehr Investitionen haben will, und wie man das Ganze auch noch bezahlen soll - und das in einer Situation, in der die Steuereinnahmen einbrechen -, das verraten Sie uns leider nicht, Herr Kayenburg.

(Beifall bei der SPD - Wolfgang Kubicki [FDP]: Doch, weniger Grüne!)

Auch vonseiten der FDP habe ich nichts weiter gehört als Sprüche, keine Konzepte! Ihre Hauptforderung in Bezug auf die Wirtschaftspolitik Schleswig-Holsteins - man höre und staune - ist nicht etwa, dass Sie sagen, das Cluster-Konzept des Ministers müsse noch besser gestaltet werden, oder dass Sie ein anderes Konzept hätten, ein besseres Wirtschaftskonzept. Nein! Ihre Forderung ist: Rot-Grün muss weg. Dann geht es uns besser.

(Lebhafter Beifall bei CDU und FDP)

So ein Konzept ist kein Konzept der wirtschaftspolitischen Kompetenz. Das ist ein Konzept der aufgeblasenen Backen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Was wir auch nicht wollen, ist Speziwirtschaft, wie wir sie in den letzten Jahren in Bayern erlebt haben Abzockerei nach Strich und Faden mithilfe der Bundesregierung bei den Förderprogrammen der Europäischen Union und der Gemeinschaftsaufgaben, und zwar in Regionen, die relativ wenige Arbeitslose haben, Förderprogramm noch und nöcher akquiriert und mit staatlichen Subventionen und staatlichen Kreditprogrammen Firmen gefördert - ich erinnere nur an die 2 Milliarden beim Kirch-Konzern -, staatliche Bürg

(Karl-Martin Hentschel)

schaften verabreicht. Eine solche Speziwirtschaft wollen wir nicht!

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Schleswig-Holstein hat eine kleinstrukturierte Wirtschaft. Wenn Sie über die Probleme mit dem Mitbestimmungsgesetz reden, Frau Aschmoneit-Lücke, dann müssen Sie auch dazu sagen: 99 % der Betriebe von Schleswig-Holstein sind davon überhaupt nicht betroffen.

(Beifall der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW])

Wir haben überwiegend Kleinbetriebe. Diese Betriebe haben ganz andere Probleme als die von Ihnen beschriebenen.

Es ist doch interessant, dass Ihre Analyse im Wesentlichen auf die Bundespolitik abhebt und dass Sie zur schleswig-holsteinischen Wirtschaftspolitik praktisch nichts gesagt haben. Sie haben zur Politik des Ministers praktisch nichts gesagt - außer, dass Sie ihn ablösen wollen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sie haben doch selbst gesagt, er kann gar nichts ausrichten!)

Ich glaube - und damit komme ich zum Schluss -, dass die Wirtschaftspolitik Schleswig-Holsteins, die Wirtschaftspolitik von Minister Rohwer, eine Politik ist, die sehr genau auf die Bedürfnisse der kleinen und mittleren Betriebe ausgerichtet ist. Das sind 98 % der Unternehmen im Lande.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Die von den Gutachtern vorgeschlagene Konzentration auf fünf Kompetenzcluster soll Akquisitionserfolge bringen. Wir sehen eine solche Clusterbildung in einem Land wie Schleswig-Holstein als sinnvoll an. Es geht bei den Wirtschaftsbranchen aber auch um regionale Verteilung. Wir werden daran arbeiten. Es gibt nichts - da bin ich durchaus Ihrer Meinung -, was nicht besser gemacht werden kann. Wirtschaftspolitik bedarf ständiger Optimierung. Sie sind gern eingeladen, dabei zu helfen. Wenn Sie nicht nur Ihre Backen abblasen, sondern zu konkreten Vorschlägen kommen, sind Sie dazu gern eingeladen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Ich erteile dem Herrn Abgeordneten Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erst einmal möchte ich mich beim Wirtschaftsministerium dafür bedanken, dass wir einen solch umfangreichen Bericht erhalten haben.

