Einführung eines neuen Seeunfalluntersuchungsverfahrens nach internationalem Standard zugrunde liegt. Das ist nicht richtig. Eine Anpassung an die Vorgaben der Richtlinie 1999/35/EG und den IMO-Code zur Untersuchung von Seeunfällen ist durch eine einfache gesetzliche Verweisung möglich.
Dänemark, Finnland, Schweden und Großbritannien sowie zahlreiche andere Schifffahrtsnationen haben die Anpassung auf diese Weise ausgeführt. Weder EG-Recht noch IMO-Recht verlangen von den Vertragsstaaten eine grundlegende Systemänderung. Der einschlägige Artikel 12 der EG-Richtlinie schreibt nur vor, dass die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer jeweiligen Rechtsordnung einen Rechtsstatus festlegen, der es anderen interessierten Staaten mit berechtigtem Interesse ermöglicht, an der Untersuchung teilzunehmen oder mitzuarbeiten.
Seeämter - fälschlich oft mit klassischen Gerichten gleichgesetzt - sind augenblicklich zuständig für die Untersuchung von Seeunfällen, allerdings weniger nach dem Prinzip Schuld und Sühne als vielmehr im Sinne von Ursachenforschung und Gefahrenvorsorge.
Erkenntnisse aus Seeamtsverfahren werden von Politik und Verwaltung, Seeberufsgenossenschaft, Klassifikationsgesellschaften oder Forschungseinrichtungen ausgewertet, um technische oder nautische Vorschriften sowie das Ausbildungsniveau zu verbessern. Seeämter können bei schweren Verfehlungen der Schiffsführung auch Patente entziehen. Seeamtsverhandlungen sind grundsätzlich öffentlich. Dies will das neue Gesetz ändern. Die neue Bundesstelle soll die Untersuchungen von Seeunfällen durchführen und darüber einen Bericht erstellen. Nur die Ergebnisse werden veröffentlicht. Die Seeämter sind nur noch für die Patententziehung zuständig. Diese Fälle werden von der WSD Nordwest den Seeämtern zugewiesen und es sind etwa 5 % der Seeunfälle.
Meine Damen und Herren, wie sieht die Praxis nach In-Kraft-Treten des neuen Gesetzes aus? Nach dem Willen des Bundesverkehrsministers und seiner Verwaltung sollen alle ermittelnden Behörden effektiv zusammenarbeiten. Nach einem Seeunfall geht der Angestellte der Bundesstelle an Bord, stellt sich dem Kapitän vor und erklärt ihm, dass er für die Ursachenermittlung zuständig ist und der Kapitän nichts zu befürchten hat. Neben ihm steht der Wasserschutzpolizist des Landes und erklärt dem Kapitän, dass er strafrechtlich sowie die Ursachen ermittelt. Der Kapitän zeigt mit einem Finger an den Kopf und äußert sich dementsprechend gegen die deutschen Behörden. Der den Kapitän beratende Makler rät diesem, einen versierten Juristen hinzuzuziehen. Was wird das Ergebnis
Dieses Beispiel mag ein wenig überspitzt sein. Aber hat hier nicht wieder der Schreibtisch gewonnen? Es muss auch die Frage erlaubt sein, ob eine Lex „Pallas“ geschaffen werden soll.
Am Freitag soll im Bundesrat über dieses Gesetz beraten werden. Augenblicklich überschlagen sich die Ereignisse. Hamburg, eine CDU/FDP-geführte Regierung, will den Vermittlungsausschuss im Bundesrat nicht anrufen. Das, meine Damen und Herren von der CDU und der FDP, ist schon ein starkes Stück.
Schleswig-Holstein und dieses hohe Haus sind nicht erpressbar. Durch unseren interfraktionellen Antrag geht möglicherweise eine Signalwirkung in die anderen Küstenländer und die Vernunft wird siegen.
Frau Präsidenten! Meine Damen! Meine Herren! Eigentlich ist es für uns als Opposition immer ein Fest, wenn wir die Roten und die Grünen gegen ihre eigenen Genossen in Berlin ausspielen können, weil diese wieder einmal genau das Gegenteil von dem machen, was die Regierungsfraktionen in Kiel für richtig halten.
