Protocol of the Session on March 22, 2002

Landtagsbeschluss vom 13. Dezember 2001 Drucksache 15/1393

Bericht der Landesregierung Drucksache 15/1486

Für die Landesregierung erteile ich zunächst dem Minister für Finanzen und Energie, Herrn Möller, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, Ihnen nunmehr, nach einigen vergeblichen Anläufen, den Bericht zur Lage der VBL geben zu können. Ich denke, der Ihnen vorliegende schriftliche Bericht stellt detailliert dar, warum die bisherige Form der Zusatzversorgung nicht beibehalten werden konnte, ohne die Arbeitgeber über Gebühr zu belasten. Eine an den Grundsätzen der Beamtenversorgung ausgerichtete Gesamtversorgung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes hätte zu einem Defizit von sage und schreibe maximal 7,7 Milliarden € geführt.

In dem Bericht werden die drei Ursachen der Defizitentwicklung aufgezeigt:

Durch die Besonderheiten der Rentenberechnung bei der VBL ist die Höhe der Zusatzversorgung von einer Reihe von externen Bezugssystemen abhängig. Dazu gehören die Beamtenversorgung, die gesetzliche Rente, das Steuerrecht und das Beitragsrecht in der Sozialversicherung. Die verringerten Steuer- und Sozialversicherungsabgaben führten daher automatisch zu einer höheren VBL-Rente. Hauptproblem ist allerdings die entgegengesetzte Entwicklung der Zahl der Pflichtversicherten im Hinblick auf die Zahl der Rentenversicherten. Immer weniger Beitragszahler müssen eine steigende Zahl von Rentenempfängern finanzieren. Lag die Quote 1990 noch bei 2,49 : 1, so betrug die Quote schon 10 Jahre später 1 : 1,8. Außerdem drohten durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts weitere erhebliche Leistungssteigerungen.

Beiden Tarifpartnern, Arbeitgebern und Gewerkschaften, war klar, dass die Beseitigung der aufgezeigten Strukturschwächen eine grundlegende Neuordnung der Zusatzversorgung erforderlich machte. Seit März 2001 führten die Vertragsparteien daher intensive, schwierige Verhandlungen, die am 13. November 2001 mit der Vereinbarung des Altersvorsorgeplans 2001 abgeschlossen wurden.

Der neue Tarifvertrag hat eine Laufzeit bis zum 31. Dezember 2007 und bietet dadurch für alle Beteiligten eine sichere Basis zur Berechnung der jeweiligen Personalhaushalte. Die neue VBL-Rente ist eine Betriebsrente und orientiert sich nunmehr am Lebensarbeitseinkommen. Sie ähnelt in ihrer Berechnung der Ermittlung der gesetzlichen Rente. Ich denke, auch das ist konsequent. Auf der einen Seite entfallen unter anderem die Halbanrechnung gesetzlicher Rentenzeiten, die nicht im öffentlichen Dienst stattfanden, und die Nettolohnbezogenheit. Das bedeutet Leistungsverzicht in einem Volumen von ungefähr 20 %. Ich denke, dies tarifvertraglich zu vereinbaren, ist beachtlich. Auf

(Minister Claus Möller)

der anderen Seite können durch die Systemumstellung nun auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes eine zusätzliche privat kapitalgedeckte Altersversorgung aufbauen und die steuerlichen Förderungsmöglichkeiten nach dem Altersvermögensgesetz, bekannter als Riester-Rente, in Anspruch nehmen.

Das neue System ist wesentlich transparenter und sowohl für die Arbeitnehmer als auch für Personaldienststellen leichter zu handhaben. Natürlich haben die Gewerkschaften dem neuen System, das langfristig ein Leistungsniveau unter dem bisherigen Zusatzversorgungsniveau bedeutet, nicht ohne Zugeständnisse der Arbeitgeber zugestimmt. Die Arbeitgeber haben sich verpflichtet, neben dem bisher schon geltenden Umlagesatz von 6,45 % des Entgelts steuerfreie Sanierungsgelder von 2 % zur Deckung des Fehlbetrags zu leisten. Zusammen mit dem Arbeitnehmeranteil ergibt das einen Umlagesatz von 9,86 %.