(Beifall bei SSW und SPD)

Der Bericht - das möchte ich bei meiner Rede bedenken - zeigt die Vielschichtigkeit der Probleme, aber auch die Chancen der Wirtschaftspolitik des Landes.

Zu Anfang möchte ich auf die Grundvoraussetzung, die für eine gute wirtschaftliche Entwicklung notwendig ist und die durch das Land beeinflusst werden kann, eingehen: die Verkehrspolitik. Ohne eine vernünftige Anbindung an das europäische Verkehrsnetz können all die anderen Maßnahmen nur sehr begrenzt greifen.

Die Qualität der Verkehrspolitik hat aber auch etwas mit der richtigen Verteilung von Ressourcen zu tun beziehungsweise mit der richtigen Schwerpunktsetzung. Der größte verkehrspolitische Flop war sicherlich die Entscheidung für den Ausbau der Startbahn des Flughafens Kiel-Holtenau auf 1.799 m plus 300 m Overrun.

(Beifall beim SSW)

Diese Entscheidung führt dazu, dass riesige Finanzmittel gebunden werden, die anderen Projekten nicht zugute kommen können. Das an sich, Herr Kollege Garg, wäre, wenn es an notwendigen Projekten oder Ideen hierzu fehlen würde und das Holtenau-Projekt sinnvoll wäre, nicht so gravierend. Was aber noch schlimmer wiegt, ist die Tatsache, dass die derzeit von Kiel aus fliegende Fluggesellschaft Cimber Air mitgeteilt hat, dass für sie eine Startbahnverlängerung nicht notwendig sei, dass man mit den derzeit eingesetzten Flugzeugtypen auch weiterhin fliegen wolle. Begründet wird dies mit wirtschaftlichen Erwägungen, Herr Kollege. Wenn es sich für die hier derzeit fliegende Fluggesellschaft also nicht lohnt, die längere Bahn auszunutzen, für wen oder was dann?

Was sich auf jeden Fall feststellen lässt, ist, dass sich die Anbindung der hiesigen Geschäftswelt auch im bestehenden Rahmen ohne Schwierigkeiten sichern lässt. Die Flughafenentscheidung der rot-grünen Landesregierung ist damit eine krasse Fehlentscheidung.

Kommen wir nun zu den Schienenanbindungen. Hier kann man feststellen, dass die Landesregierung wirklich zukunftsorientiert handelt und möglich macht, was ermöglicht werden kann. Das sind zum einen die Verbesserungen der Schieneninfrastruktur, die dazu führen, dass wir dem integralen Taktfahrplan immer näher kommen. Das sind zum anderen aber auch die

(Lars Harms)

effizient eingesetzten Regionalisierungsmittel, mit deren Hilfe wir immer wieder Defizite, die uns die Deutsche Bahn AG beschert, ausgleichen können.

(Unruhe)

Ich bitte um etwas mehr Ruhe. Der Geräuschpegel ist sehr hoch.

Besonders wichtig ist für uns, dass unsere politische Forderung nach Trennung von Netz und Betrieb im Bahnbereich Wirklichkeit wird. Nur bei einem fairen Wettbewerb auf der Schiene erreichen wir die Effekte, die wir haben wollen. Hier sind wir mit der Landesregierung völlig einig.

Aus regionaler Sicht will ich aber noch zwei Dinge gesondert ansprechen. Die Verkehrsverbindungen über Flensburg nach Norden sind in den vergangenen Jahren immer schlechter geworden. Ein überregionaler Zug nach dem anderen wird gestrichen. Es muss das besondere Landesinteresse sein, die schienengebundenen Verkehre über Flensburg nach Norden zu erhalten und auszubauen.