Das Thema Seeunfalluntersuchungsverfahren ist mir zu wichtig, als dass ich auf diese Schiene abheben will. Im Gegenteil. Ich möchte mein ausdrückliches Lob an die hier im Haus vertretenen Fraktionen von SPD und Grüne richten, weil sie sich konsequent gegen den Berliner Regierungsentwurf zum Zweiten Seeschifffahrtsanpassungsgesetz gestellt haben und dies weiterhin tun.
tung der Mittel für die Rendsburger Kanalbrücke vom Verhalten der Landesregierung im Bundesrat abhängig machen wollte.
Schleswig-Holstein ist als Küstenland in besonderem Maß anfällig für die Folgen möglicher Schiffsunfälle, sei es nun an der Nordsee oder an der Ostsee. Wir sind gegenüber den Menschen in unserem Land in größerem Maß verpflichtet, sie vor möglichen Folgen von Schiffsunfällen zu schützen. Nicht nur die Juristen unter uns wissen, dass ein transparentes, öffentliches Untersuchungsverfahren dabei auch eine präventive, weil abschreckende Wirkung hat. Insofern motiviert es auch Schiffseigner, entsprechende Sicherheitsmaßnahmen zu treffen, und trägt somit zur Schiffssicherheit bei. Wir alle wollen daher, dass es bei einem solchen Verfahren bleibt.
Von keinem von uns wird dabei negiert, dass das bisherige Recht im IMO-Code zur Untersuchung von Seeunfällen angepasst werden muss. Darüber hinaus ist es notwendig, die europäischen Richtlinien umzusetzen. Es kann aber nicht sein, dass dieser Umstand dahin gehend genutzt wird, das öffentliche Seeamtsverfahren mit der Möglichkeit eines Widerspruchs abzuschaffen. Das trifft auf unseren erheblichen Widerstand.
Seit dem ersten Referentenentwurf zum Zweiten Seeschifffahrtsanpassungsgesetz im Jahr 2000 laufen die Fachverbände gegen die Pläne des Bundeswirtschaftsund -verkehrsministeriums Sturm. Die Ablehnungsfront ist beeindruckend groß: Der Bundesrat, die Deutsche Schutzgemeinschaft Nordsee, der Deutsche Nautische Verein, der Verband der Schiffsingenieure, der Verband der See- und Hafenlotsen, die Bundeslotsenkammer, die Wasserschutzpolizei, der Bundesgrenzschutz See, die Küstenländer und noch viele mehr, die ich hier nicht einzeln benenne, weil meine Redezeit begrenzt ist. Feststeht aber, dass ein Gesetzesvorhaben selten so einhellig von den Fachkundigen abgelehnt wurde. Dass Hamburg nun auszuscheren scheint, bedauere auch ich sehr.
Von Vertretern des Bundeswirtschafts- und -verkehrsministeriums wurden, wohl um die Verbände zu beruhigen, immer wieder Dinge falsch dargestellt. Diese falschen Darstellungen wurden dann von den Verantwortlichen der Regierungen übernommen.
So wurde behauptet, die Seeämter blieben erhalten. Das ist allerdings nur die halbe Wahrheit. Es ist nämlich auch so, dass die Seeämter nur noch in Fällen von Patententzugsverfahren tätig werden sollen, was im Vergleich zum heutigen Arbeitsaufwand 10 bis 15 %
Es wurde auch behauptet, Auslandsseeunfälle könnten auf der Grundlage des geltenden Seeunfalluntersuchungsgesetzes nicht aufgeklärt werden, was die Zustimmung zum Regierungsentwurf notwendig mache. Das ist falsch. Auslandsuntersuchungen sind mit ausländischen Behörden insbesondere auf der Grundlage des IMO-Codes möglich. Im Übrigen führen die Seeämter bereits heute Auslandsuntersuchungen durch. Ich verweise hierzu auf die Lektüre des Abschlussberichtes der Danish Maritime Authority und des Seeamtes Kiel zum Unfall der „Prinz Richard“.
