Ich will auf den Antrag der Regierungsfraktionen hinweisen. Verdrängungseffekte - das hat die Innenministerkonferenz festgestellt - wurden in diesem Bereich nicht festgestellt. Das heißt, diese Anmerkung in Ihrem Antrag ist völlig unnötig. Auch ein Rückgang der Rauschgiftkriminalität ist festzustellen.
- Doch, Herr Kollege Kubicki! Für die Rauschgiftkriminalität gilt etwas anderes, aber für den Bereich der Kfz-Diebstähle, Einbrüche, Taschendiebstähle gab es keine Verdrängungseffekte. Das ist an dieser Stelle festgestellt worden.
(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Das ist be- schlossen worden von den Innenministern! Damit ist es nicht festgestellt!)
Wenn wir heute in den „Lübecker Nachrichten“ die Ergebnisse der aktuellen Sicherheitsstudie über Lübeck lesen, stellen wir fest: Die Bürgerinnen und Bürger haben in bestimmten Räumen Angst, die nicht bewacht sind, die besonders gefährdet sind. Herr Hüttmann hat ja ganz klar erklärt: Durch zusätzliche Bestreifungen sind diese Bereiche überhaupt nicht abzudecken. Deswegen gibt es Handlungsbedarf für Schleswig-Holstein. Deswegen sollten wir uns an dieser Stelle aufgeschlossen zeigen, an Kriminalitätsbrennpunkten Gefährdungen abzubauen und die öffentliche Sicherheit in unserem Land zu erhöhen.
Die Videoüberwachung - so fasse ich zusammen - ist kein Allheilmittel, aber sie ist im Verbund mit anderen polizeilichen Maßnahmen sehr geeignet, die öffentliche Sicherheit in Schleswig-Holstein zu erhöhen. Die Kriminalitätsrate gibt überhaupt keinen Anlass, gerade im Bereich der Massendelikte, zur Ruhe und dazu, dass wir uns zurücklehnen, sondern dass wir handeln. Das erwarten alle rechtstreuen Bürgerinnen und Bürger von dem Parlament und von der Regierung ihres Bundeslandes.
Die Anordnung der Videoüberwachung bedarf klarer gesetzlicher Grundlagen, sowohl zum Schutz der Betroffenen als auch der handelnden Beamten. Hierfür bildet unser Antrag eine verlässliche Grundlage. Nicht „Big Brother“ im rechtsfreien Raum, sondern ernsthafte und ernst zu nehmende Gefahrenabwehr zum Schutz unseres Gemeinwohls! In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine Vorbemerkung, Herr Dr. Wadephul! Gucken Sie sich den Innenminister an. Er ist sportlich und kernig. Er braucht keine rot-grünen Korsettstangen.
(Beifall bei SPD, CDU, F.D.P. und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN - Klaus Schlie [CDU]: Den muss man einstellen! Da darf man nicht kürzen!)
Mit diesem Satz, Herr Kollege Schlie, werde ich zum Thema Videoüberwachung in der „SchleswigHolsteinischen Landeszeitung“ vom 23. Mai des Jahres zitiert. Die Begründung für meine These hatte der CDU-Kollege Geißler bereits in den „Lübecker Nachrichten“ vom 4. April vorab geliefert mit dem Satz: „Big Brother raubt dem Bürger Freiheit.“
Der Kollege Geißler hat in seinem persönlichen Artikel in den „Lübecker Nachrichten“ richtig gesagt, dass es absurd sei, es handele sich bei der Videoüberwachung nur um eine Fortsetzung der Beobachtung durch das menschliche Auge mit anderen Mitteln. Der Kollege Geißler hat auch Recht, wenn er sagt:
„Moderne Videokameras verfügen über die Eigenschaften der Ausschnittvergrößerung, des Standbildes, der Zeitlupe; mithilfe der Zoomtechnik lässt sich jede mimische Regung, jede Lippenbewegung dokumentieren und entschlüsseln. Auch der rechtstreue Bürger gerät ins Visier der Kameras und er kann nicht erkennen, ob der Polizeibeamte am Monitor diese Mittel rechtmäßig oder auch unter Verstoß gegen Ausführungsbestimmungen einsetzt. Nicht zuletzt deshalb befürchten Polizeigewerkschaftler den Verlust eines Teils des Vertrauens, den sich unsere Polizei in der Bevölkerung erworben hat und von dessen Bestand der Erfolg ihrer Arbeit mit abhängt.“
Der Kollege Geißler zitiert schließlich zu Recht auch die - wie er sagt - „denkwürdigen Sätze des Bundesverfassungsgerichts“, die da lauten:
„Wer nicht mit hinreichender Sicherheit überschauen kann, welche ihn betreffenden Informationen in bestimmten Bereichen seiner sozialen Umwelt bekannt sind, und wer das Wissen möglicher Kommunikationspartner nicht einigermaßen abzuschätzen vermag, kann in seiner Freiheit wesentlich gehemmt werden, aus eigener Selbstbestimmung zu planen oder zu entscheiden. Mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung wäre eine Gesellschaftsordnung
und eine diese ermöglichende Rechtsordnung nicht vereinbar, in der Bürger nicht mehr wissen können, wer was wann und bei welcher Gelegenheit über sie weiß.“
Meine Damen und Herren, mit den Gründen des CDUKollegen Geißler sind wir gegen den vorliegenden CDU-Antrag.
