Protocol of the Session on February 20, 2002

Fünftens. Auf Bundesebene ist eine Gesetzesnovellierung im Verfahren, die eine wesentliche Verbreiterung der Einsatzmöglichkeiten im FSJ vorsieht. Der Sport wird in diesem Zuge mit berücksichtigt und auch Zivildienstleistende werden künftig statt Zivildienst ein zwölfmonatiges FSJ ableisten können, auch in Sportvereinen.

Meine Damen und Herren von der CDU, ein freundlicher Antrag, durch die Wirklichkeit aber lange eingeholt. Eigentlich sollte man Ihren Antrag ablehnen, aber es besteht im Haus der Wunsch, ihn im Ausschuss zu beraten. Dem wollen wir uns nicht verschließen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Das Wort erteile ich jetzt Herrn Abgeordneten Dr. Garg.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Lieber Kollege Eichstädt, ich möchte mich ausdrücklich auch im Namen meiner Fraktion für den vorangegangenen Redebeitrag von Ihnen bedanken.

(Beifall bei FDP und SPD und des Abgeord- neten Martin Kayenburg [CDU])

Frau Kollegin Eisenberg, ich will Ihren Antrag zunächst einmal zum Anlass nehmen, mich grundsätzlich damit auseinander zu setzen, was sich eigentlich hinter der Philosophie - jedenfalls aus unserer Sicht - des Freiwilligen Sozialen Jahres verbirgt. Da finde ich es etwas unglücklich - um es vorsichtig auszudrücken -, wenn mit einem Antrag, der tituliert ist „Förderung des Sports“, genau diese Philosophie aufgegriffen wird.

Bei der Förderung des Sports sind wir uns völlig einig. Das aber miteinander zu kombinieren - wie Sie es getan haben -, darin sind wir uns ganz und gar nicht einig. Es muss nämlich zumindest die Frage erlaubt sein, worum es Ihnen eigentlich geht. Geht es Ihnen um die Förderung des Sports oder geht es Ihnen um die individuelle Förderung junger Menschen? Sinn und Zweck - jedenfalls aus unsere Sicht - eines Freiwilligen Sozialen Jahres sind doch vor allem, dass junge Menschen einen Beitrag für die Gesellschaft einbringen können, einbringen wollen und manchmal auch einbringen müssen.

(Beifall bei der FDP)

(Dr. Heiner Garg)

Dahinter verbirgt sich das bewusste Engagement junger Menschen, sich für andere, oft - nicht immer, aber oft - hilfsbedürftige Menschen einzusetzen, sich einsetzen zu wollen. Sie können sich hierbei selbst erproben, sich für ihre als sinnvoll empfundenen Ziele einsetzen und selbst ihre Ideale sozusagen einem Härtetest in der Praxis unterziehen. Zugleich erfahren sie, dass ihr Einsatz für die Gesellschaft wertvoll ist, dass sie ein wertvoller, ein wichtiger Bestandteil dieser Gesellschaft sind.

(Beifall bei der FDP)

Für viele Schulabgänger bietet die Zeit im Freiwilligendienst auch eine Chance, sich über ihren weiteren Lebensweg klar zu werden und sich in den entsprechenden Einsatzfeldern eines später beabsichtigten Berufs zu orientieren.

Deshalb steht in einem Freiwilligen Sozialen Jahr nicht das Absolvieren von sportlichen Leistungen im Vordergrund, sondern die soziale Arbeit von Jugendlichen in gesellschaftlich relevanten Projekten, die intensiv betreut werden müssen.

Das ist gerade der Punkt: Bei Projekten des Landessportverbandes beispielsweise mit dem Titel „Sport gegen Gewalt, Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit“ wäre es durchaus vorstellbar, dass Jugendliche im Rahmen eines Freiwilligen Sozialen Jahres intensiv mitarbeiten. Wer aber die Förderung im Rahmen eines Freiwilligen Sozialen Jahres will - und das steht in dem Antrag -, der muss sich darüber im Klaren sein, dass erhebliche Auflagen erfüllt werden müssen. So ist das Freiwillige Soziale Jahr umfangreich pädagogisch mit dem Ziel zu begleiten, dass soziale Erfahrung vermittelt und dass Verantwortungsbewusstsein für das Gemeinwohl gestärkt werden. Darüber hinaus ist neben der individuellen Betreuung der Jugendlichen die inhaltliche Gestaltung des Freiwilligen Sozialen Jahres zusätzlich durch Seminare zu unterstützen.

Daraus können Sie ersehen, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass das Freiwillige Soziale Jahr nicht nur aus einem völlig einseitigen Geben der Helferinnen und Helfer bestehen soll, Ziel eines solchen Jahres ist es, dass von den Jugendlichen Erfahrungen auf sozialem Gebiet gesammelt werden können. Eine angemessene Betreuung der Jugendlichen soll darüber hinaus eine entsprechende Persönlichkeitsbildung gewährleisten.