In Ostdeutschland hat man den InterRegio-Verkehr zwischen Gera und Rostock länderübergreifend ausgeschrieben und so eine Strecke erhalten können, die anscheinend auch wirtschaftlich ein Erfolg zu werden scheint. Dieses Modell sollten wir uns einmal näher ansehen.

Die zweite regional wichtige Bahnverbindung ist die zwischen Niebüll und Esbjerg. Nachdem die dänische Seite ihre Verkehre ausgeschrieben und die britische Gesellschaft Arriva das Rennen gemacht hat, ist es wichtig, dass das kleine Stück zwischen Niebüll und Tondern ebenfalls befahren wird. Die Signale, die aus Dänemark und von der Landesregierung kommen, lassen hoffen, dass wir eine ganzjährige Verbindung hinbekommen könnten. Nach den erfolgreichen Anfängen der NVAG mit ihren Sommerverkehren könnten wir es nun wieder schaffen, zwei Regionen, die zusammengehören, miteinander zu verbinden. Das möchte ich ausdrücklich begrüßen.

Nach der Erfolgsstory im Bereich Schiene nun wieder zum Sorgenkind Straße. Aus Sicht des SSW hat sich die Landesregierung bisher zu sehr auf die Fehmarnbelt-Querung als wichtigstes Projekt konzentriert. Ich bin natürlich auch etwas ungeduldig, denn ich weiß, dass die westliche Elbquerung riesige Chancen für die Westküste und für den nördlichen Landesteil in sich birgt.

(Beifall beim SSW)

In der Vergangenheit haben wir unsere Planungen immer wieder verschieben müssen. Das hing sicherlich auch mit der Uneinigkeit zwischen den beteiligten Bundesländern zusammen. Von daher begrüßt der SSW ausdrücklich die am letzten Dienstag von der Landesregierung getroffene grundsätzliche Entscheidung für eine Elbquerung der A 20 bei Glückstadt. Jetzt geht es darum, die finanziellen Voraussetzungen dafür zu schaffen und das Projekt auch auf Bundesebene abzusichern. Hier muss die Landesregierung schnell handeln, damit endlich eine Perspektive hinsichtlich der Elbquerung sichtbar wird.

Das ist selbstverständlich auch eine Aufforderung meinerseits an diejenigen, die am 22. September von Schleswig-Holstein in den Bundestag entsandt werden wollen.

(Beifall beim SSW und Zuruf des Abgeord- neten Peter Jensen-Nissen [CDU])

- Herr Kollege Jensen-Nissen, Sie wollen doch auch gewählt werden. Ich weiß schon, warum ich das sage. Das ist schon richtig.

Erst, wenn wir dieses Projekt in Sack und Tüten haben, können wir uns um so unsichere Projekte wie die Fehmarnbelt-Querung kümmern. Ich verhehle allerdings nicht, dass ich der Fehmarnbelt-Querung eher kritisch gegenüberstehe. In dem Zusammenhang möchte ich auf eine der in den letzten Jahren wichtigsten Branchen überleiten: die Windenergie.

Gerade an der Westküste hat die Produktion von Windenergieanlagen - darauf hat Kollege Hentschel schon hingewiesen - einen solchen Boom hervorgerufen, wie wir ihn in den letzten Jahrzehnten in keiner Branche erleben konnten.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Damit sich diese Branche ihren Bedürfnissen entsprechend weiterentwickeln kann, könnte es notwendig werden, eine entsprechende Seeanbindung zu schaffen. Dies sage ich vor allem vor dem Hintergrund der Offshore-Windnutzung, aber auch möglicher Exportchancen, die sich bieten könnten.

In Husum haben sich inzwischen drei große Anbieter von Windenergieanlagen angesiedelt und maßgeblich dazu beigetragen, dass es rund um Husum wirtschaftlich bergauf geht. Allein in den letzten rund zehn Jahren wurden hier über 1.000 Arbeitsplätze durch die Windbranche geschaffen, für eine strukturschwache Region wie Nordfriesland eine enorme Entwicklung.

(Lars Harms)