Teil eins Ihres Antrages, meine Damen und Herren von der CDU, gibt fast wortgleich den Beschluss der Innenministerkonferenz wieder. Sie sind darauf eingegangen, Herr Dr. Wadephul. Das müssen wir hier nicht noch einmal beschließen. Der Beschluss der Innenministerkonferenz entspricht nämlich unserer schleswig-holsteinischen Rechtslage.
(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Genau! - Beifall der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
„Zweifellos kann - wie dies die Innenministerkonferenz am 4./5. Mai festgestellt hat Videoüberwachung in Einzelfällen geeignet sein, polizeiliche Aufgaben der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung zu unterstützen. Hierzu enthält das schleswig-holsteinische Landesverwaltungsgesetz eine ausreichende gesetzliche Grundlage.“
Meine Damen und Herren, insbesondere den letzten Teil des CDU-Antrages lehnen wir dezidiert ab. Wir sind gegen eine Änderung der derzeit in SchleswigHolstein geltenden und erfreulicherweise auch nur behutsam praktizierten rechtlichen Regelung im Landesverwaltungsgesetz. Wir sind insbesondere gegen die von der CDU vorgeschlagene und unserer Meinung nach unangebrachte Verschärfung der Vorschriften durch erweiterte und intensivierte Aufzeichnungsmöglichkeiten.
Stattdessen schlagen wir vor, bei künftigen Änderungen des Bundesdatenschutzgesetzes und gegebenenfalls unseres Landesdatenschutzgesetzes die Anregung
der Datenschutzkonferenz des Bundes und der Länder vom 14./15. März dieses Jahres aufzunehmen. Auch die Datenschutzbeauftragten haben in einer Entschließung darauf hingewiesen, dass der zunehmende Einsatz von Videokameras zu einer Überwachungsinfrastruktur führen könnte. Die Videoüberwachung berührt nun einmal das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und die Ungewissheit darüber, ob und zu welchem Zweck überwacht wird, erzeugt einen latenten Anpassungsdruck und beeinträchtigt die grundrechtlich verbürgte individuelle Entfaltungsmöglichkeit und das gesellschaftliche Klima.
Die sorgfältige Abwägung aller Rechtsgüter, die behutsame und verhältnismäßige Anwendung der vorhandenen rechtlichen Möglichkeiten zur Videoüberwachung im öffentlichen Raum ist und bleibt der richtige Weg. Das ist unsere Auffassung. Wir lehnen den CDU-Antrag ab und bitten um Zustimmung zum rot-grünen Antrag.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit Wochen tobt in der deutschen Öffentlichkeit die Auseinandersetzung um die Fernsehsendung „Big Brother“. Eben wurde auch schon wieder darauf eingegangen. Kirchen, Medienanstalten, Politiker - die Entrüstung ist groß: Menschen werden ihrer Privatsphäre beraubt, werden zu einem bloßen Beobachtungsobjekt degradiert.
Welch ein Unterschied zur Diskussion um die Überwachung von öffentlichen wie privaten Plätzen! Die Überwachungskameras erzeugen anscheinend bei vielen Bürgerinnen und Bürgern ein Gefühl von Sicherheit, allenfalls am Rande ist Kritik zu hören.
Bei näherer Betrachtung verwundert dies ein wenig. Losgelöst von der Frage, wie jeder Einzelne von uns zu dieser Sendereihe steht, ist klar: „Big Brother“ hat eindeutige Spielregeln. Allen Mitspielern ist bekannt, dass Kameras das Geschehen aufzeichnen. Niemand wird gezwungen, sich diesen Bedingungen auszusetzen.
Und wie ist es nun bei der Videoüberwachung? In Kaufhäusern, Einkaufspassagen oder an Verkehrsknotenpunkten erwartet man geradezu, dass Überwachungskameras eingesetzt werden. Aber auf öffentlichen Plätzen, in Parks, in einer beliebigen Straße -