Ich habe da meine erheblichen Zweifel, dass dies von den oftmals ohnehin schon überforderten ehrenamtlichen Übungsleiter und Betreuer in Sportvereinen und -organisationen über ihre bereits jetzt vorhandene Arbeit hinaus noch geleistet werden kann, und frage

mich, ob die diese zusätzliche Arbeit auch leisten wollen.

Überlegungen wie diese haben jedenfalls bereits 1964 bei der Verabschiedung des Gesetzes zur Förderung eines Freiwilligen Sozialen Jahres dazu geführt, dass die anerkannten Jugendverbände als Träger eines Freiwilligen Sozialen Jahres herausgenommen worden sind. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum die Möglichkeit - das hat der Kollege Eichstädt bereits dargelegt -, sich im Sport sozial zu engagieren, gar nicht weiter bekannt geworden ist.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, eines jedenfalls gibt dabei das Gesetz zur Förderung des Freiwilligen Sozialen Jahres zusätzlich her: Auf Landesebene können wir bereits heute schon weitere Träger zulassen, die die gesetzlichen Anforderungen erfüllen. Das hat die Presseerklärung des zuständigen Bundesministeriums vom 15. Dezember 2001 ganz deutlich gemacht.

Auch ich würde mich gern noch einmal über Ihren Antrag im zuständigen Ausschuss im Einzelnen unterhalten, aber, Frau Kollegin Eisenberg, eines will ich ganz deutlich sagen: Ich möchte nicht, dass bei engagierten jungen Menschen, die sich freiwillig sozial oder freiwillig ökologisch oder meinetwegen auch freiwillig sozial sportlich in Zukunft engagieren, der Eindruck hinterlassen wird, dass es dabei vor allem darum geht, irgendwelche Lücken, die zum Beispiel in Sozialetats bestehen, zu schließen. Ich will nicht, dass jetzt Defizite, die durch welche Regelung auch immer entstanden sind, weil beispielsweise Übungsleiter fehlen, durch junge engagierte Menschen geschlossen werden sollen;

(Beifall bei der SPD und der Abgeordneten Christel Aschmoneit-Lücke [FDP])

denn dann, liebe Kollegin Eisenberg, wird die Grundphilosophie eines Freiwilligen Sozialen Jahres pervertiert.

(Beifall bei FDP und SPD und der Abgeord- neten Anke Spoorendonk [SSW])

Ich erteile Herrn Abgeordneten Steenblock das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Eichstädt hat den rechtlichen Rahmen und die Situation sehr richtig dargestellt. Er hat den Rahmen aufgezeigt, in dem wir hier diskutieren. Ich halte es aber trotzdem für wichtig, dass wir diesen Antrag noch einmal im Ausschuss diskutieren, weil ich die Intention dieses Antrages für ausgesprochen richtig

(Rainder Steenblock)

halte und auch die Brisanz sehe, die dahinter steht und die der Kollege Eichstädt angesprochen hat. Die Veränderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen, was das Freiwillige Soziale Jahr angeht, und das neue Verhältnis zum Zivildienst wird die gesellschaftlichen Auswirkungen enorm verändern. Deshalb ist es wichtig, dies auch mit zu nutzen, diese Diskussion im Land zu beginnen, weil die konkreten Auswirkungen im Land wirklich sehr radikal sein werden.

Es ist richtig, was der Kollege Garg gerade gesagt hat, dass das Freiwilliges Soziales Jahr, der Zivildienst aus unterschiedlichen Gründen aber nicht dazu dienen können, soziale Aufgaben, die wir von staatlicher Seite zu erfüllen haben, anders zu finanzieren, oder das, was in unserer Gesellschaft nur durch solidarische ehrenamtliche Tätigkeit möglich ist, überhaupt am Laufen zu halten.

(Beifall der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Beides zusammen in dieser Reformdiskussion zu sehen, halte ich für zentral wichtig. Deshalb ist auch der Ansatz, den Sport hier mit hineinzunehmen, aus meiner Sicht ausgesprochen begrüßenswert. Wenn wir immer darüber reden, gerade auch im sozialen Bereich in vielen Sonntagsreden die Aufgaben des Sports und die soziale Prävention des Sportes immer hervorheben - zu Recht hervorheben -, dann ist es wichtig, diese soziale Orientierung in der Präventionsarbeit auch jungen Leuten im sportlichen Bereich als Möglichkeit zur Verfügung zu stellen.

(Beifall der Abgeordneten Roswitha Strauß [CDU])

Deshalb ist die Intention dieses Antrages völlig richtig. Aber der Rahmen und die Konsequenzen, um die es dabei geht, verdienen wirklich eine vertiefte Diskussion im Ausschuss, auf die ich mich auch sehr freuen würde, wenn ich auch die Möglichkeit hätte, daran teilzunehmen. Es ist mir allerdings noch nicht so ganz klar, in welchen Ausschüssen das erfolgen soll.

(Zurufe von der CDU: In dem, in dem Sie Mitglied sind! Im Sportausschuss!)

- Wir haben ja keinen Sportausschuss. Von daher ist ja immer die Crux, dass wir ein sehr strukturiertes Ausschusswesen haben und dass die Flexibilität, die auch besondere Fachfragen an uns stellt, bei unserer etwas schwerfälligen Verwaltungsstruktur, was die Ausschussbewirtschaftung angeht, fehlt. Wir haben darüber heute auch schon an anderer Stelle gesprochen.