Die zusätzlichen finanziellen Belastungen sind für das Land und gerade auch für die kommunalen Körperschaften kaum zu verkraften. Die Erhöhung der Umlage wird das Land Schleswig-Holstein 7,4 Millionen € pro Jahr Kosten. Erhebliche Kosten fallen in den Universitätskliniken an. Die Kostensteigerungen im Hochschulbereich werden von uns aufgefangen.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Denn hier haben wir ja mit einer Zielvereinbarung gesagt: 50 % der Tariferhöhung, ja. Die neuen unvorhergesehenen Kosten sollen aufgefangen werden. Eine Gegenfinanzierung erfolgt bei den Personalkosten aller Ressorts. Dies ist ein weiterer Beitrag, um den Hochschulen den nötigen Raum für qualifizierte Forschung und Lehre zu geben. Ich denke, es ist ausgesprochen solidarisch, dass die anderen Ressorts diese Mehrkosten erwirtschaften wollen.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Meine Damen und Herren, bei der Gesamtbetrachtung des Ergebnisses müssen wir wissen, dass ohne Änderung des Systems bereits im nächsten Jahr ein Umlagesatz von 11,5 % gedroht hätte. Die finanziellen Belastungen wären insgesamt stärker gestiegen, als sie nun durch die Änderung des Tarifvertrags steigen. Nur durch diesen radikalen Schnitt mit den drei Komponenten Leistungsverzicht, Aufbau einer privaten Vorsorge und Umlageerhöhung konnte der Kollaps der Zusatzversorgung vermieden werden.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das Verhandlungsergebnis ist ein teurer, aber dennoch akzeptabler Kompromiss, der die Zusatzversorgung auf zukunftsfähigen und soliden Beinen stehen lässt.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich eröffne die Aussprache. Für die Fraktion der CDU erteile ich dem Herrn Abgeordneten Werner Kalinka das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte Herrn Minister Möller für den, wie ich finde, informativen Bericht danken.

(Beifall bei der SPD sowie der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Ich denke, es hat ihm Spaß gemacht, einmal über etwas anderes als Lohmann oder Ähnliches zu reden. Von daher hat es sich gelohnt, dass wir den Bericht ein bisschen geschoben haben.

Herr Minister, ich möchte Ihnen wirklich danken. Dies ist ein informativer Bericht. Ich möchte aber hinzufügen - Sie haben ja jetzt ein paar Zahlen für das Land nachgereicht, Herr Möller -, dass der Bericht ergänzungs- und verbesserungsbedürftig ist, und zwar hinsichtlich der konkreten Auswirkungen auf SchleswigHolstein, auf die Kommunen und auf bestimmte Träger, die Sie hier mündlich angesprochen haben.

Es ist wichtig, dass wir uns im Ausschuss über die konkreten Auswirkungen unterhalten; denn die sind jedenfalls in dem schriftlichen Bericht noch nicht vorgelegt worden - vielleicht weil die Zeit nicht gereicht hat.

Die Lage der VBL ist immer noch dramatisch. Bundesweit sind rund 2 Millionen VBL-versichert. Dies ist ein Rückgang der Zahl der Pflichtversicherten seit 1994 um 160.000.

Sie haben die anderen Zahlen dargelegt und ich möchte einen weiteren Punkt hinzufügen: In seinem jüngst vorgelegten Versorgungsbericht hat der Innenminister des Landes mitgeteilt, dass sich die Zahl der Pensionäre in Schleswig-Holstein bis 2005 von derzeit rund 23.000 auf fast 26.000 erhöhen wird. Das Land wird dann rund 800 Millionen € an Pensionszahlungen zu leisten haben; das entspricht einer Steigerung um rund 17 %. Dies zeigt, das wir ein Doppelproblem haben: nämlich die „normale“ Pensionsregelung und das Thema VBL noch oben drauf. Das zeigt eigentlich

(Werner Kalinka)

auch die Dramatik der Situation, die wir im Blick auf die Altersversorgung insgesamt haben.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU sowie Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]

Die Beschäftigten - ich werde mich revanchieren, Wolfgang! - im öffentlichen Dienst tragen seit einigen Jahren deutlich zur Finanzierung ihrer eigenen VBLAnsprüche bei. Dieser Hinweis verdient genauso Beachtung wie die Feststellung, dass die öffentlichen Haushalte Ausgabensteigerungen in diesem Bereich kaum noch verkraften können.

Beachtung verdient allerdings auch der Hinweis, Herr Möller, auf Seite 24 des Berichtes, dass sich die Landesregierung - ich zitiere! - eine noch stärkere Beteiligung der Arbeitnehmer durch eine weiter gehende Reduzierung des Leistungsniveaus oder stärkere Erhöhung des Arbeitnehmeranteils an der Umlage gewünscht hätte.