Ich komme zum Schluss. Letztlich sind das alles nur Vorwände, um ein Gesetz zu rechtfertigen, das die Öffentlichkeit von Verhandlungen über Unfälle auf See ausschließen soll. Es scheint zu unangenehm zu sein, wenn sich Bundesbeamte - wie bei der „Pallas“Untersuchung - öffentlich rechtfertigen müssen. Ich bin froh, dass wir in diesem Haus anderer Meinung sind. Wer ordentliche Arbeit abliefert, braucht die Öffentlichkeit nicht zu scheuen.
Die FDP fordert die Landesregierung auf, den Gesetzentwurf im Bundesrat gemäß Antrag abzulehnen. Rotes Licht, das ist das richtige Signal.
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die rot-grüne Bundesregierung hat in den letzten drei Jahren an vielen Stellen deutlich gemacht, dass sie ein Interesse daran hat, den Ausbau von demokratischen Kontrollrechten voranzubringen. Aber man muss sagen, dass es der Bundesregierung an dieser Stelle leider überhaupt nicht gelungen ist. Das, was uns mit dem Seesicherheits-Untersuchungs-Gesetz vorgelegt worden ist, ist gerade, was die Frage von demokratischen Kontrollrechten angeht,
Es ist unnötig, dass sich die Bundesregierung einem solchen Verdacht aussetzt. Leider macht das Verhalten des Bundesverkehrsministers, sich eine Mehrheit im
Bundesrat zu verschaffen, den Eindruck, hier könnte tatsächlich demokratische Kontrolle abgeschafft werden, hier könnte von staatlicher Seite gewollt werden, dass die staatlichen Organe vor öffentliche Kritik durch ein bestimmtes Verfahren geschützt werden sollen, besteht nicht zu Unrecht. Das kann nicht sein. Ich hoffe, es wird nicht so sein, dass die schleswigholsteinische Landesregierung diesen Erpressungsversuchen des Bundesverkehrsministers nachgibt. Wir jedenfalls von der grünen Fraktion und, ich glaube, auch das ganze Haus, wollen den Lockangeboten beziehungsweise den Bestrafungsaktionen widerstehen. Wir als Schleswig-Holsteinerinnen und SchleswigHolsteiner und als schleswig-holsteinische Abgeordnete haben aufgrund der konkreten Vergangenheit und aufgrund der Erfahrungen, die wir hier gemacht haben, ein großes Interesse daran, dass diese Untersuchungen vor den Seeämtern öffentlich geführt werden,
dass nicht der Anschein erweckt wird, irgendeine staatliche Stelle habe Angst davor, sich der öffentlichen Kritik zu stellen. Nur durch diesen öffentlichen Diskurs, den es zwischen Politik, zwischen Medien, zwischen der Fachöffentlichkeit gegeben hat, sind wir in der Bewältigung dessen, was bei „Pallas“ schief gelaufen ist, überhaupt einen Schritt weitergekommen. Wenn es diese öffentliche Debatte nicht gegeben hätte, wären wir, so befürchte ich, auch mit den Maßnahmen, die von Bundes- und Landesseite getroffen worden sind, nicht so weit gekommen, wie wir jetzt sind.
Von der Bundesregierung wird als Begründung für den Ausschluss der Öffentlichkeit das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Verfahrensbeteiligten angeführt. Wenn dann an anderer Stelle aber im Gesetz geregelt wird, dass personenbezogene Daten von Verfahrensbeteiligten an alle Flaggenstaaten weitergegeben werden, an Länder, in denen Datenschutz in vielen Fällen noch ein Fremdwort ist, wird die ganze Widersprüchlichkeit dieser Aktion deutlich.
Es sind drei oder vier zentrale Punkte, wegen derer wir den Untersuchungsausschuss anrufen müssen. Wir brauchen Transparenz, wir brauchen Öffentlichkeit.
(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Den Vermittlungsausschuss, nicht den Untersuchungsausschuss!)
Wir brauchen weiterhin die Zuarbeit von externen Fachleuten. Bisher ist es in den Untersuchungen ja so geregelt, dass auch externe Fachleute als Beisitzer zu