Ich sage deshalb trotz aller Kritik: Seien Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht frustriert. Ich finde den Ansatz richtig. Ich finde es richtig, dass Sie diesen

Antrag gestellt haben, auch wenn er formal von der Zielrichtung her missverständlich war. Die Intention sollte jedenfalls in diesem Hause aufgegriffen werden, vertieft diskutiert werden. Das ist dabei das Wichtige.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und der Abgeordneten Christel Asch- moneit-Lücke [FDP])

Ich erteile der Frau Abgeordneten Spoorendonk das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Dezember des letzten Jahres hat der Landtag die Große Anfrage der CDU zum Sport in Schleswig-Holstein debattiert. Parteiübergreifend herrschte damals Einigkeit über die besondere Bedeutung des Sports für die gesellschaftliche Entwicklung. Gerade für Jugendliche hat die Ausübung von Sport - sei es nun im Verein, in der Schule oder privat mit Freunden - gesundheitlich und sozial betrachtet viele positive Aspekte. Alles das ging ja auch bereits aus der Debatte hervor.

Insbesondere wurde dabei auch die Arbeit in den vielen Sportvereinen des Landes hervorgehoben.

Die CDU will nun im Gegensatz zur DezemberDebatte die Bestimmungen für das Freiwillige Soziale Jahr und das Freiwillige Ökologische Jahr um ein Freiwilliges Soziales Jahr im Sport erweitern. Durch eine Bundesratsinitiative soll Jugendlichen zwischen 16 und 27 Jahren die Möglichkeit gegeben werden ich zitiere -, „nach dem Schulabschluss und vor dem Eintritt in eine Berufsausbildung oder eines Studiums, in Sportvereinen oder -organisationen, die regelmäßig Spiel-, Sport- und/oder Freizeitveranstaltungen organisieren, mit Kindern und Jugendlichen für ein Jahr zu arbeiten“.

Dabei sollen sie die Möglichkeit bekommen, eine erste Berufsorientierung vorzunehmen oder beispielsweise eine Übungsleiterlizenz zu erwerben. Diese Initiative soll nach Angabe der CDU nicht nur die Bedeutung des Sports für die Gesellschaft hervorheben, sondern auch die Sportvereine konkret in ihrer Arbeit unterstützen. Das also ist die Intention.

Es ist keine Neuigkeit, dass die Sportvereine Probleme haben, genügend Übungsleiter zu rekrutieren. Obwohl sich die Anzahl der Übungsleiter in den letzten zehn Jahren fast verdoppelt hat, ist auch der zusätzliche Bedarf an Übungsleitern in den Vereinen stark angestiegen - sei es in der Jugendarbeit oder bei besonderen integrativen Maßnahmen, wie zum Beispiel bei

(Anke Spoorendonk)

dem Programm „Sport gegen Gewalt, Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit“.

Der SSW steht der Intention des Antrages deshalb auch prinzipiell nicht ablehnend gegenüber. Denn wenn es ein Freiwilliges Ökologisches Jahr gibt, warum dann nicht auch ein Freiwilliges Soziales Jahr im Sport, wo doch die gesellschaftliche Bedeutung des Sport so hervorgehoben wird. Dennoch sind wir skeptisch, inwieweit die Einführung eines neuen Freiwilligen Sozialen Jahres im Sport wirklich sinnvoll und praktikabel ist. Im Gegensatz zur Kollegin Eisenberg meinen wir, dass man die Frage stellen muss, inwieweit eine solche Initiative vielleicht sogar negative Auswirkungen für das Ehrenamt in den Sportvereinen haben könnte. Es gibt noch weiter Fragen: Besteht nicht sogar die Gefahr, dass die Sportvereine in finanzielle Abhängigkeit geraten könnten, weil die FSJler von Bund und Land finanziert werden? Gerade die heutigen Übungsleiter könnten womöglich unter der neuen Konkurrenz leiden. Wer sich einmal die Geschichte der Zivildienstleistenden in der Pflege vor Augen hält, wird wissen, was ich meine. Hinzu kommt - was der Kollege Eichstädt hier eindrucksvoll erläutert hat -, dass es auch jetzt schon Möglichkeiten gibt und Rahmenbedingungen dafür geschaffen worden sind, im sportlichen Bereich ein Soziales Jahr abzuleisten.

Insgesamt scheinen uns die Initiative nicht ganz zu Ende gedacht und die Konsequenzen nicht ausreichend genug durchleuchtet worden zu sein. Wir begrüßen es deshalb, dass wir uns im Ausschuss noch einmal mit den Umsetzungsmöglichkeiten dieses Vorschlags auseinander setzen können.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mir liegen zwei Wortmeldungen zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung vor. Zunächst hat Frau Abgeordnete Eisenberg das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bedanke mich zunächst einmal für die sachliche Debatte - auch bei Ihnen, Herr Baasch, auch, wenn sich Ihre Äußerungen zunächst anders anhörten. Aber das ist in Ordnung.