Dies ist eine klare Positionierung, die sicherlich auch in den Gesprächen mit den Personalräten zu diskutieren sein wird.

Es gibt darüber hinaus noch einige Dinge, die in der Ausschussberatung konkretisiert werden müssen. Das ist einmal die Frage, wie das neue Punktemodell die künftigen Ansprüche der unter 55-Jährigen berechnet, ob dort auch wirklich im Detail die notwendige Genauigkeit gegeben ist. Es ist auch die Frage, ob der Vertrauensschutz für langjährig im öffentlichen Dienst Beschäftigte ausreichend gewährleistet ist, und ebenfalls ergibt sich die Fragestellung - Sie haben gesagt, es sei etwas einfacher geworden -, ob es nicht doch noch erhebliche Überkompliziertheiten gibt und ob man auf dem Sektor etwas machen kann. Vielleicht würden sich darauf auch mögliche Initiativen ergeben.

Zusammenfassend beantrage ich Überweisung der Vorlage an den Ausschuss, weil ich meine, dass dies ein wichtiges Thema ist, zwar ein stilles, das aber nicht nur finanziell, sondern auch für viele im öffentlichen Dienst Beschäftigte von erheblicher Bedeutung ist.

Der Bericht war informativ. Unser Wunsch ist es, dass Sie die Dinge bezüglich Schleswig-Holstein noch ein bisschen konkretisieren. Ich freue mich auf die Ausschussberatung.

(Beifall bei CDU und FDP)

Für die Fraktion der SPD erhält jetzt Herr Abgeordneter Günter Neugebauer das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem Positiven will ich anfangen: Wir unterstützen den Vorschlag des Kollegen Kalinka auf Ausschussüberweisung, allerdings mit der Bitte um abschließende Behandlung im Finanzausschuss.

Meine Damen und Herren, weil ich ja weiß, dass Sie alle heute Nachmittag am Schreibtisch noch viel zu tun haben

(Martin Kayenburg [CDU]: Und Sie sich mit der Sache nicht befasst haben!)

und der Minister eigentlich schon sehr umfassend die Ursachen und die Auswirkungen der defizitären Entwicklung bei der Versorgungsanstalt VBL dargelegt hat, aber auch darüber informiert hat - ich finde, sehr kenntnisreich -, welche Reformüberlegungen zwischenzeitlich von den Tarifparteien verabschiedet wurden, will ich mich kurz fassen. Ich denke, das ist in Ihrem Interesse.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Ich würde die CDU-Regelung dazu noch erwähnen!)

Die Reform liegt ja auf dem Tisch und fast könnte man glauben, die Tarifparteien hätten mit der Unterzeichnung gewartet, bis auch der Schleswig-Holsteinische Landtag nun beim dritten oder vierten Anlauf die Beratungen hat absolvieren können. Die haben wahrscheinlich die Geduld verloren und deswegen am 1. März dieses Jahres das Abkommen unterzeichnet.

Ich kann für die Sozialdemokraten sagen: Wir sind der Auffassung, dass es dringend notwendig war, hier zu einer Reform zu kommen. Ohne diese Reform wäre das System nicht überlebensfähig gewesen. Wir halten das vereinbarte Punktemodell für gerechter. Wir glauben auch, dass es den Arbeitnehmern zumutbar ist, sowohl in der Altersversorgung Abstriche hinzunehmen, wie es auch zumutbar gewesen ist, ihnen einen leichten Anstieg der monatlichen Beiträge zu ihrer eigenen Altersversorgung aufzuerlegen.

(Martin Kayenburg [CDU]: Das werden wir im Wahlkampf verbreiten, was Sie gerade ge- sagt haben!)

- Wissen Sie, ich bin wahrscheinlich ein paar Jahre länger Mitglied einer Gewerkschaft, Herr Kayenburg.

(Martin Kayenburg [CDU]: Die hat auch Zoff mit dem Kanzler!)

Ich finde, wir alle haben in doppelter Hinsicht eine Verantwortung zu tragen: einmal gegenüber den Beschäftigten, aber natürlich auch - das vergessen gerade Sie immer - gegenüber den Steuerzahlern, denen gegenüber wir ja auch die Zuschüsse rechtfertigen müs

(Günter Neugebauer)

sen, die das Land zum Beispiel als Arbeitgeber an die Versorgungsanstalt zu leisten hat.